Erbauseinandersetzung Die Teilungsversteigerung von RA Dr. Michael Witteler, Berlin Können sich die Miterben einer Erbengemeinschaft nicht auf den freihändigen Verkauf eines zur Erbmasse gehörenden Grundstücks einigen und hat der Erblasser keine andere Anordnung getroffen, kann die Verwertung des Grundstücks nur durch die Zwangsversteigerung des Grundstücks, die sog. Teilungsversteigerung, erfolgen (§§ 2042 Abs. 2, 749 Abs. 2 und 3, 750 bis 758 BGB). Die Teilungsversteigerung führt in aller Regel zu einer Veräußerung des Grundstücks weit unter dem Verkehrswert. Ein Teil der Erbschaft wird vernichtet. Andererseits könnte ein Miterbe, der das betreffende Grundstück erwerben möchte, das Grundstück unterhalb des Verkehrswerts erwerben. Grundsätzlich hat das Interesse jedes Miterben an einer sofortigen Verwertung des Grundstücks Vorrang vor dem Interesse der übrigen Miterben, die an dem Grundstück festhalten wollen. Das Zwangsversteigerungsgesetz (ZVG), dessen Vorschriften auch die Teilungsversteigerung regeln, sieht daher auch nur in Ausnahmefällen eine einstweilige Einstellung des Versteigerungsverfahrens vor. Lediglich in besonders schwerwiegenden und seltenen Fällen kann die Geltendmachung des Auseinandersetzungsanspruchs treuwidrig sein. Dazu zählt jedoch nicht die Absicht eines Miterben, das Grundstück in der Zukunft außerhalb des Zwangsversteigerungsverfahrens günstiger verwerten zu können. Gemäß § 180 Abs. 1 ZVG finden die Vorschriften über die Vollstreckungsversteigerung auf die Teilungsversteigerung entsprechende Anwendung, sofern sich aus den §§ 181 bis 185 ZVG nichts anderes ergibt. Der wichtigste Unterschied zur Vollstreckungsversteigerung besteht darin, dass für die Teilungsversteigerung kein vollstreckbarer Titel notwendig ist (§ 181 Abs. 1 ZVG). Jeder Miterbe kann seinen aus § 2042 Abs. 2 BGB folgenden Anspruch auf Beendigung der Gemeinschaft an dem Grundstück im Rahmen seines Auseinandersetzungsanspruchs ohne Titel geltend machen und durchsetzen.
1. Antrag Die Anordnung der Teilungsversteigerung erfolgt nur auf Antrag. Zuständig ist das AG, in dessen Bezirk das Grundstück liegt (§§ 1, 15 ZVG).
Nachlassgläubiger und der Nachlasspfleger sind nicht antragsberechtigt. Aus dem Antrag muss sich ergeben, auf welches Grundstück sich der Antrag bezieht (§ 16 ZVG), das Gemeinschaftsverhältnis, das aufgehoben werden soll, sowie die Art der Beteiligung des Antragstellers, die Antragsgegner und das Ersuchen, die Zwangsversteigerung zum Zwecke der Aufhebung der Gemeinschaft anzuordnen. 2. Voreintragung des Antragstellers im Grundbuch Nicht notwendig ist, dass der Antragsteller bereits als Miteigentümer im Grundbuch eingetragen ist. Es reicht aus, wenn der Antragsteller sein Erbrecht nach einem eingetragenen Eigentümer entweder mittels eines Erbscheins oder mittels beglaubigter Abschriften einer Verfügung von Todes wegen und dem Eröffnungsprotokoll des Nachlassgerichts nachweist. Die Eigentumseintragung wird durch eine beglaubigte Abschrift des Grundbuchs nachgewiesen. Sollte ein Testamentsvollstrecker den Antrag stellen, muss er zusätzlich seine Berechtigung durch Vorlage des Testamentsvollstreckerzeugnisses nachweisen. Das Nachlassgericht prüft anschließend, ob die Teilungsversteigerung grundsätzlich zulässig ist (§ 28 ZVG). Dabei hebt das Versteigerungsgericht das Verfahren nur auf, wenn ein aus dem Grundbuch ersichtliches Recht der Versteigerung entgegensteht. 3. Zustimmung gemäß § 1365 BGB Stellt der Anteil des Antragstellers an der Erbengemeinschaft sein ganzes oder wesentliches Vermögen dar, ist gemäß § 1365 BGB die Zustimmung des Ehegatten zur Einleitung der Teilungsversteigerung erforderlich, wenn die Ehegatten im Güterstand der Zugewinngemeinschaft leben. Das Vollstreckungsgericht prüft das Vorliegen der Zustimmung jedoch nicht von Amts wegen. Fehlt die Zustimmung des Ehegatten, kann dies vom Antragsgegner als materiell-rechtliche Einwendung mit der Drittwiderspruchsklage (analog § 771 ZPO) geltend gemacht werden. 4. Antragsrecht des Pfandgläubigers Der Anteil eines Miterben an der Erbengemeinschaft kann gepfändet werden (§ 859 Abs. 2 ZPO). Hat ein Gläubiger des Miterben dessen Anteil an der Erbengemeinschaft gepfändet und sich zur Einziehung überweisen lassen, tritt er in die Rolle des Miterben und kann die Teilungsversteigerung eines zur Erbmasse gehörenden Grundstücks betreiben. Ein etwaiger Auseinandersetzungsausschluss wirkt nicht ggü. dem Pfändungspfandgläubiger. Das gilt sowohl für die Fälle einer Anordnung durch den Erblasser als auch für die Fälle einer Vereinbarung zwischen den Erben. Ein Miterbe kann seinen Anteil an der Erbengemeinschaft auch rechtsgeschäftlich verpfänden. Vor Eintritt der Pfandreife können der Pfandgläubiger und der Miterbe jedoch nur gemeinsam die Teilungsversteigerung beantragen. Nach Eintritt der Pfandreife kann der Pfändungsgläubiger auch ohne Zustimmung des Miterben die Teilungsversteigerung einleiten, sofern ein dinglicher Titel und die Pfändung und Überweisung (§ 1228 Abs. 2 BGB) vorliegt. 5. Nießbrauch Ist ein Erbteil mit einem Nießbrauch belastet, kann derjenige Miterbe, dessen Erbteil belastet ist, die Teilungsversteigerung nur mit Zustimmung des Nießbrauchers betreiben (§§ 1066 Abs. 2, 1068 BGB). Der Miterbe und Nießbraucher müssen daher gemeinsam den Antrag stellen. Der auf den Erbteil entfallende Anteil am Versteigerungserlös geht gemäß den §§ 1066 Abs. 3, 1068 BGB auf den Nießbraucher über. 6. Anordnung der Teilungsversteigerung durch das Gericht In dem Beschluss, mit dem das Gericht die Teilungsversteigerung anordnet, liegt gleichzeitig die Beschlagnahme des Grundstücks (§ 20 ZVG). Das Grundstück wird jedoch im Gegensatz zur Vollstreckungsversteigerung nur insoweit von der Beschlagnahme ergriffen, als dies zur Durchführung der Teilungsversteigerung erforderlich ist. Eine Veräußerungsbeschränkung tritt nicht ein, da über ein Grundstück, dessen Eigentümer eine Erbengemeinschaft ist, ohnehin nur alle Miterben gemeinsam verfügen können. Der Beschluss des Gerichts wird den übrigen Miterben von Amts wegen zugestellt. Gleichzeitig ersucht das Gericht das Grundbuchamt um die Eintragung des Zwangsversteigerungsvermerks im Grundbuch. 7. Entgegenstehende Rechte Dem Antrag des Miterben auf Durchführung der Teilungsversteigerung können folgende Rechte entgegenstehen:
Die Teilung eines Grundstücks in Natur ist kaum denkbar: Denn der Fall, dass sich ein Grundstück so aufteilen lässt, dass die entstehenden Teile den gleichen Wert haben, aber der Wert des Grundstücks insgesamt nicht sinkt, ist selten. Allenfalls bei unbebauten Grundstücken kommt eine Teilung in Betracht. Häufig steht einer Teilungsversteigerung auch der Auseinandersetzungsausschluss entgegen (vgl. Witteler, ErbBstg 04, 173, 174). 8. Kein Zurückbehaltungsrecht der anderen Miterben Haben die übrigen Miterben, denen gegenüber das Aufhebungsverlangen geltend gemacht wird, Ansprüche gegenüber dem Antragsteller, die ihren Grund in der Gemeinschaft an dem Grundstück haben, steht ihnen wegen dieser Ansprüche kein Zurückbehaltungsrecht gemäß § 273 BGB zu. Die übrigen Miterben haben vielmehr einen Anspruch aus § 756 BGB. Danach ist der Anspruch aus dem Gemeinschaftsverhältnis bei der Teilung des Erlöses vorweg zu befriedigen. 9. Rechtsbehelf gegen den Anordnungsbeschluss Gegen den Anordnungsbeschluss sind die Erinnerung (§ 766 ZPO), eine Drittwiderspruchsklage (analog § 771 ZPO) oder eine sofortige Beschwerde gem. § 793 Abs. 1 ZPO zulässig. Die Erinnerung ist zulässig, wenn eine vom Versteigerungsgericht zu beachtende Anordnungsvoraussetzung fehlt. In allen anderen Fällen ist eine Drittwiderspruchsklage zu erheben. Wurden die Antragsgegner vor Erlass des Anordnungsbeschlusses nicht gehört, findet die sofortige Beschwerde gemäß § 793 Abs. 1 ZPO statt. 10. Festsetzung des Verkehrswerts Der Verkehrswert des Grundstücks ist von Amts wegen festzusetzen. Das Gericht setzt diesen Wert auf der Grundlage eines von ihm einzuholenden Wertgutachtens nach § 74a ZVG fest. Der Wert des Grundstücks wird anhand des Vergleichsverfahrens, des Ertragswertverfahrens oder des Sachwertverfahrens bestimmt. Der Beschluss ist mit der sofortigen Beschwerde anfechtbar (§ 74a Abs. 5 S. 3 ZVG). Das Versteigerungsgericht kann die Wertfestsetzung auch außerhalb eines Rechtsmittelverfahrens ändern, wenn sich nach der Festsetzung entscheidungserhebliche Faktoren geändert haben. 11. Fristen Im streng formalisierten Versteigerungsverfahren sind zahlreiche Fristen einzuhalten, deren Verletzung unter Umständen einen Zuschlagsversagungs- bzw. Zuschlagsanfechtungsgrund bilden können.
12. Geringstes Gebot Bei der Durchführung der Versteigerung kommt dem geringsten Gebot besondere Bedeutung zu. Gleichwohl ist im Hinblick auf den Begriff des geringsten Gebots eine erhebliche Unsicherheit zu beobachten. Im Rahmen der Vollstreckungsversteigerung gilt der Deckungsgrundsatz. Danach darf der Zuschlag an den Meistbietenden nur dann erteilt werden, wenn alle im Grundbuch eingetragenen Rechte, die dem das Versteigerungsverfahren betreibenden Gläubiger im Rang vorgehen, vom Gebot gedeckt sind. Diese Gläubiger dürfen bei einer Versteigerung, die sie nicht selbst beantragt haben, keinen Rechtsverlust erleiden. Die dem betreibenden Gläubiger im Rang vorgehenden Rechte müssen auf jeden Fall gedeckt werden. Sie sind daher ins geringste Gebot aufzunehmen. Gemäß § 182 ZVG kann im Versteigerungstermin nur ein solches Gebot zugelassen werden, durch das mindestens die Verfahrenskosten und die dinglichen Rechte in der Rangordnung des § 10 ZVG gedeckt sind. In der Teilungsversteigerung gibt es keinen Gläubiger, dem Rechte im Rang nach § 879 BGB vorgehen könnten. Der Antragsteller wird bei der Teilungsversteigerung jedoch wie ein Gläubiger behandelt. Um dem Interesse der dinglich Berechtigten und dem Grundgedanken des § 44 ZVG Rechnung zu tragen, haben alle das Grundstück belastenden Rechte Vorrang vor dem Auseinandersetzungsanspruch des Antragstellers. Sie sind daher in das geringste Gebot aufzunehmen. Das bedeutet, dass sämtliche Grundpfandrechte nach dem Zuschlag am Grundstück bestehen bleiben und vom Erwerber übernommen werden müssen. Das geringste Gebot besteht aus
Folgende vom Ersteher bar zu zahlenden Beträge werden gemäß § 49 Abs. 1 ZVG in das geringste Gebot aufgenommen:
Das geringste Gebot wird im Versteigerungstermin nach Anhörung der anwesenden Verfahrensbeteiligten durch einen unanfechtbaren Beschluss des Gerichts festgestellt (§ 66 Abs. 1 ZVG). Eine unrichtige Feststellung des geringsten Gebots ist ein Grund für die Anfechtung des Zuschlags (§ 83 Nr. 1 ZVG). 13. Versteigerungstermin Im Versteigerungstermin werden die Gebote abgegeben. Bieter müssen nicht persönlich auftreten, sondern können sich vertreten lassen. Zu beachten ist jedoch, dass die Vollmacht nach § 71 Abs. 2 ZVG der notariellen Beglaubigung bedarf. Auf Antrag hat der Bieter Sicherheit in Höhe von 10% des festgesetzten Verkehrswerts zu leisten (§§ 67, 68, 49 Abs. 1, 109 ZVG). Die Sicherheit kann durch Bargeld, durch eine Scheck der Bundesbank oder einer zugelassenen Bank oder durch Bankbürgschaft erbracht werden. Personen, die die Abgabe eines Gebots erwägen, sollten der Stellung der Sicherheit ein besonderes Augenmerk widmen. Die Erben können vereinbaren bzw. der Erblasser kann anordnen, dass das Grundstück nur innerhalb eines bestimmten Personenkreises versteigert werden darf. Gebote anderer Personen sind in diesem Fall zurückzuweisen. Wird einem Außenstehenden der Zuschlag erteilt, ist der Zuschlag anfechtbar. 14. Vergleich Die Miterben können noch im Rahmen des Versteigerungstermins einen Vergleich über die Auseinandersetzung treffen. Dieser ist durch den Rechtspfleger zu protokollieren und entspricht damit der Form des § 313c BGB (§ 127 BGB). 15. Zuschlag Das Versteigerungsgericht erteilt dem Meistbietenden nach Anhörung aller Beteiligten den Zuschlag, wenn mindestens das geringste Gebot erreicht ist. Die Erteilung des Zuschlags erfolgt durch Beschluss. Zu beachten ist dabei, dass der Ersteher mit Wirksamkeit des Zuschlagsbeschlusses Eigentümer des Grundstücks wird. Die Eintragung im Grundbuch ist für den Eigentumserwerb nicht erforderlich. Das bedeutet, dass den Erwerber von dem Zeitpunkt an auch sämtliche Verkehrssicherungspflichten treffen. Der Zuschlagsbeschluss ist gegenüber dem ehemaligen Eigentümer ein vollstreckbarer Titel über die Herausgabeansprüche. Nur unter den Voraussetzungen der §§ 33, 83, 85a ZVG kann der Zuschlag verweigert werden, wobei sich die Gründe grob wie folgt einteilen lassen:
Der Zuschlagsbeschluss ist mit der sofortigen Beschwerde anfechtbar (§ 96 ZVG). Die Beschwerdegründe sind in § 100 ZVG abschließend aufgezählt. Ein Berechtigter kann gemäß § 74a ZVG die Versagung des Zuschlags beantragen, wenn das Meistgebot unter 7/10 des festgesetzten Verkehrswerts bleibt. In dem daraufhin anzuberaumenden neuen Versteigerungstermin gilt diese Grenze nicht mehr. Von Amts wegen ist der Zuschlag gemäß § 85a ZVG zu versagen, wenn das Meistgebot unter 50% des festgesetzten Verkehrswerts bleibt. Auch diese Grenze gilt im nächsten Termin nicht mehr. Der Ersteher eines Grundstücks tritt in alle Miet- und Pachtverträge ein (§ 57 ZVG). Anders als bei der Vollstreckungsversteigerung steht ihm jedoch kein Sonderkündigungsrecht gemäß §§ 57a, 57b ZVG zu (vgl. § 183 ZVG). 16. Erlösverteilung Die Verteilung des Erlöses einer Teilungsversteigerung erfolgt in einem besonderen Termin ("Verteilungstermin") auf Grund eines Teilungsplans (§§ 105 ff. ZVG). Das Gericht nimmt dabei jedoch nicht die Verteilung des Erlöses unter den Miterben vor. Können diese sich nicht einigen und geben keine übereinstimmenden Erklärungen gegenüber dem Vollstreckungsgericht ab, hinterlegt dies den Erlös gemäß § 117 Abs. 2 ZVG. In diesem Fall erfolgt die Aufteilung der hinterlegten Summe nach den Grundsätzen der Erbauseinandersetzung (vgl. Witteler, ErbBstg 04, 173). 17. Vollzug Ist der Zuschlagsbeschluss rechtskräftig geworden und der Teilungsplan ausgeführt, ersucht das Vollstreckungsgericht das Grundbuchamt um Eintragung des Erstehers als neuen Eigentümer und Löschung des Zwangsversteigerungsvermerks (§ 130 ZVG). Da der Ersteher bereits mit Wirksamkeit des Zuschlagsbeschlusses Eigentum an dem Grundstück erworben hat, handelt es sich bei der Eintragung lediglich um die Berichtigung des fehlerhaft gewordenen Grundbuchs. | ||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||
Quelle: Erbfolgebesteuerung - Ausgabe 08/2004, Seite 196 |
Quelle: Ausgabe 08 / 2004 | Seite 196 | ID 102680