· Fachbeitrag · Gemeinschaftliches Testament
Geltendmachung des Pflichtteils trotz Strafklauseln als steuerliches Gestaltungsmittel nutzen
von Dr. Thomas Stein, Rechtsanwalt/Steuerberater, Ulm
| Berliner Testamente sind wegen der Versorgungswirkung für den länger lebenden Ehegatten beliebt. Dieser Versorgungsaspekt ist allerdings mit einer gewissen steuerlichen Nachteilhaftigkeit behaftet, da nach dem erstversterbenden Ehegatten Freibeträge möglicherweise nicht optimal ausgeschöpft werden. Zwar mag dem aus gestalterischer Sicht durch die Anordnung entsprechender Vermächtnisse an die Kinder bereits auf den Tod des Erstversterbenden Rechnung getragen werden. Ausgangssituation vieler Beratungen ist aber eine andere: Nach dem Tod eines Ehegatten wird festgestellt, dass Erbschaftsteuerbelastungen beim länger lebenden Ehegatten drohen und zugleich Vermächtnisse an die Kinder nicht bzw. nicht umfänglich ausgesetzt wurden. Doch auch hier gibt es Reaktionsmöglichkeiten, um die „verfahrene Situation“ steuerlich noch zu retten. |
1. Der Pflichtteilsanspruch und sein steuergestaltender Effekt
Der geltend gemachte Pflichtteilsanspruch ist eine Nachlassverbindlichkeit, die der damit belastete Erbe von seinem Erwerb abziehen darf. Dies setzt aber voraus, dass ein solcher zivilrechtlicher Anspruch überhaupt besteht.
1.1 Die zivilrechtliche Vorprüfung zum Pflichtteil
Gemäß § 2303 BGB steht ein Pflichtteilsanspruch etwa Abkömmlingen des Erblassers zu, die durch Verfügung von Todes wegen von der Erbfolge ausgeschlossen sind. Das klassische Berliner Testament sieht die Alleinerbeneinsetzung des länger lebenden Ehegatten vor. Folglich werden die Abkömmlinge von der Erbfolge nach dem erstversterbenden Ehegatten ausgeschlossen. Ein Pflichtteilsanspruch der Abkömmlinge wird begründet.
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