01.02.2005 | Grundstücksbewertung
Verstoß gegen das Übermaßverbot
1. Der Grundstückswert für Grundstücke, auf denen sich Gebäude auf fremdem Grund und Boden befinden, ist gemäß § 148 Abs. 2 i.V.m. Abs. 1 S. 1 BewG zu ermitteln. |
2. Verstößt der nach § 148 Abs. 2 i.V.m. Abs. 1 S. 1 BewG ermittelte Wert solch eines Grundstücks gegen das Übermaßverbot, ist er im Wege verfassungskonformer Auslegung der Vorschrift auf den Verkehrswert des Grundstücks herabzusetzen. |
3. Die Rechtsprechung, wonach die aus reinen Grundstücksvermächtnissen sich ergebenden Sachleistungsverpflichtungen der Erben und Sachleistungsansprüche der Vermächtnisnehmer ausnahmsweise mit den Steuerwerten der Grundstücke zu bewerten sind, bedarf unter der Geltung der §§ 138 ff. BewG einer Überprüfung. |
(BFH 2.7.04, II R 9/02, Abruf-Nr. 042717) |
Sachverhalt
Der Kläger erwarb von Todes wegen durch Vermächtnis ein verpachtetes Grundstück. Die Gebäude sind bei Pachtende zu entfernen. Das FA stellte den Grundstückswert gemäß § 148 Abs. 2 i.V.m. Abs. 1 S. 1 BewG mit dem 18,6fachen der Jahrespacht fest. Einspruch und Klage blieben ohne Erfolg. Der vom FG (EFG 02, 802) beauftragte Gutachterausschuss hatte einen Verkehrswert ermittelt, der 69,5 Prozent des vom FA festgesetzten Wertes betragen hat. Dennoch folgte das FG dem vom FA festgestellten Grundstückswert. Da die von den Ausschüssen ermittelten Werte eine Streubreite von plus/minus 20 Prozent aufwiesen, sei ein Wert, der den Verkehrswert um weniger als die Hälfte übersteige (43 Prozent im Streitfall – das entspricht dem festgesetzten Wert/Verkehrswert), noch nicht offensichtlich unzutreffend. Mit der Revision rügt der Kläger einen Verstoß gegen das Übermaßverbot und beantragt die Festsetzung auf den Verkehrswert.
Entscheidungsgründe
Die Revision ist begründet. Nach § 148 Abs. 2 BewG ist für Gebäude auf fremdem Grund und Boden die Bewertungsvorschrift für Erbbaurechte in § 148 Abs. 1 BewG entsprechend anzuwenden. Der Wortlaut von § 148 BewG spricht nur die Bewertung der Gebäude auf fremdem Grund und Boden an. Die Vorschrift ist aber so zu verstehen, dass sie über die Verweisung in § 148 Abs. 2 BewG auf § 148 Abs. 1 BewG auch für die Bewertung von verpachteter Grundstücke (mit fremden Gebäuden) gilt (BFH 23.10.02, BStBl II 03, 118).
Da der Kläger das Grundstück im Wege des Vermächtnisses erwarb, hatte er durch den Erbfall zivilrechtlich nur einen auf das Grundstück gerichteten Sachleistungsanspruch erworben (§ 2174 BGB). Nach der Rechtsprechung sind derartige Ansprüche und die entsprechenden Verpflichtungen aus Sachvermächtnissen mit dem Steuerwert des Gegenstandes anzusetzen, auf dessen Übertragung der Anspruch bzw. die Verpflichtung gerichtet ist (BFH 15.3.00, BStBl II, 588). Beim Vermächtnisnehmer musste eine mit der Erbenseite korrespondierende Bewertung vorgenommen werden, weil ein auf denselben Gegenstand bezogener Anspruch nicht anders bewertet werden sollte als die ihm gegenüberstehende Verpflichtung. Die Erben aber erwerben neben der Verpflichtung, den Gegenstand auf den Vermächtnisnehmer zu übertragen, diesen Gegenstand selbst.
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