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Bei unzumutbarer Selbstnutzung des geerbten Familienheims bleibt Steuerbefreiung bestehen
| Falls der überlebende Ehegatte aus dem Familienheim auszieht, weil ihm die weitere Nutzung aus gesundheitlichen Gründen unmöglich oder unzumutbar ist, fällt die bei dem Erwerb des Hauses gem. § 13 Abs. 1 Nr. 4b ErbStG gewährte Erbschaftsteuerbefreiung nicht rückwirkend weg. Gleiches gilt für die Steuerbefreiung gem. § 13 Abs. 1 Nr. 4c ErbStG, die erbende Kinder begünstigt. Dies hat der BFH in einem aktuell veröffentlichten Urteil entschieden (BFH 1.12.21, II R 1/21, Abruf-Nr. 230596 ). |
Die Klägerin hatte mit ihrem Ehemann ein Einfamilienhaus bewohnt und wurde nach dessen Tod aufgrund Testaments Alleineigentümerin. Nach knapp zwei Jahren veräußerte sie das Haus und zog in eine Eigentumswohnung. Die Klägerin berief sich gegenüber dem Finanzamt und dem Finanz-gericht (FG) erfolglos darauf, sie habe das Haus wegen einer depressivenErkrankung, die sich nach dem Tod ihres Ehemannes gerade durch die Umgebung des ehemals gemeinsam bewohnten Hauses verschlechtert habe, auf ärztlichen Rat verlassen. Das FG war der Ansicht, es habe keine zwingenden Gründe für den Auszug gegeben, da der Klägerin nicht die Führung eines Haushalts schlechthin unmöglich gewesen sei. Gegen dieses Urteil hat die Klägerin Revision eingelegt.
Auf die Revision hat der BFH das Urteil des FG aufgehoben und die Sache an selbiges zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung zurückverwiesen.
Grundsätzlich setze die Steuerbefreiung gemäß § 13 Abs. 1 Nr. 4b ErbStGvoraus, dass der Erbe für zehn Jahre das geerbte Familienheim selbst nutzt, es sei denn, er ist aus „zwingenden Gründen“ daran gehindert. „Zwingend“ erfasse nach der Auffassung des BFH nicht nur den Fall der Unmöglichkeit, sondern auch die Unzumutbarkeit der Selbstnutzung des Familienheims. Dabei sei erforderlich, aber auch ausreichend, wenn dem Erwerber ausobjektiven Gründen die Selbstnutzung des Familienheims nicht mehr zuzumuten ist. Insoweit sei ein strenger Maßstab anzulegen, um eine verfassungswidrige Begünstigung zu vermeiden. Es könne deshalb ein zwingender Grund i. S. v. § 13 Abs. 1 Nr. 4b S. 5 Hs. 2 ErbStG auch dann vorliegen, wenn der Erwerber im Falle der weiteren Selbstnutzung des Familienheims eine erhebliche Beeinträchtigung seines Gesundheitszustands zu gewärtigenhabe, die ein weiteres Verbleiben dort unzumutbar mache. Dazu könnten die Folgen eines Traumas gehören.
Ob eine Erkrankung vorliegt, die zur Überschreitung der Unzumutbarkeitsschwelle führt, könne regelmäßig allein mithilfe ärztlicher Begutachtung festgestellt werden. Der BFH hat die Sache daher zurückverwiesen, damit das FG, u. U. durch Einholung eines ärztlichen Sachverständigengutachtens, die Schwere der geltend gemachten Erkrankung und deren Verlauf prüfen kann.