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  • 26.01.2021 · IWW-Abrufnummer 220093

    Finanzgericht Hamburg: Urteil vom 27.05.2020 – 3 K 122/18

    1. Der Wert der Bereicherung bei der gemischten Schenkung ist unter Berücksichtigung des Steuerwerts des übertragenen Gegenstands unter Abzug des Kapitalwerts der Leistungs- und Nutzungs-/Duldungsauflagen zu ermitteln. Eine Differenzierung nach Leistungsauflagen einerseits und Nutzungs-/Duldungsauflagen andererseits ist nicht erforderlich.

    2. Nicht nur bei der Ermittlung des Kapitalwerts von Nutzungs-/Duldungsauflagen, sondern auch bei Leistungsauflagen ist eine Kürzung nach § 14 Abs. 2 BewG vorzunehmen.


    FINANZGERICHT HAMBURG

    Aktz: 3 K 122/18
    27.05.2020

    Urteil - Einzelrichter

    T a t b e s t a n d

    Die Beteiligten streiten darüber, ob bei einer Grundstücksübertragung gegen Nutzungs- und Leistungsauflagen zur Ermittlung der Gegenleistung der Kapitalwert der Auflagen nach § 14 Abs. 2 des Bewertungsgesetzes (BewG) zu kürzen ist.

    Die Klägerin ist Erbin der am ... 2012 im Alter von 81 Jahren verstorbenen Frau A (im Folgenden: Übergeberin). Mit notariellem Vertrag vom 9. Oktober 2012 übertrug die Übergeberin ihr Grundstück im X in Hamburg auf die Klägerin (...) Das Grundstück ist bebaut mit einem Mietshaus mit 8 Wohnungen und 2 Kellergewerberäumen. Die Übergeberin bewohnte eine Wohnung im 2. Obergeschoss. Als Gegenleistung wurden ein Barkaufpreis in Höhe von ... € sowie eine monatlich zu zahlende Rente in Höhe von ... € vereinbart, die ab dem 1. Januar 2013 monatlich im Voraus zu zahlen war. Zudem verpflichtete sich die Klägerin, die Übergeberin zu pflegen, für sie zu kochen, sie zu waschen und erforderliche Gänge zum Arzt und/oder zur Apotheke vorzunehmen, "soweit die ... [Übergeberin] hierzu nicht in der Lage ist". Die Übergeberin behielt sich ein lebenslängliches unentgeltliches Wohnrecht an der Wohnung im 2. Obergeschoss vor, wobei der Jahreswert des Wohnrechts in der notariellen Urkunde mit ... € angesetzt wurde.

    Die Klägerin wurde am ... 2013 als Eigentümerin in das Grundbuch eingetragen.

    Der Wert des übertragenen Grundbesitzes wurde mit Bescheid vom 29. April 2015 über die gesonderte und einheitliche Feststellung des Grundbesitzwerts auf den 9. Oktober 2012 in Höhe von ... € festgestellt.

    Der Beklagte sah in der Grundstücksübertragung eine gemischte Schenkung, da er die Gegenleistung für den erhaltenen Grundbesitz mit insgesamt (nur) ... € ermittelte. Dabei rechnete er dem Barpreis von ... € den Kapitalwert für die Renten- und Pflegeverpflichtung sowie das Wohnrecht in Höhe von insgesamt ... € hinzu (Ansatz der Rente und des Wohnrechts lt. Vertrag mit monatlich ... € sowie der Pflege geschätzt mit ... € monatlich, Vervielfältiger 6,792).

    Mit Bescheid vom 19. Mai 2012 setzte er Schenkungsteuer in Höhe von ... € fest. Den steuerpflichtigen Erwerb in Höhe von ... € ermittelte der Beklagte, indem er vom festgestellten Steuerwert des Grundstücks den Barkaufpreis, den Freibetrag nach § 13c des Erbschaftsteuer- und Schenkungsteuergesetzes in der Fassung vom 24. Dezember 2008 (ErbStG) in Höhe von ... € und den Freibetrag nach § 16 ErbStG in Höhe von ... € abzog. Nicht abzugsfähige Schulden nach § 10 Abs. 6 ErbStG rechnete er in Höhe von ... € hinzu. Die Renten- und Pflegeverpflichtung berücksichtigte der Beklagte mit der Begründung nicht, dass entsprechende Leistungen aufgrund des Versterbens der Übergeberin nicht erbracht worden und daher gem. § 14 Abs. 2 BewG nicht anzusetzen seien.

    Mit Erbschaftsteuerbescheid vom 19. Mai 2015 setzte der Beklagte die Erbschaftsteuer für den Erwerb von Todes wegen nach Abzug der Steuer auf den Vorerwerb auf 0 € fest.

    Gegen beide Bescheide vom 19. Mai 2015 legte die Klägerin durch ihren Steuerberater Einspruch ein und beantragte im Hinblick auf den Schenkungsteuerbescheid Aussetzung der Vollziehung (AdV). Zur Begründung trug sie vor, zum Vollzug der (gemischten) Schenkung sei es vor dem Todesfall nicht mehr gekommen, da der Eigentumswechsel erst am ... 2013 in das Grundbuch eingetragen worden sei. Folglich liege ein einheitlicher Erbvorgang vor, so dass kein Schenkungsteuerbescheid hätte erlassen werden dürfen. Bei dem Erbschaftsteuerbescheid sei die Kaufpreisforderung bei den Besitzposten außer Acht zu lassen.

    Im Übrigen sei der Beklagte zu Unrecht davon ausgegangen, dass § 14 Abs. 2 BewG auf die Renten- und die Pflegeverpflichtung anzuwenden sei (vgl. BFH, Urteil vom 17. Oktober 2001, II R 72/99, BFHE 196, 296, BStBl II 2002, 25). Dies sei nicht der Fall, vielmehr seien die Gegenleistungen entsprechend der durchschnittlichen Lebenserwartung der Übergeberin zu berücksichtigen.

    Mit Bescheid vom 27. Juni 2017 gewährte der Beklagte AdV. Den Bescheid sandte er an den Steuerberater der Klägerin.

    Am 13. November 2017 zeigte eine Steuerberatungskanzlei dem Beklagten an, von der Klägerin zur Vertretung bevollmächtigt zu sein, und reichte eine entsprechende Vollmacht ein.  

    Mit Einspruchsentscheidung vom 30. Januar 2018 wies der Beklagte die Einsprüche als unbegründet zurück. Zur Begründung führte er aus, die Grundstücksübertragung sei zu Recht im Rahmen eines Schenkungsteuerbescheides besteuert worden. Eine Grundstücksschenkung gelte als ausgeführt, wenn der schuldrechtliche Vertrag abgeschlossen und die Einigung über den Eigentumswechsel in notarieller Form erklärt worden sei. Damit sei die Schenkungsteuer mit Abschluss des notariellen Vertrags vom 9. Oktober 2012 entstanden. Die Nichtberücksichtigung des als Gegenleistung vereinbarten Wohnrechts, der Pflegeleistungen sowie der Rentenzahlungen sei zutreffend. Durch den Tod der Übergeberin nur 6 Wochen nach Abschluss des notariellen Vertrags seien die entsprechenden Leistungs-, Nutzungs- und Duldungsauflagen nicht mehr zu erfüllen und daher gem. § 14 Abs. 2 BewG mit 0 € zu bewerten gewesen. Die Grundsätze, die der BFH in seinem Urteil vom 17. Oktober 2001 zur Anwendung von § 14 Abs. 2 BewG aufgestellt habe, könnten auf den Streitfall nicht übertragen werden, da sie zu dem alten Erbschaftsteuerrecht ergangen seien.

    Der Beklagte übersandte die Einspruchsentscheidung zunächst am 30. Januar 2018 ohne Angabe der angefochtenen Bescheide an die Steuerberatungskanzlei. Nachdem der Fehler noch am 30. Januar 2018 bemerkt worden war, übersandte der Beklagte am selben Tag die vervollständigte Einspruchsentscheidung noch einmal an die Steuerberatungskanzlei. Mit Schreiben vom 2. Februar 2018 wies der Beklagte die Steuerberatungskanzlei auf die Beendigung der AdV hin.

    Mit Schreiben vom 23. Februar 2018 legitimierte sich der jetzige Prozessbevollmächtigte der Klägerin gegenüber dem Beklagten. Er nahm Bezug auf das Schreiben vom 2. Februar 2018 und bat um Aussetzung der Vollziehung um weitere 2 Monate. Mit Bescheid vom 13. März 2018 setzte der Beklagte Aussetzungszinsen in Höhe von ... € fest.

    Unter dem 1. Juni 2018 bat der Prozessbevollmächtigte um Mitteilung, ob eine Einspruchsentscheidung erlassen worden sei und an wen sie zugestellt worden sei. Seine Recherche bei der im Einspruchsverfahren legitimierten Steuerberatungskanzlei habe den Erhalt der Einspruchsentscheidung nicht bestätigen können. Mit Schreiben vom 5. Juni 2018, zur Post aufgegeben am Mittwoch, den 6. Juni 2018, versandte der Beklagte eine Kopie der Einspruchsentscheidung an den Prozessbevollmächtigten.

    Am 9. Juli 2018 hat die Klägerin Klage erhoben und die Aufhebung des Schenkungsteuerbescheides vom 19. Mai 2016 sowie des Erbschaftsteuerbescheides vom 19. Mai 2016 beantragt. Zur Zulässigkeit trägt sie vor, die Einspruchsentscheidung sei erstmals auf Anforderung ihres Prozessbevollmächtigten am 11. Juni 2018 bei ihr eingegangen. Zur Sache trägt sie vor, der Beklagte habe zu Unrecht den Wert der Pflege- und Rentenlast sowie des Wohnrechts gem. § 14 Abs. 2 BewG nach deren wirklicher Dauer bemessen und mit 0 € angesetzt. Vielmehr sei das BFH-Urteil vom 17. Oktober 2001 anzuwenden und die Gegenleistungen entsprechend der durchschnittlichen Lebenserwartung der Übergeberin zu berücksichtigen. Auch aus den Beschlüssen des Hessischen FG vom 26. Oktober 2017 (1 V 1165/17, EFG 2018, 60) und vom 20. November 2017 (1 V 10/17, EFG 2018, 312) ergäben sich Zweifel bzgl. der Anwendung der Kürzung gem. § 14 Abs. 2 BewG.

    Nachdem die Klägerin die Klage gegen den Erbschaftsteuerbescheid vom 16. Mai 2016 zurückgenommen hat, ist das Verfahren insoweit abgetrennt und eingestellt worden (3 K 98/20).

    In der mündlichen Verhandlung hat der Beklagte zugesagt, den angefochtenen Schenkungsteuerbescheid mit der Maßgabe zu ändern, dass die Pflegeverpflichtung für zwei Monate mit jeweils ... € sowie die Wohnungsüberlassung für zwei Monate mit jeweils ... € als zusätzliche Gegenleistungen berücksichtigt werden.

    Die Klägerin beantragt,
    den Schenkungsteuerbescheid vom 19.05.2016 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 30.01.2018 und der Änderungszusage des Finanzamtes vom 27.05.2020 mit der Maßgabe zu ändern, dass die Pflegeauflage mit ... € (... € mal 6,792), die Duldungsauflage (Wohnungsüberlassung) mit ... € (... € mal 6,792) und die Rentenauflage mit ... € (... € mal 6,792) als Gegenleistungen neben der Kaufpreiszahlung berücksichtigt werden.

    Der Beklagte beantragt,
    die Klage abzuweisen.

    Er nimmt zur Begründung auf die Einspruchsentscheidung Bezug und trägt ergänzend vor, die Klage sei bereits unzulässig, da die Klagefrist nicht gewahrt worden sei. Das Urteil vom 17. Oktober 2001, II R 72/99, sei zur Rechtslage vor der Erbschaftsteuerreform 2009 ergangen. Nach der damaligen Rechtslage habe der Bereicherung bei einer gemischten Schenkung nur der Teil des Gesamtvorgangs unterlegen, der sich aus dem Unterschied zwischen dem Verkehrswert des Schenkungsgegenstandes und dem Verkehrswert der Gegenleistung errechnet habe. § 14 abs. 2 BewG habe bei dieser Berechnung keine Rolle gespielt, da es sich bei der Vorschrift um eine Regelung zur Ermittlung des Steuerwerts der Auflage gehandelt habe. Nach der Rechtslage nach der Steuerreform von 2009 werde bei einer gemischten Schenkung und einer Schenkung unter Auflage als steuerpflichtiger Erwerb die Bereicherung des Bedachten ermittelt, indem von dem nach § 12 ErbStG zu ermittelnden Steuerwert der Leistung des Schenkers die Gegenleistung des Beschenkten und die von ihm übernommenen Leistungs-, Nutzungs- und Duldungsauflagen mit ihrem nach § 12 ErbStG ermittelten Wert abgezogen würden. Abgezogen werde also der Steuerwert der Gegenleistung, so dass § 14 Abs. 2 BewG anzuwenden sei.

    Der Senat hat den Rechtsstreit mit Beschluss vom 28. Februar 2020 der Einzelrichterin übertragen.
    ...

    E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e

    Die Entscheidung ergeht gemäß § 6 der Finanzgerichtsordnung (FGO) durch die Einzelrichterin.

    I.

    Die Klage ist zulässig, insbesondere wurde sie fristgerecht erhoben.

    Gemäß § 47 Abs. 1 Satz 1 FGO beträgt die Klagefrist für eine Anfechtungsklage einen Monat und beginnt mit der Bekanntgabe der Einspruchsentscheidung. Ein schriftlicher Verwaltungsakt, der durch die Post übermittelt wird, gilt nach § 122 Abs. 2 Nr. 1 der Abgabenordnung (AO) am dritten Tage nach der Aufgabe zur Post als bekannt gegeben, außer wenn er nicht oder zu einem späteren Zeitpunkt zugegangen ist.

    Während derjenige Adressat, der einen verspäteten Zugang des Verwaltungsakts geltend macht, durch substantiierte Erklärungen darlegen muss, dass er nicht rechtzeitig in den Besitz des Bescheides gekommen ist, um die Beweislast des Finanzamtes zu begründen (BFH, Beschlüsse vom 14. Februar 2012, V S 1/12 (PKH), BFH/NV 2012, 979; vom 25. Februar 2010, IX B 149/09, BFH/NV 2010, 1115), muss derjenige Adressat, der - wie im Streitfall - bestreitet, dass ihm das Schriftstück überhaupt zugegangen ist, nicht substantiiert vortragen, warum ihn die Sendung nicht erreicht hat, weil er hierzu objektiv nicht in der Lage ist (BFH, Urteil vom 29. April 2009, X R 35/08, BFH/NV 2009, 1777). Vielmehr obliegt dem Finanzamt der volle Beweis über den Zugang des Steuerbescheides (BFH, Urteil vom 12. März 2003, X R 17/99, BFH/NV 2003, 1031). Der Nachweis des Zugangs kann von dem Finanzamt nicht nach den Grundsätzen des Anscheinsbeweises, der auf einen typischen, nicht aber auf den tatsächlichen Geschehensablauf abstellt, geführt werden (BFH, Beschlüsse vom 4. November 2008, I B 106/08, Juris; vom 14. Februar 2008, X B 11/08, BFH/NV 2008, 743). Es gelten vielmehr die allgemeinen Beweisregeln, insbesondere die des Indizienbeweises (BFH, Beschluss vom 15. April 2011, III B 200/10, BFH/NV 2011, 1291). Danach können bestimmte Verhaltensweisen des Steuerpflichtigen innerhalb eines längeren Zeitraums nach Absendung des Verwaltungsakts im Zusammenhang mit dem Nachweis der Absendung im Wege der freien Beweiswürdigung nach § 96 Abs. 1 FGO dahingehend gewürdigt werden, dass - entgegen der Behauptung des Adressaten - ihm der Verwaltungsakt tatsächlich zugegangen ist (BFH, Beschluss vom 4. November 2008, I B 106/08, Juris).

    Nach diesen Grundsätzen ist bei einer Gesamtwürdigung aller Umstände der Zugang der Einspruchsentscheidung vor dem 11. Juni 2018 bei der Klägerin nicht bewiesen. Zwar erscheint es zweifelhaft, dass keine der beiden am 30. Januar 2018 zur Post gegebenen Einspruchsentscheidungen bei der damals bevollmächtigten Steuerberatungskanzlei eingegangen sein sollen. Allerdings spricht das spätere Verhalten der Klägerin und insbesondere auch der Inhalt der Schreiben des jetzigen Prozessbevollmächtigten dagegen, dass der Klägerin die Einspruchsentscheidung zuging, bevor sie mit Schreiben vom 5. Juni 2018 ihrem jetzigen Prozessbevollmächtigten zugeschickt wurde. Damit begann die einmonatige Frist am 11. Juni 2018 und endete mit Ablauf des 11. Juli 2018. Die Klage wurde am 9. Juli 2018 und damit rechtzeitig erhoben.

    II.

    Die Klage hat in der Sache keinen Erfolg.

    Der angefochtene Bescheid ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten (§ 100 Abs. 1 Satz 1 FGO). Zwischen den Beteiligten ist mittlerweile unstreitig, dass die Übertragung des Grundstücks eine gemischte Schenkung darstellt. Der Beklagte hat zu Recht den Wert der Bereicherung bei der gemischten Schenkung unter Berücksichtigung des Grundstückswerts unter Abzug des Kapitalwerts der Nutzungs- (Wohnrecht) und Leistungsauflagen (Pflegeverpflichtung und Rentenzahlung) zutreffend unter Vornahme der Kürzung gem. § 14 Abs. 2 BewG ermittelt.

    1. Nach § 1 Abs. 1 Nr. 2 i. V. m. § 7 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG unterliegt der Schenkungsteuer jede freigebige Zuwendung unter Lebenden, soweit der Bedachte durch sie auf Kosten des Zuwendenden bereichert wird. Bleibt bei einer Zuwendung gegen Gegenleistung der Wert der Gegenleistung hinter dem Wert des Zuwendungsgegenstandes zurück, kann eine gemischt-freigebige Zuwendung (gemischte Schenkung) vorliegen.

    a) Nach der Rechtslage vor der Erbschaftsteuerreform 2009 wurde bei der Ermittlung der Bereicherung bei Schenkungen eine Differenzierung zwischen Nutzungs- und Duldungsauflagen einerseits und Leistungsauflagen andererseits vorgenommen, da nach der Rechtsprechung des BFH nur die Leistungsauflage schenkungsteuerlich wie eine gemischte Schenkung behandelt wurde (BFH, Urteil vom 13. April 2011, II R 27/09, BStBl II 2011, 730).

    Bei gemischten Schenkungen und Schenkungen unter einer Leistungsauflage wurde nur der die Gegenleistung übersteigende Wert der freigebigen Zuwendung schenkungsteuerrechtlich gemäß § 7 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG als relevant angesehen. Das Ausmaß der Bereicherung wurde nach dem Verhältnis des Verkehrswertes der Bereicherung des Beschenkten zum Verkehrswert der Leistung des Schenkers bestimmt. Die Gegenleistung war somit nicht vollen Umfangs, sondern nur entsprechend ihrem Anteil am Verkehrswert der Leistung des Zuwendenden von deren Steuerwert abzuziehen (BFH, Urteil vom 17. Oktober 2001, II R 72/99, BFHE 196, 296, BStBl II 2002, 25). Da der Steuerwert der Gegenleistung nicht in die Ermittlung der Bereicherung im Sinne des § 10 Abs. 1 Satz 1 ErbStG eingriff, war auch § 14 Abs. 2 BewG nicht anwendbar (BFH, Urteil vom 17. Oktober 2001, II R 72/99, BFHE 196, 296, BStBl II 2002, 25).

    Anders war es hingegen bei Schenkungen unter Nutzungs- oder Duldungsauflagen. Sie beeinträchtigten den Charakter der Leistung des Zuwendenden als einheitliche freigebige Zuwendung nicht, sondern minderten lediglich die Bereicherung im Sinne des § 10 Abs. 1 Satz 1 ErbStG. Zur Ermittlung der Bereicherung wurde daher der Steuerwert der Duldungslast vom Steuerwert des Zuwendungsgegenstandes abgezogen (BFH, Urteil vom 17. Oktober 2001, II R 72/99, BFHE 196, 296, BStBl II 2002, 25). Bei der Ermittlung des Steuerwerts der Nutzungs- oder Duldungslast war § 14 Abs. 2 BewG anzuwenden (BFH, Urteil vom 17. Oktober 2001, II R 72/99, BFHE 196, 296, BStBl II 2002, 25).

    b) aa) Bei einer gemischten Schenkung, für die die Steuer nach dem 31. Dezember 2008 entsteht, ist nunmehr nach allgemeiner Ansicht keine gesonderte Berechnung des Verhältnisses zwischen dem Verkehrswert des zugewendeten Gegenstands und dem Wert der Gegenleistung mehr erforderlich.

    Die Finanzverwaltung hatte sich in den gleich lautenden Ländererlassen vom 20. Mai 2011 (BStBl I 2011, 562) von der Verhältnismäßigkeitsrechnung abgewandt und mit Wirkung vom 1. Januar 2009 zur Saldierung bekannt, d.h. zur Ermittlung der steuerlichen Bereicherung durch Abzug des Steuerwerts der Gegenleistung vom Steuerwert des Leistungsgegenstandes. Die geänderte Auffassung liegt auch den Anweisungen in RE 7.4 ErbStR 2011 bzw. 2018 zugrunde. Der BFH hat sich in der Entscheidung vom 5. Juli 2018 (II B 122/17, BFHE 262, 163, BStBl II 2018, 660) nunmehr dieser Auffassung angeschlossen.

    Für die Verhältnismäßigkeitsrechnung ist danach bei gemischten Schenkungen kein Raum mehr. Soweit in den von der Klägerin angeführten gerichtlichen Entscheidungen des BFH aus 2001 sowie des Hessischen FG aus 2017 die Anwendung des § 14 Abs. 2 BewG verneint bzw. als ernstlich zweifelhaft erachtet wurde, sind diese Entscheidungen, die von der Notwendigkeit einer Verhältnismäßigkeitsrechnung ausgingen, überholt.

    Der Wert der Bereicherung bei einer gemischten Schenkung ist nunmehr durch bloßen Abzug der - ggf. nach § 13 bis § 16 BewG kapitalisierten - Gegenleistung vom Steuerwert des zugewandten Grundstücks zu ermitteln (BFH, Beschluss vom 5. Juli 2018, II B 122/17, BFHE 262, 163, BStBl II 2018, 660; RE 7.4 ErbStR).

    bb) aaa) Nach § 14 Abs. 1 Satz 1 BewG ist der Kapitalwert von lebenslänglichen Nutzungen und Leistungen mit dem Vielfachen des Jahreswerts anzusetzen. Die Vervielfältiger sind nach der Sterbetafel des Statistischen Bundesamtes zu ermitteln (§ 14 Abs. 1 Satz 2 BewG). Hat eine nach § 14 Abs. 1 BewG bewertete Nutzung oder Leistung bei einem Alter von mehr als 80 Jahren bis zu 85 Jahren nicht mehr als drei Jahre bestanden und beruht der Wegfall auf dem Tod des Berechtigten, ist nach § 14 Abs. 2 Satz 1 BewG die Festsetzung der nicht laufend veranlagten Steuern auf Antrag nach der wirklichen Dauer der Nutzung oder Leistung zu berichtigen. Ist eine Last weggefallen, so bedarf die Berichtigung keines Antrags (§ 14 Abs. 2 Satz 3 BewG).

    bbb) Die Kürzung nach § 14 Abs. 2 BewG ist bei der Ermittlung der Gegenleistung bei Nutzungsauflagen anzuwenden (BFH, Beschluss vom 5. Juli 2018, II B 122/17, BFHE 262, 163, BStBl II 2018, 660). Die Frage, ob § 14 Abs. 2 BewG auf Leistungsauflagen ebenfalls anwendbar ist, ist durch die Rechtsprechung bislang nicht ausdrücklich geklärt (offengelassen durch BFH in seinem Beschluss vom 5. Juli 2018, II B 122/17, BFHE 262, 163, BStBl II 2018, 660).

    2. a) Danach hat der Beklagte bei der Ermittlung des Kapitalwerts der Nutzungsauflage zu Recht die Kürzung nach § 14 Abs. 2 Satz 1 und 3 BewG vorgenommen.

    Die Nutzungsauflage bestand hier lediglich zwei Monate. Die bei der Vereinbarung bereits 81-jährige Übergeberin ist im ... 2012, also knapp zwei Monate nach der Vereinbarung der Nutzungsauflage, verstorben. Nach § 14 Abs. 2 Sätze 1, 3 BewG ist die Last somit lediglich für die tatsächliche Dauer von zwei Monaten, also in Höhe von ... € (2 x ... €) zu berücksichtigen. In dieser Höhe hat der Beklagte in der mündlichen Verhandlung den Ansatz als (weitere) Gegenleistung zugesagt.

    b)     Darüber hinaus hat der Beklagte auch zu Recht bei der Ermittlung der Gegenleistung den Kapitalwert der Pflege- und die Rentenverpflichtung nach § 14 Abs. 2 BewG gekürzt.

    aa) Die Frage, ob nicht nur für die Nutzungs-/Duldungsauflagen, sondern auch im Hinblick auf die Leistungsauflagen eine Kürzung nach § 14 Abs. 2 BewG vorzunehmen ist, hat der BFH in seinem Beschluss vom 5. Juli 2018, II B 122/17 (BFHE 262, 163, BStBl II 2018, 660) ausdrücklich offengelassen. Unter Geltung der alten Rechtslage hatte der BFH dies noch verneint. Da bei der Schenkung unter einer Leistungsauflage der Steuerwert der Gegenleistung nicht in die Ermittlung der Bereicherung des Bedachten im Sinne des § 10 Abs. 1 Satz 1 ErbStG eingehe, könne § 14 Abs. 2 BewG nicht eingreifen. Anders sei dies bei der Duldungslast, da diese die Bereicherung mindere und daher vom Steuerwert der Zuwendung abzuziehen sei (BFH, Urteil vom 17. Oktober 2001, II R 72/99, BFHE 196, 296, BStBl II 2002, 25).

    bb) Seit sich durch die Erbschaftsteuerreform 2009 die steuerliche Bewertung von Vermögensübergängen grundsätzlich nach den Verkehrswerten richtet, besteht kein Anlass mehr für eine Differenzierung (vgl. Götz, in ErbStG - eKommentar, § 7 Schenkungen unter Lebenden, Aktualisierung vom 15. Oktober 2019; RE 7.4 ErbStR). Da nunmehr Gegenleistungen und Lasten - unabhängig davon, ob sie in Form von Leistungs-, Duldungs- oder Nutzungsauflagen bestehen - grundsätzlich in vollem Umfang vom Wert der Zuwendung abgezogen werden, ist auch § 14 Abs. 2 BewG nicht nur bei den Duldungs- und Nutzungsauflagen, sondern auch bei der gemischten Schenkung/Schenkung unter Leistungsauflage anwendbar.

    cc) aaa) Die Pflegeverpflichtung bestand hier lediglich für zwei Monate. Die bei der Vereinbarung bereits 81-jährige Übergeberin ist im ... 2012, also knapp zwei Monate nach der Vereinbarung der Pflegeverpflichtung, verstorben. Nach § 14 Abs. 2 Sätze 1, 3 BewG ist die Last somit lediglich für die tatsächliche Dauer von zwei Monaten, also in Höhe von ... € (2 x ... €) zu berücksichtigen. In dieser Höhe hat der Beklagte in der mündlichen Verhandlung den Ansatz als (weitere) Gegenleistung zugesagt.

    bbb) Die Rentenverpflichtung war danach gar nicht anzusetzen, da diese zu Lebzeiten der Übergeberin nicht erfüllt wurde.

    II.

    1.     Die Kostenentscheidung folgt aus § 136 Abs. 1 Satz 3 FGO. Durch die vom Beklagten zugesagte Bescheidänderung wurden ... € als zusätzliche Gegenleistung berücksichtigt, während die Klägerin eine Berücksichtigung von ... € begehrte. Damit unterlag der Beklagte zu rund 1,8 %, also nur zu einem geringen Teil.

    2.     Gründe für die Zulassung der Revision gemäß § 115 Abs. 2 FGO liegen nicht vor.

    RechtsgebietBewGVorschriftenBewG § 14 Abs. 2