Praxiswissen auf den Punkt gebracht.
logo
  • Meine Produkte
    Bitte melden Sie sich an, um Ihre Produkte zu sehen.
Menu Menu
MyIww MyIww
  • Bundesgerichtshof

    Rückforderung wegen Bedürftigkeit
    des Schenkers ist fristgebunden

    Für den Eintritt der Bedürftigkeit beim Schenker innerhalb der Zehn-Jahres-Frist des § 529 Abs. 1 BGB genügt es nicht, wenn vor Ablauf dieser Frist die Umstände eingetreten sind, aus denen sich (früher oder später) eine Erschöpfung des Vermögens des Schenkers ergeben kann oder voraussichtlich ergeben wird. Es ist vielmehr erforderlich, dass die Erschöpfung des Vermögens innerhalb der Frist bereits eingetreten ist (BGH 26.10.99, X ZR 69/97, EBE/BGH 2000, 30).

    Sachverhalt

    Der Kläger war Nachlassverwalter der verstorbenen Mutter des Beklagten und vertrat zugleich das Sozialamt. Der Beklagte hat das Erbe seiner Mutter ausgeschlagen. Seine Mutter hatte ihm und seiner Frau aber bereits 1978 ein von ihr bewohntes bebautes Grundstück schenkweise übertragen, sich dabei ein dingliches Wohnrecht vorbehalten und ein monatliches Taschengeld von 100 DM ausbedungen. Auf dieses Wohnrecht  verzichtete sie später. 1981 schenkte sie dem Beklagten außerdem ein zweites Grundstück. Zehn Jahre später zog sie in ein Altersheim. Als sie die Kosten ihrer Heimunterbringung nicht bezahlen konnte, die der Beklagte nur anfänglich getragen hatte, begehrte der Kläger die Rückforderung der beiden Grundstücke. Beide Vorinstanzen gaben der Klage statt. Die Revision führte zur Aufhebung der angefochtenen Entscheidung und Zurückverweisung des Rechtsstreits an das Berufungsgericht.

    Gründe

    Anders als die Notbedarfseinrede nach § 519 BGB stellt die Rückforderung wegen Notbedarfs nach §§ 528, 529 BGB nicht auf den drohenden – also in naher Zukunft zu erwartenden – Bedarf des Schenkers ab, sondern erfordert bereits eingetretene Bedürftigkeit. Dabei kommt es darauf an, dass die Erschöpfung des Vermögens des Schenkers innerhalb von zehn Jahren nach der Schenkung eintritt. Alles andere führt nach Ansicht des Senats zu einer Aushöhlung der Vorschrift, insbesondere dann, wenn man mit Prognosen arbeiten würde. Im Falle einer Heimaufnahme des Schenkers müsse also auf die statistische Lebenserwartung des Schenkers abgestellt werden, um nachzurechnen, wann bei (immer wieder) steigenden Heimkosten das mitgebrachte Vermögen aufgezehrt sein wird. Bei dieser auch von der Fachliteratur einmütig vertretenen Rechtsauffassung hatte sich der Herausgabeanspruch für die Schenkungen von 1981 und 1978  deshalb bereits endgültig erledigt. Tatsächlich und rechtlich standen aber noch der Vermögensvorteil des Beklagten aus dem späteren Verzicht auf das Wohnrecht und seine Bewertung im Raum.

    Anmerkung

    Nach § 528 BGB kann der Schenker eine vollzogene Schenkung rückgängig machen, wenn er später verarmt. Verarmung ist ein weitläufiger Begriff. Darum hat ihn der Gesetzgeber genau beschrieben: Verarmung liegt vor, wenn der Schenker außer Stande ist, seinen angemessenen Unterhalt zu bestreiten. Das lässt sich genau berechnen. Und so wird jedem, der den Wunsch hat, seinen Kindern schon zu Lebzeiten etwas von seinem Vermögen zu übertragen, beruhigend erklärt, notfalls könne die Schenkung rückgängig gemacht werden. Der berühmt-berüchtigte § 529 Abs. 1 BGB wird dabei häufig übersehen. Danach ist der Anspruch auf Herausgabe des Geschenks eben doch ausdrücklich ausgeschlossen, wenn zwischenzeitlich zehn Jahre verstrichen sind.

    Praxishinweis: Jede Schenkung lässt sich aber mit entsprechenden Widerrufs- oder automatischen Rückfallklauseln verbinden, die dem Schenker weitaus größere Sicherheit geben als die gesetzliche Mindestregelung, das heißt: Notarvertraglich kann ein Rückforderungsrecht wegen Verarmung auch über einen längeren Zeitraum als zehn Jahre vereinbart werden.

    Bewertungsrechtlich stellt dieser Widerrufsvorbehalt eine auflösende Bedingung dar (§ 5 BewG). Wirtschaftsgüter, die unter einer auflösenden Bedingung erworben sind, werden wie unbedingt erworbene behandelt. Tritt die Bedingung ein, so ist die Festsetzung der nicht laufend veranlagten Steuern auf Antrag nach dem tatsächlichen Wert des Erwerbs zu berichtigen. Der Antrag ist bis zum Ablauf des Jahres zu stellen, das auf den Eintritt der Bedingung folgt. (vk)

    Quelle: Erbfolgebesteuerung - Ausgabe 05/2000, Seite 137

    Quelle: Ausgabe 05 / 2000 | Seite 137 | ID 102116