12.05.2011 | Testamentsvollstreckung
Testamentsvollstrecker oder Vermächtnisnehmer: Wem der ErbSt-Bescheid bekannt zu geben ist
Der ErbSt-Bescheid gegen einen Vermächtnisnehmer ist dem Testamentsvollstrecker (TV) nur dann bekannt zu geben, wenn dieser die ErbSt-Erklärung entweder tatsächlich abgegeben hat oder zumindest zu deren Abgabe verpflichtet war (FG Düsseldorf 26.1.11, 4 K 1956/10 Erb, Abruf-Nr. 111076). |
Sachverhalt
Die Großeltern vermachten ihren beiden „Haustöchtern“ ihr Wohngrundstück. Nach dem Versterben der „Haustöchter“ sollte die Klägerin Nachvermächtnisnehmerin sein. Die Großeltern ordneten Testamentsvollstreckung an. Nach dem Tod der Großeltern und der „Haustöchter“ setzte das FA gegen die Klägerin ErbSt fest und gab den Steuerbescheid an die Klägerin bekannt. Nach Ablauf der Rechtsbehelfsfrist machte diese geltend, der Steuerbescheid sei nichtig, weil er nicht dem TV bekannt gegeben worden sei.
Entscheidungsgründe
Der ErbSt-Bescheid wurde der Klägerin gegenüber wirksam bekannt gegeben. Der ErbSt-Bescheid ist nach § 32 Abs. 1 S. 1 ErbStG i.V. mit § 31 Abs. 5 S. 1 ErbStG dem TV bekannt zu geben, wenn die Testamentsvollstreckung nicht nur für die Erfüllung des Vermächtnisses, sondern nach § 2223 BGB auch für die Verwaltung der dem Vermächtnis unterliegenden Gegenstände angeordnet wurde (BFH 9.6.99, II B 101/98, BStBl II 99, 529). Hiervon ist im Streitfall zwar auszugehen, denn der TV hatte die vermachten Gegenstände auch nach der Erfüllung der Vermächtnisse auf dreißig Jahre weiter zu verwalten. Gleichwohl war der ErbSt-Bescheid nicht dem TV bekannt zu geben. Die Bestimmung des § 32 Abs. 1 S. 1 ErbStG greift nur, wenn der TV die ErbSt-Erklärung tatsächlich abgegeben hat oder zumindest zur Abgabe verpflichtet war. Mit Urteil vom 16.10.96 (II R 43/96, BStBl II 97, 73) hat der BFH ausgeführt, der TV sei auch ohne besondere Aufforderung durch das FA zur Abgabe einer ErbSt-Erklärung verpflichtet. In den Beschlüssen vom 9.6.99 (II B 101/98, BStBl II 99, 529) und vom 7.12.99 (II B 79/99, BStBl II 00, 233) ließ der BFH die Frage ausdrücklich offen. § 31 Abs. 5 S. 1 ErbStG ist dahin auszulegen, dass auch ein TV nur nach Aufforderung des FA zur Abgabe einer ErbSt-Erklärung verpflichtet ist. Es ist nicht ersichtlich, warum die Verpflichtung des TV über diejenige eines Erben hinausgehen soll.
Praxishinweis
Die Frage, ob der TV oder Steuerpflichtige zur Abgabe einer ErbSt-Erklärung verpflichtet ist, ist entscheidend für die Anlaufhemmung der Festsetzungsverjährung (§ 170 Abs. 2 Nr. 1 AO). Sofern der Steuerpflichtige zur Abgabe der Erklärung aufzufordern wäre und kein Verstoß gegen die Anzeigepflicht vorläge, das FA jedoch stattdessen den TV auffordern würde, würde die verspätete Abgabe der Steuererklärung durch den „nicht zuständigen“ TV keine Anlaufhemmung bewirken (BFH 9.6.99, II B 101/98, BStBl II 99, 529).(GG)
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