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  • 27.02.2015 · IWW-Abrufnummer 143924

    Finanzgericht Münster: Urteil vom 11.12.2014 – 3 K 764/12 Erb

    Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.


    Finanzgericht Münster

    3 K 764/12 Erb

    Tenor:

    Die Klage wird abgewiesen.

    Die Kosten des Rechtsstreits trägt der Kläger.

    Die Revision wird zugelassen.

    1

    Tatbestand
    2

    Die Beteiligten streiten, ob das in einer Liechtensteiner Stiftung angelegte Vermögen, hinsichtlich dessen die Erblasserin Erstbegünstigte und der Kläger und Erbe Nachbegünstigter war, zum Nachlass der Erblasserin gehört und der Erbschaftsteuer unterliegt.
    3

    Der Kläger ist ausweislich des notariellen Testaments vom 16.02.2005 Alleinerbe der am 00.00.0000 verstorbenen Erblasserin N.
    4

    Die Erblasserin hatte bereits 1999 Vermögen auf die nach liechtensteinischem Recht errichtete S Stiftung übertragen. Das Gründungsstatut (Blatt 237 bis 244 der Erbschaftsteuerakte II) lautet insoweit:

    „STATUTEN
    6

    7

    S STIFTUNG
    8

    Art. 1
    9

    Name
    10

    Unter dem Namen
    11

    S Stiftung
    12

    besteht die Stiftung im Sinne der Art. 552 ff. liechtensteinisches Personen- und Gesellschaftsrecht (PGR).
    13

    Art. 2
    14

    Sitz und Gerichtsstand
    15

    Sitz der Stiftung ist Vaduz, Fürstentum Liechtenstein.
    16

    Alle Rechtsverhältnisse, die durch Errichtung und Bestand der Stiftung begründet werden, unterliegen liechtensteinischem Recht. Die Stiftung hat ihren ordentlichen Gerichtsstand bei dem an ihrem Sitz zuständigen Gericht.
    17

    Art. 3
    18

    Dauer
    19

    Die Dauer der Stiftung ist befristet.
    20

    Art. 4
    21

    Vermögen
    22

    Das Mindestvermögen beträgt CHF 30‘000.00 (Schweizer Franken dreissigtausend).
    23

    Das Stiftungsvermögen kann jederzeit durch Zuwendungen des Stifters oder Dritter vermehr werden.
    24

    Art. 5
    25

    Zweck
    26

    Zweck der Stiftung ist die Ausrichtung von Beiträgen zur Bestreitung der Kosten der Erziehung und Bildung, der Ausstattung oder Unterstützung von Angehörigen einer oder mehrerer Familien, oder zu ähnlichen Zwecken. Ausserdem können Zuwendungen an bestimmte Personen ausserhalb dieser Familie(n) oder an Institutionen getätigt werden.
    27

    Nach dem Tod der Erstbegünstigten, gemäss separatem Beistatut, ist der Zweck ausschliesslich der nachfolgende:
    28

    Zweck der Stiftung ist die Ausrichtung von Beiträgen an Projekten der O.
    29

    Zur Erfüllung ihres Zwecks kann die Stiftung bewegliches und unbewegliches Vermögen, Beteiligungen und andere Rechte erwerben, halten und verwalten sowie die damit zusammenhängenden Geschäfte tätigen.
    30

    Art. 6
    31

    Organe
    32

    Organe der Stiftung sind:
    33

    1. Der Stiftungsrat
    34

    2. Das Kuratorium
    35

    3. Die Kontrollstelle (fakultativ)
    36

    Art. 7
    37

    Der Stiftungsrat
    38

    Der Stiftungsrat besteht aus einer oder mehreren natürlichen oder juristischen Personen, wobei mindestens eine natürliche Person den Erfordernissen von Art. 180a PGR entsprechen muss.
    39

    Die Mitglieder des Stiftungsrates werden erstmals vom Stifter auf unbestimmte Zeit bestellt. Im Falle von Demission, Handlungsunfähigkeit oder Tod eines der Mitglieder des Stiftungsrates treffen die verbleibenden Mitglieder die Ersatzwahl. Ist kein Mitglied des Stiftungsrates mehr vorhanden, kann der Repräsentant die Ersatzwahl vornehmen oder den Antrag auf Neubestellung des Stiftungsrates beim Liechtensteinischen Landgericht einbringen, das die Ersatzwahl im Rechtsfürsorgeverfahren trifft.
    40

    Der Stiftungsrat vertritt die Stiftung in rechtsverbindlicher Weise gemäss den gesetzlichen und statutarischen Vorschriften. Er kann Bevollmächtigte bestellen und bestimmt deren Zeichnungsrecht.
    41

    Der Stiftungsrat konstituiert sich selbst und bestimmt die Art und Weise der Zeichnung. Besteht der Stiftungsrat aus zwei Mitgliedern, so bedürfen seine Beschlüsse der Einstimmigkeit. Sind mehr als zwei Stiftungsmitglieder bestellt, so erfolgt die Beschlussfassung mit einfacher Stimmenmehrheit. Im Falle von Zirkularbeschlüssen ist es Gültigkeitserfordernis, dass von allen Stiftungsmitgliedern eine schriftliche Äusserung vorliegt (Zustimmung, Ablehnung, Enthaltung).
    42

    Art. 8
    43

    Das Kuratorium
    44

    Das Kuratorium besteht aus einer oder mehreren natürlichen oder juristischen Personen.
    45

    Die Mitglieder des Kuratoriums werden erstmals vom Stifter auf unbestimmte Zeit bestellt. Im Fall von Demission, Handlungsunfähigkeit oder Tod eines der Mitglieder des Kuratoriums treffen die verbleibenden Mitglieder die Ersatzwahl. Änderungen in der Zusammensetzung des Kuratoriums sind dem Stiftungsrat durch Übersendung eines von allen Mitgliedern des Kuratoriums unterzeichneten Beschlusses bekanntzugeben.
    46

    Besteht das Kuratorium nur aus einer Person, dann hat diese unverzüglich ihren Nachfolger für den Fall ihres Ausscheidens zu bestimmen und zusammen mit einer schriftlichen Annahmeerklärung des Nachfolgers dem Stiftungsrat bekanntzugeben. Ist kein Mitglied des Kuratoriums mehr vorhanden, kann der Repräsentant die Ersatzwahl vornehmen oder den Antrag auf Neubestellung des Kuratoriums beim Liechtensteinischen Landgericht einbringen, das die Ersatzwahl im Rechtsfürsorgeverfahren trifft.
    47

    Das Kuratorium hat folgende Befugnisse:
    48

    49

    1. Vorschlagsrecht bei der Bestellung von Stiftungsräten zur Ergänzung des bestehenden Stiftungsrates
    50

    2. Vorschlags- und Beratungsrecht in Bezug auf die Verwendung des Stiftungsvermögens
    51

    3. Vorschlagsrecht hinsichtlich der Bestellung von Begünstigten und deren Begünstigungsumfang
    52

    4. Vorschlagsrecht bei Statutenänderungen und Umwandlung der Stiftung.

    53

    Das Kuratorium konstituiert sich selbst. Beschlüsse des Kuratoriums bedürfen der Einstimmigkeit und sind schriftlich in einem Protokoll festzuhalten. Dieses muss dem Stiftungsrat zugestellt werden.
    54

    Art. 9
    55

    Die Kontrollstelle
    56

    Die Bestellung einer Kontrollstelle durch den Stiftungsrat ist fakulativ.
    57

    Art. 10
    58

    Geschäftsjahr
    59

    Das Geschäftsjahr endet jeweils am 31. Dezember, erstmals am 31. Dezember 1999.
    60

    Art. 11
    61

    Begünstigte
    62

    Stiftungsbegünstigte sind die vom Stiftungsrat bezeichneten Personen oder Institutionen.
    63

    Art. 12
    64

    Reglemente und Beistatuten
    65

    Der Stiftungsrat kann Reglemente erlassen, in denen die Verwaltung der Stiftung näher geregelt wird.
    66

    Der Stiftungsrat kann in Beistatuten Begünstigte bestimmen sowie den Umfang und die Art und Weise ihrer Begünstigung regeln. Die Beistatuten sind in ihrer rechtlichen Wirkung den Statuten gleichgestellt.
    67

    Erlass, Abänderung und Aufhebung von Reglementen und Beistatuten bedürfen der Zustimmung aller Mitglieder des Stiftungsrates.
    68

    Art. 13
    69

    Der Repräsentant
    70

    Der Repräsentant wird erstmals vom Stifter bestellt. In der Folge ist der Stiftungsrat ermächtigt, den Repräsentanten zu bestellen oder abzuberufen.
    71

    Der Repräsentant hat die gesetzlichen und statutarischen Befugnisse.
    72

    Art. 14
    73

    Statutenänderung, Umwandlung und Auflösung der Stiftung
    74

    Der Stiftungsrat ist befugt, Änderungen an diesen Statuten vorzunehmen.
    75

    Der Stiftungsrat kann die Stiftung jederzeit unter Beachtung der gesetzlichen Vorschriften in eine Anstalt oder ein Treuunternehmen umwandeln.
    76

    Der Stiftungsrat kann die Auflösung der Stiftung verfügen. Über die Verwendung des Stiftungsvermögens im Falle der Auflösung entscheidet der Stiftungsrat im Rahmen der gesetzlichen und statutarischen Vorschriften.
    77

    Beschlüsse betreffen die Statutenänderung, die Umwandlung der Stiftung oder deren Auflösung bedürfen der Einstimmigkeit des Stiftungsrates.
    78

    Ort, Datum
    79

    Zu Urkund dessen
    80

    die Unterschrift des Stifters:
    81

    PRÄSIDIAL-ANSTALT
    82

    Unterschrift“
    83

    Einen Mandatsvertrag der Erblasserin zum Stiftungsvermögen hat der Kläger in seinen Unterlagen nicht vorgefunden. Mit Schreiben vom 00.00.0000 bestätigen die Mitglieder des Stiftungsrates der S Stiftung,
    84

    „dass die Ausübung ihres Mandats als Mitglied des Stiftungsrats sowie sämtliche Entscheidungen, Maßnahmen oder sonstige Handlungen mit rechtlicher oder tatsächlicher Auswirkung auf die S Stiftung stets auf entsprechende Anweisung der Erstbegünstigten und wirtschaftlichen Stifterin, Frau N (das ist die Erblasserin), erfolgte. Zur selbständigen Ausübung des Mandats als Mitglied des Stiftungsrates der S Stiftung waren die Mitglieder des Stiftungsrates weder berechtigt noch verpflichtet. …“
    85

    Ein Beistatut zum Gründungsstatut liegt dem Kläger nicht vor.
    86

    Gemäß Beistatut vom 27.01.2006 (Blatt 245 f. der Erbschaftsteuerakte II) ist Erstbegünstigte der Stiftung die Erblasserin. Nach ihrem Tod waren X CHF an eine Organisation auszuschütten. Am restlichen Vermögen sollte der Kläger nach dem Ableben der Erstbegünstigten begünstigt werden.
    87

    Gemäß geändertem Stiftungsstatut vom 16.06.2009 ergibt sich Folgendes:
    88

    Art. 3
    89

    Zweck
    90

    1. Familienzweck
    91

    Die Stiftung bezweckt überwiegend die Vornahme von Ausschüttungen an Angehörige einer oder mehrerer bestimmter Familien zur Bestreitung der Kosten der Erziehung und Bildung, der Ausstattung oder Unterstützung des Lebensunterhaltes oder ähnlichen Familieninteressen im Allgemeinen sowie deren wirtschaftliche Förderung im weitesten Sinne. Hierzu zählen weitere Ausschüttungen an juristische Personen, Institutionen und dergleichen, welche dem oben angeführten Personenkreis wirtschaftlich zuzurechnen oder diesem förderlich sind.
    92

    2. Andere privatnützige Zwecke
    93

    Die Stiftung kann ergänzend Ausschüttungen an natürliche oder juristische Personen, die nicht dem in Ziffer 1 bezeichneten Kreis angehören, vornehmen oder ihnen sonstige wirtschaftliche Vorteile gewähren.
    94

    3. Gemeinnütziger Zweck
    95

    Die Stiftung kann ausserdem Ausschüttungen an gemeinnützige Institutionen gemäss Art. 107 Abs. 4a PGR vornehmen oder ihren sonstige wirtschaftliche Vorteile gewähren.
    96

    Art. 4
    97

    Beistatut und Begünstigte
    98

    Die Bezeichnung der konkreten oder nach objektiven Merkmalen individualisierbaren Begünstigten oder des Begünstigtenkreises erfolgt in einem Beistatut, dieses wurde erstmals bei Stiftungserrichtung durch den Stifter erlassen.
    99

    In dem vom Stifter festgelegten Rahmen bestimmt der Stiftungsrat die Begünstigten und legt den Zeitpunkt und Umfang ihrer Begünstigung fest.
    100

    Die Gläubiger von Begünstigten dürfen diesen ihre unentgeltlich erlangte Begünstigungsberechtigung oder Anwartschaftsberechtigung, bzw. einzelne Ansprüche daraus, auf dem Wege des Sicherungsverfahrens, der Zwangsvollstreckung oder des Konkurses nicht entziehen, soweit die Berechtigung der Erfüllung des Familienzwecks gemäß Art. 3 Z. 1 dient.
    101

    Art. 7 bestimmt in Ziffer 2, dass der Stiftungsrat das Stiftungsvermögen unter Beachtung des Stifterwillens entsprechend dem Zweck der Stiftung nach den Grundsätzen einer guten Geschäftsführung zu verwalten hat. Gemäß Art. 9 ist der Stifter befugt, die Statuten und Beistatuten jederzeit abzuändern. Zu den Einzelheiten wird auf das Statut vom 16.06.2009 Blatt 219 bis 228 der Erbschaftsteuerakte II Beug genommen. Das Beistatut vom 16.06.2009 (Blatt 109/110 der Erbschaftsteuerakte I) bestimmt, dass nach der Erstbegünstigten (der Erblasserin) der Kläger nach deren Ableben am restlichen Vermögen der Stiftung begünstigt werden solle.
    102

    Bei Abgabe der Erbschaftsteuererklärung am 28.01.2010 wies der Kläger auf das Stiftungsvermögen in Liechtenstein hin, vertrat in diesem Zusammenhang jedoch die Auffassung, dass es sich insoweit nicht um einen steuerpflichtigen Vorgang gemäß § 1 Erbschaftsteuergesetz (ErbStG) handele. Denn die Begünstigung des Klägers ergebe sich aus den rechtswirksamen Statuten einer ausländischen Stiftung.
    103

    Der Beklagte setzte die Erbschaftsteuer durch Bescheid vom 20.04.2010 auf X Euro fest und berücksichtigte dabei das Vermögen der S Stiftung mit dem zum Todestag der Erblasserin mitgeteilten Vermögen in Höhe von X Euro. Bei der S Stiftung handele es sich um eine Stiftung, welche nicht über das Vermögen im Verhältnis zum Stifter tatsächlich und rechtlich frei verfügen könne. Insoweit stelle das BFH-Urteil vom 28.06.2007 II R 21/05 (BStBl. II 2007, 669) fest, dass Vermögensübertragungen auf derartige Stiftungen nicht steuerbar gemäß § 7 Abs. 1 Nr. 8 ErbStG seien. Durch die verbleibende Verfügungsgewalt über das Vermögen sei keine Entreicherung der Stifterin/Erblasserin eingetreten. Daher sei das Vermögen auch weiterhin der Erblasserin zuzurechnen und gehöre deshalb zum Nachlass. Zu den Einzelheiten wird auf den Erbschaftsteuerbescheid nebst Anlage (Blatt 149 bis 151 Erbschaftsteuerakte I) Bezug genommen.
    104

    Gegen die Erbschaftsteuerfestsetzung wandte sich der Kläger mit Einspruch vom 12.05.2010. Bei der vom Kläger erworbenen Begünstigung am Vermögen der S Stiftung handele es sich nicht um einen in § 1 ErbStG geregelten Vorteil, der mit dem Tode der Erblasserin erworben worden sei. Das gelte auch dann, wenn man die S Stiftung unter zu Grunde Legung der Rechtsprechung des BFH (Urteil vom 28.06.2007 II R 21/05, a. a. O.) als abhängige bzw. transparente Stiftung bewerte. Ein Erwerb durch Erbanfall, Vermächtnis oder aufgrund eines geltend gemachten Pflichtteilsanspruchs (§ 3 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG) liege nicht vor. Die Begünstigung des Klägers vollziehe sich nicht aufgrund einer inländischen letztwilligen Verfügung, sondern ausschließlich aufgrund einer Anordnung, die die Stifterin in dem Statut einer rechtswirksam gegründeten liechtensteinischen Stiftung getroffen habe. Auch ein Erwerb durch Schenkung auf den Todesfall (§ 3 Abs. 1 Nr. 2 ErbStG) sei nicht gegeben. Es fehle insoweit an einem Vertrag zwischen der Erblasserin und dem Kläger, denn die Anordnung der Begünstigung sei mittels Beistatut einseitig durch die Erblasserin erfolgt.
    105

    Darüber hinaus machte der Kläger Beratungskosten im Zusammenhang mit der Erbschaftsteuerangelegenheit in Höhe von X Euro als Nachlassverbindlichkeiten geltend.
    106

    Den Einspruch wies der Beklagte durch Einspruchsentscheidung vom 30.01.2012 (ZU vom 01.02.2012) zurück. Das Vermögen der S Stiftung gehöre zum Nachlass und unterliege gemäß § 3 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG der Erbschaftsteuer. Der Erwerb durch Erbanfall infolge der testamentarischen Bestimmungen der Erblasserin umfasse das Weltvermögen. Dazu gehöre auch das Stiftungsvermögen, da unter Zugrundelegung der Rechtsprechung des BFH im Urteil vom 28.06.2007 II R 21/05 bei Errichtung der Stiftung insoweit keine Entreicherung der Erblasserin eingetreten sei. Infolge dessen sei das Stiftungsvermögen der Erblasserin weiter zuzurechnen und gehöre zum Nachlass. Darüber hinaus seien auch die Voraussetzungen eines Erwerbs durch Vertrag zu Gunsten Dritter auf den Todesfall gemäß § 3 Abs. 2 Nr. 4 ErbStG gegeben. Dazu werde auf das Urteil des Finanzgerichts Bremen vom 16.06.2010 1 K 18/10 (5), EFG 2010, 1801 hingewiesen.
    107

    Mit seiner Klage vom 29.02.2012 verfolgt der Kläger sein Begehren, das Vermögen der S Stiftung nicht dem der Erbschaftsteuer unterliegenden Nachlass zuzurechnen, weiter. Unter Wiederholung und Vertiefung seiner Argumentation aus dem Einspruchsverfahren verweist der Kläger darauf, die Entscheidung des BFH (II R 21/05) lasse keinen Schluss auf die Behandlung bei dem aufgrund des Beistatuts begünstigten Kläger zu. Denn § 3 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG erfasse nur den Erwerb durch Erbanfall, der hier durch die testamentarische Verfügung der Erblasserin ausgelöst werde. Diese Verfügung der Erblasserin beziehe sich jedoch allein auf das inländische Vermögen. Die Erblasserin habe keinen Anlass gehabt, auch bzgl. des liechtensteinischen Vermögens zu testieren, da sie insoweit die Regelungen im Beistatut getroffen habe. Auch ein Erwerb gemäß § 3 Abs. 1 Nr. 4 ErbStG liege nicht vor, da es insoweit an einem Dreiecksverhältnis fehle, wie auch das Finanzgericht Düsseldorf in seinem Urteil vom 02.04.2014 (4 K 3718/12 Erb, EFG 2014, 855) zutreffend entschieden habe.
    108

    Festzuhalten sei, dass die Erblasserin die S Stiftung nach liechtensteinischem Recht formell ordnungsgemäß errichtet habe und keine Gründe dafür vorlägen, das Prinzip der Trennung zwischen Stiftung und Stifter ausnahmsweise zu durchbrechen. Auch eine Absicht rechtsmissbräuchlicher Verwendung durch die Erblasserin oder ein Verstoß gegen den Ordre Public seien nicht feststellbar.
    109

    Der Kläger habe die Begünstigtenstellung an der S Stiftung mit dem Tod der Erblasserin aufgrund des Beistatuts erworben. Dieser Tatbestand des Vermögenserwerbs an einer ausländischen Stiftung sei jedoch vom abschließenden Erwerbskatalog des Erbschaftsteuergesetztes nicht erfasst.
    110

    Darüber hinaus macht der Kläger nunmehr Nachlassverbindlichkeiten in Höhe von insgesamt X Euro geltend. Der Beklagte hat deshalb am 28.10.2014 einen hinsichtlich der Berücksichtigung von Nachlassverbindlichkeiten geänderten Erbschaftsteuerbescheid erlassen. Zu den Einzelheiten wird auf den geänderten Bescheid hingewiesen.
    111

    Außerdem hat der Kläger gegenüber dem für die Einkommensteuerveranlagung der Erblasserin zuständigen Finanzamt die aus der S Stiftung in den Jahren 1999 bis 2008 erzielten Erträge nacherklärt. Auf den Schriftsatz vom 11.08.2009 sowie die infolge dessen ergangenen Einkommensteuerbescheide gegenüber dem Kläger als Rechtsnachfolger der Erblasserin wird Bezug genommen.
    112

    Der Kläger beantragt sinngemäß,
    113

    den angefochtenen Erbschaftsteuerbescheid in Gestalt der Einspruchsentscheidung und des Änderungsbescheides vom 28.10.2014 zu ändern und die Erbschaftsteuer ohne Einbeziehung des in der S Stiftung angelegten Vermögens neu festzusetzen.
    114

    Der Beklagte beantragt,
    115

    die Klage abzuweisen.
    116

    Zur Begründung bezieht er sich im Wesentlichen auf seine Einspruchsentscheidung.
    117

    Die Berichterstatterin hat den Sach- und Streitstand mit den Beteiligten am 15.08.2014 erörtert. Zu den Einzelheiten wird auf das Protokoll über den Erörterungstermin hingewiesen.
    118

    Der Senat entscheidet im Einverständnis der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung, § 90 Abs. 2 Finanzgerichtsordnung (FGO).
    119

    Entscheidungsgründe
    120

    Die zulässige Klage ist nicht begründet. Der angefochtene Erbschaftsteuerbescheid in Gestalt der Einspruchsentscheidung und des Änderungsbescheides vom 28.10.2014 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten (§ 100 Abs. 1 Satz 1 FGO).
    121

    Gemäß § 3 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG unterliegt der Erbschaftsteuer als Erwerb von Todes wegen der Erwerb durch Erbanfall (§ 1922 des Bürgerlichen Gesetzbuchs – BGB). Mit dem Tod einer Person geht deren Vermögen als Ganzes auf den oder die Erben über. Im vorliegenden Fall gehört zum beim Tod der Erblasserin aufgrund ihrer testamentarischen Verfügung auf den Kläger übergegangenen Vermögen auch das von der Erblasserin in der S Stiftung angelegte Vermögen, bezüglich dessen der Kläger Nachbegünstigter ist. Der Senat teilt dabei nicht die Auffassung des Klägers, das Testament der Erblasserin habe das in der Stiftung angelegte Vermögen gar nicht umfasst. Dem Wortlaut des Testaments lässt sich eine dahingehende Beschränkung nicht entnehmen. Die Regelung zur Nachbegünstigung des Klägers an den Erträgen und am Vermögen der S Stiftung im Beistatut schließt im Übrigen die umfassende testamentarische Verfügung nicht aus. Es handelt sich insoweit lediglich um eine aufgrund der Art der Vermögensanlage gebotene rechtliche Regelung, die es dem Kläger ermöglicht, seine umfassende Erbenstellung aufgrund des Testaments auch hinsichtlich des in der S Stiftung angelegten Vermögens wahrzunehmen – ähnlich der Weitergabe der gegenüber der Bank legitimierenden Zugangsdaten bei einem Schweizer Nummernkonto.
    122

    Zum Zeitpunkt ihres Todes war die Erblasserin noch Inhaberin des in der S Stiftung angelegten Vermögens.
    123

    Grundsätzlich gilt, dass mit der Übertragung von Vermögen auf eine nach liechtensteini-schem Recht wirksam gegründete Stiftung dieses Vermögen auf die Stiftung übergeht und die Besteuerung gemäß § 7 Abs. 1 Nr. 8 ErbStG auslöst. Stifter und Stiftung sind eigenständige Rechtspersonen. Ein Durchgriff auf die Person des Stifters nach der Errichtung der Stiftung ist grundsätzlich ausgeschlossen (Trennungsprinzip). Behält sich der Stifter bei Gründung der Stiftung jedoch bezüglich des übertragenen Vermögens weiter Weisungs- und Entscheidungsrechte vor, die dazu führen, dass die Stiftung im Verhältnis zum Stifter rechtlich und tatsächlich nicht frei über das auf sie übertragene Vermögen verfügen kann, tritt insoweit eine Bereicherung der Stiftung nicht ein mit der Folge, dass der Tatbestand des § 7 Abs. 1 Nr. 8 ErbStG nicht erfüllt ist (vgl. BFH, Urteil vom 28.06.2007 II R 21/05, BFHE 217, 254, BStBl. II 2007, 669). In so gelagerten Fällen wird das Trennungsprinzip durchbrochen und das Vermögen weiter dem Stifter zugeordnet.
    124

    Danach ist im vorliegenden Fall das Vermögen der Erblasserin bei der Gründung im Jahr 1999 nicht auf die S Stiftung übergegangen, sondern weiter der Erblasserin zuzuordnen. Denn ausweislich der Bestätigung der Mitglieder des Stiftungsrates vom 23.05.2011 hat von Beginn an eine umfassende Weisungsbefugnis der Erblasserin bestanden und war der Stiftungsrat zu selbständigen Entscheidungen bezüglich des Stiftungsvermögens weder berechtigt noch verpflichtet. Aufgrund dessen gehen auch die Beteiligten übereinstimmend davon aus, dass es sich – zumindest bis zum Tod der Erblasserin – bei der S Stiftung um eine sog. transparente Stiftung gehandelt hat.
    125

    Auch durch den Tod der Erblasserin ist im vorliegenden Fall das Trennungsprinzip nicht wieder wirksam geworden, so dass der Kläger das Stiftungsvermögen als Teil des Nachlasses der Erblasserin gemäß § 1922 BGB erworben hat.
    126

    Ausweislich des Urteils des OLG Stuttgart vom 29.06.2009 5 U 40/09 (unter II 3.d), ZEV 2010, 265) fällt in Fällen, in denen zu Lebzeiten des Stifters aufgrund seiner bestehenden Weisungsrechte das auf die Stiftung übertragene Vermögen weiter ihm zuzurechnen ist, das Vermögen bei seinem Tod unter Aufrechterhaltung des Trennungsprinzips ohne weiteres in den Nachlass.
    127

    Der Senat hat Zweifel, ob er dem Ansatz des OLG Stuttgart ohne Weiteres folgen könnte. Denn die vom Stifter vorbehaltenen Weisungsrechte, die ihm zu Lebzeiten den Zugriff auf das in der Stiftung angelegte Vermögen erlauben, sind höchstpersönliche Rechte, die mit dem Tod des Stifters erlöschen und nicht auf den oder die Erben übergehen. Das spricht dafür, dass mit dem Tod des Stifters das Trennungsprinzip auch bei transparenten Stiftungen wieder zum Tragen kommt, weil die Rechte des Stifters nicht auf die Erben und Nachbegünstigten übergehen und die Stiftung sich mit dem Tod des Stifters erfolgreich auf ihre Rechtsfähigkeit berufen kann (vgl. dazu Söffing „Die transparente liechtensteinische Stiftung“, Steueranwaltsmagazin 2010, 177 unter VI. 2.).
    128

    Jedoch ist der vorliegende Fall gesondert gelagert, weil nach der Überzeugung des Senats die S Stiftung für Zwecke der Steuerhinterziehung seitens der Erblasserin gegründet wurde. Das ergibt sich aus der Tatsache, dass der Erblasserin aus dem Stiftungsvermögen in den Jahren 1999 bis 2008 umfangreiche Erträge zugeflossen sind, die sie dem Fiskus gegenüber zu Lebzeiten nicht erklärt und damit den Tatbestand des § 370 Abs. 1 Nr. 1 Abgabenordnung (AO) verwirklicht hat. Auf die umfangreiche Nacherklärung durch den Kläger wird insoweit Bezug genommen. An einem entsprechenden Vorsatz der Erblasserin hegt der Senat nach dem Geschehensablauf keine Zweifel.
    129

    Für den Fall der missbräuchlichen Gründung geht bereits das für die Beurteilung der Wirksamkeit der Stiftungsgründung maßgebliche liechtensteinische Privatrecht von einer Durchbrechung des Trennungsprinzips und der Zulässigkeit des Durchgriffs auf die hinter der Stiftung stehende natürliche Person aus. Der Senat verweist insoweit auf die Darstellung und Zitate im Urteil des OLG Düsseldorf vom 30.04.2010 I-22 U 126/06, 22 (ZEV 2010, 528 unter B I 2. c)). Der Senat teilt dabei die Auffassung des OLG Düsseldorf, dass in Fällen der missbräuchlichen Stiftungsgründung durch den Tod des Stifters die Durchbrechung des Trennungsprinzips nicht automatisch beendet wird (so auch FG Düsseldorf, Urteil vom 02.04.2014 4 K 3718/12 Erb, EFG 2014, 855, wobei dort die tatsächlichen Voraussetzungen für eine Durchbrechung des Trennungsprinzips nicht vorlagen; siehe auch Piltz, „Erbschaftsteuerliche Neuorientierung bei Familienstiftungen?“, ZEV 2011, 236; a. A. Söffing, a. a. O. und Lennert/Blum, „Das neue liechtensteinische Stiftungsrecht: Zivil- und steuerrechtliche Einordnung nach der Stiftungsrechtsreform“, ZEV 2009, 171, die vorrangig einen Erwerb der Stiftung gemäß § 3 Abs. 1 Nr. 2 ErbStG sehen). Das gilt jedenfalls für das bis zum Tod des Stifters in der Stiftung angelegte Vermögen, das durch den Missbrauch, im vorliegenden Fall also durch die Steuerhinterziehung der Erblasserin, „infiziert“ ist. Insoweit verbleibt es bei der Zuordnung des Stiftungsvermögens bei der Erblasserin und demzufolge der Zuordnung zum Nachlass.
    130

    Da nach Auffassung des Senats das in der S Stiftung angelegte Vermögen zum Nachlass gehört, stellt sich nicht die Frage eines Erwerbs des Klägers gem. § 3 Abs. 1 Nr. 4 ErbStG (siehe dazu FG Bremen, Urteil vom 16.06.2010 1 K 18/10(5), EFG 2010, 1801).
    131

    Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 FGO.
    132

    Die Zulassung der Revision erfolgt gem. § 115 Abs. 2 Nr. 2 FGO zur Fortbildung des Rechts. Eine höchstrichterliche Entscheidung zur Frage der erbschaftsteuerlichen Behandlung von in einer Stiftung liechtensteinischen Rechts angelegtem Vermögen bei Tod des Stifters ist nicht ersichtlich.

    RechtsgebietFinanz- und Abgaberecht