26.10.2012 · IWW-Abrufnummer 123238
Oberlandesgericht Hamm: Beschluss vom 20.07.2012 – I-15 W 486/11
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Tenor:
Der angefochtene Beschluss wird aufgehoben und durch folgende Zwischenverfügung ersetzt.
Der jetzt noch beantragten Löschung der Grundpfandrechte Abteilung III lfd. Nrn.2 und 3 steht alleine die (erneute) Vorlage der Grundschuldbriefe entgegen.
Den Beteiligten wird zur erneuten Vorlage der Grundschuldbriefe beim Grundbuchamt eine Frist von drei Wochen ab Zustellung dieses Beschlusses gesetzt.
Gründe
Die zulässige Beschwerde ist, soweit sie eingelegt ist, begründet.
Soweit die Antragszurückweisung durch das Amtsgericht sich ursprünglich schon mit Rücksicht auf die Annahme eine Entscheidungsverbunds (§ 16 Abs.2 GBO) hätte rechtfertigen lassen, hat sich dieser Aspekt mit der auf den Löschungsantrag beschränkten Beschwerde erledigt. In ihr liegt eine Auflösung des Entscheidungsverbunds, zu dem der Verfahrensbevollmächtigte der Beteiligten aufgrund der ihm in der Urkunde vom 17.02.2011 eingeräumten Vollzugsvollmacht befugt ist. Die sachliche Begründung des Grundbuchamts für die Zurückweisung des Löschungsantrags trägt diese letztlich nicht.
Zutreffend ist allerdings der rechtliche Ausgangspunkte des Grundbuchamtes, dass es bei der Beantragung der Löschung eines Rechts, das dem Schutz des Nacherbenvermerks unterfällt, vor einer Löschung die Voraussetzungen des § 2113 BGB in Betracht zu nehmen hat. Denn während eine sonstige Eintragung durch den Nacherbenvermerk nicht gehindert wird, würde der materiell-rechtliche Schutz des § 2113 BGB bei einer Löschung leerlaufen, da es eine relative Unwirksamkeit einer Löschung nicht geben kann (Staudinger/Avenarius, BGB, Neubearb. 2003, § 2113 Rdn.37). Auch die Zustimmung des Eigentümers (§ 27 S.1 GBO) ist unter diesem Aspekt zu prüfen.
Grundvoraussetzung für eine Anwendung der Verfügungsbeschränkungen des Vorerben ist jedoch, dass seine Rechtshandlung geeignet ist, die Rechte des Nacherben zu
beeinträchtigen. Denn § 2113 BGB bezweckt alleine den Schutz des Nacherben, nicht aber eine weitergehende Beschränkung des Vorerben. Hinsichtlich der Eigentümerzustimmung zur Löschung eines Grundpfandrechts entspricht es nahezu einhelliger Auffassung in Rechtsprechung und Literatur, dass die Löschung eines Grundpfandrechts, nach dem keine weiteren Belastungen nachrangig eingetragen sind, die Rechte des Nacherben nicht beeinträchtigen kann (KG DNotZ 1938, 115ff; OLG München DNotZ 1940, 328; LG Hildesheim MDR 1961, 692; Avenarius a.a.O. Rdn.38; H ügel/Zeiser, GBO, Stand 2012, § 51 Rdn.65; MK-BGB/Grunsky, 5.Aufl. § 2113 Rdn.12; Palandt/Weidlich, BGB, 70.Aufl., § 2113 Rdn.7; a.A. BeckOK-BGB/Litzenburger, § 2113 Rdn.23). Denn die Löschung einer auf einem Nachlassgrundstück lastenden Belastung kann den Nacherben allenfalls insoweit belasten, als er bzw. der Vorerbe dieses Recht erworben hat oder erwerben könnte und ihm dieser Erwerb einen besseren Rang gegenüber anderen Belastungen verschaffen würde. Sind jedoch keine weiteren Belastungen vorhanden, vermittelt das zu löschende Recht auch keinen Rangvorteil. Dass die Neubestellung eines gelöschten Rechts u.U. mehr Kosten verursacht als etwa die Neuvalutierung einer Eigentümergrundschuld, wird in diesem Zusammenhang zutreffend nicht als rechtlicher Nachteil des Nacherben gesehen.
Der Senat hält die herrschende Auffassung für richtig. Eine letztrangige Belastung hat für den Nachlass und damit den Nacherben keinen Wert. Der Nacherbe bedarf auch nicht des Schutzes der Rangstelle, den diese Belastung innehat, da die Eintragung einer neuen Belastung ohne seine Zustimmung ihm gegenüber unwirksam wäre (§ 2113 Abs.1 BGB). Dies gilt auch, wenn die Belastung im Wege der Zwangsvollstreckung gegen den Vorerben erfolgt (§ 2115 BGB).
Verfehlt wäre es in diesem Zusammenhang, den Nachweis zu verlangen, dass die Zustimmung zur Löschung entgeltlich (§ 2113 Abs.2 BGB) erfolgt. Auch § 2113 Abs.2 BGB schützt den Nacherben nur vor solchen Verfügungen, die geeignet sind, sein Recht zu beeinträchtigen oder zu vereiteln (BGH NJW 1985, 382, 282). Fehlt es danach bereits an dieser Voraussetzung, so erübrigt sich eine Prüfung, ob die Verfügung entgeltlich oder unentgeltlich erfolgt.
Soweit der Beteiligte zu 2) bei der Zustimmung und dem Löschungsantrag durch seine Ehefrau als Betreuerin vertreten worden ist, ist abschließend zu bemerken, dass eine
betreuungsgerichtliche Genehmigung gemäß §§ 1812, 1857a, 1908i Abs.2 S.2 BGB entbehrlich ist.
Um ein unn ötiges Hin- und Herschicken der Grundschuldbriefe zu vermeiden, hat der Senat eine Zwischenverfügung erlassen und davon abgesehen, die Sache selbst einer abschließenden Entscheidung zuzuführen, zumal die Löschung ohnehin nur durch das Grundbuchamt vollzogen werden kann.