01.07.2007 | Vermächtnis
Sachvermächtnis – sind die Wogen geglättet?
Der II. Senat des BFH hat im Jahre 2004 mit seinem Urteil vom 2.7.04 (ErbBstg 05, 33, Abruf-Nr. 042717; Brüggemann, ErbBstg 05, 289 ff.) für erhebliche Unruhe gesorgt. In einem obiter dictum hat der BFH die Auffassung vertreten, dass die bislang als gefestigt anzusehende erbschaftsteuerliche Bewertung von Sachvermächtnissen „einer Überprüfung bedürfe“. In dem konkreten, dem Urteil zugrunde liegenden Sachverhalt sollte der Vermächtnisnehmer den Sachleistungsanspruch „Grundstück“ mit dem gemeinen Wert versteuern.
Rechtslage bis 2004
Obwohl § 9 BewG grundsätzlich den gemeinen Wert als Ansatz für Sachleistungsvermächtnisse bestimmt, hatte der BFH bisher den Ansatz zum Steuerwert für richtig erachtet: Denn beim Ansatz des gemeinen Werts wird der vermächtnisbelastete Erbe besser gestellt, als wenn der Erblasser den Gegenstand zu Lebzeiten dem Vermächtnisnehmer geschenkt hätte. Der Erbe würde das geerbte Vermögen mit dem Steuerwert ansetzen und die Vermächtnislast mit dem gemeinen Wert abziehen können. Deshalb solle im Ergebnis der Vermächtnisnehmer so gestellt werden, als habe er den Gegenstand unmittelbar vom Erblasser erworben und nicht über den Umweg des schuldrechtlichen Anspruchs gegen den Erben.
Rechtsprechungsänderungsankündigung in 2004
Diese Betrachtungsweise hat der BFH mit seinem Urteil aus 2004 in Frage gestellt. Seiner Ansicht nach führt diese Form der Bewertung zu einer teilweisen Steuerbefreiung. Die Herausgabeverpflichtung des Erben müsse vielmehr als eine mit dem geerbten Vermögen im wirtschaftlichen Zusammenhang stehende Last angesehen werden. Diese ist nach § 10 Abs. 6 S. 3 ErbStG jedoch nur insoweit abzugsfähig, als sie dem steuerpflichtigen Teil entspricht. Beim Erben würde dies immer zu einer Neutralisierung von steuerpflichtigem Erwerb und Nachlassverbindlichkeit (= Vermächtnis) und damit nicht mehr zu einer Besserstellung des vermächtnisbelasteten Erben führen. Vor diesem Hintergrund könnte auf der Seite des Vermächtnisnehmers der Sachleistungsanspruch nur noch mit dem gemeinen Wert angesetzt werden.
Abkehr vom obiter dictum in 2006?
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