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  • 18.12.2019 · IWW-Abrufnummer 212985

    Oberlandesgericht Köln: Beschluss vom 19.09.2019 – 2 Wx 264/19

    Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.


    Oberlandesgericht Köln


    Tenor:

    Die weitere Beschwerde des Beteiligten zu 2) wird zurückgewiesen.

    1

    Gründe:

    2

    1.

    3

    Der Beteiligte zu 1) wurde im Jahr 1988 wegen eines frühkindlichen Hirnschadens entmündigt; seit dem Jahr 1992 besteht eine rechtliche Betreuung für alle Angelegenheiten, auch für den Bereich der Vermögenssorge. Vormund, bzw. Betreuerin war zunächst seine Mutter; nach deren Versterben dann seine Schwester. Die Betreuung wurde zuletzt mit Beschluss vom 24.10.2012 bis zum 24.10.2019 verlängert (Bl. 429 d. A.).Der Beteiligte zu 1) wohnt in einer Wohngruppe eines heilpädagogischen Heimes. Ausweislich des letzten Jahresberichtes seiner Betreuerin vom 16.11.2018 (Bl. 467 ff. d. A.) erhält er eine monatliche Rente in Höhe von 722,62 €, die an den A als Kostenträger übergeleitet ist. Aus Werkstatttätigkeit erhält er ein Arbeitsentgelt in Höhe von monatlich 182 €. Für ihn besteht ein Konto bei der B, welches im November 2018 einen Kontostand von 747,74 € aufwies; sein Taschengeldkonto hatte einen Stand von 130,20 €. Außerdem verfügte er über eine Spareinlage von 307,66 €.Nachdem der Vater des Beschwerdeführers bereits im Jahr 1996 verstorbenen ist, verstarb am 19.3.2004 auch seine Mutter. Diese hatte am 19.12.1997 ein notarielles Testament errichtet, mit dem sie ihre drei Kinder jeweils zu gleichen Teilen als Erben eingesetzt hat, wobei sie den Beteiligten zu 1) mit seinem Anteil von 1/3 zum nichtbefreiten Vorerben bestimmt hat. Die Erblasserin hat außerdem Testamentsvollstreckung über den Erbteil des Erstbeschwerdeführers angeordnet und die Betreuerin als Testamentsvollstreckerin eingesetzt. Aufgabe der Testamentsvollstreckerin soll die Verwaltung des Erbteils des Erstbeschwerdeführers sein; wobei die Erblasserin angeordnet hat, dass der Testamentsvollstrecker dem Erstbeschwerdeführer die ihm gebührenden anteiligen jährlichen reinen Erträgnisse zuzuwenden habe (Bl. 4 ff. d. BA 46 IV 254/2004 AG Siegburg).Im Frühjahr 2005 wurde das Einfamilienhaus der Erblasserin veräußert. Der Erbteil des Erstbeschwerdeführers in Höhe von 43.082,92 € wurde zunächst auf ein Sparbuch eingezahlt. In der Folge wurde der Erbteil dann in Form von "Wachstumssparen" bei der C angelegt.

    4

    Im Nachgang zu dem Jahresbericht der Betreuerin vom 16.11.2018 vertrat die Rechtspflegerin des Amtsgerichts dann die Auffassung, zum Vermögen des Beteiligten zu 1) im kostenrechtlichen Sinn gehöre auch das Vermögen, welches im Rahmen des so genannten Behindertentestamentes aufgrund von Testamentsvollstreckung der erbrechtlichen Beschränkung unterliege. Daher hat das Betreuungsgericht Siegburg sodann mit Kostenansatz vom 25.02.2019 für die Jahre 2017, 2018 und 2019 gegen den Beschwerdeführer einen Betrag in Höhe von jeweils 200 € als Jahresgebühr nach Nr. 11101 KV GNotKG, insgesamt also 600 €, geltend gemacht (Bl. VIa d. A.).Hiergegen hat die Betreuerin für den Beteiligten zu 1) Erinnerung eingelegt. Mit Beschluss vom 02.08.2019 hat die Rechtspflegerin des Amtsgerichts die Erinnerung schließlich zurückgewiesen (Bl. 535 f. d. A.). Gegen diesen Beschluss hat sich die Betreuerin für den Beteiligten zu 1) mit Beschwerde vom 06.08.2019 gewandt (Bl. 538 ff.).Mit Beschluss vom 29.08.2019 hat die zuständige Beschwerdekammer des Landgerichts Bonn den Beschluss des Amtsgerichts Siegburg vom 02.08.2019 und den Kostenansatz des Amtsgerichts vom 25.02.2019 aufgehoben und die weitere Beschwerde zugelassen (Bl. 550 ff. d. A.). Zur Begründung hat die Beschwerdekammer im Wesentlichen ausgeführt, dass maßgeblich für den Kostenansatz der Umfang des „Vermögens“ sei, wobei von der Kammer in Übereinstimmung mit dem OLG München die Auffassung vertreten wird, dass das unter Testamentsvollstreckung stehende Vermögen für die Ermittlung der Gerichtskosten nicht heran zu ziehen sei, da sich die Vermögenssorge im Rahmen der rechtlichen Betreuung nicht darauf erstrecke. Denn mit dem Wert des durch den Betreuer zu verwaltenden Vermögens steige oder sinke auch der gerichtliche Kontrollaufwand. Im Übrigen gehöre der anteilige Nachlasswert zumindest wirtschaftlich auch nicht zum Vermögen des Betreuten.Gegen diesen Beschluss richtet sich die weitere Beschwerde des beteiligten Landes, vertreten durch die Bezirksrevisorin vom 06.09.2019 (Bl. 555 f. d. A.), mit der unter Berufung auf eine Entscheidung des Senats vom 14.09.2009 (2 Wx 66/09) geltend gemacht wird, dass es auf die Verfügbarkeit der vorhandenen Vermögenswerte nicht ankomme. Vielmehr sei auch das unter Testamentsvollstreckung stehende Vermögen für die Ermittlung der Gerichtskosten heranzuziehen.2.Die gemäß § 81 Abs. 4 S. 1 GNotKG statthafte weitere Beschwerde ist zulässig erhoben. Sie wird gestützt auf die Rüge, die landgerichtliche Entscheidungberuhe auf einer Verletzung des Rechts, weil die dem Kostenansatz zugrunde liegende Gebührenvorschrift nicht richtig ausgelegt worden sei (§ 81 Abs. 4 S. 2 GNotKG i.V.m. § 546 ZPO).In der Sache hat die weitere Beschwerde jedoch keinen Erfolg.Die Jahreswertgebühr der Nr. 11101 KV GNotKG ist auf Basis “des zu berücksichtigenden Vermögens“ zu berechnen. Zu berücksichtigendes Vermögen ist das Reinvermögen, also der Vermögenswert nach Abzug der Passiva von den Aktiva. Nach Abs. 1 S. 1 der Anmerkung zu Nr. 11101 KV GNotKG wird Reinvermögen des Betroffenen nur berücksichtigt, soweit es mehr als 25.000 € beträgt. Keinen Eingang in diesen Vermögenswert findet ein angemessenes Hausgrundstück im Sinne von § 90 Abs. 2 Nr. 8 SGB XII. Das Vermögen des Betroffenen wird nur insoweit der Bewertung zu Grunde gelegt, als es Gegenstand der Betreuung ist (vgl. Korintenberg/Fackelmann, GNotKG, 20. Aufl. 2017, Nr. 11101 KV Rn. 35ff.).Soweit der Senat mit Beschluss vom 14.09.2009 - 2 Wx 66/09 - zur Vorschrift des § 92 Abs. 1 KostO die Ansicht vertreten hat, dass auch das der Testamentsvollstreckung unterliegende Vermögen des Betroffenen, welches er als nichtbefreiter Vorerbe ererbt hat, zu berücksichtigen sei, wird diese Rechtsprechung nicht aufrecht erhalten. So wird darauf abgestellt, nach dem eindeutigen Wortlaut der Kostenvorschrift des Nr. 11101 KV GNotKG käme es (ebenso wie bei der vorhergehenden Bestimmung des § 92 KostO) allein darauf an, dass der Betreute Inhaber des Vermögens sei, so dass die Verwertbarkeit bzw. Verfügbarkeit unerheblich sei (vgl. auch OLG Celle, Beschluss v. 28.12.2016, 2 W 255/16; OLG Hamm, Beschluss v. 18.08.2015, 15 Wx 203/15). Hiergegen ist jedoch anzuführen, dass es nach dem klaren Wortlaut des Gesetzes für die Bemessung des Geschäftswertes zwar nicht darauf ankommt, ob das Vermögen des Betreuten verwertbar oder verfügbar ist, wohl aber darauf, ob sich die Betreuung auf das gesamte Vermögen des Betreuten oder nur auf einen Teil desselben bezieht (vgl. OLG München, Beschluss v. 18.01.2019, 34 Wx 165/18).In Abs. 1 S. 2 der Anm. zu Nr. 11101 KV GNotKG ist bestimmt, dass sich der Verfahrenswert nur nach dem Wert eines Vermögensteils richtet, wenn Gegenstand der Betreuung lediglich dieser Teil des Vermögens ist. Diese Beschränkung des Verfahrenswertes in Fällen der Dauerbetreuung mit unmittelbarem Bezug auf lediglich einen Teil des betreuten Vermögens begründet sich in der Verknüpfung zwischen der Höhe des von der Maßnahme betroffenen Vermögens und dem Bearbeitungssaufwand sowie dem Haftungsrisiko des Gerichts. Dabei kann sich eine Beschränkung auf einen Teil des Vermögens nicht nur aus einer ausdrücklichen Einschränkung im Bestellungsbeschluss, sondern auch aus „den Verhältnissen“ und dem Aufgabenkreis ergeben (vgl. OLG München a.a.O.; Korintenberg/Fackelmann a.a.O. Rn. 37).Das dem Beschwerdeführer über ein so genanntes „Behindertentestament“ als nicht befreiten Vorerben zugewandte, der Dauerverwaltung durch eine Testamentsvollstreckerin unterliegende Vermögen ist bei der Berechnung des Geschäftswertes, aus dem die Jahresgebühr nach Nr. 11101 KV GNotKG zu erheben wäre, daher nicht zu berücksichtigen. Denn dieser Teil des Betreutenvermögens unterliegt nicht der vom Betreuungsgericht zu kontrollierenden Verwaltung der Betreuerin, sondern derjenigen der Testamentsvollstreckerin. Insofern würde auch der teilweise beschrittene Weg eines Wertkorrektivs durch Berücksichtigung des Werts der Nacherbenanwartschaft als Passivposten bei der Ermittlung des Reinvermögens zu kurz greifen (so u.a. LG Augsburg, Beschluss v. 06.04.2017, 51 T 258/17). Entscheidend ist vielmehr der Umstand, dass das Nachlassvermögen wegen der angeordneten Dauertestamentsvollstreckung im Sinne einer Verwaltungsvollstreckung (§ 2209 BGB) nicht von dem für den Aufgabenkreis der Vermögenssorge bestellten Betreuer, sondern vom Testamentsvollstrecker verwaltet wird, der gemäß § 2216 Abs. 1 und Abs. 2 S. 1 BGB zur ordnungsgemäßen Verwaltung des Nachlasses und Einhaltung der vom Erblasser verfügten Verwaltungsanordnung verpflichtet ist. Gegenstand der Betreuung im Bereich der Vermögenssorge ist wegen dieser gesetzlichen Zuständigkeit indes nicht unmittelbar das der Testamentsvollstreckung unterliegende Nachlassvermögen, sondern lediglich die Ausübung der Kontrollrechte (§ 2218 BGB) und gegebenenfalls die Geltendmachung von Ansprüchen gegenüber dem Testamentsvollstrecker (§§ 2217 Abs. 1, 2219 Abs. 1 BGB). Aus dieser gesetzlichen Zuständigkeitsverteilung folgt, dass das Vermögen des Betreuten nur hinsichtlich desjenigen Teils Gegenstand der der Betreuerin übertragenen Betreuung ist, der nicht der Testamentsvollstreckung unterliegt. Hierfür spricht auch, dass die Rechnungslegungspflicht des Betreuers nach § 1840 BGB nicht die kraft Gesetzes einer Drittverwaltung unterliegenden Vermögensmassen, wie z. B. den Nachlass bei angeordneter Testamentsvollstreckung, umfasst (vgl. Münchner Kommentar/Kroll-Ludwigs, BGB, 7. Aufl. 2017, § 1840 Rn. 4 m.w.N.).

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    Dementsprechend ist auch die Kontrolltätigkeit des Betreuungsgerichts auf die Prüfung begrenzt, ob der Betreuer seiner Kontrollpflicht nachgekommen ist und bei festgestellten Beanstandungen die Rechte des Betreuten geltend gemacht hat. Die aufwändige Überprüfung der nachlassbezogenen Verwaltungstätigkeit selbst einschließlich der Belege und der Einzelheiten der periodischen Rechnungslegung, die sich hier nach § 2218 Abs. 2 BGB richtet, obliegt hingegen nicht dem Betreuungsgericht sondern dem Betreuer als gesetzlichem Vertreter des Vorerben oder gegebenenfalls einem Kontrollbetreuer (vgl. OLG München a.a.O.).Soweit in der Rechtsprechung gegen eine Berücksichtigung der Dauertestamentsvollstreckung die Überfrachtung des Kostenrechts angeführt wird, wenn zunächst über die Auslegung des Testamentes gegebenenfalls auch nach Beweisaufnahme zu entscheiden sei (vgl. OLG Celle a.a.O.; OLG Hamm a.a.O.), hat die Kammer in ihrem angegriffenen Beschluss zutreffend darauf verwiesen, dass auch die Frage der „Angemessenheit“ eines Hausgrundstücks nicht ohne Weiteres zu beantworten ist, dass also auch komplexere Prüfungen dem Kostenrecht nicht fremd seien. In diesem Zusammenhang ist im Übrigen nicht zuletzt auch das Äquivalenzprinzip des Kostenrechts zu berücksichtigen. Danach müssen Gebühren eine angemessene Gegenleistung für die Inanspruchnahme öffentlicher Leistungen darstellen. Dieses Prinzip stellt gerade auf den Einzelfall ab (vgl. Korintenberg/Fackelmann a.a.O., Einf. Rn. 26). Wenn aber, wie bereits dargelegt, die Überprüfung der nachlassbezogenen Verwaltungstätigkeit nicht Sache des Betreuungsgericht ist, erscheint auch die Erhebung der entsprechenden Gerichtsgebühr nicht angemessen.3.Eine Kostenentscheidung ist nicht veranlasst, weil Gerichtskosten nicht anfallen und außergerichtliche Kosten nicht erstattet werden, § 81 Abs. 8 GNotKG.Gegen diese Entscheidung ist kein Rechtsmittel gegeben, § (81 GNotKG).

    RechtsgebietGNotKGVorschriftenGNotKG § 3 Abs. 2 ; GNotKG KV Nr. 11101