· Nachricht · Erbrecht des Staates
Nachlassgerichte dürfen es sich bei der Suche nach Erben nicht zu leicht machen
| Das OLG Celle (21.4.21, 6 W 60/21, Abruf-Nr. 224134 ) hat die Verpflichtung der Nachlassgerichte zur Erbenermittlung konkretisiert und entschieden, dass ein Erbrecht des Staates erst nach ausreichenden Nachforschungen zu anderen Erben festgestellt werden darf. |
Eine Erblasserin war in der von ihr gemieteten Wohnung tot aufgefunden worden. Das für die Bestattung zuständige Ordnungsamt hatte keine Informationen zu Angehörigen. Das Zentrale Testamentsregister wies zwar auf eine namentlich benannte Tochter der Erblasserin mit bestimmtem Wohnsitz hin. Das Standes- und Einwohnermeldeamt an dem angegebenen Geburtsort dieser Tochter teilte aber mit, dass sie dort nicht gemeldet sei.
Mit der Begründung, dass ein anderer Erbe als das Land Niedersachsen nicht vorhanden und eine Tochter nicht auffindbar gewesen sei sowie das für die Bestattung zuständige Ordnungsamt nach telefonischer Auskunft keineErkenntnisse zu Angehörigen gehabt habe, erließ das Nachlassgericht den Feststellungsbeschluss nach § 1964 BGB. Dabei seien weitere Ermittlungen nicht angezeigt, da nach den vorliegenden Informationen eine Überschuldung des Nachlasses anzunehmen sei. Deshalb sei wegen der Kosten eine öffentliche Aufforderung gemäß § 1965 Abs. 1 S. 1 BGB unterblieben.
Nach Auffassung des OLG Celle konnte das Erbrecht des Staates auf dieser Grundlage jedoch noch nicht festgestellt werden. Zwar stünden Reichweite und Umfang der Erbenermittlungen im pflichtgemäßen Ermessen des Nachlassgerichts. So dürfe das Nachlassgericht von einer öffentlichen Aufforderung zur Anmeldung von Erbrechten nach § 1965 BGB absehen, wenn die dafür erforderlichen Kosten im Hinblick auf das Vermögen des Erblassers unverhältnismäßig hoch wären. Der Wert des Nachlasses sei hier aber noch nicht ausreichend ermittelt. Zudem könne selbst bei einer Überschuldung nicht ohne Weiteres angenommen werden, dass ein Erbe die Erbschaft ausschlagen werde.
Als Faustformel jedenfalls könne gesagt werden, dass regelmäßig mindestens Anfragen an Sterbe-, Ehe- und Geburtenregister der feststellbarenLebensmittelpunkte eines Erblassers gerichtet werden müssten. Da im vorliegenden Fall zudem der Name, das Geburtsdatum und der Geburtsort einer möglichen Tochter bekannt waren, hätten auch ausgehend von diesen Informationen weitere Ermittlungen erfolgen müssen.
Weiterführender Hinweis
- Hinsichtlich der zahlreichen konkreten Ermittlungsmöglichkeiten hat das OLG Celle auf die Übersichten bei Zimmermann, Die Nachlasspflegschaft, 4. Aufl., Rn. 665 ff., und Jochum/Pohl, Nachlasspflegschaft, 5. Aufl., Rn. 705 ff., verwiesen.