14.05.2009 | Nachversteuerung
Minderjähriger Erbe verkauft freiberufliche Praxis während Behaltensfrist
von WP StB Dipl.-Kfm. Gerrit Grewe, Berlin
Der Nachversteuerungstatbestand des § 13a Abs. 5 Nr. 1 ErbStG ist auch auf eine freiberufliche Einzelpraxis anwendbar. Die Vergünstigungen nach § 13a ErbStG sind daher abzuerkennen, wenn für den minderjährigen Erben, der nicht über die zur Fortführung einer Arztpraxis erforderliche Berufsqualifikation verfügt, der Praxisverkauf die einzige Möglichkeit ist, das ererbte Vermögen zu realisieren (FG Köln 18.12.08, 9 K 2414/08, Rev. eingelegt, Az. BFH II R 3/09, Abruf-Nr. 091469). |
Sachverhalt
Der Kläger ist Alleinerbe seines verstorbenen Vaters, der bis zu seinem Tod als Facharzt tätig war. Da der minderjährige Kläger nicht über die zur Praxisfortführung erforderliche Berufsqualifikation verfügte, veräußerte er die Arztpraxis innerhalb weniger Monate nach dem Erbfall. Das FA ließ die Steuervergünstigungen gemäß § 13a ErbStG wegen der Praxisveräußerung unberücksichtigt. Nach Ansicht des Klägers könne aber § 13a Abs. 5 Nr. 1 ErbStG nicht zur Anwendung kommen, da Erben eines freiberuflichen Betriebs berufsrechtlich zur Veräußerung verpflichtet seien.
Entscheidungsgründe
Die Voraussetzungen für die Vergünstigungen sind infolge des Praxisverkaufs entfallen. Nach § 13a Abs. 5 Nr. 1 S. 1 ErbStG fallen der Freibetrag (§ 13a Abs. 1 ErbStG) und der verminderte Wertansatz (§ 13a Abs. 2 ErbStG) mit Wirkung für die Vergangenheit weg, soweit der Erwerber innerhalb von fünf Jahren nach dem Erwerb einen Gewerbebetrieb oder einen Teilbetrieb, einen Anteil an einer Gesellschaft i.S. des § 15 Abs. 1 Nr. 2 und Abs. 3 EStG oder § 18 Abs. 4 EStG veräußert. Zwar ist das Betriebsvermögen einer freiberuflichen Einzelpraxis in § 13a Abs. 4 Nr. 1 und Abs. 5 Nr. 1 ErbStG nicht ausdrücklich genannt. Insbesondere wegen der Nennung der freiberuflichen Mitunternehmerschaften in den - wortlautidentischen - Absätzen 4 und 5 des § 13a ErbStG sowie der Gleichsetzung der Gewerbebetriebe mit der Ausübung freier Berufe im BewG (§ 96 BewG) sind die Vergünstigungen des § 13a Abs. 1 und 2 ErbStG und die Nachversteuerungsregeln aber auch auf freiberufliche Einzelunternehmen zu erstrecken.
Sofern angenommen wird, dass die Nichterwähnung der freiberuflichen Einzelunternehmen in § 13a Abs. 4 Nr. 1 ErbStG auf einem Redaktionsversehen beruht (Meincke, ErbStG, 14. Aufl., § 13a Rn. 18), muss dies folgerichtig auch für § 13a Abs. 5 Nr. 1 ErbStG gelten. Eine differenzierende Auslegung dahingehend, dass zwar der Erwerb einer freiberuflichen Einzelpraxis von Todes wegen begünstigt, die daran anknüpfende Möglichkeit der Nachversteuerung jedoch nicht gelten soll, ist nicht sachgerecht. Sonst würden auch solche Erwerber verschont, die das begünstigt erworbene Freiberuflervermögen innerhalb von fünf Jahren veräußern oder die Praxis aufgeben, obwohl sie die erforderliche Berufsqualifikation besitzen.
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