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  • 25.04.2017 · IWW-Abrufnummer 193459

    Oberlandesgericht München: Urteil vom 08.03.2017 – 20 U 3806/16

    Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.


    OLG München

    08.03.2017

    20 U 3806/16

    In dem Rechtsstreit

    xxx

    wegen Forderung u. a.

    erlässt das Oberlandesgericht München - 20. Zivilsenat - durch die Vorsitzende Richterin am Oberlandesgericht ..., die Richterin am Oberlandesgericht ... und die Richterin am Oberlandesgericht ... aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 08.03.2017 folgendes
    Endurteil

    Tenor:

    I. Auf die Berufung der Beklagten wird das Teilurteil des Landgerichts Landshut vom 17.08.2016, Az. 44 O 3150/12, in Ziffer 1. aufgehoben.

    II. Der Antrag der Klägerin vom 18.12.2015 auf Ermittlung des Verkehrswerts des hälftigen Mitberechtigungsanteils des Erblassers am Dauerwohn- und Dauernutzungsrecht, bestellt am 18.12.2002 zu URNr. ...826 des Notars Manfred P., M., eingetragen am Objekt K.straße 11 in E., Amtsgericht Landshut, Grundbuch von E., Bl. ...108, wird zurückgewiesen.

    III. Die Klägerin trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.

    IV. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

    V. Die Revision wird nicht zugelassen.

    VI. Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 1.500,00 € festgesetzt.

    Gründe

    I.

    Der Angabe der tatsächlichen Verhältnisse bedarf es nicht, weil gegen dieses Urteil kein Rechtsmittel statthaft ist (§ 540 Abs. 2, § 313 a Abs. 1 ZPO, § 26 Nr. 8 EGZPO).

    II.

    Die Berufung ist begründet. Entgegen der Auffassung des Landgerichts ist der Anspruch auf Wertermittlung verjährt.

    1. Wie das Landgericht zutreffend ausgeführt hat, hat die dreijährige Verjährungsfrist hinsichtlich dieses Anspruchs am 31.12.2010 begonnen (§ 199 Abs. 1 BGB i.V.m. Art. 229 Abs. 2 EGBGB).

    a) Vor Ablauf des Jahres 2009 lag zumindest grob fahrlässige Unkenntnis des Ehemannes der Klägerin hinsichtlich seines Pflichtteilsanspruchs und seines Anspruchs auf Wertermittlung auch hinsichtlich des streitgegenständlichen Wohnrechts vor. Auf die Ausführungen des Landgerichts (II. 3 b i.V.m. I. 4. a und b) wird zur Vermeidung von Wiederholungen Bezug genommen. Selbst wenn der Ehemann der Klägerin das Schreiben des Nachlassgerichts vom 14.08.2009 nicht erhalten haben und davon ausgegangen sein sollte, nach dem Tod des Letztversterbenden als Miterbe neben seinem Bruder berufen zu sein, ändert das nichts daran, dass er sich innerhalb eines halben Jahres nach dem Tod seines Vaters Kenntnis über seinen Ausschluss von der Erbfolge nach diesem verschaffen konnte.

    b) Der Einwand der Klägerin, die Beklagte habe nicht substantiiert zum Beginn der Verjährungsfrist vorgetragen, greift nicht durch. Die diesbezüglichen Ausführungen im Beschluss des Senats vom 07.08.2013 beziehen sich auf den zunächst von der Beklagten geltend gemachten Beginn der Verjährung noch im August 2009 aufgrund des Schreibens des Nachlassgerichts vom 14.08.2009. Insoweit war weder dargelegt noch unter Beweis gestellt, wann dieses Schreiben dem Pflichtteilsberechtigten tatsächlich zugegangen und von ihm zur Kenntnis genommen worden war.

    c) Das Dauerwohnrecht hatte der Ehemann der Klägerin dem Erblasser selbst eingeräumt, so dass ihm bereits nach dem Tod seines Vaters im Jahr 2009 bekannt sein musste, dass sich dieses Recht im Nachlass befand. Es ist weder vorgetragen noch ersichtlich, dass ihm als Miteigentümer des mit dem Wohnrecht belasteten Grundstücks dessen (fortdauernde) Existenz verborgen geblieben wäre.

    2. Die unter Ziffer 2. der Klage vom 19.11.2012 erhobene Stufenklage hat nicht nach § 204 Abs. 1 Nr. 1 BGB zur Hemmung der Verjährung des Wertermittlungsanspruchs geführt, denn dieser Anspruch war nicht Streitgegenstand der Klage.

    a) Ein ausdrücklicher Antrag auf Wertermittlung ist in der Klageschrift vom 19.11.2012 nicht gestellt worden.

    b) In dem unter dem 1. Spiegelstrich der Stufenklage geltend gemachten Auskunftsanspruch ist der Anspruch auf Wertermittlung nach § 2314 Abs. 1 Satz 2 BGB nicht enthalten, denn er steht selbständig neben dem Anspruch auf Auskunft nach § 2314 Abs. 1 Satz 1 BGB und ist vom Berechtigten gesondert geltend zu machen (vgl. BGH Urteil vom 9.11.1983, BGHZ 89, 24/28 = NJW 1984, 487; MüKoBGB/Lange BGB 7. Aufl. 2017 § 2314 Rn. 17 m.w.N.; Staudinger/Herzog BGB § 2314 Rn. 115 m.w.N.; Palandt/Weidlich BGB 76. Auf. 2017 § 2314 Rn. 13). Der Umstand, dass in der dritten Stufe verlangt wird, "den Pflichtteil des sich aus der Auskunft ergebenden Nachlasswerts" zu zahlen, trägt nicht den Schluss, dass in der erster Stufe entgegen dem Wortlaut nicht nur Auskunft durch Vorlage eines durch einen Notar aufgenommenen Verzeichnisses verlangt wird, sondern darüber hinaus auch Wertermittlung. Der bei Erhebung der Stufenklage notwendig unbezifferte Leistungsantrag kann nur auf den - noch nicht bekannten - Nachlasswert bezogen werden. Diese Formulierung besagt deshalb nichts dazu, ob der Berechtigte neben dem Anspruch auf Auskunft auch einen Anspruch auf Wertermittlung gegenüber dem Verpflichteten geltend macht.

    c) Soweit das Landgericht meint, der Anspruch auf Wertermittlung bilde mit dem Anspruch auf Auskunft einen einheitlichen Anspruch, folgt der Senat dem nicht. Nach der überwiegenden Meinung in Rechtsprechung und Literatur bilden Auskunft nach § 2314 Abs. 1 Satz 1 BGB und notarielles Verzeichnis nach § 2314 Abs. 1 Satz 3 BGB einen einheitlichen Anspruch unterschiedlicher Stärkegrade mit der Folge, dass die Auskunftsklage die Verjährung auch hinsichtlich des Anspruchs auf Erstellung eines notariellen Verzeichnisses unterbricht (vgl. BGH NJW 1961, 602 [BGH 02.11.1960 - V ZR 124/59]; OLG Schleswig Urteil vom 5.5.2015 [...] Rn. 29; Palandt/Weidlich § 2314 Rn. 12; MüKoBGB/ Lange § 2314 Rn. 4, Rn. 53 a.E.; a.A. Braun, MittBayNot 2016, 533/535). Das gilt jedoch nicht für den Anspruch auf Wertermittlung, der - wie oben dargelegt - einen selbständigen Anspruch neben dem Auskunftsanspruch darstellt (vgl. Palandt/Weidlich § 2314 Rn. 12).

    d) Aus dem Wesen der Stufenklage folgt nicht, dass die Verjährung bezüglich aller dem Zahlungsbegehren vorangehenden Ansprüche gehemmt wird, auch wenn diese nicht rechtshängig gemacht worden sind. Die Verjährung des Zahlungsanspruchs wird bei der Stufenklage zwar auch dann gehemmt, wenn dieser - in der Klageschrift enthaltene und rechtshängig gewordene Anspruch - zunächst in der mündlichen Verhandlung nicht gestellt wird (vgl. BGH Urteil vom 14.5.1975, NJW 1975, 1409/1410 [BGH 14.05.1975 - IV ZR 19/74]). Daraus kann jedoch nicht hergeleitet werden, dass mit einer Stufenklage auf Auskunft, eidesstattliche Versicherung und Zahlung die Verjährung hinsichtlich jedweden dem Hauptbegehren dienlichen Anspruchs gehemmt wird, auch wenn er mit der Klage zunächst nicht geltend gemacht wird.

    III.

    Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 ZPO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit auf §§ 708 Nr. 10, 711, 713 ZPO. Die Festsetzung des Streitwerts folgt aus § 3 ZPO. Die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision liegen nicht vor.