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  • 26.02.2016 · IWW-Abrufnummer 146477

    Oberlandesgericht München: Beschluss vom 22.09.2015 – 34 Wx 47/14

    1.

    Zum Nachweis der Auflassungsberechtigung, wenn der im Grundbuch eingetragene Gesellschafter einer zweigliedrigen Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR) verstorben ist.
    2.

    Der Erbnachweis macht einen zusätzlichen Nachweis zum Vorhandensein und etwaigen Inhalt einer gesellschaftvertraglichen Nachfolgeklausel nicht entbehrlich. Liegt ein - schriftlicher Gesellschaftsvertrag nicht vor, kann das Grundbuchamt zur Glaubhaftmachung seines Inhalts grundsätzlich eidesstattliche Versicherungen des verbliebenen Gesellschafters und des (der) Erben verlangen. Von Vertretern im Urkundstermin abgegebene "einfache" - wenn auch nachgenehmigte - Erklärungen zur Nachfolge in den Gesellschaftsanteil genügen dafür regelmäßig nicht.


    Oberlandesgericht München

    Beschl. v. 22.09.2015

    Az.: 34 Wx 47/14

    In der Teileigentumsgrundbuchsache
    XXX
    wegen Zwischenverfügung (Nachweis der Bewilligungsberechtigung)
    -
    erlässt das Oberlandesgericht München - 34. Zivilsenat - durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht Lorbacher, die Richterin am Oberlandesgericht Dr. Schwegler und den Richter am Oberlandesgericht Kramer am 22.09.2015 folgenden
    Beschluss
    Tenor:

    I.

    Die Beschwerde der Beteiligten zu 1 bis 4 gegen die Zwischenverfügung des Amtsgerichts xxx - Grundbuchamt - vom 20. November 2013 (Buchstabe b) wird zurückgewiesen.
    II.

    Der Beschwerdewert wird auf 4.500 € festgesetzt.

    Gründe

    I.

    Der Beteiligte zu 1 und der am 26.10.1993 verstorbene Ehemann der Beteiligten zu 2 sind als Gesellschafter des bürgerlichen Rechts seit 22.9.1988 als Eigentümer im Grundbuch eingetragen.

    Der Beteiligte zu 1 und sein Mitgesellschafter hatten mit notariellem Bauträgervertrag vom 5.8.1988 das damals noch zu errichtende Teileigentum an die Ehegatten G., die Beteiligten zu 3 und 4, verkauft und eine Eigentumsvormerkung bewilligt, die zu deren Gunsten am 28.9.1988 auch eingetragen wurde.

    Ein zwischen der Beteiligten zu 2 und ihrem Ehemann geschlossener Ehe- und Erbvertrag, der zur Niederschrift des Nachlassgerichts am 2.12.1993 eröffnet wurde, enthält in Ziff. IV. die Vereinbarung:

    Wir setzen uns hiermit gegenseitig zu unseren unbeschränkten Alleinerben ein und nehmen diese Erbeinsetzung hiermit gegenseitig an.

    Am 8.5.2013 errichteten die Beteiligten zu 3 und 4 eine notarielle Urkunde, in der sie im eigenen Namen und zugleich für die Beteiligten zu 1 und 2 die Auflassung des Vertragsbesitzes erklärten und die Eintragung im Grundbuch bewilligten und beantragten.

    Ziff. IV. der Urkunde lautet:

    Herr ... (Beteiligter zu 1) und Frau ... (Beteiligte zu 2) versichern, dass seit Gründung der Gesellschaft bürgerlichen Rechts (Eigentümer) keine Änderung der Gesellschafter stattgefunden hat - von der Gesamtrechtsnachfolge aufgrund Erbfolge abgesehen-, dass nach dem Gesellschaftsvertrag die Gesellschaft mit Erben eines Gesellschafters fortgeführt wird, und dass Frau ... (Beteiligte zu 2) unmittelbar unbeschränkte Alleinerbin nach ihrem Ehemann wurde.

    Die Genehmigung der Urkunde durch die Beteiligten zu 1 und 2 liegt in grundbuchmäßiger Form vor.

    Mit fristsetzender Zwischenverfügung vom 20.11.2013 hat das Grundbuchamt u. a. beanstandet, dass der Gesellschaftsvertrag in schriftlicher Form oder, wenn ein solcher nicht existiere, die eidesstattliche Versicherung des Beteiligten zu 1 über den entsprechenden Inhalt des Gesellschaftsvertrags vorzulegen sei. Dagegen wendet sich die Beschwerde der Beteiligten, mit der sie geltend machen, denkbar sei nach dem Tod des einen Gesellschafters allein die Fortsetzung der Gesellschaft mit den Erben oder eine Auflösung der Gesellschaft nach § 727 BGB. In beiden Fällen hätten die maßgeblichen Personen gehandelt. Zudem enthalte die notarielle Urkunde vom 8.5.2013 in Ziff. IV. eine solche Versicherung.

    Das Grundbuchamt hat der Beschwerde nicht abgeholfen.

    II.

    Das Rechtsmittel hat keinen Erfolg.

    1. Die Beschwerde gegen die Zwischenverfügung (§ 18 GBO) ist nach § 11 Abs. 1 RPflG mit § 71 Abs. 1 GBO statthaft und in zulässiger Form (§ 73 i. V. m. § 15 Abs. 2 GBO) eingelegt. Der Notar hat zwar nicht angegeben, für wen er die Beschwerde einlegt; ersichtlich sind dies aber die Antragsberechtigten als Veräußerer und Erwerber des belasteten Grundbesitzes, somit die Urkundsbeteiligten (Demharter GBO 29. Aufl. § 15 Rn. 20), deren Beschwerdeberechtigung nicht zweifelhaft ist (Demharter § 71 Rn. 57 f.).

    2. Die Beschwerde ist unbegründet, da das Amtsgericht zu Recht einen Nachweis der Auflassungsbefugnis durch Vorlage des Gesellschaftsvertrags oder eine eidesstattliche Versicherung zu dessen Inhalt verlangt.

    a) Im Fall der Veräußerung eines Grundstücks (oder eines gleichzubehandelnden Wohnungs-/Teileigentums; vgl. BGHZ 49, 250) durch Auflassung (§ 20 GBO, § 925 BGB) ist die Auflassungsberechtigung als sonstige Voraussetzung der Eintragung gemäß § 29 GBO nachzuweisen (vgl. Hügel/Otto GBO 2. Aufl. § 29 Rn. 108 ff.).

    Einigungsberechtigt ist im Fall der Auflassung eines Grundstücks der Eigentümer als verlierender und der Erwerber als gewinnender Teil (Demharter § 20 Rn. 39 f.). Im Grundbuch als Eigentümerin eingetragen ist eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR), wenn auch deren Gesellschafter, wie in "Altfällen" üblich, noch als unmittelbar Berechtigte eingetragen sind (vgl. Demharter § 47 Rn. 34). Auch dann ist die Gesellschaft selbst Eigentümerin (BGH NJW 2006, 3716 [BGH 25.09.2006 - II ZR 218/05]) und damit einigungsberechtigt; für sie handeln jedoch regelmäßig die Gesellschafter gemeinschaftlich, § 709 BGB. Als einigungsberechtigt sind daher grundsätzlich die im Grundbuch eingetragenen Gesellschafter anzusehen (vgl. § 899a BGB, § 47 Abs. 2 Satz 2 GBO; Art. 229 § 21 EGBGB).

    Ist allerdings das Grundbuch hinsichtlich des Gesellschafterbestands unrichtig, etwa weil ein noch eingetragener Gesellschafter bereits verstorben ist, ist die Vermutung des § 899a BGB widerlegt. In diesem Fall setzt die Berichtigung des Grundbuchs durch Eintragung des Rechtsnachfolgers des verstorbenen Gesellschafters voraus, dass entweder der Unrichtigkeitsnachweis nach § 22 Abs. 1 Satz 1 GBO geführt wird oder Berichtigungsbewilligungen unter schlüssiger Darlegung der Grundbuchunrichtigkeit vorgelegt werden. Dies erfordert übereinstimmende Erklärungen der Gesellschafter und Erben in grundbuchmäßiger Form zum Inhalt des Gesellschaftsvertrags (vgl. BayObLG NZG 2001, 124/125 [BayObLG 02.11.2000 - 2 Z BR 111/00]; BayObLGZ 1992, 259/261; OLG Schleswig FGPrax 2012, 62/63); denn das Grundbuch darf nur in der Weise berichtigt werden, dass es den geänderten Rechtszustand insgesamt richtig wiedergibt (BayObLG NJW-RR 1995, 272 [BayObLG 09.06.1994 - 2 Z BR 52/94]; OLG Schleswig FGPrax 2012, 62 Leitsatz 1). Nichts anderes gilt, wenn das Grundbuch nicht erst durch Eintragung des Rechtsnachfolgers berichtigt werden soll, sondern das Grundstück sogleich an Dritte weiterveräußert wird (OLG Schleswig a. a. O.).

    Vorliegend enthält die von den Beteiligten zu 1 und 2 genehmigte Urkunde zwar die Bewilligungserklärungen zur Eintragung der Beteiligten zu 3 und 4, nicht aber die schlüssige Darlegung der Grundbuchunrichtigkeit einschließlich der Richtigkeit der erstrebten Eintragung. Durch die vorgelegte Eröffnungsniederschrift über den Erbvertrag steht zwar fest, dass das Grundbuch hinsichtlich der Eintragung des Gesellschafters M. unrichtig ist (vgl. § 47 Abs. 2 Satz 2, § 22 Abs. 1 GBO). Mit dem ebenfalls vorgelegten Erbvertrag ist jedoch lediglich die Erbfolge nachgewiesen (§ 35 Abs. 1 Satz 2 Halbs. 1 GBO). Aus diesen Unterlagen allein ergibt sich nicht ausreichend, ob die gesetzliche Regelung des § 727 Abs. 1 BGB eingreift oder durch Gesellschaftsvertrag ausgeschlossen ist (OLG Schleswig FGPrax 2012, 62/64 [OLG Schleswig 04.01.2012 - 2 W 186/11]). Dies ist jedoch erforderlich, da sich aus der Darlegung der Unrichtigkeit auch ergeben muss, wer durch die Berichtigung betroffen ist und daher die entsprechende Berichtigungsbewilligung abgeben muss (Hügel/Holzer § 22 Rn. 17).

    b) Die Beteiligten zu 1 und 2 haben weder einen Gesellschaftsvertrag in schriftlicher Form vorgelegt noch sich dazu erklärt, ob ein Gesellschaftsvertrag mit Nachfolgeklausel bestand und zum Eintritt der Beteiligten zu 2 in die Gesellschaft führen konnte.

    Die notarielle Urkunde vom 8.5.2013, die die Beteiligten zu 3 und 4 auch namens der Beteiligten zu 1 und 2 errichteten, spricht zwar von einer Fortführung der Gesellschaft "mit Erben eines Gesellschafters". Abgesehen davon, dass diese Erklärung schon nicht klar und eindeutig formuliert ist, stellt sie lediglich eine reine Wissenserklärung dar. Die Vorschriften über die Vertretung bei Willenserklärungen (§§ 164 ff. BGB) gelten für bloße Wissenserklärungen nur entsprechend. Dabei regelt § 166 BGB für Fälle der Stellvertretung lediglich die Wissenszurechnung und besagt, dass sich der Vertretene unter gewissen Umständen Wissen des Vertreters zurechnen lassen muss. Zwar ist -nicht nur im Versicherungsrecht - für Vorstellungsäußerungen anerkannt, dass entsprechend § 166 BGB eine Erklärung durch einen Wissenserklärungsvertreter abgegeben werden kann (Staudinger/Schilken BGB Bearb. April 2014 Vorbem zu § 164 Rn. 86). Diese Erklärungen können beweisrechtliche Auswirkungen haben. Sie sind jedoch nicht geeignet, im Grundbuchverfahren die Erklärung eines Beteiligten über das bei ihm vorhandene Wissen zu ersetzen (vgl. auch BayObLG NZG 2001, 124/125 [BayObLG 02.11.2000 - 2 Z BR 111/00] zu einer vom Notar abgegebenen Wissenserklärung).

    c) Es kann hier dahingestellt bleiben, unter welchen Umständen die Genehmigung der in der notariellen Auflassungsurkunde enthaltenen Erklärungen durch die Beteiligten zu 1 und 2 gegebenenfalls auch zur Darlegung des Inhalts des Gesellschaftsvertrags geeignet und ausreichend erscheinen. Jedenfalls kann das Grundbuchamt zur Glaubhaftmachung der vorgetragenen Umstände die Abgabe einer eidesstattlichen Versicherung über die relevanten Tatsachen verlangen.

    (1) Zwar ist eine abgeschwächte Form des Nachweises durch eidesstattliche Versicherung im Grundbuchrecht im Allgemeinen ohne gesetzliche Ausnahme wie in § 35 Abs. 3 Satz 2 GBO nicht zulässig (vgl. Senat vom 11.6.2014, 34 Wx 172/14 [...] Rn. 18; OLG Jena vom 23.8.2013, 9 W 356/13 [...] Rn. 5; Demharter § 29 Rn. 23). Allerdings ist anerkannt, dass eine solche Versicherung etwa dann ausreichen kann, wenn auch das Nachlassgericht keine andere Nachweismöglichkeit hätte (KG NJW-RR 2012, 847 [KG Berlin 06.03.2012 - 1 W 10/12]). Zum Teil wird eine eidesstattliche Erklärung auch zum Nachweis von Negativtatsachen für zulässig erachtet (vgl. OLG Köln FGPrax 2011, 13/16 [OLG Köln 13.12.2010 - 2 Wx 137/10]). Scheidet etwa bei nur mündlich geschlossenen Gesellschaftsverträgen der Nachweis in der Form des § 29 Abs. 1 GBO von vorneherein aus, so können zwar die übereinstimmenden Erklärungen der verbliebenen Gesellschafter und aller Erben in grundbuchmäßiger Form zum Inhalt des Gesellschaftsvertrags genügen (vgl. BayObLGZ 1992, 259/261). Sind jedoch nicht in der Form des § 29 GBO nachweisbare Tatsachen frei zu würdigen, kann das Grundbuchamt auch in Erwägung ziehen, zur Glaubhaftmachung entsprechende eidesstattliche Versicherungen zu verlangen (BayObLG NZG 2001, 124/125 [BayObLG 02.11.2000 - 2 Z BR 111/00]; OLG Schleswig FGPrax 2012, 62/64).

    (2) Zutreffend geht das Grundbuchamt davon aus, dass entsprechende eidesstattliche Versicherungen bislang nicht vorliegen. Bei der in Ziff. 4. der Urkunde vom 8.5.2013 abgegebenen Versicherung handelt es sich nicht um eine Erklärung über eigene Erkenntnisse der Beteiligten zu 3 und 4 (vgl. Leipold in Stein/Jonas ZPO 22. Aufl. § 294 Rn. 19). Die Genehmigung der Urkunde vom 8.5.2013 durch die Beteiligten zu 1 und 2 enthält wiederum keine Erklärung, dass sie selbst die in der genehmigten Urkunde angegebenen Tatsachen an Eides statt versichern und sich über die Bedeutung und Strafbarkeit einer falschen Erklärung im Klaren sind (vgl. § 38 Abs. 2 BeurkG).

    d) Der Hinweis der Beteiligten, außer einer Fortsetzung käme nur eine Liquidation der GbR in Betracht, so dass auch daher nur die Beteiligten zu 1 und 2 für die Abgabe der Auflassungserklärung in Betracht kämen und kein weiterer Nachweis erforderlich wäre, ist ebenfalls nicht zielführend. Falls die GbR nach dem Ableben eines ihrer Gesellschafter im Jahr 1993 aufgelöst worden sein sollte, erscheint es eher fernliegend, dass die Liquidationsgesellschaft mit diesem Zweck über 20 Jahre lang fortbestanden hat. Vielmehr kommt in Betracht, dass eine Liquidationsgesellschaft binnen eines so langen Zeitraums wieder in eine werbende GbR rückumgewandelt wurde, zumal die Eintragung im Grundbuch unverändert fortbestand. Auch dann kann auf eine Erklärung der Beteiligten zum Inhalt eines Gesellschaftsvertrags und zu den Gesellschaftern der GbR nicht verzichtet werden.

    III.

    Der Senat weist noch darauf hin, dass nach der zitierten Rechtsprechung das Hindernis nicht zwingend schon durch die eidesstattliche Versicherung nur des Beteiligten zu 1 behoben ist. Vielmehr kann auch eine Erklärung der Erbin, hier also der Beteiligten zu 2, notwendig werden.

    IV.

    Eine Kostenentscheidung ist nicht veranlasst.

    Der Geschäftswert des Beschwerdeverfahrens bestimmt sich nach den Schwierigkeiten für die Behebung des Hindernisses (Demharter § 77 Rn. 37); als Beziehungswert kann der Wert des Grundstücks herangezogen werden. Angemessen erscheint hier ein (verhältnismäßig niedriger) Bruchteil des Werts des zur Auflassung stehenden Grundbesitzes (10 % von gerundet 45.000 €; § 36 Abs. 1, § 79 Abs. 1 Satz 1 GNotKG).

    Die Voraussetzungen für die Zulassung der Rechtsbeschwerde nach § 78 Abs. 2 GBO liegen nicht vor.

    RechtsgebieteBGB, GBOVorschriftenBGB §§ 166, 727 Abs. 1; GBO §§ 20, 22 Abs. 1, § 29 Abs. 1, § 47 Abs. 2