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  • · Fachbeitrag · Auskunft und Rechenschaftslegung

    Auskunftsansprüche minderjähriger gesetzlicher Erben

    von RA und VRiLG a.D. Uwe Gottwald, Vallendar

    • 1. § 1640 BGB verpflichtet den Elternteil nicht nur gegenüber dem Familiengericht, sondern auch gegenüber dem Kind, alle Gegenstände aufzuführen, die zu dem erworbenen Vermögen gehören. Die Vermögensgegenstände sind so detailliert zu kennzeichnen, dass ihre Identität einwandfrei feststeht. Bei Forderungen müssen z.B. außer dem Grund, dem Betrag und dem Rechtsgrund auch die Urkunden, durch welche diese Vermögensrechte nachgewiesen werden, angegeben werden.
    • 2. Gemäß § 1698 Abs. 1 BGB haben die Eltern nach Beendigung der Vermögenssorge (aufgrund Eintritt der Volljährigkeit) ihrem Kind dessen Vermögen herauszugeben und auf Verlangen über die Verwaltung des Vermögens Rechenschaft abzulegen.

    (OLG Koblenz 26.11.13, 11 UF 451/13, Abruf-Nr. 134041)

     

    Sachverhalt

    Die 1972 geborene Antragstellerin (T) nahm ihren Vater (V), den Antragsgegner im Wege eines Stufenantrags auf Erteilung von Auskunft, Rechenschaftslegung und Herausgabe von Vermögensgegenständen sowie Zahlung eines Geldbetrags auf der Grundlage der erteilten Auskünfte in Anspruch. V war nach rechtskräftiger Scheidung von der Mutter (M) der T Inhaber des Sorgerechts. Die verstorbene M hatte ein formwirksames Testament errichtet, in dem sie u.a. die T als Erbin zu 1/3 einsetzte. V hatte den Nachlass der M in Besitz genommen und in der Folgezeit verschiedene Nachlassgegenstände noch vor Volljährigkeit der T veräußert. Mit dem angefochtenen Teilbeschluss hat das Familiengericht beim AG den V im beantragten Umfang zur Auskunfts- und Rechnungslegung verpflichtet. Seine hiergegen gerichtete Beschwerde hatte im Hinblick auf die geltend gemachten Auskunftsansprüche Erfolg und im Hinblick auf die Rechnungslegung nur teilweise Erfolg.

    Entscheidungsgründe

    Der T steht ein Anspruch auf Auskunftserteilung über den Bestand des Nachlasses nach der M zu. Nach § 1640 BGB müssen die Eltern das ihrer Verwaltung unterliegende Vermögen, das das Kind von Todes wegen erwirbt, verzeichnen und die Richtigkeit und Vollständigkeit ihrer Angaben versichern.

     

    Identität der Vermögensgegenstände muss einwandfrei feststehen

    V hat diese Pflicht nicht durch die Einreichung des Nachlassverzeichnisses erfüllt. § 1640 BGB verpflichtet den Elternteil, alle Gegenstände aufzuführen, die zum erworbenen Vermögen gehören. Die Vermögensgegenstände sind so detailliert zu kennzeichnen, dass ihre Identität einwandfrei feststeht. Bei Forderungen müssen z.B. außer dem Grund, dem Betrag und dem Rechtsgrund auch die Urkunden, durch die diese Vermögensrechte nachgewiesen werden, angegeben werden, z.B. Sparbücher, Versicherungspolicen, - jeweils mit Konto- bzw. Vertragsnummer. Bei Haushaltsgegenständen genügt demgegenüber die Angabe des Gesamtwerts. Der Vorlage einer Einzelaufstellung bedarf es i.d.R. nicht, § 1640 Abs. 1 S. 3 BGB. Wertvolle Einzelgegenstände, z.B. Kunstwerke, müssen jedoch einzeln verzeichnet werden. Schließlich müssten die Eltern auch den Wert der einzelnen Gegenstände angeben.

     

    Sachverständige müssen nicht eingeschaltet werden

    Nicht zuzumuten ist es, insoweit Sachverständige zu befragen. Daher genügt es, wenn der Wert angegeben wird, der dem Gegenstand ihrer Schätzung nach zukommt. Diesen Anforderungen wird das Nachlassverzeichnis nicht voll gerecht. Zwar erschienen die Angaben des V zum Grundbesitz ausreichend. Das Nachlassverzeichnis enthält aber keinerlei Angaben zu Hausrat, Kunstgegenständen und Schmuck. Der V wird daher den geschätzten Gesamtwert des Hausrats mitteilen müssen. Soweit einzelne Wertgegenstände, z.B. Schränke oder Kunstwerke (Dürer-Kupferstiche! etc.), vorhanden gewesen sind, müssten diese im Einzelnen bezeichnet und ihr geschätzter Wert angegeben werden. Nähere Angaben zu Schmuckstücken der M sind jedoch nicht mehr erforderlich, da unstreitig ist, dass T sämtlichen Schmuck der M erhalten hat. Im Nachlassverzeichnis kann daher auf die Übergabe des Schmucks Bezug genommen werden. M hat eine Gaststätte und ein Kunstgewerbe betrieben. Soweit einzelne ihrer Konten zum Stichtag für das Nachlassverzeichnis ein Guthaben - wenn auch gering - aufgewiesen haben sollten, sind insoweit Angaben zum Kreditinstitut, zur Kontonummer und zur Höhe des Guthabens erforderlich. Hinsichtlich der Lebensversicherung bedarf es der Mitteilung der Versicherungsgesellschaft sowie der Versicherungsvertragsnummer. Sämtliche Angaben sind in einem neuen Nachlassverzeichnis übersichtlich darzustellen. Der V ist aber nicht verpflichtet, Angaben zu den Passiva im Nachlass zu machen.

     

    Eltern sind auch zur Rechnungslegung verpflichtet

    Der T steht gegenüber dem V auch ein Anspruch auf Rechnungslegung über die Verwaltung ihres Vermögens bis zu ihrer Volljährigkeit zu. Gemäß § 1698 Abs. 1 BGB müssen die Eltern nach Beendigung der Vermögenssorge (aufgrund Eintritt der Volljährigkeit) ihrem Kind dessen Vermögen herausgeben und auf Verlangen über die Verwaltung des Vermögens Rechenschaft ablegen. Nach § 1698 Abs. 2 BGB ist auch über die Nutzungen des Kindesvermögens Rechenschaft abzulegen, sofern dargelegt ist, dass Grund zur Annahme besteht, dass die Eltern die Nutzungen entgegen § 1649 BGB für sich verwendet hätten. Diese Voraussetzungen sind hier gegeben. Die T hat Auskunft über die Verwaltung ihres Vermögens bis zum Eintritt der Volljährigkeit vom V verlangt. Sie hat auch hinreichend dargelegt, dass Anhaltspunkte für eine Verwendung der Nutzungen ihres Vermögens entgegen § 1649 BGB vorlägen.

     

    Die Rechnungslegungspflicht des V folgt aus §§ 259, 261 BGB. Erforderlich ist eine übersichtliche, aus sich heraus verständliche Zusammenstellung aller Einnahmen und Ausgaben in Bezug auf das zu verwaltende Vermögen. Die Aufstellung muss nicht nur den derzeitigen Zustand, sondern auch die Entwicklung des Vermögens zu ihm aufzeigen. Die Angaben müssen so verständlich sein, das die T ohne fremde Hilfe in der Lage ist, ihre (etwaigen) Herausgabeansprüche gemäß § 1698 BGB nach Grund und Höhe festzustellen.

    Praxishinweis

    Nach dieser Entscheidung hat ein Kind (nach Eintritt der Volljährigkeit) einen Anspruch nach § 1640 BGB auf Auskunftserteilung über den Bestand des Nachlasses nach dem Tod der M gegen ihren Vater (als ehemals Sorgeberechtigten) i.S. der Errichtung eines Vermögensverzeichnisses sowie nach § 1698 BGB einen solchen auf Rechnungslegung für den Zeitraum bis zum Eintritt der Volljährigkeit. Die Ausführungen zu § 1640 BGB, die für den früheren Minderjährigen vorteilhaft sind, erstaunen indes:

     

    Ein Anspruch ist das Recht von einem anderen ein Tun oder Unterlassen zu verlangen, § 194 Abs. 1 BGB. Soweit ersichtlich hat kein Gericht einem (ehemals) Minderjährigen einen solchen Anspruch gegen den (ehemals) Sorgeberechtigten zuerkannt. Denn § 1640 Abs. 1 BGB ist keine Anspruchsnorm:

     

    • § 1640 Abs. 1 BGB regelt die Pflicht des/der Sorgeberechtigten, das seiner/ihrer Verwaltung unterliegende Vermögen, das das Kind von Todes wegen erwirbt, zu verzeichnen, das Verzeichnis mit der Versicherung der Richtigkeit und Vollständigkeit zu versehen und dem Familiengericht (früher: Vormundschaftsgericht) einzureichen.

     

    • Diese Pflicht entsteht nach § 1640 Abs. 2 BGB unter bestimmten Voraussetzungen nicht.

     

    • Für den Fall, dass eine solche Pflicht besteht, ermächtigt § 1640 Abs. 3 BGB das Familiengericht unter näher bestimmten Voraussetzungen (u.a. bei eingereichtem „ungenügenden“ Verzeichnis) anzuordnen, dass das Verzeichnis durch eine zuständige Behörde oder einen zuständigen Beamten oder Notar aufgenommen wird. Notfalls kann das Gericht nach § 1666 Abs. 3 Nr. 6 BGB die elterliche Sorge entziehen (vgl. Palandt/Götz, BGB, 73. Aufl., § 1640 Rn. 8).

     

    Der Beschluss des OLG Koblenz lässt jegliche Begründung für die Zuerkennung eines zivilrechtlichen Anspruchs vermissen. Der Senat hat sich nicht im Ansatz mit der Frage befasst, wie aus einer gegenüber dem Familiengericht obliegenden und durch dieses - im Verfahren nach den Regeln der freiwilligen Gerichtsbarkeit - durchsetzbaren Pflicht des Sorgeberechtigten ein Anspruch des durch die Norm geschützten (ehemals) Minderjährigen gegen eben jenen Sorgeberechtigten werden kann. Entweder hat er die Problematik nicht erkannt oder seine Entscheidung in Hinblick darauf nicht zu begründen vermocht. Entgegen der Ansicht von Stößer dürfte sich der Anspruch auch nicht aus § 1698 Abs. 1 BGB (analog), der dem Kind (lediglich) einen Herausgabe- und Rechnungslegungsanspruch gewährt, ergeben (FamRB 14, 252). Die Rechtsbeschwerde hat das OLG Koblenz nicht zugelassen, weshalb diese Entscheidung rechtskräftig ist.

     

    Wichtig |Es ist anzunehmen, dass andere Obergerichte dieser Entscheidungen nicht folgen und sie deshalb ein Ausnahmefall bleiben dürfte.

     

    Weiterführender Hinweis

    • Stößer, FamRB 14, 352, zur Rechenschaft von Eltern über das Kindesvermögen bei Ende der elterlichen Sorge
    Quelle: Ausgabe 10 / 2014 | Seite 167 | ID 42834319