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  • Einkommensteuer

    Die Erbauseinandersetzung über Privat- und Betriebsvermögen

    von Prof. Dr. Roman Seer, Bochum

    In der Praxis läßt sich der Nachlaß nur im Idealfall unter mehreren Erben ohne Abfindungszahlungen real teilen. Häufig läuft die Aufteilung nicht so glatt ab, weil ein Miterbe wertmäßig mehr erhält als ihm zusteht. Diese Differenz ist dann auszugleichen. Der folgende Beitrag erläutert die ertragsteuerlichen Grundsätze der Auseinandersetzung einer Erbengemeinschaft über Privat-und Betriebsvermögen.

    1. Zivilrechtliche Einordnung der Erbengemeinschaft

    Werden mehrere Personen Erben, so entsteht mit dem Tod des Erblassers kraft Gesetzes eine Erbengemeinschaft (§ 2032 Abs. 1 BGB). Diese ist eine Gesamthandsgemeinschaft, das heißt: Keinem Miterben gehört ein bestimmter Nachlaßgegenstand allein oder zu einem bestimmten Bruchteil. Die Miterben können gemäß §§ 2033 Abs. 2, 2040 Abs. 1 BGB nur zusammen über einen Nachlaßgegenstand verfügen.

    Die Erbengemeinschaft ist vom Gesetz her als Abwicklungsgemeinschaft gedacht (so auch BGH 21.5.55, NJW 55, 1227). Diese ist darauf angelegt, die Nachlaßverbindlichkeiten zu erfüllen und den Nachlaß zwischen den Miterben aufzuteilen. Aus diesem Grund kann nach § 2042 Abs. 1 BGB grundsätzlich jeder Miterbe jederzeit die Auseinandersetzung über den Nachlaß verlangen. Nach der gesetzlichen Grundstruktur verläuft die Erbauseinandersetzung in den folgenden drei Phasen:

    • Zunächst sind gemäß § 2046 Abs. 1 BGB alle Nachlaßverbindlichkeiten zu berichtigen.
    • Sodann sind die Vorausvermächtnisse – also die einem Erben zugewandten Vermächtnisse (§ 2150 BGB) – aus dem Nachlaß zu erfüllen.
    • Der übrige Nachlaß ist unter den Miterben nach dem Verhältnis ihrer Erbquoten gemäß § 2047 Abs. 1 BGB zu verteilen.

    Die Erbauseinandersetzung ist mithin zivilrechtlich ein zeitlich gestreckter Vorgang, der von dem eigentlichen Erbfall zu abstrahieren ist. Dabei muß die Erbauseinandersetzung nicht zeitlich unmittelbar im Anschluß an den Erbfall erfolgen. Vielmehr kann die Erbengemeinschaft sogar über Jahre hinweg ganz oder teilweise ungeteilt bis zu ihrer endgültigen Auseinandersetzung fortbestehen.

    2. Steuerliche Behandlung der Erbauseinandersetzung

    Bis zur Mitte der achtziger Jahre wurde dem Vorgang der Erbauseinandersetzung für den Bereich der Einkommensteuer keine selbständige Bedeutung beigemessen. Die herrschende Meinung sah Erbfallund Erbauseinandersetzung als unselbständige Teile eines einheitlichen, insgesamt unentgeltlichen privaten Vorgangs an.

    Von dieser Auffassung entfernten sich BFH und BMF zunächst für den Bereich des Privatvermögens (BFH 9.7.85, BStBl II, 722; 28.1.87, BStBl II, 616; 6.2.87, BStBl II, 423; BMF 31.12.88, BStBl I 88, 546). Der Erbfall ist seitdem der nicht einkommensteuerbare Zuwendungsakt; auf ihn folgen die einkommensteuerrechtlich relevanten Vorgänge.

    Beispiel: Erblasser hinterläßt den Kindern ein Mehrfamilienhaus

    Der Erblasser E. wird von seinen beiden Kindern S. und T. zu gleichen Teilen beerbt. Der Nachlaß besteht im wesentlichen aus einem privaten, fremdvermieteten Mehrfamilienhaus, für das die Herstellungskosten des E. 500.000 DM betrugen. Das Grundstück hat einen Verkehrswert von 1 Mio. DM. S. und T. vereinbaren, daß S. das Grundstück gegen eine Barabfindung von 500.000 DM übernimmt. 100.000 DM davon entfallen auf den Grund und Boden.

    Lösung

    Gemäß der geltenden Trennungstheorie führt S. die AfA des E. entsprechend seinem Erbteil zu 1/2 nach § 11d Abs. 1 EStDV fort. Das sind jährlich 5.000 DM (2 Prozent von 500.000 DM x 1/2).

    Den hälftigen Anteil der T. erwirbt S. entgeltlich und hat insoweit Anschaffungskosten von 500.000 DM. Er kann daher für diesen Teil nach § 7 Abs. 4 EStG jährlich 2 Prozent von 400.000 DM = 8.000 DM ansetzen. Für die Finanzierung der Abfindungszahlung anfallende Schuldzinsen sind als Werbungskosten nach § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 1 EStG abziehbar.

    Anmerkung: Nach der früheren Einheitstheorie galt: S. führte die AfA des E. nach § 11d EStDV fort. Das waren jährlich 2 Prozent von 500.000 DM = 10.000 DM. Die Abfindung erfolgte auf der einkommensteuerlich unbeachtlichen privaten Vermögensebene und tangierte die AfA-Bemessungsgrundlage nicht. Im Zusammenhang mit der Finanzierung der Abfindung anfallende Schuldzinsen waren nicht abzugsfähig.

    Dieselbe Entwicklung fand für das Betriebsvermögen statt (BFH GrS 5.7.90, BStBl II, 837; BMF 11.1.93, BStBl I, 62). Entsprechend dem zivilrechtlichen Gehalt sind Erbfall und Erbauseinandersetzung nun als zwei unterschiedliche Rechtsvorgänge zu behandeln:

    Für die Auseinandersetzung der Erbengemeinschaft finden die Grundsätze über die Liquidation einer Personengesellschaft Anwendung (sogenannte Realteilung, siehe unten 3.). Soweit das Zugewendete aufgeteilt wird, gelten die Regeln über die unentgeltliche Übertragung von Wirtschaftsgütern: Die Steuerwerte werden gemäß §§ 7 Abs. 1, 11d EStDV von den Rechtsnachfolgern fortgeführt. Darüber hinausgehend sind entgeltliche Veräußerungs- und Anschaffungsgeschäfte möglich, die beim Veräußerer zu einer Gewinnrealisierung und beim Erwerber zu (abschreibungsfähigen) Anschaffungskosten führen.

    Im einzelnen führt die Aufgabe der Einheitstheorie für Betriebsvermögen zu folgenden Konsequenzen:

    • Veräußert ein Miterbe seinen Erbanteil, so liegt für ihn ein Veräußerungsgeschäft und für den Erwerber ein Anschaffungsgeschäft vor.
    • Scheidet ein Miterbe gegen Barabfindung aus der Erbengemeinschaft aus, ist ein entgeltliches Geschäft gegeben.
    • Wird die Erbengemeinschaft durch Realteilung beendet, so wird diese als unentgeltlicher Vorgang behandelt.
    • Erlangt ein Miterbe bei der Realteilung mehr Vermögen als ihm nach seinem Erbteil zusteht und muß er deshalb eine Ausgleichsleistung erbringen (sogenannter Spitzenausgleich), handelt es sich insoweit um ein entgeltliches Geschäft.
    • Gehört zum Nachlaß ein gewerbliches Unternehmen, das der Erblasser bis zu seinem Tod als Einzelunternehmen geführt hat, so werden alle Miterben im Zeitpunkt des Erbfalls (geborene) Mitunternehmer dieses Unternehmens i.S. des § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG (BMF 11.1.93, aaO, Tz. 3).
    • Die Erbengemeinschaft ist der Personengesellschaft als wirtschaftlich vergleichbares Gemeinschaftsverhältnis gleichgestellt. Dies bedeutet, daß die Miterben auch dann mit dem Erbfall eine Mitunternehmerstellung erlangt haben, wenn sie das Unternehmen alsbald nach dem Erbfall abwickeln bzw. sich auseinandersetzen. Die Dauer der Erbengemeinschaft spielt dabei keine Rolle. Die einmal erlangte Stellung als Mitunternehmer kann grundsätzlich nicht rückwirkend wegfallen (so die h.M., aber streitig: Schmidt, EStG, 17. Auflage, § 16 Rz 606, 611, 623).
    • Alle Miterben erzielen aus der Erbengemeinschaft Einkünfte aus Gewerbebetrieb.
    • Davon ist jedoch die persönliche Zurechnung der laufenden Einkünfte zu unterscheiden. Hier wendet die Finanzverwaltung eine Billigkeitsregelung an (BMF 11.1.93, aaO, Tz. 8, 9; s. auch BFH 24.9.91, BStBl II 92, 330): Setzen sich die Erben innerhalb einer Frist von sechs Monaten nach dem Erbfall auseinander, so wird eine von den Erbquoten abweichende, rückwirkende Zurechnung der laufenden Einkünfte auf den Übernehmer des Betriebsvermögens steuerlich anerkannt.
    Beispiel

    Grundstücksmakler E. verstirbt am 2. November 1998 und hinterläßt sein Maklerunternehmen (Buchwert: 300.000 DM, Verkehrswert: 800.000 DM). Seine Erben sind S. und T. zu je 1/2. Diese einigen sich am 10. Januar 1999, daß S. das Maklerunternehmen weiterführt und T. eine Ausgleichszahlung von 400.000 DM erhält.

    Lösung

    Trotz des kurzen Zeitraums zwischen Erbfall und Erbauseinandersetzung ist T. Mitunternehmerin des Maklerunternehmens geworden. Die nach dem Erbfall angefallenen gewerblichen Einkünfte können aber in voller Höhe dem S. zugerechnet werden, wenn vereinbart wird, daß S. die Nutzungen und Lasten des Unternehmens bereits seit dem 2. November 1998 tragen soll.

    3. Realteilung von Personengesellschaften

    Die Erbauseinandersetzung wird einkommensteuerlich wie eine Realteilung von Personengesellschaften behandelt (dazu BFH 19.1.82, BStBl II, 456; BFH 10.12.91, BStBl II 92, 385; BFH 1.12.92, BStBl II 94, 607; ergänzend BMF 11.8.94, BStBl I, 601). Die Realteilung ist sozusagen die Umkehrung der Einbringung von Einzelunternehmen in Personengesellschaften (= Ausbringung). Dabei lösen die Gesellschafter einer Personengesellschaft den Betrieb der Gesellschaft auf, verteilen die Wirtschaftsgüter real untereinander und führen mit diesen jeweils eigene Betriebe weiter. Hierbei gelten die folgenden Grundsätze:

    • Die Realteilung der Personengesellschaft stellt eine Betriebsauf-gabe der Personengesellschaft dar. Der Aufgabegewinn nach § 16 Abs. 3 EStG entsteht auf der Ebene der Personengesellschaft als selbständiges Subjekt der Einkünfteerzielung.
    • In sinngemäßer Anwendung der Rechtsgedanken der §§ 24 UmwStG, 7 Abs. 1 EStDV kann das bloße Verbringen eines Wirtschaftsguts des Betriebsvermögens der Personengesellschaft in ein Betriebsver-mögen des Gesellschafters (und umgekehrt) sowohl erfolgswirksam als auch erfolgsneutral gestaltet werden (Wahlrecht).
    • Das Wahlrecht ist nach der Finanzverwaltung einheitlich in der letzten Schlußbilanz der Personengesellschaft auszuüben (BMF 11.8.94, BStBl I, 601). Die darin enthaltenen Wertansätze sind für die Fortführungsbilanzen der Gesellschafter bindend. Der BFH vertritt jedoch die Gegenauffassung (1.12.92, BStBl II 94, 607).
    • Das Wahlrecht gilt für die Aufteilung nicht nur mehrerer Teilbetriebe, sondern auch einzelner Wirtschaftsgüter.
    • Zahlt bei einer Realteilung mit Buchwertfortführung ein Realteiler dem anderen einen Spitzenausgleich, führt dies insoweit zur Realisierung eines Veräußerungsgewinns. Wird im Wege der Realteilung ein Teilbetrieb zugewiesen, ist der Veräußerungsgewinn nach §§ 16, 34 EStG tarifbegünstigt (BMF 11.8.94, aaO; a.A.: BFH 1.12.92, aaO).

    4. Realteilung von Betriebsvermögen

    Entsprechendes gilt für die Erbauseinandersetzung über Betriebsvermögen. Bei der Realteilung des Betriebsvermögens einer Erbengemeinschaft durch die Miterben liegen somit keine Anschaffungs- und Veräußerungsgeschäfte, sondern eine Betriebsaufgabe i.S. des § 16 Abs. 3 EStG vor. Dies bedeutet, daß ein Aufgabegewinn entsteht, wenn der Betrieb zerschlagen wird und die Wirtschaftsgüter in das Privatvermögen der Miterben übernommen werden. Überführen die Miterben dagegen die real verteilten Wirtschaftsgüter in einen neu eröffneten oder fortgeführten Betrieb, so steht ihnen das Wahlrecht zu, entweder den Aufgabegewinn der Erbengemeinschaft zu versteuern oder die Buchwerte der Wirtschaftsgüter fortzuführen.

    Das Wahlrecht muß von den Miterben einheitlich in der letzten Schlußbilanz der Erbengemeinschaft ausgeübt werden (BMF 11.1.93, aaO, Tz. 12).

    Nach dem BFH finden diese Grundsätze nicht nur bei der Aufteilung von Teilbetrieben, sondern auch bei Einzelwirtschaftsgütern Anwendung (10.12.91, BStBl II 92, 385). Deshalb ist die erfolgsneutrale Erbauseinandersetzung auch dann möglich, wenn Einzelwirtschaftsgüter von weichenden Miterben in ein anderes Betriebsvermögen eingebracht werden.

    Beispiel 1: Unternehmen wird unter Erben geteilt

    Der Nachlaß des E. besteht aus einem Einzelunternehmen, das eine Boutiquenkette betreibt. Seine Erben sind die beiden Söhne A. und B. zu je 1/2. A. übernimmt die Boutiquen in dem Bezirk X, B. jene in dem Bezirk Y.

    Lösung

    A. und B. können einen Aufgabegewinn nach § 16 Abs. 3 EStG  erklären oder die Buchwerte des geteilten Unternehmens in den beiden neuen Unternehmen fortführen. Diese Entscheidung müssen sie einheitlich in der Schlußbilanz der Erbengemeinschaft treffen.

    Beispiel 2: Wirtschaftsgut wird in anderen Betrieb übernommen

    Im Beispielsfall führt A. die Boutiquenkette weiter. B. übernimmt ohne Spitzenausgleich ein werthaltiges Betriebsgrundstück, das er zu Verkaufszwecken in seinem Großhandelsunternehmen nutzt.

    Lösung

    Auch in diesem Fall ist eine gewinneutrale Buchwertfortführung möglich, wenn in der Schlußbilanz nur die Buchwerte ausgewiesen werden. In der Bilanz des Großhandelsunternehmens hat B. das Grundstück mit den bisherigen Buchwerten und der bisherigen AfA nach den Rechtsgedanken der § 24 Abs. 2 UmwStG, § 7 Abs. 1 EStDV fortzuführen.

    Etwas anderes gilt nach der neueren Rechtsprechung aber dann, wenn ein Miterbe im Rahmen einer Erbauseinandersetzung wertmäßig mehr erhält als ihm nach seiner Erbquote zusteht und er für dieses Mehr an die Miterben einen Spitzenausgleich zahlt. Insoweit liegt nunmehr ein entgeltliches Rechtsgeschäft vor.

    Beispiel 3: Es wird ein Spitzenausgleich gezahlt

    Der von A. fortgeführte Teilbetrieb hat einen Verkehrswert von etwa 2 Mio. DM (Buchwert des Betriebsvermögens: 400.000 DM). Darin ist ein Ladenlokal mit einem Verkehrswert von 1 Mio. DM enthalten. Der Buchwert von Grund und Boden beträgt 50.000 DM und vom Gebäude 150.000 DM. Der von B. fortgeführte Teilbetrieb besitzt nur einen Verkehrswert von 1 Mio. DM. A. zahlt deshalb an B. einen Spitzenausgleich von 500.000 DM.

    Lösung

    Nach der Trennungstheorie erwirbt A. 3/4 des Betriebes unentgeltlich und 1/4 entgeltlich. B. realisiert einen Veräußerungsgewinn:

    Ausgleichszahlung                                     500.000 DM
    ./. 1/4 der Buchwerte des Teilbetriebs des A. =   ./. 100.000 DM
                                                          400.000 DM

    Dieser Veräußerungsgewinn unterliegt dem hälftigen durchschnittlichen Steuersatz nach §§ 16 Abs. 1 Nr. 2, 34 Abs. 2 Nr. 1 EStG. Die Buchwerte des von ihm übernommenen Teilbetriebs führt B. unverändert fort.

    Umgekehrt wendet A. Anschaffungskosten auf und hat im Umfang der aufgedeckten stillen Reserven von 400.000 DM die Buchwerte seines Teilbetriebs aufzustocken. Da die Hälfte der stillen Reserven auf das Betriebsgrundstück entfallen, sind dessen Buchwerte insgesamt um 200.000 DM auf 400.000 DM aufzustocken (Anteil am Grund und Boden und Anteil am Gebäude).

    5. Abfindungszahlung bei Betriebsvermögen

    Der Veräußerung eines Erbteils (und damit des Mitunternehmeranteils) ist wirtschaftlich das Ausscheiden eines Erben aus der Erbengemeinschaft gegen eine Abfindung gleichgestellt (BMF 11.1.93, aaO, Tz. 51 ff.). Deshalb wird ein Veräußerungstatbestand i.S.d. § 16 EStG in den folgenden Sachverhaltsvarianten erfüllt:

    Beispiel: Abfindung in bar

    Zum Nachlaß des E. gehört nur ein Einzelunternehmen (Verkehrswert: 1 Mio. DM, Buchwert: 400.000 DM). In dem Betriebsvermögen ist ein Grundstück enthalten (Verkehrswert: 500.000 DM, Buchwert: 200.000 DM, davon Grund und Boden-Anteil 50.000 DM). Erben des E. sind A. und B. zu je 1/2. A. übernimmt den Betrieb und findet B. mit 500.000 DM ab.

    Lösung

    B. erzielt einen tarifbegünstigten Veräußerungsgewinn i.S.d. § 16 Abs. 1 Nr. 2 EStG von (500.000 DM ./. 200.000 DM =) 300.000 DM. A. hat in dieser Höhe zusätzliche Anschaffungskosten und muß die Buchwerte auf 700.000 DM aufstocken. Da die Hälfte der stillen Reserven auf das Betriebsgrundstück entfällt, ist dessen Buchwert um (1/2 von 300.000 DM =) 150.000 DM aufzustocken und nach den tatsächlichen Wertverhältnissen auf Grund und Boden sowie Gebäude zu verteilen.

    Abwandlung: Abfindung in Sachwerten des Betriebsvermögens

    Im Beispielsfall findet A. den Miterben B. durch die Übertragung des Betriebsgrundstücks ab. B. nutzt das Grundstück privat weiter.

    Lösung

    Wird der weichende Miterbe in Sachwerten des Betriebsvermögens abgefunden, tätigt der den Betrieb fortführende Miterbe außerdem einen laufenden Veräußerungsgewinn in Höhe des Unterschieds zwischen dem Wert der Ausgleichsschuld und dem zuvor aufgestockten Buchwert des Wirtschaftsguts (BMF 11.1.93, aaO, Tz. 54).

    B. erzielt also auch hier einen tarifbegünstigten Veräußerungsgewinn von 300.000 DM. Von den damit korrespondierenden Anschaffungskosten des A. entfällt die Hälfte auf das Betriebsgrundstück, so daß dessen Buchwert auf 350.000 DM aufzustocken ist. Anschließend wird das Grundstück gegen Verrechnung mit der Abfindungsverbindlichkeit von 500.000 DM auf B. übertragen, wobei A. einen laufenden Gewinn von 150.000 DM erzielt. Umgekehrt hat B. Anschaffungskosten von 500.000 DM für das nunmehr privat genutzte Grundstück, da in dieser Höhe seine Ausgleichsforderung erlischt.

    6. Behandlung von Erbfallschulden

    Sind der oder die Erben mit Erbfallschulden wie Geldvermächtnissen, Pflichtteils- oder Erbersatzansprüchen belastet, sind diese Schulden keine Anschaffungskosten für das durch Erbfall erlangte Betriebsvermögen. Die Erben müssen die Buchwerte gemäß § 7 Abs. 1 EStDV fortführen. Insofern besteht ein Wertungswiderspruch zur entgeltlichen Behandlung der im Rahmen einer vorweggenommenen Erbfolge gezahlten Gleichstellungsgelder (vergleiche auch: Ludwig, Die Erbengemeinschaft als Rechtsformalternative in der Einkommensteuer, S. 90 ff.).

    Beispiel: Erfüllung von Geldvermächtnissen

    S. ist Alleinerbe des verstorbenen V. Dessen Nachlaß besteht aus einem Einzelunternehmen (Verkehrswert: 1 Mio. DM, Buchwert: 400.000 DM) und ist mit einem Geldvermächtnis über 500.000 DM zugunsten der T. belastet. S. zahlt die 500.000 DM in bar an T.

    Lösung

    S. hat nach § 7 Abs. 1 EStDV die Buchwerte des Einzelunternehmens fortzuführen. Die Erfüllung des Geldvermächtnisses ist – auch bei der Verwendung betrieblicher Mittel – ein privater Vorgang.

    Abwandlung: Behandlung von Sachvermächtnissen

    Im Beispielsfall ist zugunsten der T. ein Sachvermächtnis ausgesetzt. Zur Erfüllung überträgt S. auf T. ein Betriebsgrundstück (Teilwert 500.000 DM, Buchwert 200.000 DM).

    Lösung

    Nur nach der früheren Einheitsthese hätte die Vermächtnisnehmerin T. die Entnahme des Grundstücks aus dem Betriebsvermögen zu versteuern gehabt.

    Die Erfüllung des Sachvermächtnisses ist nunmehr eine Entnahme des oder der Erben – hier also des S. Er muß die Buchwerte des E. nach § 7 Abs. 1 EStDV fortführen. Bei der Übertragung des Betriebsgrundstücks auf T. erzielt er einen laufenden Entnahmegewinn von (Teilwert 500.000 DM ./. Buchwert 200.000 DM =) 300.000 DM. T. werden nach § 11d EStDV i.V.m. R 43 Abs. 6 EStR fiktive Anschaffungskosten in Höhe des Teilwerts zugerechnet.

    Hinweis: Dagegen tritt wegen § 7 Abs. 1 EStDV keine Gewinnrealisierung ein, wenn der Vermächtnisgegenstand ein ganzer Betrieb, Teilbetrieb oder Mitunternehmeranteil ist und dieser fortbesteht.

    Die Einstufung der Erbauseinandersetzung als gegebenenfalls entgeltliches Rechtsgeschäft hat nicht nur auf die AfA Auswirkung, sondern auch auf die Abzugsfähigkeit von Schuldzinsen, die im Zusammenhang mit einem zur Finanzierung von Abfindungszahlungen aufgenommenen Kredit entstehen. Hier gilt:

    • Wenn und soweit der übernehmende Miterbe das betreffende Wirtschaftsgut - zum Beispiel ein Grundstück - zur Erzielung steuerpflichtiger Einkünfte einsetzt, sind die Schuldzinsen als Werbungskosten abzugsfähig (so ausdrücklich BMF 31.12.88, BStBl I 88, 546, Tz. 26; siehe auch Wacker/Franz, BB 93, Beilage 5/93, 28).
    • Soweit die fremdfinanzierten Ausgleichszahlungen Erbfallschulden und damit reine Privatschulden betreffen, ist der Schuldzinsenabzugausgeschlossen. Insofern hat der BFH die sogenannte Sekundärfolgenrechtsprechung aufgegeben (ErbBstg 2/97, 17; BFH 28.4.92, BFH/NV 92, 658; BFH 14.4.92, BStBl II 93, 275; BFH 11.5.93, BStBl II, 751; a.A.: L. Schmidt, FR 93, 683; Seer, ZEV 94, 88; Märkle, DStR 94, 769). Die Anweisungen in Tz. 37, 70 des BMF-Schreibens vom 11. Januar 1993 sind dementsprechend überholt und durch das BMF-Schreiben vom 11. August 1994 korrigiert worden (BStBl I 94, 601).

    7. Erbauseinandersetzung über Mischnachlässe

    Gehören zu einem Nachlaß sowohl Betriebs- als auch Privatvermögen (sogenannter Mischnachlaß), so bestehen diese Vermögensarten ungeachtet der Vorschrift des § 15 Abs. 3 Nr. 1 EStG nebeneinander fort. Die Erbengemeinschaft erzielt bis zu ihrer Auseinandersetzung nebeneinander Gewinn- und Überschußeinkünfte (BMF 11.1.93, aaO, Tz. 4).

    Auf den Mischnachlaß wendet der Große Senat des BFH ebenfalls die Realteilungsgrundsätze an (5.7.90, BStBl II, 837). Entgeltliche Anschaffungs- und Veräußerungsvorgänge liegen daher nur insoweit vor, als Abfindungszahlungen oder ein Spitzenausgleich geleistet werden. Deshalb führt eine Realteilung ohne Abfindung weder zu Anschaffungskosten noch zu Veräußerungsgewinnen.

    Beispiel 1: Erbauseinandersetzung durch Realteilung

    A. ist Alleingesellschafter einer GmbH. In seinem zivilrechtlichen Alleineigentum steht ein Betriebsgrundstück, das er an die GmbH vermietet hat. Dem A. gehört außerdem umfangreicher privater Grundbesitz  (Verkehrswert: 2 Mio. DM). Die Anschaffungskosten eines Gebäudes darauf betrugen 400.000 DM. A. stirbt. Seine Erben sind D. und E. zu je 1/2.  D. und E. setzen sich in der Weise auseinander, daß D. die GmbH und die Beteiligung einschließlich des Betriebsgrundstücks und E. den privaten Grundbesitz erhält.

    Lösung

    Es liegen keine Anschaffungs- und Veräußerungsgeschäfte vor. Der GmbH-Anteil des A. geht einschließlich des Betriebsgrundstücks  (Betriebsaufspaltung) ohne Gewinnrealisierung auf E. über, der gemäß § 7 Abs. 1 EStDV die Buchwerte fortführt. D. übernimmt die den Grundbesitz betreffenden Abschreibungen gemäß § 11d EStDV in der Weise, wie sie auch A. vorgenommen hatte (BMF 11.1.93, aaO, Tz. 33, 34).

    Abwandlung: Erbauseinandersetzung mit Abfindungszahlung

    Abweichend vom Ausgangsfall ist der Grundbesitz nur 1 Mio. DM wert. Deshalb zahlt D. an E. eine Abfindung von 500.000 DM.

    Lösung

    Die Wertverhältnisse des Mischnachlasses des A. sind nicht so, daß der Nachlaß ohne weiteres entsprechend der Erbquoten von D. und E. real geteilt werden kann. Hier gilt vielmehr:

    D. erwirbt das Betriebsvermögen zu 3/4 unentgeltlich. Insoweit muß er die Buchwerte der GmbH-Anteile und des Betriebsgrundstücks nach § 7 Abs. 1 EStDV fortführen.

    1/4 des Betriebs erwirbt D. entgeltlich. Steuerlich hat er Anschaffungskosten von 500.000 DM. Das bisherige Kapitalkonto erhöht sich insoweit, als die Anschaffungskosten die bisherigen anteiligen Buchwerte übersteigen. Dementsprechend muß E. umgekehrt einen Veräußerungsgewinn versteuern. Die restlichen 1/4, die E. nach dem Erbfall zunächst als geborenem Mitunternehmer zuzurechnen waren (siehe oben 2.), sind im Wege der Realteilung unentgeltlich auf D. übergegangen (allgemein: BMF 11.1.93, aaO, Tz. 38, 39).

    Tip: Nach der h.M. in der Literatur läßt sich beim Mischnachlaß ein steuerpflichtiger Veräußerungsgewinn dadurch verhindern, daß die Erbengemeinschaft vor der Auseinandersetzung das Betriebs- und das Privatvermögen auf Werte bringt, die eine Realteilung ermög­lichen (vergleiche Söffing, DB 91, 773, 828; Märkle/Franz, BB-Beilage 5/91, 7).

    Beispiel 2: Söffing-Modell

    A. ist Inhaber eines Einzelunternehmens (Verkehrswert: 2 Mio. DM). Ihm gehört auch privater Grundbesitz  (Verkehrswert: 1 Mio. DM) mit Anschaffungskosten für ein Gebäude von 400.000 DM. A. stirbt. Seine Erben sind D. und E. zu je 1/2. D. und E. setzen sich in der Weise auseinander, daß D. das Einzelunternehmen und E. den privaten Grundbesitz erhält.

    Lösung

    Hier kann ein steuerpflichtiger Veräußerungsgewinn nach Söffing durch die folgende zweistufige Gestaltung vermieden werden:

    1. Schritt: D. und E. führen das bisherige Einzelunternehmen zunächst in ungeteilter Erbengemeinschaft fort. Im Laufe der Zeit entnehmen sie Geldmittel von 500.000 DM und kaufen dafür gemeinsam als Erbengemeinschaft festverzinsliche Wertpapiere. Durch die Entnahme sinkt der Wert des Unterneh­mens auf 1,5 Mio. DM.

    2. Schritt: Sodann teilen D. und E. den Nachlaß real, indem D. das Betriebsvermögen und E. die Wertpapiere sowie den privaten Grundbesitz übernimmt.

    Anmerkung: Nach Auffassung der Finanzverwaltung liegt bei dieser Gestaltung ein Gestaltungsmißbrauch nach § 42 AO vor, wenn die Entnahme der liquiden Mittel in einem engen zeitlichen Zusammenhang mit der Erbauseinandersetzung geschieht (vergleiche BMF 11.1.93, aaO, Tz. 35); deshalb sollte die Realteilung nicht unmittelbar im Anschluß an den Wertpapierkauf erfolgen. Dieses Problem dürfte sich jedoch unseres Erachtens aufgrund der neuen Rechtsprechung des BFH zum Mehrkonten-Modell erledigt haben (vergleiche dazu: ErbBstg 3/98, 4, 14).

    Hinweis: Der Beitrag wird mit den einkommensteuerlichen Aspekten der Erb­auseinandersetzung über Anteile an Personengesellschaften fortgesetzt.

    Quelle: Erbfolgebesteuerung - Ausgabe 11/1998, Seite 19

    Quelle: Ausgabe 11 / 1998 | Seite 19 | ID 101891