09.10.2008 | Erbrechtsreform
Beschränkungen oder Beschwerungen des pflichtteilsberechtigten Erben
von Prof. Dr. Gerd Brüggemann, Münster
Das Gesetz zur Reform des Erbrechts (Abruf-Nr. 082703) sieht unter anderem eine Reform der Bestimmungen zu den Beschränkungen oder Beschwerungen des pflichtteilsberechtigten Erben (§§ 2305 und 2306 BGB) vor. Der folgende Beitrag zeigt den Unterschied zwischen bestehendem und geplantem Recht und die sich daraus ergebenden Gestaltungskonsequenzen (auch Slabon, ErbBstg 08, 150).
1. Beschränkungen und Beschwerungen nach § 2306 Abs. 1 BGB
§ 2306 Abs. 1 BGB sieht eine für den pflichtteilsberechtigten Erben sehr komplizierte und in der Praxis oft schwer handhabbare Regelung vor. Ist der pflichtteilsberechtigte Erbe durch Beschränkungen oder Beschwerungen belastet, muss er innerhalb der Ausschlagungsfrist von sechs Wochen ermitteln, ob der hinterlassene Erbteil kleiner bzw. gleich groß oder größer ist als der Pflichtteil:
- Ist der Erbteil kleiner als bzw. gleich groß wie der Pflichtteil, gelten Beschränkungen oder Beschwerungen für den pflichtteilsberechtigten Erben schon kraft Gesetzes nicht (§ 2306 Abs. 1 S. 1 BGB). Er kann dann außerdem den Zusatzpflichtteil nach § 2305 BGB verlangen.
- Ist der Erbteil jedoch größer als der Pflichtteil, muss der Erbe prüfen, ob er den Erbteil mit Beschränkungen und Beschwerungen annimmt, oder ob er das Erbe ausschlägt und den Pflichtteil ohne Beschränkungen und Beschwerungen verlangt (§ 2306 Abs. 1 S. 2 BGB).
Dieses „entweder/oder-Prinzip“ kann für den pflichtteilsberechtigten Erben ungeahnte Folgen haben: Denn wenn der pflichtteilsberechtigte Erbe die Erbschaft fälschlicherweise für größer als den Pflichtteil hält und die Erbschaft ausschlägt, um sich von den Belastungen zu lösen, verliert er auch den Pflichtteil. Das Problem tritt insbesondere dann in aller Schärfe auf, wenn der Erblasser in seiner letztwilligen Verfügung das Erbe nicht nach Quoten verteilt hat, sondern den einzelnen Erben bestimmte Gegenstände zugewiesen hat. Hier muss der belastete Erbe erst ermitteln, welchen Wert die Gegenstände haben und welche Erbquote sich daraus für ihn ergibt.
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