Praxiswissen auf den Punkt gebracht.
logo
  • Meine Produkte
    Bitte melden Sie sich an, um Ihre Produkte zu sehen.
Menu Menu
MyIww MyIww
  • · Fachbeitrag · Schenkungsteuer

    Leistungen von Kapitalgesellschaften und SchenkSt

    von Prof. Dr. Gerd Brüggemann, Münster

    | Die Behandlung von Leistungen von Gesellschaften und Dritten an Kapitalgesellschaften oder von Kapitalgesellschaften an ihre Gesellschafter oder Dritte ist schon seit längerer Zeit Gegenstand intensiver steuerrechtlicher Auseinandersetzungen. |

    1. Rückblick auf die bisherige Diskussion

    Die von der Sichtweise der Finanzverwaltung zunehmend abweichende Rechtsprechung des BFH zu dieser Thematik veranlasste die Finanzverwaltung zunächst, dem BFH mit gleich lautenden Ländererlassen vom 20.10.10 (BStBl I 10, 1207) zu folgen und ihre zuvor in R 18 ErbStR 2003 vertretene Auffassung aufzugeben bzw. anzupassen. Nachdem sich aber - sicher auf Anregung der Finanzverwaltung - der Gesetzgeber einschaltete und durch das BeitRUmsG mit Wirkung zum 13.12.11 § 7 Abs. 8 ErbStG und § 15 Abs. 4 ErbStG einfügte und damit die Rechtsprechung des BFH zum Teil wieder kassierte, hob die Finanzverwaltung ihre Erlasse wieder auf und ersetzte sie durch die zur Zeit noch aktuellen Erlasse vom 14.3.12 (BStBl I 12, 331).

     

    In Abschnitt 2.6 und Abschnitt 6 wird dort auf die Frage der Schenkungsteuer für Leistungen von Kapitalgesellschaften (oder Genossenschaften) an Gesellschafter (Genossen) oder Dritte und auf den neu eingefügten § 15 Abs. 4 ErbStG eingegangen. Ein aktuelles Urteil des BFH (30.1.13, II R 6/12, ErbBstg 13, 121, DStR 13, 652) steht mit den dort getroffenen Aussagen in deutlichem Widerspruch und wird zu Diskussionen über den praktischen Anwendungsbereich des § 15 Abs. 4 ErbStG führen.

    2. Obiter dictum des BFH im Urteil vom 7.11.07

    Bereits mit Urteil vom 7.11.07 hatte der BFH entschieden, dass regelmäßig keine freigebige Zuwendung des Gesellschafters an eine nahestehende Person gemäß § 7 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG vorliegt, wenn eine GmbH auf Veranlassung eines Gesellschafters einer diesem nahestehenden Person überhöhte Vergütungen zahlt (BFH 7.11.07, II R 28/06, BStBl II 08, 258, ErbBstg 08, 75). Nicht zu entscheiden hatte der BFH jedoch, ob eine gemischte freigebige Zuwendung im Verhältnis der Kapitalgesellschaft (GmbH) zur nahestehenden Person gegeben sein kann. Der BFH merkte hierzu in einem obiter dictum (Rn. 4) lediglich an, dass Zahlungen überhöhter Vergütungen an die nahestehende Person als gemischte freigebige Zuwendungen der Kapitalgesellschaft (GmbH) an diese zu beurteilen sein können. Da er aber nur das Vorliegen freigebiger Zuwendungen des Gesellschafters an die nahestehende Person zu prüfen hatte, ließ er dahingestellt, ob und gegebenenfalls inwieweit die materiell-rechtlichen und verfahrensrechtlichen Voraussetzungen für den Erlass von Schenkungsteuerbescheiden für gemischte freigebige Zuwendungen der GmbH an die nahestehende Person vorliegen.

    3. Aus dem Urteil des BFH gezogene Konsequenzen

    Aus dem Urteil des BFH (7.11.07, II R 28/06, BStBl II 08, 258, ErbBstg 08, 75) wurde in Teilen des Schrifttums geschlossen, dass sich der BFH für die Kapitalgesellschaft als Schenker ausgesprochen habe (nur Meincke, Kommentar zum ErbStG, 16. Aufl., § 25 Rn. 33).

     

    Auch der Gesetzgeber ging offenkundig von dieser Wertung aus, denn er hat in § 15 Abs. 4 ErbStG formuliert, dass im Falle einer Schenkung durch eine Kapitalgesellschaft (oder Genossenschaft) der Besteuerung das persönliche Verhältnis des Erwerbers zu derjenigen unmittelbar oder mittelbar beteiligten natürlichen Person oder Stiftung zugrunde zu legen ist, durch die sie veranlasst ist.

     

    Die Finanzverwaltung geht in Abschnitt 2.6.2 ihrer Erlasse vom 14.3.12 (BStBl I 12, 331) zurzeit noch davon aus, dass im Fall der Zahlung einer überhöhten Vergütung durch eine Kapitalgesellschaft an den Gesellschafter selbst das über die gesellschaftsrechtliche Beteiligungsquote hinaus Verteilte zu einer Bereicherung des Gesellschafters auf Kosten der Gesellschaft führt. Sie sieht darin eine gemischte freigebige Zuwendung im Verhältnis der Kapitalgesellschaft zum Gesellschafter, die nicht in Erfüllung eines Gesellschaftszwecks erfolgt. Entsprechendes soll z.B. auch gelten, wenn eine Kapitalgesellschaft auf eine Forderung gegenüber einem Gesellschafter verzichtet.

     

    Unter ausdrücklichem Hinweis auf die Entscheidung des BFH vom 7.11.07 (a.a.O.) geht sie zuvor in Abschnitt 2.6.1 davon aus, dass eine verdeckte Gewinnausschüttung (vGA) an eine einem Gesellschafter nahestehende Person als freigebige Zuwendung der Kapitalgesellschaft an die nahestehende Person gilt. Hinsichtlich des subjektiven Tatbestands der freigebigen Zuwendung reicht ihr bei Unausgewogenheit gegenseitiger Verträge regelmäßig das Bewusstsein des einseitig benachteiligten Vertragspartners über den Mehrwert seiner Leistung aus; wobei es auf das Bewusstsein der für die Kapitalgesellschaft Handelnden ankommt. Unter Verweis auf die Rechtsprechung des BFH hält es die Finanzverwaltung zudem nicht für erforderlich, dass den Vertragspartnern das genaue Ausmaß des Wertunterschieds bekannt ist (BFH 12.7.05, II R 8/04, ErbBstg 05, 275). Auch etwaige Ersatzansprüche der Gesellschaft gegen die handelnden Organe oder den veranlassenden Gesellschafter sollen eine Freigebigkeit nicht ausschließen. Entsprechendes gilt z.B., wenn eine Kapitalgesellschaft auf eine Forderung gegenüber einer einem Gesellschafter nahestehenden Person verzichtet.

     

    Ergänzend führt die Finanzverwaltung in Abschnitt 6.2 aus, dass sich gemäß § 15 Abs. 4 ErbStG die Besteuerung für Erwerbe, für die die Steuer nach dem 13.12.11 entsteht, nach dem persönlichen Verhältnis des Erwerbers zu derjenigen unmittelbar oder mittelbar an der Kapitalgesellschaft oder Genossenschaft beteiligten natürlichen Person oder Stiftung richtet, durch die sie veranlasst sind. Dabei geht sie davon aus, dass § 15 Abs. 4 ErbStG nur die Rechtsfolgen der Steuerermittlung regelt, die Kapitalgesellschaft bzw. Genossenschaft aber Zuwendende bleibt.

     

    Verzichtet ein Gesellschafter zugunsten eines Mitgesellschafters auf einen bereits entstandenen Gewinnanspruch, liegt darin nach Ansicht der Finanzverwaltung regelmäßig eine freigebige Zuwendung i.S. des § 7 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG des Verzichtenden zugunsten des Mitgesellschafters. Entsprechendes kann auch in Fällen einer nicht leistungsbezogen bestimmten disquotalen Gewinnausschüttung vorliegen. Für eine verdeckte Gewinnausschüttung kann insoweit nichts anderes gelten wie für Vermögensübertragungen von einem Gesellschafter auf eine Kapitalgesellschaft, die als gesellschaftsrechtliche Vorgänge nicht als freigebige Zuwendungen an die Gesellschaft zu beurteilen sind (BFH 17.10.07, II R 63/05, ErbBstg 08, 43, BStBl II 08, 381; Viskorf, ZEV 12, 442, 446).

    4. Klarstellende Worte des BFH im Urteil vom 30.01.13

    Der BFH geht - entgegen der gesetzlichen Regelung in § 15 Abs. 4 ErbStG und der Auffassung der Finanzverwaltung - davon aus, dass es im Verhältnis einer Kapitalgesellschaft zu ihren Gesellschaftern oder den Gesellschaftern einer an ihr beteiligten Kapitalgesellschaft neben betrieblich veranlassten Rechtsbeziehungen lediglich offene und verdeckte Gewinnausschüttungen sowie Kapitalrückzahlungen, aber keine freigebigen Zuwendungen gibt (BFH 30.1.13, II R 6/12, ErbBstg 13, 121, DStR 13, 652).

     

    • Sachverhalt

    K war Gesellschafter der Z-GmbH, die alleinige Gesellschafterin einer AG war. Diese verkaufte Gesellschaftsanteile an einer X-GmbH an die Y-GmbH, deren Alleingesellschafter K war. Die X-GmbH hatte erhebliche Verluste erlitten, die die AG durch die Gewährung von Darlehen finanzierte. Im Zuge der Veräußerung der Anteile an der X-GmbH verzichtet die AG auf die Rückzahlung dieser Darlehen gegen Besserungsabrede.

     

    Die AG verkaufte den Besserungsschein zum Verkehrswert von 1 EUR an K. Etwa zwei Jahre später trat der Besserungsfall ein und die X-GmbH leistete Tilgungsleistungen an K. Das FA sah in den Tilgungsleistungen eine freigebige Zuwendung der AG an K und setzte gegen K SchenkSt fest.

     

    In der Urteilsbegründung stellt der BFH zunächst entgegen der Auffassung der Vorinstanz klar, dass keine gemischte Schenkung vorliegt. Er verweist insoweit auf den maßgeblichen Bewertungsstichtag und geht davon aus, dass der Kaufpreis von 1 EUR im Zeitpunkt der Veräußerung eine angemessene Gegenleistung für den Erwerb der Forderung darstellt. Die AG konnte demgemäß zu diesem Zeitpunkt auch nicht den für das Vorliegen einer freigebigen Zuwendung erforderlichen Willen zur Freigebigkeit haben, sodass das Vorliegen einer freigebigen Zuwendung ausschied. Dass später der Besserungsfall eintrat und die Forderung werthaltig wurde, hat nach Auffassung des BFH nicht zur Folge, dass sich der zum Verkehrswert erfolgte Verkauf der Forderung rückwirkend in eine freigebige Zuwendung umwandelt. Der Eintritt des Besserungsfalls hat den für die Besteuerung maßgebenden Sachverhalt nicht rückwirkend verändert, sondern folgt aus einer späteren Entwicklung, die nicht auf den Bewertungsstichtag zurückwirkt.

     

    Entscheidend sind die Aussagen zur Freigebigkeit verdeckter Gewinnausschüttungen. Der Annahme einer freigebigen Zuwendung (§ 7 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG) der AG an K steht nach Auffassung des BFH entgegen, dass es im Verhältnis einer Kapitalgesellschaft zu ihren Gesellschaftern oder zu den Gesellschaftern einer an ihr beteiligten Kapitalgesellschaft neben betrieblich veranlassten Rechtsbeziehungen allein offene Gewinnausschüttungen, verdeckte Gewinnausschüttungen und Kapitalrückzahlungen, aber keine freigebigen Zuwendungen nach § 7 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG gibt. Sowohl offene als auch verdeckte Gewinnausschüttungen sind nicht freigebig, sondern fußen auf dem Gesellschaftsverhältnis, und haben nach Auffassung des BFH nur ertragsteuerrechtliche Folgen.

     

    Durch die Gewährung des Vermögensvorteils wird der für offene Ausschüttungen zur Verfügung stehende Gewinn der Kapitalgesellschaft gemindert. Die sich durch die Gewinnminderung ergebenden Folgen werden auf der Seite der Kapitalgesellschaft durch § 8 Abs. 3 S. 2 KStG und auf der Seite des einkommensteuerpflichtigen Gesellschafters durch § 20 Abs. 1 Nr. 1 S. 2 EStG geregelt.

     

    Die verdeckten Gewinnausschüttungen werden ertragsteuerrechtlich somit im Ergebnis wie offene Gewinnausschüttungen behandelt. Einer in der Literatur überwiegend vertretenen Auffassung folgend, lässt es sich für den BFH damit nicht vereinbaren, wenn eine verdeckte Gewinnausschüttung anders als eine offene Gewinnausschüttung zugleich als freigebige Zuwendung der Kapitalgesellschaft an ihren Gesellschafter oder an einen Gesellschafter einer an ihr beteiligten Kapitalgesellschaft angesehen würde.

     

    Es ist für den BFH auch ohne Bedeutung, ob alle Gesellschafter der Kapitalgesellschaft eine verdeckte Gewinnausschüttung in gleicher Höhe erhalten. Auch wenn dies nicht der Fall ist und beispielsweise nur ein Gesellschafter eine überhöhte Vergütung erhält, führt das über die gesellschaftsrechtliche Beteiligungsquote hinaus Verteilte nicht zu einer freigebigen Zuwendung der Kapitalgesellschaft an den Gesellschafter. Vielmehr unterliegt die Zahlung des unangemessenen Teils der Vergütung als verdeckte Gewinnausschüttung der Einkommensteuer, da sie durch das Gesellschaftsverhältnis veranlasst ist.

    5. Auswirkungen der Entscheidung auf die aktuelle Rechtslage

    Ebenso wie die bloße Werterhöhung von Anteilen an einer Kapitalgesellschaft nicht unter § 7 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG fällt, sondern nur unter den Voraussetzungen des § 7 Abs. 8 ErbStG zu einer Schenkung führt (BFH 30.1.13, II R 38/11, DStR 13, 970), gibt es nach Auffassung des BFH auch im Verhältnis einer Kapitalgesellschaft zu ihren unmittelbaren und mittelbaren Gesellschaftern keine freigebigen Zuwendungen. Gewinnausschüttungen (sowohl offene als auch verdeckte) der Kapitalgesellschaft beruhen stets auf dem Gesellschaftsverhältnis und haben daher jedenfalls im Verhältnis zu den Gesellschaftern ausschließlich ertragsteuerliche Folgen.

     

    • Beispiel 1

    A und B sind mit Geschäftsanteilen im Betrag von je 25.000 EUR Gesellschafter einer GmbH. A erhält mit Duldung des B von der GmbH einen PKW zu einem um 100.000 EUR unangemessen zu niedrigen Kaufpreis.

     

    Lösung: Nach Ansicht der Finanzverwaltung liegt i.H. von (50 % von 100.000 EUR =) 50.000 EUR eine freigebige Zuwendung der GmbH an A gemäß § 7 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG vor. § 15 Abs. 4 ErbStG ist anwendbar, sodass A nach seinem persönlichen Verhältnis zu B besteuert wird.

     

    Der BFH würde einen schenkungsteuerbaren Vorgang verneinen. § 15 Abs. 4 würde nicht zur Anwendung kommen, weil das Tatbestandsmerkmal einer Schenkung der Kapitalgesellschaft gar nicht erfüllt ist.

     

    Aus der Urteilsbegründung ergibt sich, dass der BFH seine Aussagen zur vGA nicht nur im Verhältnis Gesellschaft und Gesellschafter, sondern auch im Verhältnis Gesellschaft und nahestehende Person für anwendbar erachtet, da auch eine solche verdeckte Gewinnausschüttung durch das Gesellschaftsverhältnis veranlasst ist (a.A wohl FG München 30.5.12, 4 K 689/09, EFG 12, 1721).

     

    • Beispiel 2

    A ist alleiniger Gesellschafter einer GmbH. Die Ehefrau des A erhält ein um 100.000 EUR überhöhtes Gehalt.

     

    Lösung:Nach Ansicht der Finanzverwaltung liegt i.H. von 100.000 EUR eine freigebige Zuwendung der GmbH an A gemäß § 7 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG vor. § 15 Abs. 4 ErbStG ist anwendbar, sodass die Ehefrau nach Steuerklasse I besteuert wird.

     

    Der BFH würde einen schenkungsteuerbaren Vorgang verneinen. § 15 Abs. 4 würde nicht zur Anwendung kommen, weil das Tatbestandsmerkmal einer Schenkung der Kapitalgesellschaft gar nicht erfüllt ist.

     

    Die Beispiele verdeutlichen, dass § 15 Abs. 4 ErbStG, der die Rechtsfolgen der Steuerermittlung regeln soll, leerläuft, soweit eine Schenkung der Kapitalgesellschaft an den Gesellschafter oder die nahestehende Person verneint wird. Dabei ist allerdings vorsorglich darauf hinzuweisen, dass der BFH zum Verhältnis Gesellschaft und nahestehende Person nicht entscheiden musste. Wenn auch diese, ebenso wie die bloße Werterhöhung von Anteilen an einer Kapitalgesellschaft, vom BFH nicht dem § 7 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG unterworfen wird, könnte eine Schenkung wohl nur durch Einfügung einer der Fiktion des § 7 Abs. 8 ErbStG vergleichbaren Regelung erreicht werden. Abzuwarten bleibt zunächst, ob und wie die Finanzverwaltung auf die aktuelle Rechtsprechung reagieren wird oder ob sich der Gesetzgeber erneut zu Wort meldet.

    Quelle: Ausgabe 08 / 2013 | Seite 193 | ID 42212141