01.09.2007 | Pflichtteilsanspruch
Kein rückwirkendes Ereignis
Die Rechtsfrage, ob ein rückwirkendes Ereignis vorliegt, wenn der bereits geltend gemachte Pflichtteilsanspruch bei der Festsetzung der ErbSt gegenüber dem Erben zunächst nicht gemäß § 10 Abs. 5 S. 1 Nr. 2 ErbStG berücksichtigt worden ist und später eine Entscheidung in einem Zivilprozess über diesen Pflichtteilsanspruch ergeht, ist nicht von grundsätzlicher Bedeutung (BFH 18.5.07, II B 65/06; Abruf-Nr. 072700). |
Sachverhalt
Die Mutter hatte ihren 1989 verstorbenen Vater beerbt. Die Schwester hatte gegenüber der Mutter ihren Pflichtteilsanspruch nach dem Erbgang des Vaters geltend gemacht. Das FA setzte ErbSt aus dem Erwerb gegenüber den Klägern als Rechtsnachfolgern ihrer inzwischen auch verstorbenen Mutter fest. Der Pflichtteilsanspruch der Schwester wurde hierbei nicht berücksichtigt. In einem späteren Zivilverfahren wurde der Pflichtteilsanspruch rechtskräftig festgestellt. Die Kläger begehren nun, den Pflichtteilsanspruch als Nachlassverbindlichkeit zu berücksichtigen. Das FA lehnte den Antrag unter Hinweis darauf ab, dass die Festsetzungsfrist abgelaufen sei.
Entscheidungsgründe
Die Tatsache, dass der Pflichtteilsanspruch bereits geltend gemacht worden war, lag schon bei Erlass des Steuerbescheids vor: Sie konnte daher dem FA allenfalls nachträglich bekannt werden, aber nicht i.S. des § 175 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 AO nachträglich eintreten. Daran ändert sich durch die spätere Entscheidung im Zivilprozess nichts. § 175 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 AO erfordert ein Ereignis, das den nach dem Steuertatbestand rechtserheblichen Sachverhalt „nachträglich“ anders gestaltet und sich steuerlich in die Vergangenheit auswirkt, und zwar in der Weise, dass nunmehr der veränderte anstelle des zuvor verwirklichten Sachverhalts der Besteuerung zugrunde zu legen ist.
Praxishinweis
Eine Pflichtteilslast ist nach § 10 Abs. 5 Nr. 2 ErbStG ab dem Zeitpunkt der Geltendmachung des Pflichtteilsanspruchs als Nachlassverbindlichkeit abzugsfähig. Dabei spielt es keine Rolle, ob der Pflichtteilsanspruch zu diesem Zeitpunkt bereits erfüllt ist. Entscheidend ist allein die Geltendmachung (BFH 7.10.98, BStBl II 99, 23). Geltend machen bedeutet, dass der Berechtigte seinen Entschluss, die Erfüllung des Pflichtteilsanspruchs zu verlangen, gegenüber dem Erben in geeigneter Weise erklärt. Dazu muss er erkennbar und ernstlich auf der Erfüllung des Pflichtteilsanspruchs bestehen. Das bloße Auskunftsverlangen ist noch keine Geltendmachung.
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