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  • 05.07.2010 | Nießbrauch

    Gestaltungen bei Veräußerung einer unter Nießbrauchsvorbehalt übertragenen Immobilie

    von Prof. Dr. Gerd Brüggemann, Münster

    Nicht selten wird bei Schenkungen unter lebenslänglichem Nießbrauchsvorbehalt - entgegen den ursprünglichen Vorstellungen - der nießbrauchsbelastete Gegenstand später veräußert. An dem Nießbrauchsvorbehalt in der vereinbarten Form kann dann nicht mehr festgehalten werden. Anhand eines Musterfalls wird unter Berücksichtigung der aktuellen Rechtsprechung des BFH und der aktuellen Erlasse der Finanzverwaltung aufgezeigt, welche Rechtsfolgen der unentgeltliche Verzicht auf das Nießbrauchsrecht auslöst und wie diesen Rechtsfolgen begegnet werden kann, wenn ein Grundstück nach der vor 2009 geltenden Rechtslage unter Nießbrauchsvorbehalt übertragen worden ist.  

    1. Sachverhalt

    Sohn erhält am 25.12.07 von seinem damals 56 Jahre alten Vater mit „Schenkungs- und Abtretungsvertrag“ ein Mietwohngrundstück mit einem vom Lagefinanzamt festgestellten Grundbesitzwert von 566.000 EUR. Der Vater behält sich den Nießbrauch an dem Grundstück vor. Der Jahreswert des Nießbrauchs beträgt 39.620 EUR und hat sich in den Folgejahren nicht verändert. Bei der Ermittlung des Grundbesitzwerts durch das Lagefinanzamt war der Nießbrauch nicht in Abzug gebracht worden.  

     

    Völlig unerwartet erhält der Sohn ein außergewöhnlich gutes Kaufpreisangebot für die Immobilie. Nach Rücksprache mit dem Vater - nun 58 Jahre alt - verzichtet dieser auf sein Nießbrauchsrecht, sodass der Sohn das unbelastete Mietwohngrundstück am 29.12.09 für 820.000 EUR veräußern kann. Die durch die Veräußerung angefallenen Kosten trägt der Erwerber. Den Erlös legt der Sohn ertragbringend an und verwendet die Erträge fortan für sich selbst. Im Zeitpunkt der Veräußerung war es bereits zu einer Steuerfestsetzung für die Schenkung unter Nießbrauchsvorbehalt gekommen. Am 24.12.09 betrug der Grundbesitzwert der Immobilie 782.000 EUR.  

    2. Schenkung des Grundstücks unter Nießbrauchsvorbehalt

    Gegenstand der Zuwendung i.S. von § 7 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG ist das am 25.12.07 an den Sohn geschenkte Grundstück. Für Erwerbe bis einschließlich 31.12.08 (Art. 1 Nr. 20 und Art. 6 Abs. 1 ErbStRG vom 24.12.08, BGBl I 08, 3018) wird gemäß § 25 Abs. 1 S. 1 ErbStG der Erwerb von Vermögen, dessen Nutzungen dem Schenker oder seinem Ehegatten zustehen, ohne Berücksichtigung dieser Belastung besteuert (BFH 17.3.04, II R 3/01, ErbBstg 04, 126; BFH 6.7.05, II R 34/03, ErbBstg 05, 277). Das Abzugsverbot wird jedoch dadurch abgemildert, dass die Steuer, die auf den Kapitalwert der nichtabziehbaren Belastung entfällt, bis zu ihrem Erlöschen zinslos zu stunden ist. Eine Stundung nach § 25 Abs. 1 S. 2 ErbStG ist nur dann nicht mehr möglich, wenn der Bedachte das Vermögen bereits vor der Steuerfestsetzung veräußert hat (BFH 6.3.90, II R 165/87, BFH/NV 90, 809; BFH 23.3.98, II B 97/97, BFH/NV 98, 1224). Das ist hier jedoch nicht der Fall. Der Erwerber hat auch nicht den Antrag gestellt, die gestundete Steuer mit ihrem Barwert nach § 12 Abs. 3 BewG abzulösen (§ 25 Abs. 1 S. 3 ErbStG).