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  • 30.10.2012 · IWW-Abrufnummer 130624

    Finanzgericht Münster: Urteil vom 26.07.2012 – 3 K 4434/09 Erb

    1) Die Nachholung einer Steuerfestsetzung wegen widerstreitender Steuerfestsetzung gemäß § 174 Abs. 3 AO, in der der fragliche Sachverhalt hätte berücksichtigt werden müssen, ist auch nach Eintritt der Festsetzungsverjährung bezüglich des der Festsetzung zugrunde liegenden Steueranspruchs noch zulässig.
    2) Die in § 174 Abs. 3 Satz 2 AO enthaltene Regelung ist die einzige in Bezug auf den Aspekt der Festsetzungsverjährung zu beachtende Tatbestandsvoraussetzung, die als spezialgesetzliche Regelung der allgemeinen Vorschrift des § 169 AO vorgeht.


    Im Namen des Volkes
    URTEIL
    In dem Rechtsstreit
    hat der 3. Senat in der Besetzung: Vorsitzender Richter am Finanzgericht … Richterin am Finanzgericht … Richter am Finanzgericht … Ehrenamtliche Richterin … Ehrenamtliche Richterin … auf Grund mündlicher Verhandlung in der Sitzung vom 26.07.2012 für Recht erkannt:
    Gründe:
    Streitig ist, ob die Klägerin in Folge der Kapitalerhöhung der RR GmbH T A zum 05.02.1998 Begünstigte einer steuerpflichtigen Schenkung ist, sowie die Rechtmäßigkeit des gegen die Klägerin ergangenen Schenkungsteuerbescheides vom 09.11.2009.
    Die Klägerin (R GmbH) ist eine in Deutschland ansässige Kapitalgesellschaft, die am 05.02.1998 gegründet wurde und am 18.05.1998 ins Handelsregister eingetragen wurde. Alleingesellschafterin der Klägerin ist seit ihrer Gründung die R1L, Luxemburg (R1L). Die gesamten Anteile an der R1L wurden in 1998 von der H-Stiftung, einer rechtsfähigen liechtensteinischen Stiftung, gehalten. Begünstigte der H-Stiftung sind Mitglieder der Familie N, die allesamt nicht der unbeschränkten Steuerpflicht in Deutschland unterliegen.
    An der ebenfalls in Deutschland ansässigen RR GmbH, T A (RR GmbH) waren zunächst je zur Hälfte zwei in Liechtenstein ansässige Unternehmen beteiligt, die U, D, Liechtenstein (U) und die Aktiengesellschaft für O AG, Liechtenstein (O AG). Die U und die O AG hielten jeweils Stammeinlagen in Höhe von X DM an der RR GmbH. Die Stammeinlagen beider Gesellschaften waren in voller Höhe eingezahlt.
    In einer „Kapitalerhöhungs- und Optionsvereinbarung in Verbindung mit dem Erwerb von Gesellschaftsanteilen an der RR GmbH” vom 03.02.1998 zwischen der U, der O AG und der R1L wurde vereinbart, dass im Zuge weitreichender Investitionen das Stammkapital der RR GmbH um X DM auf X DM erhöht wird. Des Weiteren wurde vereinbart, dass die R1L die R GmbH (die Klägerin) errichtet und Alleingesellschafterin dieser Gesellschaft werden würde. Die R GmbH (die Klägerin) sollte sodann die neue Stammeinlage an der RR GmbH in Höhe von X DM zu einem Gesamtpreis (inklusive eines Agios in Höhe von X DM) in Höhe von X DM übernehmen und damit 60 % des Stammkapitals der RR GmbH erhalten. Nach der Stammkapitalerhöhung und der Übernahme derselben durch die noch zu gründende R GmbH (die Klägerin) sollten am Stammkapital der RR GmbH die R GmbH 60 %, die U 20 % und die O AG 20 % der Anteile halten. Des Weiteren gewährten die U und die O AG jeweils der R1L ein Optionsrecht zum Erwerb weiterer Anteile an der RR GmbH zu festgelegten Bedingungen, das diese auf die von ihr zu errichtende R GmbH übertragen konnte. Die Option konnte längstens bis zum 31.12.2003 ausgeübt werden. Zu den Einzelheiten wird auf die vertragliche Vereinbarung vom 03.02.1998 verwiesen (vgl. Blatt 150 ff. der Gerichtsakte).
    Hinsichtlich der Beteiligungsstruktur vor und nach der Kapitalerhöhung vom 05.02.1998 wird auf die schematischen Darstellungen auf Blatt 3, 161 und 162 der Schenkungsteuerakte Bezug genommen.
    Mit notarieller Urkunde vom 05.02.1998 beschloss die Gesellschafterversammlung der RR GmbH entsprechend der zuvor am 03.02.1998 abgeschlossenen Kapitalerhöhungsund Optionsvereinbarung, das Stammkapital der Gesellschaft um X DM zu erhöhen. Die unter Ausschluss der bisherigen Gesellschafter zur Übernahme der neuen Stammeinlage zugelassene R GmbH i. G. erbrachte die Stammeinlage von X DM und das Aufgeld in Höhe von X DM in bar. Die Anmeldung der Kapitalerhöhung zum Handelsregister erfolgte durch notarielle Urkunde vom 05.02.1998. Zu den weiteren Einzelheiten wird auf die notarielle Urkunde der Gesellschafterversammlung vom 05.02.1998 verwiesen (vgl. Blatt 132 ff. der Gerichtsakte).
    Nach der Kapitalerhöhung waren die bisherigen Gesellschafter U und O AG noch mit jeweils X DM am erhöhten Stammkapital von X DM der RR GmbH beteiligt. Dies entspricht einer relativen Beteiligung von jeweils 20 %. Die verbleibenden 60 % des Stammkapitals entfielen nach der Kapitalerhöhung auf die R GmbH (die Klägerin).
    Die Gesellschafter der U bzw. der O AG zum Zeitpunkt der Kapitalerhöhung der RR GmbH sind nicht bekannt. Es ist aber davon auszugehen, dass diese Gesellschaften im Einflussbereich der Familie N stehen.
    Ausweislich der vorliegenden Schenkungsteuerakte wurde dieser Sachverhalt dem Beklagten durch einen Hinweis der Groß- und Konzernbetriebsprüfung M sowie durch Übersendung diverser Schriftsätze und Urkunden im Juli 2002 bekannt. Auf Blatt 1 bis 22 der Schenkungsteuerakte wird insofern Bezug genommen.
    Der vom Beklagten nach dem Stuttgarter Verfahren ermittelte gemeine Wert der Anteile an der RR GmbH betrug vor der Kapitalerhöhung am 05.02.1998 X DM und nach der Kapitalerhöhung X DM. Diese Werte sind zwischen den Beteiligten unstreitig.
    Mit Schreiben vom 22.08.2002 forderte der Beklagte die Klägerin zur Abgabe einer Schenkungsteuererklärung auf (vgl. Blatt 23 der Schenkungsteuerakte). Hinsichtlich der schenkungsteuerlichen Beurteilung des Sachverhalts kam es in der Folgezeit zu einem umfangreichen Schriftverkehr zwischen den steuerlichen Beratern der beteiligten Gesellschaften (einschließlich der Klägerin) und dem Beklagten. Dabei ging es einerseits um die Frage, ob vorliegend überhaupt ein schenkungsteuerpflichtiger Tatbestand gegeben sei und andererseits um die Frage, wer steuerlich als Schenker sowie als Beschenkter einer etwaigen unentgeltlichen Zuwendung anzusehen sei.
    Der Beklagte vertrat die Auffassung, dass eine freigebige Zuwendung an die Klägerin vorliege, da die Leistungen der Klägerin jeweils um X DM niedriger gewesen seien als der vom Finanzamt ermittelte gemeine Wert des nach der Kapitalerhöhung auf die GmbH entfallenden Geschäftsanteils. Demgegenüber gingen die steuerlichen Vertreter der beteiligten Gesellschaften davon aus, dass im Hinblick auf R 18 Abs. 4 Erbschaftsteuerrichtlinien (ErbStR) eine freigebige Zuwendung allenfalls an die H-Stiftung oder deren Begünstigte erfolgt sein könne, da zwischen den finalen Gesellschaften des Zuwendenden und des Zuwendungsempfängers familiäre Beziehungen bestanden hätten. Deswegen sei objektiv davon auszugehen, dass, sofern überhaupt ein Bereicherungswille bestanden habe, dieser darauf ausgerichtet gewesen sei, die hinter der Klägerin stehenden (natürlichen) Personen zu bereichern. Zu den Einzelheiten wird hierzu auf den Inhalt der Schenkungsteuerakte verwiesen.
    Im Hinblick auf die Frage der Person des Schenkers und des Beschenkten einigten sich die steuerlichen Berater der Begünstigten der H-Stiftung, welche zugleich die Berater der Klägerin und der weiteren beteiligten Gesellschaften waren, und der Beklagte am 20.01.2004 dahingehend, dass als Schenker allein die O AG sowie U und als Beschenkte allein die Begünstigten der H-Stiftung in Betracht kämen. Auf den Aktenvermerk vom 20.01.2004 und den Schriftsatz der Klägervertreter vom 28.01.2004 wird insofern Bezug genommen (vgl. Blatt 110 und 111 f. der Schenkungsteuerakte).
    Der Beklagte erließ daraufhin jeweils gegen acht Begünstigte der H-Stiftung unter dem 03.02.2004 Schenkungsteuerbescheide für ihren Erwerb aus der vom Beklagten angenommenen Schenkung der O AG und U vom 05.02.1998. Gegen diese Bescheide legten die Begünstigten der H-Stiftung jeweils Einspruch ein. In der Einspruchsentscheidung vom 21.07.2005 gegen eine der Begünstigten der H-Stiftung setzte der Beklagte die Steuer unter Gewährung des Bewertungsabschlages gemäß § 13a Abs. 2 Erbschaftsteuergesetz (ErbStG) herab und wies den Einspruch im Übrigen als unbegründet zurück (vgl. Blatt 155 ff. der Schenkungsteuerakte). Im sich anschließenden finanzgerichtlichen Verfahren 3 K 3325/05 Erb vor dem erkennenden Senat gaben die Beteiligten im Rahmen eines Erörterungstermins übereinstimmend eine als „tatsächliche Verständigung” bezeichnete Erklärung hinsichtlich des möglichen Schenkers und der möglichen Beschenkten aufgrund der Kapitalerhöhung vom 05.02.1998 ab. Auf Blatt 47 – 49 der beigezogenen Akte 3 K 3325/05 Erb wird hierzu Bezug genommen.
    Der erkennende Senat gab der Klage durch Urteil vom 18.10.2007 mit der Begründung statt, es liege kein steuerpflichtiger Erwerb der Begünstigten der H-Stiftung von der O AG und U vor. Die damalige Klägerin sei mangels substantieller Bereicherung nicht Empfängerin einer durch die Kapitalerhöhung bewirkten Zuwendung. Inhaber des neuen Geschäftsanteils an der RR GmbH sei nämlich die R GmbH (die Klägerin im vorliegenden Verfahren) geworden. Die damalige Klägerin habe allenfalls wirtschaftlich von der Kapitalerhöhung profitiert. Die von den Beteiligten getroffene „tatsächliche Verständigung” sei nicht rechtsverbindlich. Zu den weiteren Einzelheiten wird auf das Urteil vom 18.10.2007 (3 K 3325/05 Erb, EFG 2008, 313) Bezug genommen.
    Der Bundesfinanzhof (BFH) wies die seitens des Beklagten gegen das Urteil eingelegte Revision durch als Urteil wirkenden Gerichtsbescheid vom 09.07.2009 (II R 47/07, BStBl II 2010, 74) als unbegründet zurück. Bei der Prüfung, wer als Zuwendender und Bedachter an einer freigebigen Zuwendung beteiligt sei, komme es auf die Zivilrechtslage und nicht darauf an, wem nach der wirtschaftlichen Betrachtungsweise Vermögen oder Einkommen zuzurechnen sei, da die Schenkungsteuer eine Verkehrssteuer sei. Es liege keine freigebige Zuwendung der O AG an die Begünstigten der Stiftung vor. Die Begünstigten der Stiftung hätten auf Grund der getroffenen zivilrechtlichen Vereinbarungen weder ein anteiliges Bezugsrecht noch einen Anteil an dem neuen Gesellschaftsanteil der RR GmbH erhalten. Es habe sich vielmehr allenfalls der Wert ihrer Begünstigung durch die Stiftung erhöht. Dieser lediglich wirtschaftliche Vorteil sei nicht Gegenstand einer Vermögensverschiebung von U und O AG auf die Begünstigten der Stiftung. Zu den weiteren Einzelheiten wird auf den als Urteil wirkenden Gerichtsbescheid vom 09.07.2009 (II R 47/07, BStBl II 2010, 74) Bezug genommen.
    Mit Schenkungsteuerbescheiden vom 09.11.2009 setzte der Beklagte gegen die Klägerin aus der Zuwendung der U und O AG vom 05.02.1998 ausgehend von einem rechnerisch unstreitigen Wert der Bereicherung in Höhe von jeweils X DM Schenkungsteuer in Höhe von jeweils X DM (X Euro) fest. Zur Begründung wurde in den Anlagen zu den Steuerbescheiden u. a. angeführt, dass der Beklagte zunächst angenommen habe, nicht die Klägerin sondern die Begünstigten der H-Stiftung seien durch die Kapitalerhöhung bei der RR GmbH bereichert worden. Diese Annahme habe sich als unrichtig herausgestellt (Hinweis auf das BFH-Verfahren II R 47/07). Der BFH habe in seinem Gerichtsbescheid explizit darauf hingewiesen, dass sich die Entscheidung, wer durch die Kapitalerhöhung gegen zu geringes Aufgeld bereichert werde, strikt nach zivilrechtlichen Vorgaben richte. Unter dieser Prämisse könne damit aber kein Durchgriff weder bis zu den Begünstigten der H-Stiftung noch, in einer Vorstufe, bis zur Stiftung selbst in Betracht kommen. Bereichert und damit Empfänger der freigebigen Zuwendung sei somit die Klägerin. Die Festsetzung der Schenkungsteuer gegenüber der Klägerin werde nach § 174 Abs. 3 Abgabenordnung (AO) nachgeholt. Darüber hinaus stellte der Beklagte die Wertermittlung der Bereicherung dar. Zu den weiteren Einzelheiten wird auf die Schenkungsteuerbescheide vom 09.11.2009 Bezug genommen.
    Gegen den Schenkungsteuerbescheid vom 09.11.2009 aus der Schenkung der O AG vom 05.02.1998 wendet sich die Klägerin mit ihrer am 08.12.2009 erhobenen Sprungklage, zu der der Beklagte am 16.12.2009 seine Zustimmung erklärt hat.
    Die Klägerin vertritt die Auffassung, der Beklagte sei gemäß § 176 Abs. 2 AO bereits grundsätzlich nicht berechtigt, die Schenkungsteuer entgegen Abschnitt 18 Abs. 4 ErbStR gegen die Klägerin festzusetzen. Abgesehen davon sei zum Zeitpunkt der Steuerfestsetzung die Festsetzungsfrist nach § 169 AO abgelaufen und § 174 Abs. 3 AO sei demgegenüber nicht einschlägig. Unabhängig von den formalen Aspekten sei die Festsetzung der Schenkungsteuer aus materiell rechtlichen Gründen rechtswidrig.
    § 176 Abs. 2 AO
    Gemäß § 176 Abs. 2 AO dürfe gegenüber der Klägerin keine Schenkungsteuer festgesetzt werden. Der Beklagte habe sich unter Anwendung des Abschnitts 18 Abs. 4 ErbStR entgegen der Rechtsprechung des BFH dazu entschlossen, die Begünstigten der H-Stiftung als Bereicherte der Kapitalerhöhung anzusehen und gegen sie Schenkungsteuer festzusetzen. Auf diese Rechtsauslegung habe die Klägerin vertrauen dürfen. Dass der BFH die ursprüngliche Rechtsauslegung des Beklagten als rechtswidrig angesehen habe, dürfe gemäß § 176 Abs. 2 AO nicht zu Lasten der Klägerin gehen. Dabei könne es keine Rolle spielen, dass die Steuer zunächst gegen einen Dritten und nicht gegen die Klägerin festgesetzt worden sei. Der Fall der bewussten Nichtfestsetzung einer Steuer müsse insofern mit dem Fall einer Steuerfestsetzung gleichgestellt werden. Insbesondere dann, wenn – wie vorliegend – der Steuerpflichtige zuvor vom Finanzamt zur Abgabe einer Steuererklärung aufgefordert und nachdem die rechtliche Situation abschließend mit dem zuständigen Finanzamt diskutiert worden sei.
    Festsetzungsverjährung
    Zudem sei Festsetzungsverjährung eingetreten. Die Finanzverwaltung habe im Rahmen der Betriebsprüfung spätestens 2002 Kenntnis von der vermeintlichen Schenkung erlangt, sodass die vierjährige Festsetzungsfrist gemäß § 170 Abs. 5 Nr. 2 AO spätestens mit Ablauf des Kalenderjahres 2002 begonnen und mit Ablauf des Kalenderjahres 2006 geendet habe. Der angefochtene Bescheid vom 09.11.2009 sei somit erst nach Ablauf der Festsetzungsfrist erlassen worden.
    Gegenüber dem Eintritt der Festsetzungsverjährung könne vorliegend nicht eingewandt werden, dass die Steuerfestsetzung nach § 174 Abs. 3 Satz 2 AO möglich sei, solange in Bezug auf die Steuerbescheide gegenüber den Begünstigten der H-Stiftung noch keine Festsetzungsverjährung eingetreten sei. § 174 Abs. 3 Satz 2 AO ermächtigte nicht zu einer Steuerfestsetzung nach Ablauf der Festsetzungsfrist gegenüber einem Dritten. Die Norm bewirke eine Durchbrechung der Bestandskraft, nicht hingegen eine Durchbrechung der generellen Festsetzungsverjährung. Dies gelte im Falle einer Steuerfestsetzung gegenüber einem Dritten umso mehr.
    § 174 Abs. 3 Satz 1 AO
    Im Übrigen seien die Voraussetzungen des § 174 Abs. 3 Satz 1 AO vorliegend nicht erfüllt, da eine Steuerfestsetzung für die Klägerin nicht erkennbar gewesen sei und die Vorschrift nicht dazu diene, rechtliche Fehlbeurteilungen durch die Finanzverwaltung zu korrigieren. Zudem liege kein negativer Interessenwiderstreit im Sinne des § 174 Abs. 3 Satz 1 AO vor.
    Der Beklagte habe nicht, wie von § 174 Abs. 3 AO vorausgesetzt, einen Sachverhalt unberücksichtigt gelassen, sondern er habe einen Sachverhalt rechtlich falsch gewürdigt. Zur Korrektur derartiger Fehleinschätzungen diene die Vorschrift des § 174 Abs. 3 AO nicht, sondern eröffne die Möglichkeit der Korrektur unzutreffender Sachverhaltswürdigungen. Demgegenüber würden Fälle rechtlicher Falschbeurteilungen von § 174 Abs. 4 und 5 AO erfasst, dessen Voraussetzungen vorliegend jedoch nicht erfüllt seien.
    Der hier relevante bestimmte Sachverhalt im Sinne des § 174 Abs. 3 Satz 1 AO sei die Kapitalerhöhung sowie die daraus folgende Vermögensverschiebung. Diesen Sachverhalt gelte es schenkungsteuerlich zu würdigen. Der Beklagte habe diese rechtliche Würdigung zunächst abweichend von der jetzigen Rechtsauffassung vorgenommen. Dabei sei es nicht lediglich um die Frage nach dem Steuersubjekt gegangen, sondern der Beklagte habe den Sachverhalt umfassend rechtlich gewürdigt. Insofern liege nicht lediglich eine rechtliche Fehlbeurteilung des Beklagten vor, weil er das falsche Steuersubjekt erfasst habe. Vielmehr handele es sich um eine rechtliche Fehleinschätzung des Beklagten, auf die § 174 Abs. 3 AO nicht anwendbar sei. Zudem gehe die Nichtberücksichtigung des Sachverhalts bei der Steuerfestsetzung gegenüber den Begünstigten der H-Stiftung nicht zwingend kausal mit einer Steuerfestsetzung bei der Klägerin einher. Die Steuerfestsetzung bei der Klägerin stelle vielmehr nur eine von mehreren Möglichkeiten der steuerlichen Beurteilung des Sachverhalts dar.
    Darüber hinaus sei für die Klägerin nicht erkennbar gewesen, dass der Beklagte auf der Grundlage des bekannten Sachverhalts ihr gegenüber gegebenenfalls später Schenkungsteuer festsetzen könnte. Die Vertreter der Klägerin hätten sich mit dem Beklagten am 20./28.01.2004 nicht über eine alternative Schenkungsteuerfestsetzung geeinigt, sondern lediglich dahingehend, dass der Beklagte die Richtlinien anwende und deshalb die Klägerin nicht als Zuwendungsempfänger im Sinne des § 7 ErbStG angesehen werden könne. Zwar sei für die Klägerin erkennbar gewesen, welche Rechtsauffassung der Beklagte vertreten habe. Sie habe jedoch nach dem Grundsatz von Treu und Glauben nicht damit rechnen können oder müssen, dass der Beklagte den Sachverhalt später ihr gegenüber noch im Rahmen einer Steuerfestsetzung berücksichtigen könnte.
    Materielle Rechtswidrigkeit
    Schließlich sei die Steuerfestsetzung gegenüber der Klägerin auch materiell rechtswidrig.
    Als Beschenkter sei vorliegend die R1L und nicht die Klägerin anzusehen. Zwischen den Altgesellschaftern und der Klägerin seien im Zusammenhang mit der Kapitalerhöhung in 1998 keine zivilrechtlichen Vereinbarungen geschlossen worden, die zu einer freigebigen Zuwendung führen könnten. Das maßgebliche Verpflichtungsgeschäft und damit die Konditionen für die Kapitalerhöhung seien vielmehr zwischen den Altgesellschaftern und der R1L am 03.02.1998 wirksam vereinbart worden. Im Rahmen der Kapitalerhöhung habe die Klägerin am 05.02.1998 lediglich eine Übernahmeerklärung abgegeben. Die einzelnen Rechtsakte, die im Rahmen des Verfügungsgeschäfts schlussendlich zum Erwerb der neuen Anteile geführt hätten, seien für die Bewirkung einer substantiellen Bereicherung aber nicht maßgeblich.
    Letztendlich liege auch kein Wille zur Unentgeltlichkeit vor. Die Altgesellschafter der RR GmbH, die U und die O AG, seien davon ausgegangen, dass die im Rahmen der Kapitalerhöhung von der Klägerin zu leistende Kapitaleinlage angemessen sei. Damit fehle den Altgesellschaftern die erforderliche Bereicherungsabsicht. Der erforderliche Wille zur Freigebigkeit habe den Altgesellschaftern gefehlt, weil die dringend erforderliche Kapitalaufstockung und die damit notwendige Aufnahme des neuen Gesellschafters in erster Linie eigenen geschäftlichen Interessen entsprochen habe. Im Jahr 1997 sei in einem Gutachter der Wirtschaftsprüfungsgesellschaft C GmbH der Wert der Gesellschaft „im Hinblick auf die beabsichtigte Aufnahme eines neuen Gesellschafters durch Kapitalerhöhung gegen Bareinlage” auf X DM ermittelt worden, wobei die der Wertermittlung bereits eine zusätzliche Eigenkapitalausstattung der Gesellschaft in Höhe von X DM berücksichtigt worden sei. Es habe aufgrund der auch im vorgenannten Wertgutachten dokumentierten wirtschaftlichen Situation der RR GmbH eine faktische Notwendigkeit sowohl für die Altgesellschafter als auch für die Gesellschaft selbst bestanden, neues Eigenkapital zu beschaffen, um den Fortbestand der Gesellschaft zu sichern. Hierzu seien die Altgesellschafter nicht in der Lage oder zumindest im Rahmen ihrer Entscheidungsfindung nicht bereit gewesen. Sie hätten sich vielmehr dafür entschieden, durch Aufnahme eines neuen Gesellschafters das notwendige Eigenkapital zu beschaffen. Die Kapitalerhöhung habe ausschließlich aus wirtschaftlichen Gründen stattgefunden. Der Wille zur Unentgeltlichkeit habe daher nicht vorgelegen.
    Ergänzend beruft sich die Klägerin auf ein seitens der Klägervertretung erstelltes Gutachten zum Unternehmenswert der RR GmbH auf den 30.09.1997 vom 15.05.2012, auf das Bezug genommen wird. Hierzu führt die Klägerin aus, in dem Gutachten werde eine Bandbreite für den Unternehmenswert der RR GmbH auf den 30.09.1997 von X DM bis X DM unter Berücksichtigung einer Eigenkapitalzuführung von X DM ermittelt. In einem weiteren Szenario werde für die RR GmbH ein fiktiver Ertragswert zum 30.09.1997 (ohne Zusatzinvestitionen) von X DM bis X DM ermittelt. Ein Liquidationswert wäre zum 30.09.1997 negativ gewesen. Hieraus werde nochmals deutlich, dass die Gesellschaft ohne weitere Investitionen nahezu wertlos gewesen wäre und deshalb die zur Vornahme der Investition erforderliche Eigenkapitalzuführung der R GmbH in erster Linie aus wirtschaftlichen Erwägungen der Altgesellschafter stattgefunden habe. Eine Bereicherung „auf Kosten der Zuwendenden” im Sinne des § 7 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG könne deshalb nicht vorgelegen haben, da die durch die Kapitalzuführung ermöglichten Investitionen eine signifikante Wertsteigerung der RR GmbH erst möglich gemacht hätten bzw. den Fortbestand der Gesellschaft überhaupt gesichert hätten. Dies habe allen Gesellschaftern, insbesondere aber auch den Altgesellschaftern gedient, sodass die Kapitalerhöhung zu den bekannten Bedingungen objektiv auch im wirtschaftlichen Interesse der Gesellschafter gelegen habe.
    Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten der Klagebegründung wird auf die Schriftsätze der Klägerin vom 22.03.2010 und 13.10.2010 nebst Anlagen Bezug genommen (vgl. Blatt 93 ff. und 190 ff. der Gerichtsakte).
    Die Klägerin beantragt,
    den Schenkungsteuerbescheid vom 09.11.2009 aus der Schenkung der O AG vom 05.02.1998 aufzuheben
    und hilfsweise, für den Fall des Unterliegens, die Revision zuzulassen.
    Der Beklagte beantragt,
    die Klage abzuweisen
    und hilfsweise, für den Fall des Unterliegens, die Revision zuzulassen.
    Zur Begründung führt der Beklagte wie folgt aus:
    § 176 AO
    Die Klägerin könne sich nicht auf einen Vertrauensschutz im Sinne des § 176 Abs. 2 AO berufen, da es sich bei dem angefochtenen Bescheid um einen Erstbescheid handele. Der Anwendungsbereich sämtlicher in § 176 AO geregelter Varianten des Vertrauensschutzes beschränke sich auf die Aufhebung oder Änderung von Steuerbescheiden. Für den Erlass eines Erstbescheides dagegen sei eine solche Vertrauensschutzposition beim künftigen Adressaten nicht begründet. Die Nichtfestsetzung der Steuer könne entgegen der Auffassung der Klägerin nicht dem Falle einer vorangegangenen Steuerfestsetzung gleichgesetzt werden.
    § 174 Abs. 3 AO
    Die angefochtene Steuerfestsetzung habe gemäß § 174 Abs. 3 AO erfolgen dürfen. Der Rechtmäßigkeit der Steuerfestsetzung stehe der Ablauf der Festsetzungsfrist nicht entgegen. Auf die Festsetzungsfrist für die zu ändernde oder nachzuholende Steuerfestsetzung komme es bei der Anwendung des § 174 Abs. 3 Satz 2 AO nicht an. § 174 Abs. 3 Satz 2 AO verdränge insofern auch nach dem Willen des Gesetzgebers die Verjährungsregelungen gemäß § 169 AO. Eine andere Auslegung komme im Streitfall weder unter dem Aspekt der Rechtssicherheit noch unter Berücksichtigung des Verhältnisses der Norm zu § 174 Abs. 4 und 5 AO noch vor dem Hintergrund, dass die Klägerin als Dritte betroffen ist, in Betracht. Der Beklage habe den ihm bekannten Sachverhalt gegenüber der Klägerin unberücksichtigt gelassen. Es liege kein Fall vor, in dem der Sachverhalt bei der Klägerin zwar berücksichtigt worden, aber rechtlich falsch gewürdigt worden sei. Entgegen der Auffassung der Klägerin fehle es nicht an der Kausalität, wenn die irrige Annahme seinerzeit nicht nur zur Nichtberücksichtigung bei der Klägerin, sondern auch bei anderen potentiellen Beschenkten geführt habe. Der „andere Beschenkte” im Sinne des § 174 Abs. 3 AO müsse nicht bestimmbar sein.
    Zudem sei für die Klägerin erkennbar gewesen, dass der „bestimmte Sachverhalt” im Sinne des § 174 Abs. 3 AO in der Annahme ihr gegenüber nicht berücksichtigt worden sei, dass er in einem anderen Bescheid zu berücksichtigen sei. Ausreichend sei insofern, dass der Steuerpflichtige durch sein eigenes Verhalten das Finanzamt veranlasst habe, einen bestimmten Sachverhalt nicht bei ihm, sondern bei einem Anderen zu erfassen, wobei sich der Steuerpflichtige das Verhalten seines Beraters zurechnen lassen müsse. Bereits in Jahr 2002 sei die Klägerin wegen der freigebigen Zuwendung vom Beklagten zur Abgabe einer Schenkungsteuererklärung aufgefordert worden. In der Folgezeit sei es zu einem umfangreichen Schriftverkehr zwischen den Beratern der Klägerin, welche zugleich Berater der Begünstigten der H-Stiftung seien, und dem Beklagten gekommen, wobei es u. a. um die Frage gegangen sei, wer steuerlich als Beschenkter anzusehen sei. Schließlich sei bezüglich dieser Frage die „tatsächliche Verständigung” protokolliert worden, welche letztlich vom BFH nicht anerkannt worden sei. Die Klägerin bzw. ihre steuerlichen Berater seien somit von vornherein an dem Verfahren zur Klärung der Frage, wer steuerlich als Beschenkter anzusehen sei, beteiligt gewesen. Somit sei den steuerlichen Beratern der Klägerin während des gesamten Verfahrens bekannt gewesen, dass die Nichtberücksichtigung der freigebigen Zuwendung bei der Klägerin nur deshalb nicht erfolgt sei, weil sie statt dessen bei den Begünstigten der H-Stiftung berücksichtigt worden sei.
    Darüber hinaus habe der Beklagte einen Sachverhalt nicht rechtlich falsch gewürdigt, sondern diesen vielmehr einer rechtlichen Fehlbehandlung unterworfen. Aus dem gesamten Geschehensablauf sei ersichtlich, dass der Beklagte den Sachverhalt der freigebigen Zuwendung bei der Klägerin nur deshalb unberücksichtigt gelassen habe, weil er ihn zunächst bei den Begünstigten der H-Stiftung erfasst habe. Der Beklagte habe den ihm bekannten Sachverhalt somit dahingehend gewürdigt, dass er nach dem Steuersubjekt in einem anderen Steuerbescheid, nämlich in dem Schenkungsteuerbescheid gegenüber den Begünstigten der H-Stiftung zu erfassen sei. Darin liege ein Fall der rechtlichen Fehlbehandlung, der von § 174 Abs. 3 AO erfasst werde.
    Materielle Rechtmäßigkeit
    Die Frage, wer aufgrund der streitbefangenen Kapitalerhöhung schenkungsteuerlich bereichert worden sei, könne nach der Rechtsprechung des BFH allein nach zivilrechtlichen Grundsätzen beurteilt werden. Hieran anknüpfend könne der Auffassung der Klägerin, die R1L sei aufgrund der Vereinbarung vom 03.02.1998 Beschenkte, nicht gefolgt werden. Der BFH habe mehrfach entschieden (Urteile vom 20.12.2000 II R 42/99, BStBl II 2001, 454 und vom 30.05.2001 II R 6/98, BFH/NV 2002, 36), dass bei der Kapitalerhöhung einer GmbH, bei der Dritte zur Übernahme neuer Gesellschaftsanteile zugelassen werden, deren gemeiner Wert die jeweils zu leistende Einlage übersteigt, die Neugesellschafter mit der Eintragung im Handelsregister auf Kosten der Altgesellschafter bereichert seien. Neugesellschafter seien im Streitfall weder die H-Stiftung noch die dahinter stehenden Personen. Abzustellen sei vielmehr auf den tatsächlichen Neugesellschafter, also die Klägerin. Diese sei im Streitfall die Beschenkte. Rechtsgrundlage für die Kapitalerhöhung und damit für die Schenkung sei entgegen der Auffassung der Klägerin nicht die Vereinbarung vom 03.02.1998 sondern der Vertrag vom 05.02.1998. Darin sei sich seinerzeit die in Gründung befindliche Klägerin zur Übernahme der neuen Gesellschaftsanteile zugelassen worden.
    Schließlich liege auch der Wille zur Unentgeltlichkeit vor. Allein die Tatsache, dass von den Altgesellschaftern ermöglicht worden sei, dass die Klägerin einen nach den Grundsätzen des § 12 Abs. 5 ErbStG ermittelten Vorteil in Höhe von X DM erlangt habe, spreche für einen Bereicherungswillen der Altgesellschafter. Auf der Grundlage der Wertdifferenzen wäre mit an Bestimmtheit grenzender Wahrscheinlichkeit keine Zuwendung unter fremden Dritten ausgeführt worden. Es könne davon ausgegangen werden, dass bei einer Übertragung unter fremden Dritten durchaus weitere Wertüberprüfungen stattgefunden hätten. Im Übrigen könne der Wille zur Freigebigkeit aufgrund des objektiven Missverhältnisses zwischen Leistung und Gegenleistung nicht nur vermutet, sondern sogar unterstellt werden.
    Auf die weiteren Ausführungen des Beklagten im Schriftsatz vom 09.07.2010 wird Bezug genommen (vgl. Blatt 167 ff. der Gerichtsakte).
    Die Akten 3 K 3325/05 Erb und 9 K 5/08 K des Finanzgerichts Münster sind beigezogen worden.
    Der Senat hat in der Sache am 29.03.2012 und am 26.07.2012 mündlich verhandelt und in der Sitzung am 26.07.2012 Beweis erhoben durch uneidliche Vernehmung der Zeugen F und N 1. Hierzu wird auf die Sitzungsniederschriften vom 29.03.2012 und 26.07.2012 Bezug genommen.
    Entscheidungsgründe:
    Die Klage ist als Sprungklage (§ 45 Finanzgerichtsordnung – FGO –) zulässig. Der Beklagte hat innerhalb eines Monats nach Zustellung der Klageschrift die gemäß § 45 Abs. 1 Satz 1 FGO erforderliche Zustimmung zur Sprungklage erteilt
    Die Klage ist jedoch nicht begründet. Der angefochtene Schenkungsteuerbescheid vom 09.11.2009 ist nicht rechtswidrig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten (§ 100 Abs. 1 Satz 1 FGO). Der Beklagte ist zutreffend davon ausgegangen, dass die Klägerin aufgrund einer Schenkung der O AG vom 05.02.1998 bereichert wurde und hat diesbezüglich ausgehend von den unstreitigen Wertverhältnissen rechtsfehlerfrei die Schenkungsteuer auf X DM (X Euro) festgesetzt.
    I.
    Der Schenkungsteuer unterliegt als Schenkung unter Lebenden jede freigebige Zuwendung, soweit der Bedachte durch sie auf Kosten des Zuwendenden bereichert wird (§§ 1 Abs. 1 Nr. 2, 7 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG). Die Steuer entsteht gemäß § 9 Abs. 1 Nr. 2 ErbStG bei Schenkungen unter Lebenden mit dem Zeitpunkt der Ausführung der Zuwendung. Erforderlich hierfür ist, dass eine Vermögensverschiebung vorliegt, d. h. eine Vermögensminderung auf der Seite des Schenkers und eine Vermögensmehrung auf der Seite des Beschenkten, wobei „Entreicherungsgegenstand” und „Bereicherungsgegenstand” nicht identisch sein müssen (vgl. BFH, Urteil vom 06.03.1985 II R 19/84, BFHE 143, 291, BStBl II 1985, 382; BFH, Urteil vom 10.11.2004 II R 44/02, BFHE 207, 639, BStBl II 2005, 188). Wer Zuwendender ist, bestimmt sich nach der Ausgestaltung der geschlossenen Verträge unter Einbeziehung ihrer inhaltlichen Abstimmung untereinander sowie den mit der Vertragsgestaltung erkennbar angestrebten Zielen der Parteien. Bei der Prüfung, wer als Zuwendender und Bedachter an einer freigebigen Zuwendung beteiligt ist, kommt es auf die Zivilrechtslage und nicht darauf an, wem nach wirtschaftlicher Betrachtungsweise Vermögen oder Einkommen zuzurechnen ist; denn die Schenkungsteuer ist Verkehrssteuer (vgl. BFH, Urteil vom 09.07.2009 II R 47/07, BFHE 226, 399, BStBl II 2010, 74).
    Nach der Rechtsprechung des BFH kann eine objektive Bereicherung und damit eine freigebige Zuwendung auch dann vorliegen, wenn jemand einem anderen die Beteiligung an einer GmbH gegen eine Einlage im Rahmen einer Kapitalerhöhung einräumt, die hinter dem Wert des erworbenen Anteils zurückbleibt (vgl. BFH, Beschluss vom 31.05.1989 II B 31/89, BFH/NV 1990, 235). Nach den Urteilen des BFH vom 20.12.2000 (II R 42/99, BFHE 194, 435, BStBl II 2001, 454) und vom 30.05.2001 (II R 6/98, BFH/NV 2002, 26) sind Dritte, die im Zuge einer Kapitalerhöhung einer GmbH zur Übernahme neuer Gesellschaftsanteile, deren gemeiner Wert die jeweils zu leistende Einlage übersteigen, zugelassen werden, mit der Eintragung im Handelsregister auf Kosten der Altgesellschafter bereichert. Für diese Beurteilung ist maßgebend, dass die Geschäftsanteile der bisherigen Gesellschaft als Folge der Entstehung neuer Anteile eine geringere quotale Beteiligung vermitteln und durch die proportionale Teilhabe des neuen Geschäftsanteils am bisherigen Vermögen der GmbH eine Wertminderung erfahren (vgl. BFH, Beschluss vom 07.07.2008 II B 9/97, BFH/NV 2008, 1811).
    Unter Berücksichtigung dieser Rechtsgrundlagen liegt eine Schenkung u. a. der O AG zu Gunsten der Klägerin vor. Mit der Eintragung der Kapitalerhöhung ins Handelsregister hat die Klägerin einen Geschäftsanteil an der RR GmbH in Höhe von nominal X DM (= 60 %) originär erworben, der von Anfang an die Gegenleistung in Höhe von X DM überstieg, da der gemeine Wert der neuen Anteile unstreitig X DM betrug. In Höhe der Differenz (X DM) ist die Klägerin bereichert.
    Die Entstehung des neuen Gesellschaftsanteils in der Hand der Klägerin ging auch mit einer Entreicherung der bisherigen Gesellschafter der RR GmbH (O AG und U) einher. Denn die Geschäftsanteile der bisherigen Gesellschafter vermittelten als Folge der Entstehung der neuen Anteile eine geringere quotale Beteiligung und erfuhren darüber hinaus eine Wertminderung dadurch, dass der neue Gesellschaftsanteil der Klägerin proportional am bisherigen Vermögen der RR GmbH teilhat, ohne dass dies durch ebenfalls proportionale Anteile der bisherigen Gesellschafter an der von der Klägerin eingebrachten Einlage in Höhe von X DM ausgeglichen wurde (vgl. hierzu BFH, Urteil vom 20.12.2000 II R 42/99, BFHE 194, 435, BStBl II 2001, 454). Insofern erfolgte die Bereicherung der Klägerin (X DM) zur Hälfte auf Kosten der O AG. Der Beklagte hat dementsprechend den Wert des Erwerbs zutreffend in Höhe von X DM berücksichtigt.
    Der Bereicherung der Klägerin steht nicht entgegen, dass sie zum Zeitpunkt der maßgeblichen vertraglichen Vereinbarungen am 03.02.1998 noch nicht existierte und erst zwei Tage später am 05.02.1998 gegründet wurde. Dieser Umstand führt entgegen der Auffassung der Klägerin nicht dazu, dass nicht sie, sondern die R1L entsprechend bereichert wurde und somit Beschenkte ist. Die R1L wurde zu keinem Zeitpunkt substanziell bereichert und war auch nicht selbst Anspruchsberechtigte aufgrund der Kapitalerhöhungsvereinbarung vom 03.02.1998. Nach dem eindeutigen Wortlaut der Vereinbarung sollte die R1L nicht selbst an der Kapitalerhöhung teilnehmen, sondern die Klägerin gründen, die dann entsprechend der Vereinbarung vom 03.02.1998 an der Kapitalerhöhung der RR GmbH teilnehmen sollte. Damit haben die Vertragsbeteiligten O AG, U und R1L sowohl die Gründung der Klägerin als auch den Erwerb der Gesellschaftsanteile im Zusammenhang mit der Kapitalerhöhung bei der RR GmbH vereinbart. Da an dem Vertrag vom 03.02.1998 alle für die Durchführung der weiteren vereinbarten Schritte (Gründung der Klägerin und Kapitalerhöhung bei der RR GmbH) notwendigen Rechtssubjekte beteiligt waren, spielt es unter der Gesamtwürdigung der Ausgestaltung der geschlossenen Verträge und ihrer tatsächlichen Umsetzung keine Rolle, dass die Klägerin selbst noch nicht gegründet war. Denn die Gründung der Klägerin und der vereinbarte Erwerb der Gesellschaftsanteile erfolgten im unmittelbaren zeitlichen Zusammenhang mit dem Vertrag vom 03.02.1998. Damit haben die Vertragsparteien die Vereinbarungen aus dem Vertrag vom 03.02.1998 zeitnah umgesetzt, wobei die selbst an dem Vertrag nicht beteiligte Klägerin die ihr darin eigeräumten Rechte angenommen hat.
    Auch die subjektive Voraussetzung für eine steuerpflichtige freigebige Zuwendung im Sinne des § 7 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG ist hier zur Überzeugung des Senats erfüllt.
    Eine freigebige Zuwendung im Sinne des § 7 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG erfordert, dass der Zuwendende mit dem Willen zur Unentgeltlichkeit handelte. Der Wille zur Unentgeltlichkeit oder auch Wille zur Freigebigkeit wird aufgrund der dem Zuwendenden bekannten Umstände nach den Maßstäben des allgemeinen Verkehrsüblichen bestimmt (vgl. BFH, Urteil vom 10.09.1986 II R 81/84, BFHE 148, 69, BStBl II 1987, 80). Nach der Rechtsprechung des BFH genügt zur Verwirklichung des subjektiven Tatbestandes der freigebigen Zuwendung das Bewusstsein des Zuwendenden der (Teil-)Unentgeltlichkeit seiner Leistung. Ein auf die Bereicherung des Empfängers gerichteter Wille im Sinne einer Bereicherungsabsicht ist nicht erforderlich. Der Wille zur (Teil-)Unentgeltlichkeit ist dann gegeben, wenn der Zuwendende in dem Bewusstsein handelt, zur Vermögenshingabe weder rechtlich verpflichtet zu sein noch dafür eine mit seiner Leistung in einem synallagmatischen, konditionalen oder kausalen Zusammenhang stehende (gleichwertige) Gegenleistung zu erhalten. Für die zutreffende Vorstellung des Zuwendenden von dem Begriff der Unentgeltlichkeit genügt es, wenn er dessen rechtlich sozialen Bedeutungsgehalt „nach Laienart” zutreffend erfasst; eine exakte juristische Subsumtion ist nicht erforderlich. Bei einer Unausgewogenheit gegenseitiger Verträge reicht deshalb regelmäßig das Bewusstsein des einseitig benachteiligten Vertragspartners über den Mehrwert seiner Leistung aus. Auf die Kenntnis des genauen Ausmaßes des Wertunterschiedes kommt es hingegen nicht an. Dabei ist die Kenntnis des Zuwendenden hinsichtlich der Umstände, aus denen sich die objektive Bereicherung ergibt regelmäßig prima facie zu unterstellen. Im Bereich geschäftlicher Beziehungen kann jedoch bei einem objektiv (teil-)unentgeltlichen Vorgang das subjektive Merkmal der Freigebigkeit im Sinne von § 7 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG trotz vorliegender Kenntnis des Zuwendenden hinsichtlich der Umstände, die seine Leistung zu einer objektiv (teil-)unentgeltlichen machen, entfallen, soweit der Steuerpflichtige in objektiv nachvollziehbarer Weise dartut, dass die Bereicherung des Zuwendungsempfängers der Förderung des Geschäfts des Zuwendenden diente, d. h. objektiv und nahezu ausschließlich auf die Erzielung geschäftlicher Vorteile des Zuwendenden gerichtet ist (vgl. BFH, Beschluss vom 07.07.2008 II B 9/07, BFH/NV 2008, 1811; BFH, Urteil vom 29.10.1997 II R 60/94, BFHE 183, 253, BStBl II 1997, 832 jeweils m. w. N. zur Rechtsprechung).
    Bei Anwendung dieser Grundsätze auf den vorliegenden Fall ist der erforderliche Wille zur Teil-Unentgeltlichkeit zu bejahen. Dabei kann davon ausgegangen werden, dass Leistung und Gegenleistung bei der Übernahme der neuen Gesellschaftsanteile durch die Klägerin nicht nach kaufmännischen Grundsätzen wie zwischen fremden Dritten ermittelt und verhandelt wurden. Die Beteiligten O AG und R GmbH (die Klägerin) sind zwar unterschiedliche Rechtssubjekte. Aufgrund der Beteiligungsstrukturen standen sie jedoch im Ergebnis im Einflussbereich derselben natürlichen Personen. Dies spricht für eine gewisse wirtschaftliche Interessensgleichheit und nicht für Geschäftsbeziehungen wie unter fremden Dritten. Ferner war den Altgesellschaftern der RR GmbH bekannt, dass der gemeine Wert der Gesellschaftsanteile nicht dem Nominalwert der Anteile entsprach. Denn nach dem Vortrag der Klägerin hatte die RR GmbH bei der Wirtschaftsprüfungsgesellschaft C GmbH im Jahr 1997 ein Gutachten in Auftrag gegeben, welches den Wert der Gesellschaft unter Berücksichtigung einer zusätzlichen Kapitalausstattung i. H. v. X DM auf X DM ermittelt habe. Ungeachtet dessen, dass die Klägerin dieses Gutachten weder vorgelegt noch die weiteren Zusammenhänge hierzu dargelegt hat, steht damit fest, dass Wertdifferenzen zwischen dem Nominalwert der Gesellschaftsanteile und dem tatsächlichen Wert den Gesellschaftern (O AG und U) bekannt waren. Da sich die Gesellschafter vor diesem Hintergrund auf den Erwerb der neuen Gesellschaftsanteile zum Nennwert (X DM nebst Agio i. H. v. X DM) eingelassen haben, ohne dass erkennbar ist, dass die Gegenleistung nach kaufmännischen Gesichtspunkten wie zwischen fremden Dritten ermittelt wurde, liegt zumindest eine für den Bereicherungswillen im Sinne des § 7 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG ausreichende billigende Inkaufnahme der Teil-Unentgeltlichkeit vor. Dies gilt insbesondere auch vor dem Hintergrund der unstreitig vorliegenden erheblichen Wertdifferenz in Höhe von insgesamt X DM. Im Übrigen kann nach der Rechtsprechung des BFH bei einer erheblichen Differenz zwischen dem Wert Leistung und dem Wert der Gegenleistung im Hinblick auf das subjektive Tatbestandsmerkmal der freigebigen Zuwendung davon ausgegangen werden, dass die Zuwendung im Umfang der Bereicherung unentgeltlich war. In einem solchen Fall ist anzunehmen, dass den Vertragsschließenden dieses Missverhältnis bekannt war (vgl. BFH, Urteil vom 10.09.1986 II R 81/84, BFHE 148, 69, BStBl II 1987, 80; BFH, Urteil vom 01.07.1992 II R 70/88, BFHE 168, 380BStBl II 1992, 921).
    Demgegenüber hat die Klägerin nicht in objektiv nachvollziehbarer Weise dargetan, dass ihre objektive Bereicherung der Förderung des Geschäfts der O AG diente, d. h. objektiv und nahezu ausschließlich auf die Erzielung geschäftlicher Vorteile des Zuwendenden gerichtet war. Die Klägerin hat diesbezüglich lediglich ausgeführt, die Ausgabe der neuen Gesellschaftsanteile sei objektiv und nahezu ausschließlich auf die Erzielung geschäftlicher Vorteile der O AG sowie der U und insbesondere auch im geschäftlichen Interesse der RR GmbH gerichtet gewesen, da eine Fremdfinanzierung der erforderlichen Geldbeträge auf der Grundlage der Vermögenslage nicht realisierbar gewesen sei. Die Fortführung der Gesellschaft wäre andernfalls vermutlich nicht möglich gewesen. Diese Darstellung belegt keinesfalls, dass die Bereicherung der Klägerin objektiv und nahezu ausschließlich auf die geschäftlichen Vorteile der Zuwendenden (O AG und U) gerichtet war. Zwar lag die Kapitalausstattung der RR GmbH aufgrund der Kapitalerhöhung grundsätzlich auch im Interesse der Altgesellschafter. Sie ging jedoch aufgrund der geänderten Beteiligungsverhältnisse einher mit einer Entreicherung der Altgesellschafter. Warum das Geschäft auch unter Berücksichtigung dieses zweiten Aspektes nahezu ausschließlich im Interesse der Altgesellschafter gelegen haben sollte, ist konkret weder vorgetragen worden noch ersichtlich. Allein der erwähnte nicht näher dargelegte Kapitalbedarf der RR GmbH jedenfalls vermag den subjektiven Tatbestand der freigebigen Zuwendung angesichts der erheblichen Wertdifferenzen nicht auszuschließen. Das von der Klägervertretung erstellte, mit Schreiben vom 05.06.2012 übersandte „Gutachten” vom 15.05.2012 ist in diesem Zusammenhang wenig aussagekräftig. Denn bei diesem Parteigutachten handelt es sich um ein nachträglich erstelltes Gutachten, welches den an der streitbefangenen Kapitalerhöhung Beteiligten naturgemäß nicht vorgelegen hat und das sie deshalb bei ihren Erwägungen nicht berücksichtigen konnten. Entscheidungserheblicher hätte das von der Klägerin selbst angesprochene Gutachten der Wirtschaftsprüfungsgesellschaft C GmbH aus dem Jahr 1997 in diesem Zusammenhang sein können. Dieses Gutachten hat die Klägerin jedoch nicht vorgelegt.
    Das Ergebnis der Beweisaufnahme steht dieser Wertung nicht entgegen. Nach der Vernehmung der von der Klägerin benannten Zeugen F und N 1 vermochte der Senat nicht zu der Überzeugung zu gelangen, dass im Rahmen der Kapitalerhöhung der von der Klägerin für die übernommenen neuen Gesellschaftsanteile zu zahlende Preis in kaufmännischer Weise ermittelt wurde und dass die handelnden Personen von einer Ausgewogenheit von Leistung und Gegenleistung ausgegangen sind.
    Soweit der Zeuge F ausgeführt hat, nach seiner Kenntnis habe es keinen Willen der Altgesellschafter gegeben, der Neugesellschafterin etwas zu schenken, beruht diese Einschätzung nicht auf Erkenntnissen des Zeugen, die er selbst im Rahmen der hier streitbefangenen Kapitalerhöhung gewonnen hat. Denn der Zeuge F hat eingangs seiner Aussage mitgeteilt, dass er mit der Investitionsplanung innerhalb der R-Gruppe nicht befasst gewesen sei. Darüber hinaus hat der Zeuge F auf die Nachfrage, worauf er konkret seine Auffassung stütze, im Ergebnis ausgesagt, dass er aufgrund seiner Erfahrung mit den Mitgliedern der Familie N annehme, dass die hier relevante Transaktion, wie auch alle anderen Transaktionen, zu einem fairen Wert abgewickelt werden sollte. Da der Zeuge F somit letztendlich lediglich Vermutungen aufgrund seiner Erfahrungen mit den Mitgliedern der Familie N bzw. mit den in ihrem Einflussbereich stehenden Gesellschaften geäußert hat, ohne positive Kenntnis von den konkreten Vorstellungen in Bezug auf die hier streitbefangene Kapitalerhöhung zu besitzen, kommt der Aussage des Zeugen F im Streitfall kein signifikanter Beweiswert im Hinblick auf den subjektiven Tatbestand des § 7 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG zu.
    Auch unter Berücksichtigung der Aussage des Zeugen N 1 ist der erkennende Senat davon überzeugt, dass ein zumindest bedingter Vorsatz hinsichtlich einer Teil-Unentgeltlichkeit der streitbefangenen Kapitalerhöhung vorlag. Zwar hat der Zeuge N 1 ausführlich dargestellt, dass die Kapitalerhöhung wirtschaftlich notwendig gewesen sei, um die RR GmbH mit weiterem Fremdkapital auszustatten, welches für umfangreiche, aus betriebswirtschaftlicher Sicht dringende Investitionen erforderlich gewesen sei. Die Aussage steht insofern im Einklang mit dem Vortrag der Klägerin. Hieraus vermag der Senat jedoch nicht die Überzeugung zu gewinnen, dass die Bereicherung des Zuwendungsempfängers, d. h. der Klägerin, objektiv nahezu ausschließlich auf die Erzielung geschäftlicher Vorteile des Zuwendenden gerichtet war. Denn es ist nicht auszuschließen, dass das von dem Zeugen genannte und auch von der Klägerin vorgetragene Motiv der konkreten Kapitalerhöhung, nämlich die Ermöglichung der Aufnahme weiteren Fremdkapitals für Investitionszwecke, auch bei einer Kapitalerhöhung zum Verkehrswert zu realisieren gewesen wäre. Aufgrund der weiteren Aussage des Zeugen N 1, es habe viele verschiedene Preisvorstellungen wie Ideen gegeben, sein Vater habe dann gemeint, mit dem Betrag (X DM) müsse er auskommen, dann seien sie einverstanden gewesen, ist der Senat vielmehr zu der Überzeugung gelangt, dass die Beteiligten der streitbefangenen Kapitalerhöhung zumindest billigend in Kauf genommen haben, dass sich Leistung und Gegenleistung nicht ausgewogen gegenüberstanden. Denn aufgrund dieser Aussage ist gerade nicht zu erkennen, dass der Wert von X DM aufgrund einer konkreten Wertermittlung bezüglich der Anteile an der RR GmbH ermittelt wurde, sondern im Ergebnis nach der Darstellung des Zeugen N 1 von seinem Vater vorgegeben und von dem Zeugen bzw. letztendlich von den Altgesellschaftern hingenommen wurde. Die Annahme, dass die Beteiligten der streitbefangenen Kapitalerhöhung die objektiv bestehende Unausgewogenheit zwischen Leistung und Gegenleistung zumindest billigend in Kauf genommen haben, steht schließlich auch mit der Darstellung des Zeugen N 1, sie stammten aus der Landwirtschaft und wie die Bauern dächten sie nicht jeden Tag über den Wert ihres Besitzes bzw. ihrer Unternehmen nach, im Einklang. Dem steht nicht entgegen, dass der Vater des Zeugen N 1 ihm nach seiner Darstellung mit der Zulassung zur Kapitalerhöhung mit Sicherheit nichts habe schenken wollen. Denn, wie dargestellt, ist ein zielgerichteter Bereicherungswille im Sinne einer Schenkungsabsicht nicht zwingend Voraussetzung des subjektiven Tatbestandes des § 7 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG.
    II.
    Der Beklagte war gemäß § 174 Abs. 3 AO berechtigt, die der Höhe nach unstreitig berechnete Schenkungsteuer gegen die Klägerin festzusetzen.
    Nach § 174 Abs. 3 AO kann die Steuerfestsetzung, bei der die Berücksichtigung eines bestimmten Sachverhalts unterblieben ist, insoweit nachgeholt, aufgehoben oder geändert werden, als dieser Sachverhalt in einem Steuerbescheid erkennbar in der Annahme nicht berücksichtigt worden ist, dass er in einem anderen Steuerbescheid zu berücksichtigen sei, und sich diese Annahme als unrichtig herausstellt. Die Nachholung, Aufhebung oder Änderung ist nur zulässig bis zum Ablauf der für die andere Steuerfestsetzung geltenden Festsetzungsfrist (§ 174 Abs. 3 Satz 3 AO). Die Vorschrift soll verhindern, dass ein steuererhöhender oder steuermindernder Vorgang bei der Besteuerung überhaupt nicht berücksichtigt wird und erfordert deshalb einen „negativen Widerstreit” (vgl. BFH, Urteil vom 15.01.2009 III R 81/07, BFH/NV 2009, 1073 m. w. N.). § 174 Abs. 3 AO setzt eine alternative Berücksichtigung eines bestimmten Sachverhalts in dem einen oder dem anderen Steuerbescheid voraus. Unter einem bestimmten Sachverhalt im Sinne der Norm ist der einzelne Lebensvorgang zu verstehen, an den das Gesetz steuerliche Folgen knüpft (vgl. BFH, Urteil vom 08.03.2007 IV R 41/05, BFH/NV 2007, 1813 m. w. N.). Die (erkennbare) Annahme, dass ein bestimmter Sachverhalt in einem anderen Steuerbescheid zu berücksichtigten sei, muss nach der Rechtsprechung des BFH, in sinnvoller Einschränkung des Anwendungsbereichs des § 174 Abs. 3 AO, für dessen Nichtberücksichtigung kausal geworden sein (vgl. BFH, Urteil vom 11.08.2011 V R 54/10, BFH/NV 2011, 2017; BFH, Urteil vom 14.01.2010 IV R 33/07, BFHE 228, 122, BStBl II 2010, 586 jeweils m. w. N.). Dabei ist jedoch unerheblich, ob diese Annahme auf einer sachlichen oder auf einer rechtlichen Fehlbeurteilung beruht (vgl. BFH, Urteil vom 23.05.1996 IV R 49/95, BFH/NV 1997, 89 m. w. N.). An der erforderlichen Ursächlichkeit der Annahme für die Nichtberücksichtigung fehlt es nur, wenn die Behörde von diesem Sachverhalt gar keine Kenntnis hatte oder rechtsirrtümlich annahm, dieser Sachverhalt sei, jetzt und auch später, ohne steuerliche Bedeutung (vgl. BFH, Urteil vom 14.01.2010 IV R 33/07, a. a. O.) Da die Vorschrift auch die Nachholung einer Steuerfestsetzung benennt, ist § 174 Abs. 3 AO auch im Falle einer, hier vorliegenden, erstmaligen Steuerfestsetzung anwendbar (vgl. BFH, Urteil vom 05.11.2009 IV R 99/06, BFHE 228, 98, BStBl II 2010, 593). § 174 AO gestattet auch die Änderung bzw. Nachholung der Steuerfestsetzung, wenn, wie vorliegend, der alternative Steuerbescheid einen anderen Steuerpflichtigen betrifft (vgl. BFH, Urteil vom 29.10.1991 VIII R 2/86, BFHE 167, 316, BStBl II 1992, 832).
    Ausgehend von diesen Rechtsgrundsätzen sind im Streitfall die Voraussetzungen des § 174 Abs. 3 Satz 1 AO erfüllt. Maßgeblicher Sachverhalt ist vorliegend die Veräußerung der im Rahmen der Kapitalerhöhung neu herausgegebenen Anteile an der RR GmbH durch die Altgesellschafter O AG und U an die Klägerin am 05.02.1998 aufgrund der vertraglichen Vereinbarungen vom 03.02.1998. Dieser Sachverhalt war allen Beteiligten bekannt. Der Beklagte hat diesen Sachverhalt zunächst rechtlich falsch gewürdigt und ihn in einem anderen Bescheid, nämlich im Rahmen der Schenkungsteuerfestsetzungen gegenüber den Begünstigten der H-Stiftung berücksichtigt. Damit einher ging, dass der Sachverhalt gegenüber der Klägerin nicht berücksichtigt wurde und gegen sie keine Schenkungsteuer aufgrund des Sachverhalts festgesetzt wurde. Es handelt sich somit um einen Fall, in dem der Beklagte den ihm bekannten bestimmten Sachverhalt dahingehend gewürdigt hat, dass er nach dem Steuersubjekt in einem anderen Bescheid zu erfassen sei, d. h. dass die Steuerfestsetzung aus dem bestimmten Sachverhalt gegenüber einem andern Steuersubjekt zu erfolgen habe. Diese Fallgestaltung unterfällt dem Anwendungsbereich des § 174 Abs. 3 Satz 1 AO. Denn nach der Rechtsprechung des BFH wird der Widerstreit im Sinne des § 174 Abs. 3 Satz 1 AO dadurch ausgelöst, dass die Behörde den ihr bekannten Sachverhalt dahin würdigt, dass er nach Steuersubjekt, Steuerobjekt und/oder Zeitraum in einem anderen Bescheid zu erfassen ist; an einer Ursächlichkeit dieser Annahme für die Nichtberücksichtigung fehlt es nur, wenn die Behörde den Sachverhalt rechtsirrtümlich zunächst als in diesem Bescheid steuerirrelevant einschätzt (vgl. BFH, Beschluss vom 09.08.2007 I B 15/07, n. v. m. w. N.; zitiert nach juris).
    Die Nichtberücksichtigung des Sachverhalts gegenüber der Klägerin in der irrigen Annahme, dass er bei den Begünstigten der H-Stiftung zu berücksichtigen sei, war für die Klägerin schließlich auch erkennbar. Erkennbarkeit liegt u. a. dann vor, wenn der Steuerpflichtige durch sein eigenes Verhalten das Finanzamt veranlasst hat, einen Sachverhalt nicht bei ihm, sondern bei einem Anderen zu erfassen, wobei sich der Steuerpflichtige das Handeln seines steuerlichen Beraters zurechnen lassen muss (vgl. BFH, Urteil vom 05.11.2009 IV R 99/06 a. a. O.). So liegt der Fall hier. Der Beklagte wollte den vorgenannten bestimmten Sachverhalt im Sinne des § 174 Abs. 3 Satz 1 AO zunächst gegenüber der Klägerin berücksichtigen und hat sie mit Schreiben vom 22.08.2002 zur Abgabe einer entsprechenden Schenkungsteuererklärung aufgefordert. In der Folgezeit kam es zu einem umfangreichen Schriftverkehr zwischen dem Beklagten und den Beratern der Klägerin, die zugleich Berater der Begünstigten der H-Stiftung waren, in dem es unter anderem um die Frage ging, wer steuerlich als Beschenkter in Betracht kommt. Schließlich einigten sich die Berater und der Beklagte dahingehend, dass die Begünstigten der H-Stiftung als Beschenkte in Betracht kämen. Die Klägerin hat somit, vertreten durch ihre Berater dazu beigetragen, dass der Beklagte den bestimmten Sachverhalt im Sinne des § 174 Abs. 3 Satz 1 AO zunächst gegenüber anderen Steuersubjekten (die Begünstigten der H-Stiftung) berücksichtigt hat, indem er die Schenkungsteuer gegen diese Personen festgesetzt hat. Darüber hinaus war die Klägerin, vertreten durch ihre Berater, von vornherein an dem Verfahren beteiligt. Vor diesem Hintergrund ist die Erkennbarkeit im Sinne des § 174 Abs. 3 Satz 1 AO vorliegend zu bejahen.
    III.
    In Bezug auf die hier streitbefangene Schenkungsteuer war die Festsetzungsfrist gegenüber der Klägerin bei Erlass des angefochtenen Bescheides (09.11.2009) noch nicht abgelaufen. Nach § 169 Abs. 1 AO ist eine Steuerfestsetzung nicht mehr zulässig, wenn die Festsetzungsfrist abgelaufen ist. Die Festsetzungsfrist beträgt vorliegend vier Jahre (§ 169 Abs. 2 Nr. 2 AO). Da der Beklagte von dem zugrundeliegenden Sachverhalt erst im Laufe des Jahres 2002 Kenntnis erlangt hat, begann die Festsetzungsfrist gemäß § 170 Abs. 5 Nr. 2 AO mit Ablauf des Kalenderjahres 2002. Regulär wäre die Festsetzungsfrist somit mit Ablauf des Kalenderjahres 2006 abgelaufen. Vorliegend greift jedoch die Regelung des § 174 Abs. 3 Satz 2 AO, wonach die Nachholung der Steuerfestsetzung gemäß § 174 Abs. 3 Satz 1 AO nur bis zum Ablauf der für die andere Steuerfestsetzung geltenden Festsetzungsfrist zulässig ist. § 174 Abs. 3 Satz 2 AO konkretisiert und modifiziert insofern die Festsetzungsfrist gemäß § 169 Abs. 1 Satz 1 AO.
    Der erkennende Senat folgt diesbezüglich der wohl überwiegenden Auffassung in der Literatur und schließt sich für den vorliegenden Fall der Argumentation des Hessischen Finanzgerichts im Urteil vom 22.04.2009 (6 K 2821/02, AO-StB 2009, 328) an. Das Hessische Finanzgericht hat im vorgenannten Urteil die bezüglich der Auslegung des § 174 Abs. 3 Satz 2 AO in der Literatur vertretenen konträren Auffassungen benannt und ausgeführt, § 174 Abs. 3 AO sei dahingehend auszulegen, dass eine Nachholung der Steuerfestsetzung, in der der fragliche Sachverhalt hätte berücksichtigt werden müssen, auch nach Eintritt der Festsetzungsverjährung bezüglich des der Festsetzung zu Grunde liegenden Steueranspruchs noch möglich und wegen der Tatbestandsmäßigkeit des § 38 AO auch zwingend sei. Maßgeblich hierfür sei, dass der Gesetzgeber den Aspekt der Festsetzungsverjährung in § 174 Abs. 3 Satz 2 AO aufgegriffen und einer Regelung zugeführt habe, wenn auch diese Regelung auf der Tatbestandsebene nur an die Festsetzungsverjährung bezüglich der „anderen” Steuerfestsetzung anknüpfe. Die Existenz des § 174 Abs. 3 Satz 2 AO belege, dass der Gesetzgeber das Problem der Festsetzungsverjährung im Zusammenhang mit dieser Vorschrift erkannt habe. Dies wiederum spreche für einen entsprechenden Willen zur abschließenden Regelung. Hätte der Gesetzgeber auf die uneingeschränkte Geltung der allgemeinen Vorschriften des § 169 AO bei Anwendung des § 174 Abs. 3 AO bestanden, so hätte er dies im Rahmen dieser Norm ausdrücklich anordnen müssen. Da dies jedoch nicht geschehen sei, sei anzunehmen, dass des sich bei der in § 174 Abs. 3 Satz 2 AO enthaltenen Regelung um die einzige in Bezug auf den Aspekt der Festsetzungsverjährung zu beachtende Tatbestandsvoraussetzung handele, die als spezialgesetzliche Regelung der allgemeinen Vorschrift des § 169 AO vorgehe. Auch der IV. Senat des BFH komme in seiner Entscheidung vom 23.05.1996 (IV R 49/95, BFH/NV 1997, 89) zu dem Ergebnis, dass der Eintritt der Festsetzungsverjährung hinsichtlich der nach § 174 Abs. 3 AO nachzuholenden, aufzuhebenden oder zu ändernden Steuerfestsetzung einer Anwendung dieser Vorschrift entgegenstehe. Demgegenüber falle der von der Gegenansicht angeführte Aspekt der Rechtsicherheit nicht entscheiden ins Gewicht (vgl. die weiteren Ausführungen des Hessischen Finanzgerichts im Urteil vom 22.04.2009 a. a. O.)
    Hieran anknüpfend standen der angefochtenen Steuerfestsetzung die allgemeinen Vorschriften der Festsetzungsverjährung gemäß §§ 169 ff. AO nicht entgegen. Vielmehr war die Nachholung der Steuerfestsetzung gemäß § 174 Abs. 3 Satz 2 AO zulässig, da die Festsetzungsverjährung bezüglich der anderen Steuerfestsetzung, also der Steuerfestsetzung gegenüber den Begünstigten der H-Stiftung, am 09.11.2009 noch nicht abgelaufen. Der Gerichtsbescheid des BFH vom 09.07.2009 (II R 47/07) wurde dem Beklagten ausweislich des Eingangsvermerks auf dem Übersendungsschreiben vom 09.10.2009 am 12.10.2009 zugestellt. Eine mündliche Verhandlung wurde innerhalb eines Monats nach Zustellung des Gerichtsbescheides nicht beantragt. Da der Beklagte den hier angefochtenen Bescheid innerhalb dieser Antragsfrist erlassen hat, war die Festsetzungsfrist in Bezug auf die dem BFH-Verfahren II R 47/07 zugrunde liegende Steuerfestsetzung noch nicht abgelaufen (vgl. § 171 Abs. 3a AO). Auch bezüglich der weiteren anderen Steuerfestsetzungen im Sinne des § 174 Abs. 3 Satz 1 AO, nämlich der Steuerfestsetzungen gegen die weiteren Begünstigen der H-Stiftung, war die Festsetzungsfrist am 09.10.2009 noch nicht abgelaufen. Denn diese Steuerfestsetzungen hat der Beklagte im Rahmen der laufenden Einspruchsverfahren durch Bescheide vom 13.11.2009 aufgehoben.
    IV.
    Der Rechtmäßigkeit des angefochtenen Schenkungsteuerbescheides steht schließlich die Regelung des § 176 Abs. 2 AO nicht entgegen. Nach dieser Vorschrift darf bei der Aufhebung oder Änderung eines Steuerbescheides zu Ungunsten des Steuerpflichtigen nicht berücksichtigt werden, dass eine allgemeine Verwaltungsvorschrift von einem obersten Gerichtshof des Bundes als nicht mit dem geltenden Recht in Einklang stehend bezeichnet worden ist. Nach dem Wortlaut schützt die Vorschrift nicht das Vertrauen des Steuerpflichtigen in eine ihm günstige Verwaltungsvorschrift als solches, sondern das Vertrauen in die Bestandskraft von Steuerbescheiden, soweit sie auf einer solchen Verwaltungsvorschrift beruhen. Dementsprechend ist § 176 Abs. 2 AO, wie auch die übrigen Regelungen des § 176 AO bei Erstbescheiden von vornherein nicht anwendbar (vgl. BFH, Beschluss vom 04.06.2007 IV B 88/06, BFH/NV 2007, 2088). Da es sich bei dem angefochtenen Steuerbescheid um einen Erstbescheid handelt, kann sich die Klägerin nicht mit Erfolg auf Vertrauensschutzregelung des § 176 Abs. 2 AO berufen.
    V.
    Die Kostenentscheidung folgt aus § 135 Abs. 1 FGO.
    Die Revision wurde im Hinblick auf die nicht unumstrittene Auslegung des § 174 Abs. 3 AO zur Fortbildung des Rechts gemäß § 115 Abs. 1 Nr. 2 AO zugelassen.

    VorschriftenAO § 174 Abs 3