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  • · Fachbeitrag · Ausschluss unbekannter Erben

    Aufgebotsverfahren trotz Nachlasspfleger

    von RiOLG Dr. Andreas Möller, Hamm

    Das Rechtsschutzbedürfnis für ein Aufgebotsverfahren zum Ausschluss der unbekannten Erben des eingetragenen Gläubigers eines Buchgrundpfandrechts fehlt nicht deshalb, weil für die unbekannten Erben ein Nachlasspfleger bestellt und von diesem die Bewilligung der Löschung des Grundpfandrechts verlangt werden könnte (BGH 14.11.13, V ZB 204/12, MDR 14, 146, Abruf-Nr. 140003).

     

    Sachverhalt

    Der Antragsteller ist Eigentümer von zwei Grundstücken. Der vorherige Eigentümer (im Folgenden: Veräußerer) wurde 1992 aufgrund des Ersuchens des Amts zur Regelung offener Vermögensfragen als Eigentümer eingetragen. Auf das behördliche Ersuchen wurden zugleich in der Abteilung III des Grundbuchs zwei Grundpfandrechte für den Bruder des Veräußerers in das Grundbuch eingetragen. Der Veräußerer veräußerte 1994 den Grundbesitz an den Antragsteller. Zu den im Grundbuch eingetragenen Belastungen enthält der Kaufvertrag u.a. folgende Angaben: „Der Berechtigte der Rechte in Abt. III ... [der beiden vorgenannten Grundpfandrechte] ist der Bruder des Verkäufers, der unverheiratet verstorben ist. Nach gesetzlicher Rechtsfolge ist er von seinen Eltern beerbt worden, die wiederum von dem Verkäufer beerbt worden sind. Der Verkäufer ist somit Berechtigter der Rechte. Er bewilligt und beantragt deren Löschung im Grundbuch.“

     

    Das Eigentum an dem Grundstück wurde in 2002 auf den Antragsteller umgeschrieben. Die Löschung der Grundpfandrechte im Grundbuch scheiterte daran, dass ein Erbnachweis für den Veräußerer nach seinem Bruder nicht beigebracht wurde. Der Kontakt des Antragstellers zu dem in Amerika lebenden Veräußerer brach 2007 ab. 2010 hat der Antragsteller die Durchführung eines Aufgebotsverfahrens nach § 1170 BGB mit dem Ziel beantragt, die unbekannten Gläubiger der vorgenannten Grundpfandrechte mit ihren Rechten auszuschließen. Das AG hat den Antrag zurückgewiesen. Das OLG hat die Beschwerde zurückgewiesen. Mit der zugelassenen Rechtsbeschwerde verfolgt der Antragsteller seinen Antrag mit Erfolg weiter.

     

    Entscheidungsgründe

    Der Antrag auf Einleitung eines Aufgebotsverfahrens hätte nicht mangels Rechtsschutzbedürfnisses zurückgewiesen werden dürfen.

     

    Der Gläubiger der beiden Grundpfandrechte ist i.S. des § 1170 Abs. 1 S. 1 BGB unbekannt. Gem. § 1170 BGB ist ein Aufgebotsverfahren bereits möglich, wenn unsicher ist, wem das Grundpfandrecht zusteht (vgl. BGH MDR 04, 640). Bei Buchhypotheken ist deren Inhaber unbekannt, wenn der eingetragene Gläubiger verstorben, aber nicht aufzuklären ist, wer ihn beerbt hat (BGH MDR 09, 558). Dem Fall der Unbekanntheit des Gläubigers ist der Fall gleichzustellen, dass die sich als Gläubiger ausgebende Person - wie hier der Veräußerer - ihr Recht nicht nachzuweisen vermag. In diesem Fall ist das Aufgebotsverfahren mit dem Ziel ihrer Ausschließung zulässig, weil mangels Nachweises ihre Gläubigerschaft unbekannt ist.

     

    Die Zehn-Jahres-Frist seit der letzten sich auf die Hypothek beziehenden Eintragung ist ebenfalls verstrichen, auch wenn - wofür einiges spricht - auf die im Jahr 1992 auf Ersuchen des Amts zur Regelung offener Vermögensfragen erfolgten Wiedereintragungen abgestellt wird. Ebenfalls verstrichen war die Zehn-Jahres-Frist seit der letzten Anerkennung des Rechts des Gläubigers durch den Grundstückseigentümer.

     

    Weder nach den materiell-rechtlichen (§§ 1170, 1171 BGB) noch nach den verfahrensrechtlichen Vorschriften (§§ 433 ff. und §§ 447 ff. FamFG) ist die klageweise Durchsetzung von Ansprüchen auf Löschung gegen den unbekannten Gläubiger vorrangig vor dem zu seiner Ausschließung führenden Aufgebot. Die Aufgebotsverfahren nach § 1170 und § 1171 BGB stehen selbstständig neben der klageweisen Durchsetzung von Ansprüchen auf Bewilligung der Löschung (BGH MDR 09, 558).

     

    Die für den Schutz des unbekannten Gläubigers angeführten Gründe für einen Vorrang der Verfolgung der Ansprüche auf Bewilligung der Löschung der Eintragung gegenüber einem zu bestellenden Nachlasspfleger widersprechen den dem § 1170 BGB zugrunde liegenden Entscheidungen des Gesetzgebers. Der vom Grundstückseigentümer im Aufgebotsverfahren herbeigeführte Ausschließungsbeschluss durchbricht das Konsensprinzip. Danach kann die Löschung eines im Grundbuch eingetragenen Rechts nur erfolgen, wenn sie von demjenigen, den das Grundbuch als den Berechtigten ausweist, bewilligt wird. Allein das Vorliegen der in § 1170 Abs. 1 BGB bestimmten Voraussetzungen führt demnach dazu, dass der Grundstückseigentümer mit der Rechtskraft des auf seinen Antrag hin ergehenden Ausschlussbeschlusses das Grundpfandrecht nach § 1170 Abs. 2 S. 1 BGB erwirbt. Dies erfolgt unabhängig davon, ob der Grundstückseigentümer von dem unbekannten Gläubiger die Löschung aus einem anderen Rechtsgrund hätte verlangen können. Diese Entscheidung des Gesetzgebers würde durchkreuzt, wenn der Grundstückseigentümer trotz Vorliegens der Voraussetzungen für ein Aufgebotsverfahren in § 1170 Abs. 1 BGB darauf verwiesen werden könnte, seine Ansprüche auf Löschung des Grundpfandrechts gegenüber einem zu bestellenden Pfleger geltend zu machen.

     

    Praxishinweis

    Wenn lediglich der Aufenthalt des Gläubigers unbekannt ist, ist ein Verfahren nach § 1170 BGB unzulässig. Erforderlich ist, dass die Person des Gläubigers unbekannt ist. Zur Durchsetzung eines Anspruchs des Grundstückseigentümers auf Bewilligung der Löschung muss ein Abwesenheitspfleger (§ 1913 BGB) bestellt werden (vgl. BGH MDR 04, 640).

     

    Weiterführender Hinweis

    • EE 13, 55, zur Vorinstanz
    Quelle: Ausgabe 03 / 2014 | Seite 40 | ID 42514452