17.06.2014 · IWW-Abrufnummer 141807
Bundesgerichtshof: Urteil vom 11.03.2014 – X ZR 150/11
Beruft sich der Leistungsempfänger gegenüber dem Bereicherungsanspruch auf ein nicht notariell beurkundetes Schenkungsversprechen als Rechtsgrund, so beschränkt sich die ihn treffende Beweislast auf den Nachweis, dass die Leistung mit Wissen und Wollen des Leistenden bewirkt und der Formmangel damit geheilt worden ist. Das Fehlen eines Schenkungsversprechens muss demgegenüber der Leistende beweisen (Fortführung von BGH, Urteil vom 14. November 2006 - X ZR 34/05, BGHZ 169, 377).
Der X. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung vom 11. März 2014 durch den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Meier-Beck, den Richter Hoffmann, die Richterin Schuster, den Richter Dr. Deichfuß und die Richterin Dr. Kober-Dehm
für Recht erkannt:
Tenor:
Auf die Revision der Beklagten wird das am 1. November 2011 verkündete Urteil des 3. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main im Kostenpunkt und insoweit aufgehoben, als zum Nachteil der Beklagten erkannt worden ist.
Im Umfang der Aufhebung wird der Rechtsstreit zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Tatbestand
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Die Klägerin begehrt, soweit für das Revisionsverfahren noch von Interesse, von der Beklagten, ihrer Tochter, die Rückzahlung eines Betrags von 36.450 € nebst Zinsen. Die Hauptsumme hat die Klägerin der Beklagten mit mehreren teils durch Überweisung, teils in bar geleisteten Teilzahlungen überlassen. Das Landgericht hat insoweit antragsgemäß erkannt, die Berufung der Beklagten hat nur zu einer Teilabweisung des Zinsanspruchs geführt.
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Mit der vom Senat zugelassenen Revision verfolgt die Beklagte den Antrag auf vollständige Klageabweisung weiter.
Entscheidungsgründe
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I. Das Berufungsgericht hat angenommen, die Klägerin könne ihre Zahlungen zwar nicht aufgrund einer Darlehensabrede, jedoch wegen ungerechtfertigter Bereicherung der Beklagten zurückverlangen.
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Für einen Darlehensrückzahlungsanspruch der Klägerin fehle es an hinreichenden Darlegungen zu einer ausdrücklichen Darlehensabrede, insbesondere zum Zeitpunkt einer solchen Vereinbarung und den daran beteiligten Personen. Die Beklagte habe jedoch den ihr obliegenden Nachweis, die von der Klägerin erhaltenen Zuwendungen endgültig behalten zu dürfen, nicht führen können.
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Der von der Beklagten behauptete Zweck, ihr mit den Zahlungen eine neue Ehe zu ermöglichen, führe nicht zu der Annahme, es habe keine Rückzahlungsverpflichtung bestanden. Dieser Zweck habe ebenso gut durch eine vorübergehende Zurverfügungstellung finanzieller Mittel erreicht werden können, auch wenn keine Darlehensabsprache festgestellt werden könne.
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Die Darlegungs- und Beweislast der Beklagten für das Behaltendürfen der Zuwendungen ergebe sich im Streitfall aus den näheren Umständen des unstreitigen Sachverhalts. Aufgrund der finanziellen Verhältnisse der Klägerin habe diese die geleisteten Zahlungen nicht vollständig zur freien Verfügung gehabt, vielmehr habe sie hierfür einen Kredit in Höhe von 15.000 € aufnehmen müssen. Die Beklagte habe deshalb nicht davon ausgehen können, die Zahlungen vereinnahmen zu dürfen, ohne zu einer Rückzahlung verpflichtet zu sein.
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Das Beweisergebnis zu der Frage, ob und inwieweit die Beklagte die Zuwendungen der Klägerin habe behalten dürfen, sei nach persönlicher Anhörung beider Parteien und der Vernehmung des Ehemanns der Beklagten unklar geblieben. Während die Klägerin angegeben habe, die Beklagte habe versichert, die wegen eines finanziellen Engpasses infolge der Scheidung des Ehemanns der Beklagten von seiner früheren Ehefrau zur Verfügung gestellten Beträge mit Zins und Zinseszins zurückzuzahlen, habe die Beklagte zwar geltend gemacht, die Klägerin habe ihre neue Ehe unterstützen wollen, eine ausdrückliche Schenkungsabrede aber "selbst so nicht behauptet"; die Aussage ihres Ehemanns sei unergiebig.
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II. Die Begründung, mit der das Berufungsgericht einen Bereicherungsanspruch der Klägerin bejaht hat, hält in einem entscheidenden Punkt der revisionsrechtlichen Nachprüfung nicht stand.
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1. Ohne Erfolg rügt die Revision, dass sich ein Anspruch der Klägerin aus ungerechtfertigter Bereicherung nicht gegen die Beklagte als Anspruchsschuldnerin richte. Aus den Feststellungen des Berufungsgerichts ergibt sich nichts dafür, dass die Klägerin mit ihren Zahlungen nicht an die Beklagte geleistet hat. Insbesondere folgt dies nicht daraus, dass die der Beklagten zur Verfügung gestellten Beträge nach ihrem Vortrag dazu dienen sollten, Zahlungspflichten ihres künftigen Ehemanns aus einem noch zu schließenden Scheidungsvergleich erfüllen zu können. Daraus lässt sich nicht ableiten, dass die Klägerin nicht gleichwohl eine Leistung gegen über ihrer Tochter, der Beklagten, erbringen und deren Interesse an einem erfolgreichen Ende des Scheidungsverfahrens ihres Lebenspartners und der daraus folgenden Möglichkeit, diesen heiraten zu können, unterstützen wollte. Konkrete Umstände, aufgrund deren angenommen werden könnte, die Beklagte habe nur als Zahlstelle oder Zahlungsvermittler für eine Leistung an ihren Lebenspartner fungieren sollen, sind vom Berufungsgericht weder festgestellt noch werden sie von der Revision als vorgetragen aufgezeigt.
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2. Das Berufungsgericht hat jedoch rechtsfehlerhaft der Beklagten die Beweislast für eine sich aus ihrem Vorbringen ergebende Handschenkung zugewiesen.
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a) Die Darlegungs- und Beweislast für die Herausgabe einer ungerechtfertigten Bereicherung trägt grundsätzlich der Anspruchsteller. Er hat das Risiko des Unterliegens im Prozess zu tragen, wenn sich die sein Begehren tragenden Tatsachen nicht feststellen lassen. Dies gilt auch, soweit zur Anspruchsbegründung eine negative Tatsache wie das Fehlen eines Rechtsgrundes gemäß § 812 Abs. 1 Satz 1 BGB oder das Ausbleiben eines mit einer Leistung bezweckten Erfolgs gemäß § 812 Abs. 1 Satz 2 BGB gehört (vgl. statt vieler BGH, Urteile vom 14. November 2006 - X ZR 34/05, BGHZ 169, 377 Rn. 9; vom 18. Februar 2009 - XII ZR 163/07, NJW-RR 2009, 1142 Rn. 19 jeweils mwN). Entgegen den Ausführungen im angegriffenen Urteil ändert sich diese Beweislast, die regelmäßig wie im Streitfall zum materiellen Recht zählt (vgl. BGH, Urteile vom 14. März 1988 - II ZR 302/87, NJW-RR 1988, 831 unter 1.; vom 11. Juli 2007 - VIII ZR 110/06, NJW 2007, 2619 Rn. 14 jeweils mwN), nicht aufgrund von Plausibilitätserwägungen, wie sie das Berufungsgericht aus dem unstreitigen Teil des vorgetragenen Sachverhalts ableitet; solche Erwägungen sind lediglich im Rahmen einer Beweiswürdigung von Bedeutung.
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b) Der Beweis des Rechtsgrundes der geleisteten Zahlungen obliegt der Beklagten im Streitfall auch nicht deshalb, weil sie eine Schenkung behauptet.
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(1) Nach dem Berufungsurteil hat die Beklagte geltend gemacht, bei den Zahlungen der Klägerin habe es sich um eine "unbenannte Zuwendung ohne Rückzahlungsverpflichtung" gehandelt. Da eine familienrechtliche Grundlage für eine unentgeltliche Zuwendung nicht in Betracht kommt, hat sie damit einen Schenkungsvertrag behauptet. Von einer Schenkung spricht in anderem Zusammenhang auch das Berufungsgericht; seine Ausführungen, die Beklagte habe eine "ausdrückliche Absprache" mit der Klägerin, nach der sie die Zuwendungen unbedingt endgültig vereinnahmen dürfe, selbst "so nicht behauptet", besagen nichts Gegenteiliges.
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(2) Soweit der Leistungsempfänger sich gegenüber einem Bereicherungsanspruch mit einem nicht notariell beurkundeten Schenkungsversprechen als Rechtsgrund verteidigt, trifft ihn allerdings die Beweislast, dass die zu seinen Gunsten erfolgte Vermögensmehrung auf einer den Formmangel heilenden Leistungserbringung gemäß § 518 Abs. 2 BGB beruht, die Leistung also mit einem konkreten Willen des Leistenden an ihn erbracht wurde. Diese zu Lasten des Leistungsempfängers abweichende Beweislastverteilung beruht auf dem Zweck der gemäß § 518 Abs. 1 BGB für einen Schenkungsvertrag erforderlichen notariellen Beurkundung, unter anderem eine sichere Beweisgrundlage für solche ohne Gegenleistung vereinbarten Vertragsbeziehungen sicherzustellen (vgl. BGH, Urteil vom 14. November 2006, aaO Rn. 13). Im Falle eines Streits über dieses Sachverhaltselement hat der Leistungsempfänger nachzuweisen, dass die Vermögensverschiebung mit Wissen und Wollen des Leistenden bewirkt worden ist (vgl. BGH, Urteil vom 14. November 2006, aaO Rn. 15).
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Dieser Nachweis kann zwar gegebenenfalls nur durch den Beweis eines Schenkungsvertrags erbracht werden. Die den Leistungsempfänger treffende Beweislast beschränkt sich indessen auf den Willen des Leistenden zur Leistungsbewirkung. Der Tatbestand der Leistungsbewirkung heilt den Formmangel für einen Schenkungsvertrag und genügt damit dem Zweck des § 518 Abs. 1 und 2 BGB, eine sichere Beweisgrundlage und Rechtsfrieden zu schaffen. Dieser Zweck würde nicht erreicht, wenn der Leistungsempfänger zur Verteidigung gegen einen bereicherungsrechtlichen Herausgabeanspruch auch beweisen müsste, dass die mit Willen des Leistenden bewirkte Leistung tatsächlich auf einem Schenkungsvertrag mit entsprechendem Schenkungswillen beruht. Eine so weitgehende Beweislast hätte zur Folge, dass der Beschenkte sich über die Beweisbarkeit der Leistungsbewirkung hinaus um weitere Beweismittel für den Schenkungswillen sorgen müsste. Damit würde allein die Leistungsbewirkung noch nicht den Rechtsfrieden schaffen, wie er von § 518 Abs. 2 BGB bezweckt ist, und die Möglichkeit der formfreien Handschenkung ausgehöhlt.
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Kann der Leistungsempfänger den Nachweis für eine mit Wissen und Wollen des Leistenden erfolgte Leistungsbewirkung erbringen oder steht eine solche Leistungsbewirkung wie im Streitfall außer Streit, obliegt es dem Anspruchsteller, die weiteren Voraussetzungen einer ungerechtfertigten Bereicherung nachzuweisen.
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(3) Die sekundäre Darlegungslast des Leistungsempfängers bleibt hiervon unberührt. Wer geltend macht, ohne Rechtsgrund geleistet zu haben, muss nur denjenigen Rechtsgrund ausräumen, der sich aus dem Vortrag des Leistungsempfängers ergibt (vgl. BGH, Urteile vom 18. Februar 2009, aaO Rn. 20 f.; vom 22. Februar 2011 - XI ZR 261/09, NJW 2011, 2130 Rn. 20 jeweils mwN). Dem Berufungsurteil ist jedoch nicht zu entnehmen, dass die Beklagte ihrer sekundären Darlegungslast zu einem Rechtsgrund für die geleisteten Zahlungen nicht genügt hat.
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III. Das Berufungsurteil ist hiernach aufzuheben und die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen.
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Sollte das Berufungsgericht einen Schenkungsvertrag feststellen oder jedenfalls nicht ausschließen können, wird es sich auch - gegebenenfalls nach erneuter Anhörung der Parteien - mit der Frage zu befassen haben, ob sich im Rahmen der Beweiswürdigung aus dem von der Beklagten nach dem Berufungsurteil eingeräumten Zusammenhang mit einer geplanten Rückabwicklung der Übertragung eines Hausgrundstücks der Klägerin auf ihre vier Töchter und der erklärten Bereitschaft der Beklagten, die Zahlungen der Klägerin auf eine Forderung der Beklagten gegen ihre Schwester Barbara anzurechnen, weitergehende vertragliche Absprachen (vgl. dazu BGH, Urteil vom 17. Juni 1992 - XII ZR 253/90, NJW 1992, 2690 unter 2) oder eine Zweckschenkung (vgl. dazu BGH, Urteil vom 9. Juli 2008 - XII ZR 179/05, BGHZ 177, 193 Rn. 34 f.) ableiten lassen.
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Gegebenenfalls wird das Berufungsgericht ferner den von der Beklagten erhobenen Entreicherungseinwand zu prüfen haben.
Meier-Beck
Hoffmann
Schuster
Deichfuß
Kober-Dehm
Von Rechts wegen
Verkündet am: 11. März 2014