02.07.2008 | Pflichtteilsrecht
10-Jahresfrist bei Pflichtteilsergänzungsanspruch
Hat der Erblasser sein Hausanwesen einem Dritten unentgeltlich zugewandt und sich lediglich ein Wohnrecht an einer der im Haus befindlichen Wohnungen einräumen lassen, so ist der verschenkte Gegenstand i.S. von § 2325 Abs. 3 BGB mit dem Eigentumsübergang geleistet (OLG Karlsruhe 15.1.08, 12 U 124/07, Abruf-Nr. 080759). |
Sachverhalt
Der Kläger macht gegenüber der Beklagten, seiner Schwester, einen Pflichtteilsergänzungsanspruch geltend. Die Beklagte schloss mehr als 10 Jahre vor dem Erbfall mit ihren Eltern einen notariellen Übergabevertrag, mit dem der Beklagten im Wege vorweggenommener Erbfolge das den Eltern je zur Hälfte gehörende Hausanwesen übertragen wurde. In dem Übergabevertrag räumte die Beklagte ihren Eltern ein lebenslanges Wohnrecht an einer Wohnung des Anwesens ein. Streitig ist der Beginn der 10-Jahresfrist nach § 2325 Abs. 3 BGB.
Entscheidungsgründe
Der Anspruch des Klägers ist wegen Ablaufs der Zehnjahresfrist gemäß § 2325 Abs. 3 BGB erloschen. Das Gericht schließt sich der Rechtsprechung des BGH an, wonach eine Schenkung nicht als i.S. von § 2325 Abs. 3 HS. 1 BGB geleistet gilt, wenn der Erblasser nicht nur seine Rechtsstellung als Eigentümer endgültig aufgibt, sondern darauf verzichtet, den verschenkten Gegenstand – sei es aufgrund vorbehaltener dinglicher Rechte oder durch Vereinbarung schuldrechtlicher Ansprüche – im Wesentlichen weiterhin zu nutzen (BGH NJW 94, 1791). Im Streitfall ist demnach von einer Leistung gemäß § 2325 Abs. 3 BGB auszugehen. Der Erblasser hat den „Genuss“ des Grundstücks in erheblichem Umfang entbehrt.
Anders als bei Vorbehalt des Nießbrauchs waren die Eltern mit Vollzug des Übergabevertrags nicht mehr „Herr im Haus“. Denn für den Fall, dass sie altersbedingt in einem Heim untergebracht werden müssen, hätten sie die kostspielige Heimunterbringung nicht über die Vermietung der zweiten Wohnung oder des gesamten Anwesens bzw. dessen Veräußerung finanzieren können.
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