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  • · Fachbeitrag · Pflichten des Testamentsvollstreckers

    Entlassung des Testamentsvollstreckers wegen verspäteter Vorlage des Nachlassverzeichnisses?

    von RA Uwe Gottwald, VorsRiLG a. D., Vallendar

    | Das OLG Düsseldorf hat im Beschwerdeverfahren über einen Antrag auf Entlassung des Testamentsvollstreckers gem. § 2227 BGB wegen verspätetem und unvollständig erstelltem Nachlassverzeichnis befunden. |

     

    Sachverhalt

    Die (minderjährigen) Beteiligten sind durch Testament der Erblasserin zu je 1/2 als Erben eingesetzt. Die ihr zustehenden Geschäftsanteile an einer GmbH hat die Erblasserin dem weiteren Beteiligten vermacht, diesen zum Testamentsvollstrecker ernannt und dabei bestimmt, dass das Amt des Testamentsvollstreckers mit dem 27. Geburtstag des jüngsten der beiden minderjährigen Erben endet.

     

    Die Erben der Erblasser haben beim zuständigen Nachlassgericht die Entlassung des Testamentsvollstreckers und die Ernennung eines Ersatztestamentsvollstreckers beantragt. Zur Begründung haben sie geltend gemacht, dass der Testamentsvollstrecker seine Amtspflichten im Zusammenhang mit der Erstellung des Nachlassverzeichnisses verletzt habe. Sie haben hierzu im Einzelnen vorgetragen.

     

    Das Nachlassgericht hat den Antrag zurückgewiesen. Der gegen diese Entscheidung eingelegten Beschwerde hat es nicht abgeholfen und die Akten dem OLG Düsseldorf zur Entscheidung vorgelegt. Das OLG Düsseldorf (24.1.23, 3 Wx 105/22, Abruf-Nr. 236282) hat die Beschwerde zurückgewiesen.

     

    • 1. Der Zeitraum, den der Testamentsvollstrecker für die Erstellung und Übermittlung eines Nachlassverzeichnisses in Anspruch nehmen darf, ohne einen wichtigen Grund zu seiner Entlassung zu setzen, bestimmt sich nach den konkreten Umständen des Falles und hängt insbesondere vom Umfang und von der Komplexität des Sachverhalts sowie den vorhandenen Schwierigkeiten bei der Ermittlung der Nachlassmasse ab.

     

    • 2. Selbst wenn sich im Einzelfall eine vorwerfbare zeitliche Verzögerung bei der Anfertigung und Überlassung des Nachlassverzeichnisses ergibt, führt diese nicht ohne Weiteres zur Entlassung des Testamentsvollstreckers. Erforderlich ist vielmehr eine schuldhafte und grobe Missachtung der Pflicht zur unverzüglichen Vorlage eines Nachlassverzeichnisses.

     

    • 3. Ebenso wenig führen sachliche Fehler im Nachlassverzeichnis ohne Weiteres zur Entlassung des Testamentsvollstreckers. Nur dann, wenn die Fehler Ausdruck einer grob nachlässigen oder gar böswillig fehlerhaften Amtsführung sind, stellen sie einen wichtigen Grund zur Amtsenthebung dar.

    (Abruf-Nr. 236282)

     

    Entscheidungsgründe

    Gemäß § 2227 BGB könne das Nachlassgericht den Testamentsvollstrecker auf Antrag eines der Beteiligten entlassen, wenn ein wichtiger Grund vorliege. Ein solcher Grund sei insbesondere eine grobe Pflichtverletzung oder die Unfähigkeit zur ordnungsgemäßen Geschäftsführung.

     

    Ob ein wichtiger Grund in diesem Sinne vorliege, beurteile sich nach den jeweiligen Umständen des konkreten Einzelfalls. Dabei sei bereits bei der Prüfung eines wichtigen Grundes zwischen dem Interesse an der Beibehaltung im Amt und dem entgegengesetzten Interesse an der Entlassung des Testamentsvollstreckers abzuwägen mit der Folge, dass im Ergebnis nur Gründe eine Entlassung aus dem Amt des Testamentsvollstreckers rechtfertigen, die ein solches Gewicht besitzen, dass sie sich gegenüber den für eine Fortführung des Amtes sprechenden Gründen durchsetzen.

     

    Bei der gebotenen Interessenabwägung sei zu berücksichtigen, dass es sich bei dem Testamentsvollstrecker um die nach dem Willen des Erblassers amtierende Vertrauensperson handelt und deshalb Beachtung verdient, ob die in Rede stehenden Umstände den Erblasser, wenn er noch lebte, zum Widerruf der Ernennung des von ihm ausgewählten Testamentsvollstreckers veranlasst hätten.

     

    Das OLG hat schließlich deutlich gemacht, dass ein wichtiger Grund i. S. v. § 2227 BGB dreierlei voraussetzt:

     

    • Die zur Last gelegte Pflichtverletzung muss geeignet sein, die berechtigten Belange des antragstellenden (Mit-)Erben, namentlich die mit seiner Miterbenstellung verbundenen Vermögensinteressen, zu beeinträchtigen.

     

    • Die Pflichtverletzung muss zudem schuldhaft begangen worden sein und überdies ein solches Gewicht besitzen, dass sie nach den konkreten Umständen des Falles als eine grobe Verfehlung betrachtet und wertungsmäßig mit der Unfähigkeit des Testamentsvollstreckers zu einer ordnungsgemäßen Ausübung seines Amtes auf eine Stufe gestellt werden kann.

     

    • Die Abwägung der widerstreitenden Interessen unter Berücksichtigung des mutmaßlichen Willens des Erblassers muss schließlich nach den jeweiligen Umständen des Falles zu dem Ergebnis führen, dass der Testamentsvollstrecker aus seinem Amt entfernt werden muss.

     

    Relevanz für die Praxis

    Die Entscheidung stärkt die Stellung des Testamentsvollstreckers als vom Erblasser berufene Vertrauensperson zur Abwicklung des Nachlasses und zeigt gleichzeitig die Grenzen auf, wann eine schuldhafte Pflichtverletzung vorliegt, die nach den konkreten Umständen des Falles als eine grobe Verfehlung betrachtet werden und eine Entfernung aus dem Amt begründen kann.

     

    Weiterführende Hinweise

    • Klauck, Dogmatische Fragen der Entlassung des Testamentsvollstreckers, ZErb 23, 161
    • Zur Entlassung des Testamentsvollstreckers wegen verzögerter Abwicklung des Nachlasses siehe EE 21, 147
    Quelle: Ausgabe 08 / 2023 | Seite 130 | ID 49616535