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  • · Fachbeitrag · Betriebsvermögen

    BFH zur Steuerbegünstigung bei Schenkung einer KG-Beteiligung unter Vorbehaltsnießbrauch

    von RA und Notar a.D. Jürgen Gemmer, FA Steuerrecht, Magdeburg

    | Die Begünstigung von Betriebsvermögen nach § 13a ErbStG i. d. F. des Jahres 2007 setzt voraus, dass der Erwerbsgegenstand bei dem Schenker und dem Erwerber Betriebsvermögen ist. Ist der Erwerbsgegenstand eine Beteiligung an einer Personengesellschaft, muss der Erwerber Mitunternehmer werden. Auch der Eigentümer eines nießbrauchbelasteten Kommanditanteils kann Mitunternehmer sein. |

     

    Sachverhalt

    Der Kläger V war zu 50 Prozent Kommanditist der gewerblich tätigen A-KG, die Eigentümerin einer Reihe von Grundstücken war. Er übertrug unentgeltlich einen Teilkommanditanteil an der A-KG seinem Sohn S. V übernahm eine etwa anfallende Schenkungsteuer. Mit der Übertragung wurde ein lebenslanges Nießbrauchsrecht für V vereinbart. Ihm standen alle Nutzungen undErträge und alle Zahlungen der Gesellschaft an den Gesellschafter, insbesondere Sonderzahlungen und Rücklagen, zu. Ferner trug er Lasten und Aufwendungen. Weiter erhielt er eine lebenslängliche Stimmrechtsvollmacht für die Gesellschafterversammlungen der A-KG. S verpflichtete sich, zu Lebzeiten des V keine Verfügungen über den Gesellschaftsanteil zu treffen.V konnte die Schenkung nach seinem Ermessen u. a. dann ganz oder teilweise widerrufen, falls S die Vollmacht widerrufen sollte.

     

    Das FA setzte gegenüber V Schenkungsteuer fest und versagte die Steuerbegünstigung nach § 13a ErbStG a. F. Das FG gab der Klage dem Grunde nach statt. Auch der BFH war der Ansicht, dass die Schenkungsteuer dem Grunde nach unter Berücksichtigung der Steuerbegünstigung nach § 13a Abs. 1 S. 1 Nr. 2 und Abs. 2 ErbStG a. F. festzusetzen ist (BFH 6.11.19, II R 34/16, Abruf-Nr. 214288).

     

    Entscheidungsgründe

    Nach § 13a Abs. 1 S. 1 Nr. 2 ErbStG a. F. bleibt u. a. Betriebsvermögen vorbehaltlich des Satzes 2 insgesamt bis zu einem Wert von 225.000 EUR beim Erwerb durch Schenkung unter Lebenden außer Ansatz, wenn der Schenker dem FA unwiderruflich erklärt, dass der Freibetrag für diese Schenkung in Anspruch genommen wird. Der nach Anwendung des Abs. 1 verbleibende Wert des Vermögens i. S. d. Abs. 4 ist mit 65 Prozent anzusetzen (§ 13a Abs. 2 ErbStG a. F.). Nach § 13a Abs. 4 Nr. 1 ErbStG a. F. gelten der Freibetrag und der verminderte Wertansatz für inländisches Betriebsvermögen (§ 12 Abs. 5 ErbStG a. F.) u. a. beim Erwerb eines Anteils an einer Gesellschaft i. S. d. § 15 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 und Abs. 3 EStG. Diese Steuervergünstigungen sind jedoch nur zu gewähren, wenn das durch Schenkung unter Lebenden erworbene Vermögen durchgehend sowohl beim bisherigen als auch beim neuen Rechtsträger den Tatbestand des § 13a Abs. 4 Nr. 1 ErbStG a. F. erfüllt. Da der erworbene Gegenstand bei V zum Betriebsvermögen gehörte und auch bei S zum Betriebsvermögen gehört, ist diese Voraussetzung erfüllt.

     

    Der Erwerber einer Beteiligung an einer Personengesellschaft muss aufgrund des Erwerbs Mitunternehmer geworden sein. Ob dies der Fall ist, ist nach den allgemeinen Kriterien (Vorliegen von Mitunternehmerinitiative und Mitunternehmerrisiko) zu prüfen.

     

    Auch ein Kommanditist kann Mitunternehmer sein, wenn der Kommanditanteil mit einem Nießbrauch belastet ist. Mitunternehmer i. S. d. § 15 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 EStG ist nach § 39 Abs. 1 AO regelmäßig der zivilrechtliche Gesellschafter. Steuerrechtlich kann der Gesellschaftsanteil jedoch einem anderen zuzurechnen sein, wenn der andere die tatsächliche Herrschaft über das Wirtschaftsgut in der Weise ausübt, dass er den Eigentümer im Regelfall für die gewöhnliche Nutzungsdauer von der Einwirkung auf das Wirtschaftsgut wirtschaftlich ausschließen kann (§ 39 Abs. 2 Nr. 1 S. 1 AO).

     

    S hat trotz der Stimmrechtsvollmacht Mitunternehmerinitiative, da er an der Ausübung seines Stimmrechts nicht gehindert ist. Dem V ist lediglich die Ausübung des Stimmrechts gestattet, solange und soweit S damit einverstanden ist. Zum einen ist die Vollmacht zwar auf Lebenszeit erteilt, aber widerruflich. Zum anderen hindert sie S als Vollmachtgeber nicht, die Stimmrechte weiterhin selbst auszuüben. Die Bevollmächtigung belässt das Recht bei dem bisherigen Rechtsträger und schafft nur zusätzlich eine weitere Befugnis in der Person des Bevollmächtigten. Eine verdrängende Vollmacht, die den Vollmachtgeber von der Rechtsausübung ausschließt, wäre wegen Verstoß gegen § 137 S. 1 BGB unwirksam (vgl. Staudinger/Kohler, BGB, 2017, § 137 Rn. 34, 35). Der Kommanditist, der Stimmrechtsvollmacht erteilt, bleibt Träger des Stimmrechts und ist im Verhältnis zur Gesellschaft auch weiterhin zur Ausübung seines Stimmrechts uneingeschränkt in der Lage. S hatte sich auch nicht im Innenverhältnis verpflichtet, sein Stimmrecht nicht auszuüben.

     

    S trägt auch das Mitunternehmerrisiko. Insoweit genügt es, wenn er an den stillen Reserven beteiligt ist und die Verluste zu tragen hat. Es ist dann unschädlich, wenn dem V alle Nutzungen und Erträge und alle Zahlungen der Gesellschaft an den Gesellschafter ‒ insbesondere Sonderzahlungen und Rücklagen ‒ zustehen und er Lasten und Aufwendungen trägt.

     

    Relevanz für die Praxis

    Die gegenwärtig geltende Regelung in § 13b Abs. 1 Nr. 2 ErbStG zur Begünstigung des Erwerbs von inländischem Betriebsvermögen hat in den entscheidungserheblichen Punkten keine Änderung gebracht. In der Praxis der Unternehmensnachfolge spielt die Schenkung von KG-Anteilen unter Vorbehaltsnießbrauch unverändert eine große Rolle. Die Stellung als Mitunternehmer wurde in der Vergangenheit allerdings häufig verneint, sofern der Beschenkte dem Nießbraucher eine Stimmrechtsvollmacht erteilt hatte. Der BFH hat nunmehr eine solche Gestaltung anerkannt. Für die Praxis der Unternehmensnachfolge besteht jetzt wieder Rechtssicherheit.

     

    Weiterführende Hinweise

    • Geck, Die neuen Voraussetzungen der Verschonung von Unternehmensvermögen unter Einschluss der Nachsteuertatbestände, ZEV 16, 546
    • Riedel, „Verschonungskonzepte“ für Unternehmensvermögen nach dem ErbStG 2016, ZErb 16, 371
    Quelle: Ausgabe 06 / 2020 | Seite 97 | ID 46566859