01.04.2005 | Pflichtteilsansprüche
Sozialhilfeträger können Pflichtteilsansprüche auf sich überleiten
Ein nach § 90 BSHG (§ 93 SGB XII) auf den Sozialhilfeträger übergeleiteter Anspruch kann von diesem unabhängig davon geltend gemacht werden, ob der Pflichtteilsberechtigte selbst auf die Geltendmachung verzichtet hat (BGH 8.12.04, IV ZR 223/03, Abruf-Nr. 050277). |
Sachverhalt
Der Sozialhilfeträger klagte gegen die Erben auf den Pflichtteil ihrer behinderten Schwester am Nachlass des verstorbenen Vaters. Der Kläger hatte den Pflichtteilsanspruch nach § 90 BSHG (heute § 93 SGB XII) auf sich übergeleitet. Die Erbin weigerte sich, den Pflichtteilsanspruch geltend zu machen, da dieser in vollem Umfang vom Kläger vereinnahmt würde. Der Kläger begehrte in dem Verfahren von den Erben als Gesamtschuldner Auskunft über den Bestand des Nachlasses. Die Klage hatte Erfolg.
Entscheidungsgründe
Der Auskunftsanspruch des Klägers ergibt sich aus § 2314 BGB. Auch dieser Anspruch ist gemäß § 90 BSHG auf den Kläger übergeleitet. Streitig war allerdings, ob der Kläger den Anspruch geltend machen kann, obwohl die Pflichtteilsberechtigte auf die Geltendmachung ihres Pflichtteilsanspruchs verzichtet hat. Ein Anhaltspunkt dafür, dass bei Pflichtteilsansprüchen zwischen der Inhaberschaft und der Befugnis zur Geltendmachung diese Anspruchs zu unterscheiden ist, besteht nur in § 852 Abs. 1 ZPO.
Nach § 852 Abs. 1 ZPO kann ein Pflichtteilsanspruch gepfändet werden, wenn er rechtshängig oder durch Vertrag anerkannt ist. Damit soll verhindert werden, dass ein Gläubiger seinen Anspruch gegen den Willen des Pflichtteilsberechtigten durchsetzen kann. Da § 90 Abs. 1 S. 4 BSHG jedoch klarstellt, dass der Übergang eines Anspruchs auf den Sozialhilfeträger nicht dadurch ausgeschlossen wird, dass der Anspruch nicht übertragen, verpfändet oder gepfändet werden kann, lässt sich aus § 852 Abs. 1 ZPO keinerlei Einschränkung zum Nachteil des Sozialhilfeträgers herleiten. Dem Sozialhilfeträger steht es frei, nach einer Überleitung über die Geltendmachung des Pflichtteilsanspruchs unabhängig von einer etwa schon vorliegenden Äußerung des Pflichtteilsberechtigten zu entscheiden.
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