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  • · Fachbeitrag · Vorweggenommene Erbfolge

    Kosten bei Beauftragung von Anwalt oder Notar

    von RA Ernst Sarres, FA Erbrecht und Familienrecht, Düsseldorf

    | Mit Wirkung zum 1.8.13 haben sich die Notarkosten geändert und sind im neuen Gesetz über Kosten der freiwilligen Gerichtsbarkeit für Gerichte und Notare (Gerichts- und Notarkostengesetz, GNotKG) geregelt (BGBl I, 2586). In der Praxis muss der Berater den Mandanten rechtzeitig über Notarkosten bzw. über das Verhältnis von Anwalt und Notar informieren. |

    1. Gegenstand der Beratung

    Erbrechtsbezogene Vertrags- und Nachfolgegestaltungen können Verträge der vorweggenommene Erbfolge oder letztwillige Verfügungen erfassen. Bei der Übertragung von Grundvermögen fallen Kosten für die notarielle Beurkundung an.

    2. Berater

    Der Anwalt muss den Mandanten darüber belehren, dass bei der Übertragung von Grundvermögen zusätzliche Kosten für die notwendige Beurkundung anfallen (BGH NJW 98, 136). Der Mandant soll entscheiden können, ob er vor der neutralen notariellen Vertragsgestaltung noch eine einseitige anwaltliche Beratung mit entsprechender Kostenfolge wünscht (BGH, a.a.O.). Je nachdem, wen der Mandant beauftragt, fallen unterschiedliche Kosten an:

     

    • Fall: Überlassungsvertrag bei vorweggenommener Erbfolge

    A möchte seiner volljährigen Nichte L seine Eigentumswohnung (Wert 120.000 EUR) im Wege vorweggenommener Erbfolge übertragen. Er überlegt, ob er vor der notariellen Beurkundung einen Anwalt beauftragen soll.

     

    a) Anwalt als erster Ansprechpartner

    Beauftragt A einen Anwalt, kann dieser nach einer Beratung über (auch streitige) Gestaltungsfragen einen Vertragsentwurf erstellen, der u.a. folgende Themen interessenorientiert berücksichtigt: Absicherungsmöglichkeiten für eine Rückübertragung, Erläuterung von Rückfallklauseln, Rückforderungsmodalitäten, Bewertungsbedarf, erbrechtliche Konsequenzen der Übertragung, steuerrechtliche Optionen. Eine notarielle Beurkundung mit zusätzlichen Kosten muss wegen der Übertragung der Immobilie folgen.

     

    PRAXISHINWEIS | Der Auftrag des A muss den Anwalt nicht dazu veranlassen zu prüfen, ob nur die Sachbehandlung durch den Notar (Beratung/Beurkundung) wirtschaftlich vorteilhafter für A sein könnte. Die Entscheidung des A, einen Anwalt zu beauftragen, muss diesen nicht etwa dazu motivieren, A unmittelbar an einen Notar zu verweisen. Dazu besteht i.d.R. keine Pflicht (BGH NJW 98, 136).

     
    • Anwaltsgebühren

    1,3 Geschäftsgebühr, Nr. 2300 VV RVG aus 125.000 EUR

    2.064,40 EUR

    Pauschale für Entgelte für Post- und Telekommunika-tionsdienstleistungen Nr. 7002 VV RVG

     

    20,00 EUR

    2.084,40 EUR

    19 % Umsatzsteuer Nr. 7008

    396,04 EUR

    2.480,44 EUR

     

    b) Notar als erste Adresse

    A kann aber auch ggf. gemeinsam mit L einen Notar aufsuchen. Dieser kann nach Belehrung und gestaltender Beratung zum Zweck der vorweggenommenen Erbfolge einen entsprechenden Vertrag beurkunden. Die Belehrungspflichten des Notars entsprechend § 17 BeurkG sowie seine sonstigen öffentlich-rechtlichen Betreuungspflichten aus §§ 1, 24 BNotO nach Maßgabe des Auftrags können Prüfungs-, Warn- und Beratungspflichten auslösen. Auch die Gestaltungsberatung des Notars orientiert sich in Anlehnung an die anwaltliche Mandatierung im Wesentlichen am sog. Betreuungsauftrag und der hieraus folgenden auftragsgerechten, zweckmäßigen und rechtlich zuverlässigen Gestaltung des Rechtsgeschäfts (vgl. hierzu BGH NJW 93, 729).

     

    PRAXISHINWEIS | Die unterschiedlichen Vorgehensweisen beruhen auf der jeweils persönlichen Entscheidung und Einstellung des Veräußerers. Die Vorstellungen vom sichersten Weg seit Beginn der Beratung bis zur Rechtsverwirklichung stellen sich wegen der individuell bewerteten Rechtsfragen und sonstigen Erfahrungen differenziert dar. Es ist nicht ungewöhnlich, wenn zunächst eine Beratung gewünscht ist, um erst dann die notarielle Beurkundung vornehmen zu lassen.Der Notar ist nicht an einen Entwurf (Fremdentwurf) des Veräußerers gebunden. Würde es in solchen Fällen von Anfang an allein und ausdrücklich um den „billigsten und günstigsten Weg“ bei der Überlassung der Immobilien gehen, müsste der um Beratung angegangene Berater den Mandanten bestenfalls unmittelbar an einen Notar verweisen und sich eigener Leistungen gänzlich enthalten. Aus finanziellen Gründen ist die Bearbeitung des Falls beim Notar kostengünstiger.

     

    Die Notargebühren berechnen sich wie folgt:

     

    • Notargebühren

    2,0 Beurkundungsgebühr KV Nr. 21100 zum GNotKG

    600,00 EUR

    Nebenkosten für Dokumente (15 EUR), Postpauschale (20 EUR), Grundbuchabruf (8 EUR) nach KV Nrn. 32001, 32005 32011 zum GNotKG

     

    43,00 EUR

    643,00 EUR

    19 % Umsatzsteuer KV Nr. 32014zum GNotKG

    122,17 EUR

    765,17 EUR

     

    MERKE | Generell lässt sich dem neuen GNotKG entnehmen, dass es dem Notar entsprechend § 92 GNotKG bei vorzeitiger Beendigung des Beurkundungsverfahrens in bestimmten Fällen Rahmengebühren vergütet. Maßstab ist der Wert der fiktiven Beurkundung. Würde die Gebühr für das Beurkundungsverfahren 2,0 betragen, könnten gemäß Ermessen des Notars Gebühren von 0,5 bis 2,0 anfallen, mindestens aber 120 EUR (Wudy, Das neue Gebührenrecht für Notare, 240). Notarkosten sind grundsätzlich aus Tabelle B abzulesen (Wudy, a.a.O., 12).

     

     

    c) Erledigung durch Anwalt und Notar

    Werden Anwalt und Notar tätig, fallen insgesamt 3.245,61 EUR an (2.480,44 EUR für den Anwalt und 765,17 EUR für den Notar). Nach dem am Einzelfall orientierten Aufwand kann die Vergütung für den Anwalt auch niedriger ausfallen.

     

    d) Kostenvergleich

    Die Kombinationsbearbeitung von Anwalt und Notar führt zu Kosten von 3.245,61 EUR.

     

    Die alleinige notarielle Bearbeitung verursacht Kosten von 765,17 EUR.

     

    Die Entscheidung, allein wegen der Kosten nur einen Notar zu beauftragen, wird den individuellen Beratungsbedürfnissen des Rechtssuchenden nicht immer gerecht. Beide Varianten könnten fallbezogen sinnvoll oder geboten sein. Die Rechtssicherheit spricht außerhalb von sog. wirklichen Standardfällen (Standardbeurkundungen) für die sog. Kombinationslösung, welche das Know-how von Anwalt und Notar auf der Basis ihrer selbstständigen Bearbeitungsanteile zusammenfließen lassen könnte.

     

    Praxishinweis | Entscheidet sich der Mandant für die Kombinationslösung Anwalt und Notar, ist es sinnvoll, sich wegen der erhöhten Kosten ein entsprechendes Belehrungsschreiben von ihm gegenzeichnen zu lassen.

     

    Musterformulierung / Belehrungshinweis für Mandanten

    Von RAin/RA ... wurde ich darauf hingewiesen, dass wegen der notwendigen Beurkundung des Vertrags durch einen Notar zusätzliche Kosten anfallen werden. Die Gesamtkosten (Anwalt/Notar) wurden erörtert und nach Einholung von weiteren Informationen sowie unter Nutzung von aktuellen Gebührentabellen bei höchstens ... EUR angesiedelt. Mir ist bekannt, dass es sich um Schätzwerte handelt. Sie können die eigenständigen Abrechnungen von Notar und Anwalt nicht ersetzen. Wegen der mir hier wichtigen vorausgehenden anwaltlichen Beratung nehme ich die Mehrkosten von mindestens ... bewusst in Kauf. Ich weiß auch, dass ich die Angelegenheit allein durch einen Notar bearbeiten lassen könnte.

     

    Ort ...., Datum .... Unterschrift Mandant ...

     

    Weiterführende Hinweise

    • BGH NJW 93, 729, zur selbstständigen Betreuungstätigkeit durch den Notar
    • BGH NJW 90, 2882, zur riskanten anwaltlichen Beratung mit Blick auf Kausalitätsfragen 
    Quelle: Ausgabe 02 / 2014 | Seite 30 | ID 42412918