Erbschaftsteuer in Europa
Vererben und Verschenken von Immobilien in Frankreich
Deutsche, die in Frankreich Immobilien haben, können diese nach deutschem oder französischem Recht vererben oder nach französischem Recht verschenken. Der folgende Beitrag schildert die zivilrechtlichen Voraussetzungen und die steuerrechtlichen Folgen.
1. Erbfolge nach internationalem Steuerrecht
Bewegliche Gegenstände werden nach französischem internationalen Privatrecht nach dem Recht des Ortes vererbt, an dem der Verstorbene seinen letzten Wohnsitz hatte.
Nach deutschem internationalen Privatrecht gilt dagegen das Staatsangehörigkeitsprinzip. Danach werden bewegliche Sachen nach dem Recht vererbt, dessen Staatsangehörigkeit der Erblasser hat (Art. 23 EGBGB).
Bei Immobilien gilt nach deutschem und französischem internationalen Privatrecht für die Vererbung dagegen das Recht, in dem das Grundstück liegt (lex rei sitae).
Gemäß Art. 8 EGBGB unterliegen Gegenstände des Erblassers, die sich beim Todesfall im Ausland befinden, nach deutschem internationalen Privatrecht den Regeln des ausländischen Erbrechtes. Hatte der Erblasser Vermögen sowohl in Frankreich als auch in Deutschland, kommt es zu einer sogenannten Nachlaßspaltung. Diese bedeutet, daß der in Deutschland liegende Nachlaß nach deutschem Erbrecht, der in Frankreich liegende Nachlaß dagegen nach französischem Recht vererbt wird.
Es empfiehlt sich deshalb für den deutschen Erblasser, für sein in Frankreich gelegenes Vermögen testamentarische Verfügungen nach französischem Recht und in französischer Form zu errichten.
2. Erbfolge nach französischem Erbrecht
Im französischen Erbrecht gilt wie im deutschen der Grundsatz der sogenannten Universalsukzession (§ 1922 BGB). Das bedeutet, daß der Nachlaß kraft Gesetzes und als Ganzes auf den Erben übergeht. Für bestimmte Sondervermögensmassen wie z.B. landwirtschaftliche Betriebe gelten Sonderbestimmungen (Art. 832-1 bis Art. 832-4 Code Civil ,CC). Das französische Erbrecht kennt im Unterschied zum deutschen Erbrecht keine Erbfolge nach Gruppen (Parantelsystem), sondern eine Erbfolge an den gradnächsten Verwandten. Das bedeutet, daß an erster Stelle die Abkömmlinge erben, im Anschluß daran die Eltern, Geschwister sowie die sonstigen Aszendenten und zuletzt die sonstigen Verwandten (Art. 745-755 CC).
Das Erbrecht des überlebenden Ehegatten ist gegenüber dem Verwandtenerbrecht subsidiär. Der Ehegatte ist nach französischem Erbrecht Gesamtrechtsnachfolger des Erblassers, unabhängig davon, ob er die gesamte Erbschaft, nur eine Quote zu Eigentum oder auch nur zum Nießbrauch erhält.
Gemäß Art. 767 CC steht dem überlebenden Ehegatten, je nachdem welche anderen Verwandten Miterben sind, ein Eigentums- oder Nießbrauchsrecht am Nachlaß zu. Je nach seiner Schutzbedürftigkeit im Vergleich zu den anderen Miterben steht ihm entweder ein Vollrecht oder ein nach Quoten aufgeteiltes Recht zu.
Sind ein oder mehrere Abkömmlinge vorhanden, so steht dem Ehegatten gemäß Art. 767 Abs. 1 und 2 CC an einer Immobilie nur ein Viertel Nießbrauchrecht zu, dem oder den Abkömmlingen das Volleigentum von drei Vierteln der Immobilie sowie das Eigentum an dem mit dem Nießbrauch des Ehegatten belasteten Viertels der Immobilie (sog. nu-proprieté). Dies ist die gesetzliche Erbfolge.
Der Ehegatte kann auch durch Testament zum Erben eingesetzt werden. In diesem Fall werden ihm, je nachdem wie viele Kinder und Abkömmlinge von Kindern vorhanden sind, nur gesetzlich festgelegte Maximalquoten zugewendet. Diese betragen gemäß Art. 913 CC je nach der Anzahl der Kinder 1/2 bei einem Kind, bei zwei 1/3, bei drei oder mehr Kindern 1/4.
Nach französischem Erbrecht gibt es ähnlich wie im deutschen Erbrecht folgende Arten der Verfügung von Todes wegen:
- einseitiges Testament, vor allem in der Form des privatschriftlichen Testamentes, für das dieselben Formvorschriften wie im deutschen Erbrecht gelten.
- Erbvertrag (institution contractuelle) ist nur in Ausnahmefällen zulässig.
Das gemeinschaftliche Testament mehrerer Personen ist nicht zulässig. Dies gilt sowohl in der Form eines Testamentes zugunsten eines Dritten als auch als wechselseitige Erbeinsetzung (Art. 968 CC).
Das französische Erbrecht kennt weder den Erbschein noch das Erbschaftsverfahren. Die Erbeneigenschaft ist von einem Notar zu ermitteln und festzustellen. Hierzu müssen ihm Sterbeurkunde, Familienbuch des Erblassers, Eheschließungsurkunde und Ehevertrag, Personenstandsurkunde der Erben, aus denen die Verwandtschaftsverhältnisse hervorgehen, Verfügungen von Todes wegen und eine Vermögensaufstellung vorgelegt werden. Will der Erbe als Eigentümer eines Grundstücks im Grundbuch eingetragen werden, muß er dem französischen Grundstücksregister eine derartige notarielle Bescheinigung über die Erbfolge vorlegen (Art. 28 Nr. 3 i.V.m. Art. 29 des Dekrets vom 4.1.55).
3. Schenkung
Eine Schenkung ist wie nach deutschem Recht ein Vertrag, mit dem der Schenker dem Beschenkten eine Sache, z.B. eine Immobilie überträgt, ohne eine entsprechende Gegenleistung zu erhalten. Schenkungen sind unter Lebenden oder von Todes wegen möglich.
Eine Schenkung muß gemäß Art. 931 CC notariell beurkundet werden, ansonsten ist die Schenkung nichtig. Die ausdrückliche Annahme der Schenkung durch den Beschenkten setzt zu ihrer Wirksamkeit gemäß Art. 932 CC ebenfalls die notarielle Beurkundung voraus. Dabei kann die Annahmeerklärung schon in der Schenkungserklärung mit aufgenommen (Art. 932 Abs. 1 CC) oder aber in einer späteren notariellen Urkunde erklärt werden (Art. 932 Abs. 2 CC). Im letzteren Fall muß die Annahmeerklärung dem Schenker zugehen. Bis zum Zeitpunkt der Annahme der Schenkung kann der Schenker sein Schenkungsangebot zurücknehmen.
Bei der Schenkung von Immobilien kommt die Eigentumsübertragung wie bei Kaufverträgen bereits mit dem Abschluß des notariellen Schenkungsvertrages zustande. Die Eintragung in das Grundstücksregister ist dagegen nicht erforderlich. Die Eintragung bewirkt lediglich Rechtswirkungen gegenüber Dritten.
Grundsätzlich ist eine Schenkung nicht widerruflich. Ausnahmsweise kann gemäß Art. 953 CC eine Schenkung widerrufen werden, wenn eine Auflage, unter der die Schenkung gemacht wurde, nicht erfüllt wurde, bei Undank des Beschenkten sowie bei der Geburt eines Kindes des Schenkers nach Vornahme der Schenkung.
Sind Pflichtteilserben vorhanden, so ist der Schenker in seiner Verfügungsfreiheit beschränkt. Ist nur ein Kind als Erbe vorhanden, so beträgt die maximale Schenkungsquote bei Schenkungen unter Lebenden oder von Todes wegen 50 % des Vermögens, bei zwei Kindern 1/3 des Vermögens sowie bei drei oder mehr Kindern 1/4 des Vermögens.
4. Erbschaft- und Schenkungsteuer
Die Regelung der Erbschaft- und Schenkungsteuer (droits de mutations à titre gratuit) richtet sich nach den Artikeln 750 bis 808 des Code Général des Impôts (C.G.I.) Die Erbschaft- und Schenkungsteuer stellt eine Registersteuer auf den Erwerb von Todes wegen (Erbanfallsteuer) und den unentgeltlichen Erwerb unter Lebenden (Schenkungsteuer) dar.
4.1 Steuerpflicht
Steuerpflichtig sind die Erben und Vermächtnisnehmer bzw. die Beschenkten ohne Rücksicht auf Wohnsitz und Staatsangehörigkeit. Dabei ist zwischen der unbeschränkten und der beschränkten Steuerpflicht zu unterscheiden.
Die unbeschränkte Steuerpflicht umfaßt sämtliche in Frankreich und im Ausland befindlichen Vermögensgegenstände. Sie liegt dann vor, wenn der Erblasser oder der Schenkende seinen steuerlichen Wohnsitz in Frankreich hat. Die im Ausland auf dort belegene Vermögensgegenstände gezahlte Erbschaft- und Schenkungsteuer ist auf die französische Steuer anzurechnen.
Beschränkte Steuerpflicht ist dann gegeben, wenn der Erblasser oder Schenker seinen steuerlichen Wohnsitz nicht in Frankreich hatte. In diesem Fall beschränkt sich die Steuerpflicht auf die in Frankreich belegenen Vermögensgegenstände. Als französisch gelten Forderungen und Wertpapiere, wenn sich Wohnsitz oder Niederlassung des Schuldners bzw. der Sitz der Gesellschaft in Frankreich befinden, sowie Aktien und Anteile von ausländischen Grundstücksgesellschaften, wenn deren Grundvermögen in Frankreich belegen ist. Ausländische Steuern können nicht angerechnet werden.
Für Schenkungen unter Lebenden gelten die gleichen Grundsätze. Frühere Erwerbe werden ohne zeitliche Beschränkung mit dem letzten Erwerb zusammengerechnet. Dies geschieht in der Weise, daß die Steuer für den letzten Erwerb unter Berücksichtigung der Progression des Steuertarifs, die sich nach der Zusammenrechnung sämtlicher Erwerbe ergibt, ermittelt wird. Insoweit entfällt eine Anrechnung der auf die früheren Erwerbe gezahlten Steuern. Angerechnet werden jedoch bereits gewährte Freibeträge und Ermäßigungen.
4.2 Bemessungsgrundlage und Erbschaftsvermögen
Bemessungsgrundlage für die Erbschaft- und Schenkungsteuer ist der Nettowert des dem Erben oder Beschenkten zugefallenen Vermögens. Bei der Erbschaftsteuer wird dabei auf den gemeinen Wert des Vermögens (valeur venale) am Todestag abgestellt.
Steuerfrei sind bestimmte Vermögensgegenstände wie z.B.
» die erste unentgeltliche Übertragung von drei Vierteln des Wertes von verpachtetem landwirtschaftlichen Vermögen und der Hälfte, wenn der Wert 500.000 FF übersteigt;
» drei Viertel des Wertes von unentgeltlich übertragenen Wäldern und Forsten unter bestimmten Voraussetzungen.
4.3 Persönliche Steuerermäßigungen
Bei der Erbschaft- und Schenkungsteuer gibt es folgende persönliche Freibeträge:
» 330.000 FF für Ehegatten,
» 300.000 FF für Kinder und andere Verwandte in gerader Linie,
» 100.000 FF für alleinstehende Geschwister über 50 Jahre, die mit dem Erblasser zusammengelebt haben,
» 10.000 FF für sonstige Erwerber,
» 300.000 FF für gebrechliche Personen, wobei eine Kumulierung mit den vorgenannten Freibeträgen nicht zulässig ist.
Bei Schenkungen werden die Freibeträge von 100.000 FF und 10.000 FF nicht gewährt.
Bei Erben, Vermächtnisnehmern oder Beschenkten mit mindestens drei minderjährigen Kindern ermäßigt sich der Steuerbetrag um je 4.000 FF ab dem dritten Kind für Ehegatten und Verwandte in gerader Linie und um je 2.000 FF ab dem dritten Kind in den übrigen Fällen.
4.4 Steuertarife
Die Steuer wird bei Verwandten bis zum 2. Grad nach einem progressiven Teilmengentarif, bei Verwandten 3. und 4. Grades in der Seitenlinie und bei sonstigen Erwerbern nach Proportionalsätzen wie folgt berechnet:
Steuerpflichtige Ehegatte Verwandte Verwandte Verwandte sonstige
Erwerbsteile in in gerader 2. Grades 3. und 4. Erwerber
1000 FF Linie Seitenlinie Grades Seitenlinie
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bis 50 5 % 5 % 35 %
50 bis 75 10 % 10 % 35 %
75 bis 100 10 % 15 % 35 %
100 bis 150 15 % 20 % 35 % 55 % 60 %
insgesamt
150 bis 200 15 % 20 % 45 %
200 bis 3.400 20 % 20 % 45 %
3.400 bis 5.600 30 % 30 % 45 %
5.600 bis 11.200 35 % 35 % 45 %
über 11.200 40 % 40 % 45 %
4.5 Entrichtung der Steuer
Der Erbe hat spätestens 6 Monate nach dem Tod des Erblassers bei dessen letzten Wohnsitz in Frankreich eine Erbschaft- und Schenkungsteuererklärung abzugeben. Hatte der Erblasser einen ausländischen Wohnsitz, so ist die Erklärung beim „Centre d´Imposition des Non-Residents" in Paris abzugeben.
4.6 Anrechnung von ausländischer Erbschaft- und Schenkungsteuer
War der Erblasser im Zeitpunkt seines Todes oder der Schenker im Zeitpunkt der Schenkung in Frankreich ansässig, so ist die Erbschaft- und Schenkungsteuer, die auf im Ausland belegene bewegliche oder unbewegliche Wirtschaftsgüter entfällt, auf die französische Erbschaft oder Schenkungsteuer anzurechnen.
Mit der Bundesrepublik Deutschland hat Frankreich kein erbschaft- bzw. schenkungsteuerliches Doppelbesteuerungsabkommen abgeschlossen.
5. Adressenverzeichnis
Deutsche Botschaft in Frankreich
13-15, Avenue Franklin-Roosevelt
75008 Paris Tel.: 00331/42997800
Französische Botschaft in Deutschland
Kapellenweg 1a
53179 Bonn Tel.: 0228/362031
Deutsch-Französische Industrie- und Handelskammer
18, Rue Balard
75015 Paris Tel.: 00331/45754739
Bundesstelle für Außenhandelsinformation
Agrippastr. 87-93
50676 Köln Tel.: 0221/20570, Fax: 0221/2057212
Liste von Rechtsanwälten in Europa
Bestell-Nr: 53.003.90.100
Quelle: Erbfolgebesteuerung - Ausgabe 04/1997, Seite 20