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  • 23.01.2019 · IWW-Abrufnummer 206749

    Kammergericht Berlin: Beschluss vom 13.11.2018 – 1 W 323/18

    Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.


    Kammergericht Berlin

    Beschl. v. 13.11.2018


    Tenor:

    Der angefochtene Beschluss wird aufgehoben. Das Grundbuchamt wird angewiesen, den im Namen der Beteiligten zu 1 gestellten Antrag vom 29. März 2017, Blatt 1# der Grundakten, zu vollziehen.

    Gründe

    Die ursprünglich eingetragene Eigentümerin verstarb am 21. April 2004 und wurde durch ihren am 12. März 2007 nachverstorbenen Sohn (im Folgenden: Erblasser) als Alleinerben beerbt (Erbschein des Amtsgerichts Linz am Rhein vom xx.xx. 2009 - x VI xx/08). Die Erben des Erblassers sind inzwischen auf Anweisung des Senats im Verfahren 1 W 219/13 in Erbengemeinschaft in Abt. I des Grundbuchs eingetragen. Zur Testamentsvollstreckerin bis zum 31. Dezember 2030 ist ausweislich der in den Grundakten befindlichen Ausfertigung des Testamentsvollstreckerzeugnisses des Amtsgerichts Linz am Rhein vom xx.xx. 2007 - x VI xx/07 - die Beteiligte zu 1 berufen.

    Am 18. November 2011 erteilte die Beteiligte zu 1 der Beteiligten zu 2 zur UR-Nr. 1##/2## des Notars Dr. L### F### in H## -G##### Generalvollmacht, sie "in allen meinen Angelegenheiten zu vertreten, soweit das Gesetz eine Vertretung zulässt".

    Die Beteiligte zu 2 bewilligte und beantragte zur UR-Nr. 4#/2## des Notars K## -C#### v. B### in Berlin am 29. März 2017 im Namen der Beteiligten zu 1 für diese in dem im Beschlusseingang bezeichneten Grundbuch ein lebenslanges Nießbrauchsrecht sowie ein aufschiebend auf den Tod der Beteiligten zu 1 bedingtes, mit Ablauf des 31. Dezember 2030 erlöschendes Nießbrauchsrecht für sich und die Beteiligte zu 3 einzutragen.

    Gegenüber dem Notar wies sich die Beteiligte zu 1 durch Vorlage der Ausfertigung der UR-Nr. 1##/2## aus, von der eine beglaubigte Kopie der UR-Nr. 4#/2## beigefügt wurde.

    Am 19. Oktober 2017 hat der Notar v. B### seine UR-Nr. 4#/2## bei dem Amtsgericht zum Vollzug des darin enthaltenen Antrags eingereicht.

    Das Grundbuchamt hat zunächst mit Zwischenverfügung vom 25. Oktober 2017 unter Fristsetzung darauf hingewiesen, es sei nachzuweisen, "dass im vorliegenden Fall die Eintragung der beantragten Nießbrauchsrechte rechtlich zulässig und geboten ist". Mit weiterer Zwischenverfügung vom 15. Februar 2018 hat das Grundbuchamt die Auffassung vertreten, die Beteiligte zu 2 könne aufgrund der ihr erteilten Vollmacht nicht auch die Tätigkeiten der Beteiligten zu 1 als Testamentsvollstreckerin ausüben und die Bewilligungsbefugnis der Beteiligten zu 1 sei nicht nachgewiesen.

    Mit Beschluss vom 21. August 2018 hat das Grundbuchamt den Antrag vom 29. März 2017 zurückgewiesen. Hiergegen richtet sich die Beschwerde der Beteiligten zu 1 vom 26. September 2018, der das Grundbuchamt mit Beschluss vom 1. Oktober 2018 nicht abgeholfen hat.

    II.

    Die allein im Namen der Beteiligten zu 1 erhobene Beschwerde ist zulässig, § 71 Abs. 1 GBO, und hat auch in der Sache Erfolg.

    1. Wurde den Beteiligten im Rahmen einer Zwischenverfügung unter Fristsetzung Gelegenheit gegeben, ein der Eintragung entgegenstehendes Hindernis zu beseitigen, hat das Grundbuchamt den Antrag nach Ablauf der Frist zurückzuweisen, wenn nicht inzwischen die Hebung des Hindernisses nachgewiesen ist, § 18 Abs. 2 S. 2 GBO. Die Zurückweisung des Antrags setzt in diesem Fall voraus, dass das von dem Grundbuchamt aufgezeigte Hindernis tatsächlich auch besteht. Das ist vorliegend nicht der Fall. Die dem angefochtenen Beschluss vorangegangenen Zwischenverfügungen des Grundbuchamtes waren nicht gem. § 18 Abs. 1 S. 1 Alt. 2 GBO veranlasst.

    a) Allerdings ist es im Ausgang nicht zu beanstanden, dass das Grundbuchamt den Nachweis der Bewilligungsbefugnis der Beteiligten zu 1 in grundbuchtauglicher Form für erforderlich erachtet hat. Hierauf hat der Senat bereits in seiner auf eine Beschwerde der Beteiligten zu 1 beruhenden Entscheidung vom 22. Mai 2014 (1 W 219/13) hingewiesen.

    Zum Nachweis der Befugnis eines Testamentsvollstreckers zur Verfügung über einen Nachlassgegenstand ist regelmäßig die Vorlage eines Testamentsvollstreckerzeugnisses gem. § 2368 BGB erforderlich, aber auch ausreichend, § 35 Abs. 2 HS 1 GBO. Ein solches Testamentsvollstreckerzeugnis befindet sich in Ausfertigung bei den Akten. Damit hat es sein Bewenden.

    aa) Im Grundbuchverfahren kommt dem Testamentsvollstreckerzeugnis wie dem Erbschein volle Beweiskraft zu, § 35 Abs. 1 und 2 GBO (Schöner/Stöber, Grundbuchrecht, 15. Aufl., Rdn. 3464; Demharter, GBO, 31. Aufl., § 35, Rdn. 62). Jedoch wird das Zeugnis mit der Beendigung des Amts kraftlos, § 2368 Abs. 3 HS. 2 BGB. Dies kann auch im Verfahren vor dem Grundbuchamt nicht unberücksichtigt bleiben (OLG München, ZEV 2006, 173, 174).

    Allerdings muss die Beendigung der Testamentsvollstreckung zur vollen Überzeugung des Grundbuchamts feststehen (Senat, Beschluss vom 9. Dezember 2014 - 1 W 266-269/14 - FGPraxis 2015, 104, 105). Deshalb kann das Grundbuchamt die Testamentsvollstreckung als fortdauernd ansehen, wenn keine Anhaltspunkte für eine Beendigung des Amtes vorliegen (Demharter, a.a.O., Rdn. 61). So ist es hier.

    bb) Es ist insbesondere nicht ersichtlich, dass das Amt der Beteiligten zu 1 aus den in §§ 2225, 2201 BGB aufgeführten Gründen beendet sein könnte.

    Gegen die Annahme einer Betreuerbestellung spricht schon die zur Vermeidung einer solchen ausdrücklich erteilte Vorsorgevollmacht zur UR-Nr. 1##/2##, und in der Geschäftsfähigkeit beschränkt kann die im Jahr 1936 geborene Beteiligte zu 1 nicht sein, vgl. § 106 BGB.

    Es bestehen auch keine ernsthaften, auf Tatsachen beruhenden Zweifel an der Geschäftsfähigkeit der Beteiligten zu 1 (vgl. Demharter, a.a.O., § 1, Rdn. 46; Hertel, in: Meikel, GBO, 11. Aufl., § 29, Rdn. 135). Eine andere Bewertung folgt nicht aus der der Beteiligten zu 2 erteilten Vollmacht oder dem Umstand, dass diese unter Ausnutzung der Vollmacht für die Beteiligte zu 1 hier gehandelt hat. Die unter Ziffer I. der UR-Nr. 1##/2## aufgeführte "Generalvollmacht" steht unter keinerlei Vorbehalt und ist der Beteiligten zu 2 danach unbedingt erteilt worden. Lediglich die unter Ziffer II. erteilte "Vorsorgevollmacht" setzt den Eintritt dort näher benannter Bedingungen voraus. Darauf kommt es aber nicht an, weil die insoweit der Beteiligten zu 2 eingeräumte Vertretungsmacht lediglich nichtvermögensrechtliche Angelegenheiten wie Gesundheitsfürsorge und Aufenthaltsbestimmung betrifft. Darum geht es hier aber aber gerade nicht. Danach unterfallen die im Namen der Beteiligten zu 1 abgegebenen Erklärungen der Generalvollmacht zu Ziffer I., die ausdrücklich unbeschränkt - in den Grenzen des gesetzlich Möglichen - erteilt worden ist.

    b) Die von der Beteiligten zu 2 im Namen der Beteiligten zu 1 erklärte Bewilligung wirkt für und wider diese, §§ 164 Abs. 1, 167 BGB, auch in deren Eigenschaft als Testamentsvollstreckerin über den Nachlass des Erblassers.

    Gem. §§ 2218 Abs. 1, 664 Abs. 1 S. 1 BGB hat der Testamentsvollstrecker sein Amt selbst zu führen und darf es im Zweifel nicht einem Dritten übertragen (vgl. Palandt/Weidlich, BGB, 77. Aufl., § 2218, Rdn. 2; Zimmermann, Die Testamentsvollstreckung, 4. Aufl., Rdn. 313). Hiervon zu unterscheiden ist die Bevollmächtigung Dritter durch den Testamentsvollstrecker.

    aa) Der Senat hat seit jeher den Testamentsvollstrecker für befugt angesehen, sich für die Besorgung einzelner Geschäfte eines Vertreters zu bedienen (Senat, Beschluss vom 11. Januar 1904 - 1 Y 1411/03 - KGJ 27, 197, 199; Beschluss vom 16. Mai 1906 - 1 Y 463/06 - KGJ 32, 91, 93).

    Auch die Erteilung einer Generalvollmacht ist jedenfalls dann nicht ausgeschlossen, wenn der Erblasser keine abweichenden Anordnungen getroffen hat und der Generalbevollmächtigte lediglich widerruflich bestellt worden ist (Senat, Beschluss vom 24. in Oktober 1929 - 1 X 613/29 - JFG 7, 279, 281). Dann tritt kein anderer an die Stelle des Testamentsvollstreckers, vielmehr bleibt dieser berechtigt, neben dem Bevollmächtigten persönlich aus eigenem Recht Rechtsgeschäfte für den Nachlass vorzunehmen (Senat, a.a.O., 282).

    Hiervon abzuweichen, besteht im vorliegenden Fall kein Grund (ebenso Demharter, a.a.O., § 52, Rdn. 19; Zimmermann, a.a.O., Rdn. 317; J. Mayer, in: Mayer/Bonefeld, Testamentsvollstreckung, 4. Aufl., § 15, Rdn. 15; Lange, in: BeckOK, BGB, § 2218 Rdn. 6). Die gegenteilige Ansicht (Winkler, Der Testamentsvollstrecker, 22. Aufl., Rdn. 468) übersieht, dass bei einer widerruflich erteilten Generalvollmacht regelmäßig kein Anhalt gegeben ist, der Testamentsvollstrecker entziehe sich seiner aus dem Amt folgenden Obliegenheiten.

    bb) Danach bestehen gegen die Wirksamkeit der von der Beteiligten zu 1 der Beteiligten zu 2 erteilten Generalvollmacht keine Bedenken.

    Der Erblasser hat die Erteilung von Vollmachten, auch von Generalvollmachten in seinen letztwilligen Verfügungen, insbesondere seinem zur UR-Nr. 1##/2## des Notars S## in L## am R## errichteten Testament vom 19. August 2003 nicht ausgeschlossen. Vielmehr verhält sich das Testament hierzu nicht. Im Hinblick darauf, dass er die Beteiligte zu 2 ersatzweise für die Beteiligte zu 1 zur Testamentsvollstreckerin bestimmt hat, ist die Annahme gerechtfertigt, dass der Erblasser gegen die hier erteilte Generalvollmacht keine Einwendungen erhoben hätte.

    Die Generalvollmacht ist nicht unwiderruflich erteilt worden, wobei dahinstehen kann, ob ein Widerruf bei einer solchen Vollmacht überhaupt zulässig hätte ausgeschlossen werden können (BGH, WM 2010, 1218, 1220 [BGH 01.06.2010 - XI ZR 389/09]).

    Das Amt der Beteiligten zu 1 als Testamentsvollstreckerin wird vom Umfang der Generalvollmacht erfasst. Dagegen spricht nicht, dass das Amt in der Vollmacht nicht erwähnt wird. Das ist nicht erforderlich, weil bereits die Bezeichnung als "Generalvollmacht" für eine umfassend erteilte Vertretungsmacht spricht (Senat, Beschluss vom 17. November 2016 - 1 W 562/16 - MittBayNot 2017, 368, 369). Aber auch inhaltlich besteht insoweit kein Zweifel. Die Beteiligte hat ausdrücklich zur UR-Nr. 1##/2## den Umfang dahin bestimmt, dieser betreffe alle ihre Angelegenheit "soweit das Gesetz eine Vertretung zulässt". Im Gegensatz zu den unter Ziffer II. aufgeführten und hier nicht betroffenen Aufgabenkreisen enthält die unter Ziffer I. aufgeführte Generalvollmacht keine weiteren Einschränkungen. Sie geht auch ersichtlich über den Zweck der "Vorsorgevollmacht" zu Ziffer II., die Bestellung eines Betreuers zu vermeiden, hinaus. Die Generalvollmacht soll auch für die Erben der Beteiligten zu 1, also transmortal (vgl. Palandt/Weidlich, a.a.O., Einführung vor § 2197, Rdn 9) gelten. Nach dem Tod der Beteiligten zu 1 kommt aber die Bestellung eines Betreuers für sie nicht mehr in Betracht bzw. erlischt ein solches Amt mit dem Tod des Betroffenen automatisch von selbst (Palandt/Götz, a.a.O., § 1896, Rdn. 26).

    2. Weitere Hindernisse stehen der beantragten Eintragung eines Nießbrauchs zu Gunsten der Beteiligten zu 1 bzw. eines aufschiebend bedingten und befristeten Nießbrauchs für die Beteiligten zu 2 und 3 nicht entgegen. Der Senat hat in seiner diesem Verfahren voran gehenden Entscheidung vom 22. Mai 2014 (1 W 219/13) darauf hingewiesen, dass es sich bei der Erfüllung eines Vermächtnisses durch den dazu berufenen Testamentsvollstrecker nicht um eine unentgeltliche Verfügung im Sinne des § 2205 S. 3 BGB handelt, weil sie den Erben einen Vermögensvorteil durch Befreiung von einer Nachlassverbindlichkeit bringt. So ist es hier. Der Erblasser hat der Beteiligten zu 1 in seinem Testament vom 19. August 2003 ein lebenslanges Nießbrauchsrecht an dem Grundstück vermacht und bestimmt, dass dieses Recht nach deren Tod den Beteiligten zu 2 und 3 zustehen und, nur bezogen auf Letztere zum 31. Dezember 2030 erlöschen solle. Dem entsprechen Bewilligung und Antrag vom 29. März 2017.