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  • 15.05.2014 · IWW-Abrufnummer 141493

    Finanzgericht Düsseldorf: Urteil vom 16.04.2014 – 4 K 4299/13 Erb

    Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.


    Finanzgericht Düsseldorf
    4 K 4299/13 Erb
    Tenor:
    Der Erbschaftsteuerbescheid vom 26. März 2013 in der Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 13. November 2013 wird aufgehoben, soweit mehr als 297.090 € Erbschaftsteuer festgesetzt worden ist.
    Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
    Die Kosten des Verfahrens tragen der Kläger zu 45 % und der Beklagte zu 55 %.
    Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des auf Grund des Urteils vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe des jeweils zu vollstreckenden Betrags leistet.
    Die Revision wird zugelassen.
    T a t b e s t a n d:
    Der Kläger ist der Bruder der Erblasserin A. Die Erblasserin und der Kläger waren Miteigentümer zu einem Anteil von jeweils ½ des mit einem Einfamilienhaus bebauten und im Grundbuch von … eingetragenen Grundstücks X. Die Erblasserin und der Kläger bewohnten das Einfamilienhaus.
    Die Erblasserin und der Kläger erwarben 2011 die Grundstücke Gemarkung … (Y und Z) zu jeweils ½ Anteil. Die Grundstücke waren mit einem älteren Gebäude bebaut, das abgerissen werden sollte. Alsdann sollten auf den Grundstücken Y und Z Einfamilienhäuser errichtet werden, die vermietet werden sollten.
    Die Erblasserin verstarb zwischen dem … und dem … 2012. Sie wurde von dem Kläger auf Grund notariell beurkundeten Erbvertrags vom … 2003 allein beerbt. Der Kläger beschloss noch am … 2012, aus dem Einfamilienhaus X auszuziehen und dieses zu vermieten.
    Die Einfamilienhäuser auf den Grundstücken Y und Z wurden im Februar 2013 fertiggestellt. Der Kläger vermietete das Einfamilienhaus X nach der Durchführung von Renovierungsarbeiten mit Vertrag vom … 2012 zum 1. April 2013. Das Hausgrundstück Z vermietete er mit Vertrag vom … 2013 zum 1. April 2013. Das Hausgrundstück Y vermietete er mit Vertrag vom … 2013 zum 1. Mai 2013.
    Das beklagte Finanzamt setzte gegen den Kläger mit Bescheid vom 26. März 2013 unter dem Vorbehalt der Nachprüfung Erbschaftsteuer fest.
    Mit seinem hiergegen eingelegten Einspruch machte er geltend, dass ihm für die Hausgrundstücke X sowie Y und Z die Steuerermäßigung des § 13c des Erbschaftsteuer- und Schenkungsteuergesetzes (ErbStG) zustehe. Hinsichtlich des Einfamilienhauses X habe seit dem … 2012 eine Vermietungsabsicht bestanden. Der Leerstand des Gebäudes während der Durchführung der Renovierungsarbeiten stehe der Gewährung der Steuerermäßigung nicht entgegen. Die Erblasserin habe eine Vermietung der auf den Grundstücken Y und Z zu errichtenden Einfamilienhäuser unmittelbar nach ihrer Fertigstellung geplant. Es habe sich deshalb um Grundstücke im Zustand der Bebauung gehandelt, die hätten vermietet werden sollen.
    Nachdem das Finanzamt die Grundbesitzwerte für die zum Nachlass gehörenden Anteile an den Grundstücken festgestellt hatte, setzte das beklagte Finanzamt die Erbschaftsteuer gegen den Kläger mit Einspruchsentscheidung vom 13. November 2013 auf 304.200 € neu fest. Die Steuerermäßigung nach § 13c ErbStG gewährte es nicht. Zur Begründung führte es aus: Die Erblasserin habe das Einfamilienhaus X selbst zu Wohnzwecken genutzt. Da das Hausgrundstück zum Zeitpunkt ihres Todes nicht vermietet worden sei, könne die Steuerermäßigung nach § 13c ErbStG nicht gewährt werden. Hinsichtlich der Grundstücke Y und Z habe es sich um solche im Zustand der Bebauung gehandelt. Zwar könne davon ausgegangen werden, dass die Erblasserin eine Vermietung der noch fertig zu stellenden Einfamilienhäuser beabsichtigt habe. Hierzu sei es bis zu ihrem Tod jedoch nicht mehr gekommen. Die Mietverträge über die Grundstücke seien erst nach ihrem Tod abgeschlossen worden.
    Der Kläger trägt mit seiner Klage vor: § 13c ErbStG erfordere nicht, dass bereits ein Mietvertrag abgeschlossen worden sei. Bei einem Grundstück im Zustand der Bebauung reiche vielmehr die Vermietungsabsicht aus. Der Bauträger habe zudem versichert, dass eine gebührenpflichtige Mietgarantie nicht erforderlich sei, weil eine Vermietung bei einem Neubau dieser Lage unproblematisch erfolgen könne.
    Der Kläger beantragt,
    den Erbschaftsteuerbescheid vom 26. März 2013 in der Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 13. November 2013 aufzuheben, soweit für die Grundstücke X sowie Y und Z die Steuerermäßigung nach § 13c ErbStG nicht gewährt worden ist.
    Das beklagte Finanzamt beantragt,
    die Klage abzuweisen.
    Zur Begründung trägt es vor: Die Steuerermäßigung nach § 13c ErbStG könne nicht gewährt werden, weil die fraglichen Grundstücke im Zeitpunkt des Todes der Erblasserin nicht vermietet gewesen seien.
    E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e:
    Die Klage ist überwiegend begründet. Der Erbschaftsteuerbescheid vom 26. März 2013 in der Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 13. November 2013 ist rechtswidrig und verletzt den Kläger in seine Rechten, soweit mehr als 297.090 € Erbschaftsteuer festgesetzt worden ist. Im Übrigen ist der Erbschaftsteuerbescheid vom 26. März 2013 in der Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 13. November 2013 - im angefochtenen Umfang - rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten (§ 100 Abs. 1 Satz 1 der Finanzgerichtsordnung - FGO -).
    Der Erwerb des Klägers von Todes wegen durch Erbanfall unterliegt nach den §§ 1 Abs. 1 Nr. 1, 3 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG der Erbschaftsteuer. Der Kläger kann die Steuerermäßigung des § 13c Abs. 1 ErbStG nur für den Erwerb der Grundstücke Y und Z beanspruchen. Für das Grundstück X kann der Kläger die Steuerermäßigung des § 13c Abs. 1 ErbStG nicht beanspruchen.
    Nach § 13c Abs. 3 Nr. 1 ErbStG gilt der verminderte Wertansatz des § 13c Abs. 1 ErbStG für bebaute Grundstücke oder Grundstücksteile, die zu Wohnzwecken vermietet werden. Maßgebend sind insoweit die tatsächlichen Verhältnisse zum Zeitpunkt der Entstehung der Steuer (vgl. Bundesfinanzhof, Urteil vom 18. Juli 2013 II R 35/11, BFHE 242, 153, BStBl II 2013, 1051 - zu § 13 Abs. 1 Nr. 4a ErbStG -; Jülicher in Troll/Gebel/Jülicher, ErbStG § 13c Randnr. 8, 12; Wachter in Fischer/Jüptner/Pahlke/Wachter, ErbStG, 4. Aufl., § 13c Randnr. 13; Philipp in Viskorf/Knobel/Schuck/Wälzholz, ErbStG, 4. Aufl., § 13c Randnr. 18). Im Streitfall ist daher auf den Zeitpunkt des Todes der Erblasserin zwischen dem …. und … 2012 abzustellen (§ 9 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG).
    Zum Zeitpunkt des Todes der Erblasserin war das Einfamilienhaus X weder zu Wohnzwecken vermietet noch bestand zu diesem Zeitpunkt eine Vermietungsabsicht. Die Erblasserin und der Kläger haben dieses Hausgrundstück vielmehr selbst zu Wohnzwecken genutzt. Der Kläger hat erst nach dem Tod der Erblasserin beschlossen, aus dem Einfamilienhaus auszuziehen und es nach Renovierung zu vermieten. Der Leerstand eines Wohngebäudes soll zwar der Gewährung der Steuerermäßigung des § 13c ErbStG nicht entgegenstehen, wenn das Grundstück zum Zeitpunkt der Entstehung der Steuer bereits tatsächlich vermietet worden ist (Wachter in Fischer/Jüptner/Pahlke/Wachter, ErbStG, 4. Aufl., § 13c Randnr. 14) oder zumindest eine Vermietungsabsicht bestand (Philipp in Viskorf/Knobel/Schuck/Wälzholz, ErbStG, 4. Aufl., § 13c Randnr. 18; Jülicher in Troll/Gebel/Jülicher, ErbStG § 13c Randnr. 12). Beides war zum Zeitpunkt des Todes der Erblasserin indessen nicht der Fall.
    Anders liegen die Dinge nach Auffassung des Senats hinsichtlich der Grundstücke Y und Z. Hierbei handelte es sich zum Zeitpunkt des Todes der Erblasserin um bebaute Grundstücke i.S. des § 13c Abs. 3 Nr. 1 ErbStG, die zu Wohnzwecken vermietet werden.
    Dahinstehen kann im Streitfall, ob es sich bei den Grundstücken Y und Z zum Zeitpunkt des Todes der Erblasserin um bebaute Grundstücke i.S. des § 180 Abs. 1 des Bewertungsgesetzes (BewG) handelte. § 13c Abs. 3 ErbStG verweist - anders als beispielsweise die §§ 12 Abs. 1 bis 3, 5 bis 7; 13a Abs. 5 Nr. 2; 13b Abs. 1 Nr. 1 und 2 ErbStG - nicht auf Bestimmungen des Bewertungsgesetzes. Überdies waren die Grundstücke Y und Z ausweislich der Feststellungsbescheide des Finanzamts vom 7. Oktober 2013 bereits zu einem erheblichen Teil bebaut. Hiernach handelte es sich um Grundstücke im Zustand der Bebauung. Für den Wert der im Bau befindlichen Gebäude oder Gebäudeteile wurde gemäß § 196 Abs. 2 BewG hinsichtlich des Grundstücks Y ein Wert von 187.845 € und hinsichtlich des Grundstücks Z ein Wert von 187.480 € angesetzt.
    Darüber hinaus werden die Hausgrundstücke Y und Z auch zu Wohnzwecken vermietet, wie dies § 13c Abs. 3 Nr. 1 ErbStG erfordert. Es ist dem beklagten Finanzamt zwar einzuräumen, dass die Mietverträge erst nach dem Tod der Erblasserin und nach der Fertigstellung der Einfamilienhäuser abgeschlossen worden sind. Der Wortlaut des § 13c Abs. 3 Nr. 1 ErbStG verlangt jedoch nicht, dass bereits der Erblasser selbst einen Mietvertrag abgeschlossen haben muss. Maßgebend ist nach dem Wortlaut der Bestimmung nur, dass das Grundstück jedenfalls letztlich vom Erwerber zu Wohnzwecken vermietet wird. Dies entspricht auch dem Sinn und Zweck der Regelung, die den Wettbewerbsnachteil von Erwerbern im Vergleich zu der institutionellen Konkurrenz verringern soll, die anders als private Immobilienbesitzer oder Personenunternehmen nicht mit der Erbschaftsteuer belastet ist (Bundestag-Drucks. 16/7918, Seite 36). Mit Erbschaftsteuer ist nur der Erwerber belastet. Gleichwohl ist unter Berücksichtigung des Stichtagprinzips (§ 9 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG) zu fordern, dass der Erblasser bereits eine konkrete Vermietungsabsicht hatte und diese selbst noch ins Werks gesetzt hat. Nach Ansicht des Senats ist die Steuerermäßigung des § 13c ErbStG für ein Grundstück im Zustand der Bebauung daher nicht nur dann zu gewähren, wenn im Zeitpunkt der Entstehung der Steuer bereits ein Mietvertrag abgeschlossen worden ist (vgl. Jülicher in Troll/Gebel/Jülicher, ErbStG § 13c Randnr. 13; Wachter in Fischer/Jüptner/Pahlke/Wachter, ErbStG, 4. Aufl., § 13c Randnr. 14). Auf dieses formale Kriterium kann es nach Auffassung des Senats nicht entscheidend ankommen, weil der Zeitpunkt des Abschlusses eines Mietvertrags mitunter von Zufälligkeiten abhängt und als solcher nichts an einer bereits teilweise realisierten Absicht des Erblassers zu ändern vermag, das noch fertig zu stellende Gebäude zu vermieten.
    Im Streitfall hatte die Erblasserin bis zum Zeitpunkt ihres Todes die Absicht, die auf den Grundstücken Y und Z errichteten Einfamilienhäuser zu vermieten. Bis zum Zeitpunkt der Entstehung der Steuer hat sie auch konkrete Schritte ergriffen, diese Vermietungsabsicht zu verwirklichen. Ausweislich der Feststellungsbescheide des Finanzamts vom 7. Oktober 2013 waren die beiden Grundstücke zum Zeitpunkt des Todes der Erblasserin bereits zu einem erheblichen Teil bebaut. Es ist daher gerechtfertigt, den Erwerb dieser Grundstücke im Zustand der Bebauung, der zu einer Erhöhung der Bemessungsgrundlage für die Erbschaftsteuer geführt hat (§ 196 Abs. 2 BewG), nach § 13c Abs. 1 ErbStG zu begünstigen. Im Stadium des Beginns der Bauarbeiten bedurfte es nicht noch des Abschlusses eines Mietvertrags, um das Vorhaben einer Vermietung der zu errichtenden Einfamilienhäuser sicher verwirklichen zu können. Es ist gerichtsbekannt (§ 291 der Zivilprozessordnung), dass mit Einfamilienhäusern bebaute Grundstücke derartiger Lage ohne weiteres vermietet werden können. Der Kläger hat zudem unwidersprochen vorgetragen, der Bauträger habe ihm versichert, dass eine gebührenpflichtige Mietgarantie nicht erforderlich sei, weil eine Vermietung bei einem Neubau dieser Lage unproblematisch erfolgen könne.
    Dem Kläger steht mithin hinsichtlich der Grundstücke Y und Z die Steuerermäßigung des § 13c Abs. 1 ErbStG zu. Das führt dazu, dass die für diese Grundstücke festgestellten Grundbesitzwerte von jeweils 118.560 € um jeweils 10 %, d.h. um jeweils 11.856 € zu reduzieren sind. Der Wert des Erwerbs durch Erbanfall, der in der Einspruchsentscheidung vom 13. November 2013 mit 965.818 € angenommen worden ist, ist somit um 23.712 € (2 x 11.856 €) zu verringern. Dies führt ausgehend von der Einspruchsentscheidung zu folgender Steuerberechnung:
    Wert des Erwerbs durch Erbanfall:
    942.106 €
    + Erwerb auf Grund von Verträgen zugunsten Dritter: 68.242 €
    Gesamtwert des Erwerbs von Todes wegen: 1.010.348 €
    abzüglich Freibetrag: 20.000 €
    steuerpflichtiger Erwerb (abgerundet):
    990.300 €
    Erbschaftsteuer bei einem Steuersatz von 30 %: 297.090 €
    Die Kostenentscheidung beruht auf § 136 Abs. 1 Satz 1 FGO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf den §§ 151 Abs. 3, 155 Satz 1 FGO i. V. m. den §§ 708 Nr. 10, 711 der Zivilprozessordnung. Der Senat hat die Revision nach § 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO zugelassen.