· Fachbeitrag · Wohnungsbaugenossenschaften
Das ist beim Tod eines Mitglieds zu beachten
von RA Uwe Gottwald, VRiLG a.D., Vallendar
| Stirbt ein Mitglied einer Wohnungsbaugenossenschaft, sind im Hinblick auf die Rechtsnachfolge Vorschriften des Genossenschafts- und des Mietrechts zu beachten. |
1. Zweck der Wohnungsbaugenossenschaften
Wohnungsbaugenossenschaften haben i. d. R. den Zweck, ihre Mitglieder vorrangig durch eine gute und sozial verantwortbare Wohnungsversorgung im Rahmen der Vermögensbildung zu fördern. So ist es möglich, bezahlbaren Wohnraum zu schaffen und den Mitgliedern zur Verfügung zu stellen. Die Genossenschaft finanziert sich über Genossenschaftsanteile. Im Regelfall legt jede Wohnungsbaugenossenschaft fest, wie viele Pflichtanteile zu erwerben sind, um eine bestimmte Genossenschaftswohnung zu nutzen. Mit dem Kauf der Genossenschaftsanteile werden die Mitglieder Miteigentümer der Genossenschaft, nicht aber an einer bestimmten Wohnung. Die Genossenschaft allein ist Eigentümer des Grundbesitzes, der durch die Mitglieder im Rahmen der satzungs- und vertraglichen Abreden genutzt wird. Im Unterschied zur Miete ist die Nutzung einer Genossenschaftswohnung durch das Mitglied unkündbar und erfolgt dauerhaft zum Selbstkostenpreis. Daneben können gem. der Satzung Mitbestimmungsrechte wahrgenommen werden.
2. Tod eines Mitglieds der Wohnungsbaugenossenschaft
Für das Mitglied einer Wohnungsbaugenossenschaft, das eine Genossenschaftswohnung nutzt, sind zwei Rechtsverhältnisse maßgebend
- das Genossenschaftsrecht nach dem Genossenschaftsgesetz (GenG) sowie
- das allgemeine Mietrecht nach den Regeln des BGB.
a) Regelungen des Genossenschaftsrechts
Nach § 77 Abs. 1 S. 1 GenG geht mit dem Tod eines Mitglieds die Mitgliedschaft auf den Erben über. Sie endet nach § 77 Abs. 1 S. 2 GenG mit dem Schluss des Geschäftsjahres, in dem der Erbfall eingetreten ist. Dabei können nach § 77 Abs. 1 S. 3 GenG mehrere Erben das Stimmrecht in der Generalversammlung nur durch einen gemeinschaftlichen Vertreter ausüben.
Abweichend davon kann nach § 77 Abs. 2 S. 1 GenG die Satzung bestimmen, dass beim Tod eines Mitglieds dessen Mitgliedschaft in der Genossenschaft durch dessen Erben fortgesetzt wird. Dabei kann die Satzung es von persönlichen Voraussetzungen des Rechtsnachfolgers abhängig machen, die Mitgliedschaft fortzusetzen, § 77 Abs. 2 S. 2 GenG. Schließlich kann nach § 77 Abs. 2 S. 3 GenG für den Fall der Beerbung des Erblassers durch mehrere Erben auch bestimmt werden, dass die Mitgliedschaft endet, wenn sie nicht innerhalb einer in der Satzung festgesetzten Frist einem Miterben allein überlassen worden ist.
Grundsätzlich endet die Mitgliedschaft des Erben eines Mitglieds der Genossenschaft mit dem Schluss des Geschäftsjahres, in dem der Erbfall eingetreten ist. Daher gilt für die Auseinandersetzung mit diesem Folgendes: §§ 73 und 75 GenG gelten entsprechend, weshalb das Geschäftsguthaben auszuzahlen ist, § 73 Abs. 2 S. 2 BGB. Darüber hinaus kann die Satzung auch die Auszahlung eines Anteils einer Ergebnisrücklage vorsehen, § 73 Abs. 3 GenG.
Maßgebend ist daneben die jeweilige Satzung, soweit sie etwas anderes bestimmt. Das ist im Einzelfall zu prüfen. Wird danach die Mitgliedschaft mit einem Erben fortgesetzt, greift § 76 GenG entsprechend.
b) Regelungen des Mietrechts
Auch für den Miet- bzw. Nutzungsvertrag des Mitglieds einer Wohnungsbaugenossenschaft gilt beim Tod des Nutzers/Mieters (Mitglieds), dass dieser das Mietverhältnis nicht beendet, sondern grundsätzlich im Wege der Gesamtrechtsnachfolge nach § 1922 BGB auf den/die Erben übergeht (BGH WuM 10, 431). Dieser setzt das Mietverhältnis mit denselben Rechten und Pflichten aus dem Mietvertrag fort. Abweichend davon regeln §§ 563 bis 564 BGB die Rechtsnachfolge in Wohnraummietverhältnisse. Sie lassen eine Sonderrechtsnachfolge für bestimmte Personen in das Mietverhältnis zu. Erfolgt keine Sonderrechtsnachfolge, bleibt es bei der Gesamtrechtsnachfolge. Das Mietverhältnis wird mit dem Erben fortgesetzt (vgl. Gottwald, EE 13, 211 ff.).
Tritt eine Person nach den §§ 563, 564 BGB in das Nutzungs- bzw. Mietverhältnis über die Wohnung ein (OLG Karlsruhe WuM 84, 43 = NJW 84, 2584), stellt allein der Umstand, dass der in das Mietverhältnis Eingetretene kein Mitglied der vermietenden Genossenschaft ist, keinen, die Genossenschaft zur Kündigung berechtigenden wichtigen Grund i. S. d. § 563 Abs. 4 BGB dar.
Eine Kündigung nach § 573 Abs. 1 BGB ist hier allerdings möglich, wenn sich der Eingetretene weigert, die Mitgliedschaft zu erwerben und diese auch nicht im Wege der Erbfolge erworben hat. Das Dauernutzungsrecht des Mieters ist nach den jeweiligen Satzungen an die Mitgliedschaft gebunden, gleich auf welche Weise sie erworben wurde.
3. Fazit
Die Vorteile des genossenschaftlichen Wohnens können an einen der Erben des Mitglieds weitergegeben werden. Bei Miterben muss stets bedacht werden, dass nur einer von ihnen in die Stellung des Mitglieds wird einrücken können. Können die Miterben sich insoweit nicht einigen, erlischt die Mitgliedschaft und erfolgt die Auseinandersetzung entsprechend §§ 73, 75 GenG.
Für den Eintritt in das Nutzungs-/Mietverhältnis gilt zudem das BGB. Zu beachten ist, dass damit auch das Kündigungsrecht des § 573 BGB greift und die dauerhafte Nutzung nur dem Mitglied der Genossenschaft zugutekommt.