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  • 16.02.2022 · IWW-Abrufnummer 227574

    Oberlandesgericht Bamberg: Beschluss vom 10.01.2022 – 2 W 30/21

    Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.


    Oberlandesgericht Bamberg

    Beschluss vom 10.01.2022


    In Sachen
    EL
    verstorben am ....2020
    - Erblasser -
    Beteiligte:
    1) A
    - Angehörige und Beschwerdeführerin -
    2) E1
    - Miterbe, Antragsteller und Beschwerdegegner -
    3) E2
    - Miterbe, Antragsteller und Beschwerdegegner -
    4) F
    - Angehörige und Beschwerdegegnerin -
    5) G
    - Angehörige und Beschwerdegegnerin -
    6) H
    - Angehörige und Beschwerdegegnerin -
    7) K
    - Angehöriger und Beschwerdegegner -
    8) L
    - Angehörige und Beschwerdegegnerin -
    9) M
    - Angehörige und Beschwerdegegnerin -
    10) NP
    - Nachlasspfleger, sonstiger Beteiligter -
    wegen Kostenbeschwerde in Nachlasssachen

    erlässt das Oberlandesgericht Bamberg - 2. Zivilsenat - durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht ..., die Richterin am Oberlandesgericht ... und den Richter am Oberlandesgericht ... am 10.01.2022 folgenden

    Beschluss

    Tenor:

    1. Auf die Beschwerde der Beteiligten zu 1) wird der Beschluss des Amtsgerichts Kronach vom 01.10.2021, Az. VI 966/20, in Ziff. 3 (Kostenentscheidung) abgeändert und wie folgt neu gefasst:
      Die Kosten des Verfahrens tragen die Antragsteller. Die außergerichtlichen Kosten trägt jeder Beteiligte selbst.
    2. Kosten für das Beschwerdeverfahren werden nicht erhoben, im Beschwerdeverfahren entstandene außergerichtliche Kosten nicht erstattet.
    3. Der Geschäftswert des Beschwerdeverfahrens wird auf 1.741,45 Euro festgesetzt.
    4. Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen.

    Gründe

    I.

    1. Zu einem unbekannten Zeitpunkt zwischen dem 17.12.2020 und dem 21.12.2020 verstarb der am xx.xx.1979 geborene ledige Erblasser. Die Eltern und der einzige Bruder des Erblassers sind vorverstorben, leibliche Abkömmlinge existieren nicht. Hinsichtlich des Verwandtschaftsverhältnisses der Beteiligten zu 1) und 4) - 9) zum Erblasser wird auf die Feststellungen der Rechtspflegerin in der Niederschrift über die Anhörung der Beteiligten zu 2) und 3) am 20.04.2021 verwiesen (Bl. 135 ff. d.A.).

    Am 18.01.2021 fand der bestellte Nachlasspfleger im Rahmen einer Haussichtung in einem unverschlossenen Briefumschlag folgendes, am 26.01.2021 eröffnetes Testament auf (Bl. 66 d.A.):

    Testament den 13.12.2020

    Ich ... ... (EL) möchte nach meinem Tod, dass der Nachlas an ... (E1) u ... (E2) geht

    ... (Kurzform des Vornamens des EL)

    Der Erblasser war des Lesens und Schreibens nur eingeschränkt mächtig. Soweit im Verfahren Schriftproben vorliegen, bestehen diese weitgehend aus einzelnen Wörtern im Rahmen von Notizen und vom Erblasser geleisteten Unterschriften, wobei diese stets in Druckschrift verfasst wurden. In geschäftlichen Belangen und Behördenangelegenheiten wurde der Erblasser im Alltag von der Familie der Beteiligten zu 2) und 3) unterstützt.

    Die Beteiligten zu 2) und 3) haben jeweils mit Erklärung vom 01.02.2021 (Bl. 90, 92 d.A.) die Erbschaft angenommen und am 20.04.2021 zu Niederschrift der Rechtspflegerin beim Amtsgericht - Nachlassgericht - die Erteilung eines Erbscheins zu jeweils 1/2 entsprechend dem Testament vom 13.12.2020 beantragt (Bl. 135 ff. d.A.).

    Mit Schreiben vom 12.03.2021 (Bl. 121 d.A.) hat die Beteiligte zu 1) Bedenken gegen die Echtheit des Testaments geltend gemacht, die sie mit Schreiben vom 03.05.2021 (Bl. 153 d.A.) ergänzend begründet hat. Ihrer Auffassung nach entspreche das Testament nicht dem ungeübten Schreibstil des Erblassers, was sich auch aus einem Vergleich mit ihr vorliegenden Schriftproben ergebe.

    Mit Verfügung vom 11.05.2021 (Bl. 165 d.A.) hat der zur Entscheidung berufene Nachlassrichter festgestellt, dass bei Vergleich des Schriftbildes des Testaments mit den zeitnahen Vergleichsschriftproben eine zweifelsfreie Entscheidung nicht möglich sei. Mit taggleichem Beschluss (Bl. 168 d.A.) hat er die Einholung eines forensischen Schriftvergleichsgutachtens zur eigenhändigen Fertigung des Testaments durch den Erblasser angeordnet, welches am 05.08.2021 durch den Sachverständigen ... erstattet worden ist (Bl. 182 ff. d.A.). Dieser ist zu dem Ergebnis gekommen, dass das Testament mit sehr hoher Wahrscheinlichkeit vom Erblasser geschrieben worden sei und keine Nachahmung vorliege. Hinsichtlich der Einzelheiten wird auf das Gutachten Bezug genommen. Für das Gutachten fielen gemäß Rechnung vom 05.08.2021 Kosten in Höhe von 1.741,45 € an (Bl. 179 d.A.).

    2. Mit Beschluss vom 01.10.2021 (Bl. 217 ff. d.A.) hat das Amtsgericht - Nachlassgericht - sodann die zur Begründung der Erbscheinsanträge der Beteiligten zu 2) und 3) erforderlichen Tatsachen für festgestellt erachtet. Die Kosten des Verfahrens hat es den Antragstellern auferlegt bis auf die Kosten des eingeholten Sachverständigengutachtens, welche die Beteiligte zu 1) zu tragen hat. Zur Begründung hat das Amtsgericht auf die überzeugenden Ergebnisse des Sachverständigengutachtens verwiesen, nach denen keine begründeten Zweifel an der eigenhändigen Errichtung des Testaments durch den Erblasser bestehen würden. Hinsichtlich der Kostenentscheidung habe es im Rahmen von § 81 Abs. 1 Satz 1 FamFG der Billigkeit entsprochen, die Kosten des Sachverständigengutachtens der Beteiligten zu 1) aufzuerlegen. Die gutachterlich festgestellte hohe Sicherheit der Urheberidentität des Testaments lege es nahe, dass die von der Beteiligten zu 1) erhobenen Einwände, die zur Erholung des Gutachtens geführt hätten, mehr oder weniger ins Blaue hinein aufgestellt worden seien, auch wenn ein diesbezüglich schuldhaftes Handeln nicht sicher festgestellt werden könne. Ergänzend wird auf die Gründe des Beschlusses Bezug genommen.

    3. Gegen die ihr am 05.10.2021 zugestellte Entscheidung wendet sich die Beteiligte zu 1) mit am 20.10.2021 beim Amtsgericht eingegangener Beschwerde vom 13.10.2021 (Bl. 226 d.A.), die sie auf die Kostenentscheidung beschränkt. Es sei ihr weder bekannt gewesen noch mitgeteilt worden, dass die Erhebung von Einwänden gegen die Echtheit eines Testaments zu einer Kostentragungspflicht führen könne. Einer Beauftragung eines Sachverständigen hätte sie bei einem hiermit ausgelöstem Kostenrisiko nicht zugestimmt. Zudem habe sie keine Angaben ins Blaue hinein gemacht, sondern ihre Auffassung objektiv begründet und belegt. Hinsichtlich des weiteren Beschwerdevorbringens wird auf die Beschwerdebegründungsschrift verwiesen.

    Das Amtsgericht - Nachlassgericht - hat der Beschwerde mit ergänzend begründetem Beschluss vom 18.11.2021 (Bl. 235 ff. d.A.) nicht abgeholfen.

    Die Beschwerdeführerin hat mit Schreiben vom 22.11.2021 (Bl. 241 d.A.) bekräftigt, dass sie weiterhin der Ansicht sei, dass das Testament nicht vom Erblasser gefertigt worden sei. Auch sei sie aufgrund ihrer persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse zur Tragung der Gutachtenskosten gar nicht in der Lage.

    Die weiteren Beteiligten haben sich im Beschwerdeverfahren nicht geäußert.

    II.

    Die gemäß § 58 Abs. 1 FamFG statthafte Beschwerde ist auch im Übrigen zulässig. In der Sache ist sie begründet. Es entspricht in der konkreten Fallgestaltung gemäß § 81 Abs. 1 FamFG billigem Ermessen, dass die angefallenen Gerichtskosten einschließlich den Kosten des Sachverständigengutachtens den Antragstellern zur Last fallen.

    1. Im Verfahren betreffend die Erteilung eines Erbscheins gemäß § 352 ff. FamFG als FamFG-Verfahren ist die selbständige Anfechtung der in einer Endentscheidung (§ 38 Abs. 1 S. 1 FamFG) getroffenen Kostenentscheidung statthaft (Keidel/Meyer-Holz, FamFG, 20. Aufl., § 58 Rn. 95). Der gemäß § 61 Abs. 1 FamFG maßgebliche (vgl. BGH, Beschluss v. 25.09.2013, Az. XII ZB 464/12; vermögensrechtliche Streitigkeit, vgl. OLG Schleswig, Beschluss v. 31.03.2015, Az. 3 Wx 77/14; Bahrenfuss-Kräft, FamFG, 3. Aufl., § 61 Rn. 4) Beschwerdewert von 600,00 € ist überschritten. Die Monatsfrist für die Einlegung der Beschwerde gemäß § 63 Abs. 1 FamFG ist eingehalten.

    2. Gemäß § 81 Abs. 1 Satz 1 FamFG kann das Gericht die Kosten des Verfahrens, zu denen gemäß § 80 FamFG die Gerichtskosten und die zur Durchführung des Verfahrens notwendigen Aufwendungen der Beteiligten gehören, nach billigem Ermessen den Beteiligten ganz oder zum Teil auferlegen. Es kann auch anordnen, dass von der Erhebung der Kosten abzusehen ist (§ 81 Abs. 1 Satz 2 FamFG). In § 81 Abs. 2 FamFG hat der Gesetzgeber verschiedene Tatbestände geregelt, die vorsehen, dass das Gericht die Kosten des Verfahrens einem Beteiligten ganz oder teilweise auferlegen soll. Dies ist etwa der Fall, wenn der Antrag des Beteiligten von vornherein keine Aussicht auf Erfolg hatte und der Beteiligte dies erkennen musste (§ 81 Abs. 2 Nr. 2 FamFG).

    a) Insbesondere für den Fall eines streitig geführten Erbscheinsverfahrens mit widerstreitenden Erbscheinsanträgen war umstritten, ob dem Maß des Obsiegens und Unterliegens im Rahmen der Billigkeitsentscheidung gemäß § 81 Abs. 1 FamFG ein besonderes Gewicht zukommt (vgl. zum Meinungsstand BGH, Beschluss v. 18.11.2015, Az. IV ZB 35/15 m.w.N.). Nach inzwischen gefestigter Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs stellt das Maß des Obsiegens oder Unterliegens im Rahmen der Kostenentscheidung jedoch lediglich einen von mehreren Gesichtspunkten dar, der in die Ermessensentscheidung nach § 81 Abs. 1 Satz 1 FamFG eingestellt werden kann (vgl. BGH, Beschluss v.19.02.2014, Az. XII ZB 15/13). Insbesondere lässt sich weder dem Wortlaut des § 81 Abs. 1 Satz 1 FamFG noch der Entstehungsgeschichte der Norm (vgl. BT-Drucks. 16/6308 S. 411) ein Regel-Ausnahme-Verhältnis des Inhalts entnehmen, dass die Kostenverteilung regelmäßig nach dem Maß des Obsiegens und Unterliegens zu erfolgen hätte, noch umgekehrt, dass, sofern nicht besondere Umstände vorliegen, es auf den Erfolg nicht ankommt (BGH, Beschluss v. 18.11.2015, Az. IV ZB 35/15). Es sind daher stets sämtliche in Betracht kommende Umstände durch das Gericht in seine Ermessensentscheidung einzubeziehen. Hierzu zählen neben dem Maß des Obsiegens und Unterliegens etwa die Art der Verfahrensführung, die verschuldete oder unverschuldete Unkenntnis der tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse, die familiäre und persönliche Nähe zwischen Erblasser und Verfahrensbeteiligten etc. (vgl. hierzu etwa Keidel-Weber, a.a.O. § 81 Rn. 18, 34; Bumiller/Harder-Bumiller, FamFG, 12. Aufl., § 81 Rn. 10).

    b) Vorliegend ist bereits kein Fall gegenläufiger Erbscheinanträge gegeben. Neben den Antragstellern sind die Beteiligten zu 4) bis 9) als durch letztwillige Verfügung ausgeschlossene Erben im Verfahren lediglich angehört worden, ohne dass diese sich über die Aufklärung der Verwandtschaftsverhältnisse hinaus am Verfahren beteiligt haben. Auch die Beteiligte zu 1) hat kein eigenes Erbrecht geltend gemacht, sondern sich auf die Darlegung von Zweifeln an der Wirksamkeit des Testaments vom 13.12.2020 beschränkt, wozu sie zuvor durch Verfügung des Nachlassgerichts vom 24.02.2021 (Bl. 107 d.A.) aufgefordert worden war.

    Dieses berücksichtigend ist nach vorstehenden Grundsätzen unter Einbeziehung sämtlicher in Betracht kommender Umstände die Beteiligte zu 1) nicht zur Tragung der Sachverständigenkosten zu verpflichten. Vielmehr haben die Beteiligten zu 2) und 3) als Antragsteller die gesamten Kosten des Verfahrens zu tragen.

    (1) In Verfahren der freiwilligen Gerichtsbarkeit, die ausschließlich auf Antrag eingeleitet werden, gilt nach § 22 Abs.?1 GNotKG der auch sonst maßgebliche Grundsatz, dass der Veranlasser des Verfahrens für die Kosten haftet (Schneider/Volpert/Fölsch-Schütt, Kostenrecht, 3. Auflage, § 22 GNotKG Rn. 2). Das Veranlasserprinzip entspricht dem Gedanken der Billigkeit, denn wer durch Einleitung eines Verfahrens die Entstehung von Kosten in Kauf nimmt (veranlasst), der hat diese im Verhältnis zu den anderen Verfahrensbeteiligten zu tragen (std. Rspr., vgl. BGH, Beschluss v. 23.02.2017, Az. III ZB 60/16; Beschluss vom 30.05.2006, Az. VI ZB 64/05; Urteil vom 05.04.1973, Az. II ZR 67/72).

    Auch bei der Kostentragungspflicht gemäß § 81 FamFG ist diese Wertung des § 22 GNotKG zu berücksichtigen. Zwar geht § 81 FamFG nicht von einem Regel-Ausnahme-Verhältnis aus, wonach die Tragung der Kosten durch den Antragsteller die Regel darstellen würde, sondern erfordert eine Billigkeitsabwägung, ohne dass es darauf ankäme, die Hürde einer Regelwirkung zu überwinden (OLG München, Beschluss v. 30.04.2012, Az. 31 Wx 68/12; MüKo/ZPO-Schindler, 3. Aufl., § 81 FamFG Rn. 7; Keidel-Weber, a.a.O., § 81 Rn. 32 m.w.N.). Dennoch stellt die Ingangsetzung des Verfahrens einen wesentlichen Wertungsaspekt dar. Durch die Beantragung eines Erbscheins gemäß §§ 2353 BGB, 352 ff. FamFG veranlassten die Beteiligten zu 2) und 3) das Nachlassgericht zu sämtlichen Verfahrenshandlungen, die zur Erteilung des Erbscheins erforderlich waren. Dieses umfasste grundsätzlich auch die Einholung eines zur Feststellung des Erbrechts der Antragsteller notwendigen Sachverständigengutachtens. Hingegen hat die Beteiligte zu 1) weder die Abweisung des Erbscheinsantrags der Beteiligten zu 2) und 3) beantragt, noch die Einholung eines Sachverständigengutachtens zur Echtheit des Testaments.

    Vorliegend wurde zudem nicht durch andere Verfahrensbeteiligte oder einen Dritten (§ 81 Abs. 4 FamFG) die Stellung der Erbscheinanträge durch die Beteiligten zu 2) und 3) zurechenbar herbeigeführt. Allerdings kann es der Billigkeit im Rahmen des Veranlassungsprinzips entsprechen, den Antragsteller von Verfahrenskosten zumindest teilweise freizustellen, wenn er durch das vor Verfahrensbeginn erfolgte Bestreiten seines Erbrechts durch einen Dritten zur Stellung eines Erbscheinsantrags veranlasst wurde. Die Beantragung eines Erbscheins am 01.02.2021 durch die Beteiligten zu 2) und 3) erfolgte indes deutlich vor dem erstmaligen Bestreiten der Wirksamkeit des Testaments durch die Beteiligte zu 1) mit Schreiben vom 12.03.2021.

    (2) Ein Regelfall des § 81 Abs. 2 FamFG, der es gebieten würde, die Kosten jedenfalls teilweise der Beteiligten zu 1) aufzuerlegen, liegt nicht vor. Insbesondere hat die Beteiligte zu 1) nicht entsprechend dem Rechtsgedanken des § 81 Abs. 2 Nr. 1 FamFG schuldhaft Anlass für die Beauftragung des Schriftvergleichsgutachtens gegeben.

    Die Beteiligte zu 1) hat unter Bezeichnung objektiver Anhaltspunkte die Urheberschaft des Erblassers für das Testament bestritten. Dabei hat sie zutreffend darauf hingewiesen, dass der Erblasser in der Vergangenheit dem Testament vergleichbare längere Texte aufgrund seiner unstreitigen Schreibschwäche nicht gefertigt hat. Dementsprechend lagen dem Sachverständigen im Verfahren lediglich Unterschriften, einzelne Namen und Zahlen bzw. Telefonnummern als Vergleichsmaterial vor (vgl. Referenzmaterial Bl. 205 d.A.). Die von der Beteiligten zu 1) aufgestellte Behauptung, dass der Erblasser keine Schwingungen habe verbinden können und dass das ihr vorliegende Vergleichsmaterial nicht mit dem Testament übereinstimme, stellt zwar eine ohne sichere Kenntnis abgegebene Tatsachenbehauptung dar. Diese ist jedoch durch die Beigabe von zum Vergleich geeigneten Schriftzügen des Erblassers weiter verobjektiviert und der Nachprüfung zugänglich. Hingegen hat die Beteiligte zu 1) keine rein subjektiv-wertenden Aspekte hinsichtlich eines möglichen Erblasserwillen geäußert, beispielsweise durch eine Herabsetzung der testamentarischen Erben und ihres Verhältnisses zum Erblasser.

    Die von der Beteiligten zu 1) nicht zuletzt auf Aufforderung des Gerichts bezeichneten Anknüpfungspunkte für eine mögliche Unwirksamkeit des Testaments sind zudem im Zusammenhang mit der Amtsermittlungspflicht im Erbscheinsverfahren (§ 26 FamFG) zu betrachten. Es bestanden über die von der Beteiligten zu 1) bezeichneten hinaus weitere Umstände, die eine Überprüfung der eigenhändigen Fassung des Testaments durch den Erblasser als geboten erscheinen ließen. Dieses betrifft beispielsweise die dem Anschein nach durchgestrichene Unterschrift mit dem Namen "...", obwohl der Erblasser im Übrigen offenkundig stets in Druckschrift mit vollem Vor- und Familiennamen unterschrieben hatte. Weiterhin ist der Zeitpunkt des Testats am 13.12.2020 nur wenige Tage vor dem Tod des Erblassers, ohne dass eine schwere Erkrankung bekannt war, auffällig, wie auch die Erstellung eines nicht aufgefundenen Testamentsentwurfs durch den Beteiligten zu 3).

    Liegen keine besonderen Umstände vor, die gegen eine eigenhändige Errichtung eines privatschriftlichen Testaments sprechen, genügt es, wenn der Tatrichter im Rahmen der ihm obliegenden Amtsermittlung selbst die Schriftzüge des ihm vorliegenden Testaments mit anderen Schriftproben vergleicht und das Ergebnis würdigt. Die Einholung eines Gutachtens zur Echtheit eines eigenhändigen Testaments ist nur in Zweifelsfällen geboten (OLG Bamberg, Beschluss v. 25.02.2019, Az. 1 W 4/19; BayObLG, Beschluss v. 20.07.1994, Az. 1Z BR 108/93; OLG Düsseldorf, Beschluss v. 19.07.2013, Az. I-3 Wx 105/13). Vorliegend hatte der zur Entscheidung berufene Einzelrichter ausweislich seiner Verfügung vom 14.05.2021 (Bl. 165 d.A.) indes bereits aufgrund der ihm bekannten objektiven Anknüpfungspunkte Zweifel an der Echtheit des Testaments. Bei der angesichts der vorbezeichneten Umstände in jedem Fall gebotenen Beiziehung von Vergleichsmaterial hätte es daher auch ohne die Schreiben der Beteiligten zu 1) von Amts wegen (§ 26 FamFG) der Einholung eines Schriftgutachtens bedurft, nachdem weitere Beweismittel wie insbesondere Zeugen angesichts des allein und ohne Kontakt zur engeren Familie lebenden Erblassers nicht zur Verfügung standen. Unter diesem Aspekt fehlt es bereits an der Kausalität der Verfahrenshandlungen der Beteiligten zu 1) für die kostenauslösende Einholung des Schriftvergleichsgutachtens.

    (3) Soweit sich das Nachlassgericht in der Kostenentscheidung auf eine Entscheidung des OLG München (Beschluss vom 17.10.2011, Az. 7 T 91/10) beruft, lag dieser bereits ein erheblich abweichender Sachverhalt zugrunde, nachdem dort die Erblasserin das Testament, dessen Echtheit bestritten war, selbst in die amtliche Verwahrung gegeben hatte und auch im Übrigen keine objektiven Anhaltspunkte für eine Unwirksamkeit des Testaments existierten. Es stellt sich die Frage, aus welchem Grund allein wegen nicht objektivierbarer Behauptungen des Beschwerdeführers das Nachlassgericht in der Vorinstanz ein Sachverständigengutachten eingeholt hat. Soweit das OLG München (a.a.O.) davon ausgeht, dass im Verfahren allein aufgrund der Einwendungen eines anderen Beteiligten ein Sachverständigengutachten eingeholt wurde und dieses zur Pflicht dieses Beteiligten zur Tragung der Gutachtenskosten führen kann (im Anschluss an Keidel-Weber, a.a.O., § 81 Rn. 9; ebenso OLG Schleswig, Beschluss v. 17.08.2012, Az. 3 Wx 137/11), greift dieses indes zu kurz. "Ins Blaue hinein" erfolgte Einwendungen, die nicht geeignet sind, Zweifel an der eigenhändigen Errichtung eines privatschriftlichen Testaments zu begründen, bieten nach obigen Grundsätzen bereits keinen Anlass für die Erholung eines Gutachtens. Soweit sich der Einwendungsführer jedoch ohne eine eigene Antragstellung auf die Darstellung Zweifel an der Echtheit des Testaments begründender objektiver Umstände beschränkt, wird es nur in besonders gelagerten Ausnahmefällen in Betracht kommen, ihm die Kosten des Gutachtens aufzuerlegen. Hierfür spricht auch die aus dem Amtsermittlungsgrundsatz folgende umfassende gerichtliche Aufklärungspflicht. Sofern für jeden weiteren Beteiligten allein durch die durch das Nachlassgericht im Rahmen der Amtsermittlung erfragte Mitteilung von Zweifeln an der Echtheit der letztwilligen Verfügung die Gefahr bestünde, dass er die Kosten des Gutachtens zu tragen hat, welches das Nachlassgericht aufgrund nicht behebbarer Zweifel einholt, würde eine Mitwirkung zur Aufklärung des Sachverhalts erheblich erschwert.

    (4) Schließlich spricht für eine Kostentragungspflicht der Antragsteller vorliegend auch die Werthaltigkeit des Nachlasses, der aus Geldvermögen von ca. 145.000,00 € sowie nicht unerheblichem Grundbesitz besteht. Demgegenüber sind die Gutachtenskosten von 1.741,45 € im Verhältnis geringfügig, würden die Beteiligte zu 1) aufgrund deren wirtschaftlicher Verhältnisse jedoch erheblich belasten.

    Nach allem entspricht es daher gemäß § 81 Abs. 1 FamFG der Billigkeit, dass die Beteiligten zu 2) und 3) als Antragsteller die gesamten Verfahrenskosten einschließlich der Kosten des Sachverständigengutachtens zu tragen haben.

    3. Die Kostenentscheidung für das Beschwerdeverfahren beruht auf § 81 Abs. 1 Satz 2 FamFG. Nachdem die auf den Kostenpunkt beschränkt Beschwerde erfolgreich ist und zur Abänderung der erstinstanzlich von Amts wegen auszusprechenden Kostenentscheidung führt, ist es angemessen, von der Kostenerhebung in der Beschwerdeinstanz abzusehen.

    4. Die Festsetzung des Beschwerdewerts folgt aus § 40 Abs. 1 Satz 1 FamFG, entsprechend dem Kosteninteresse der Beschwerdeführerin.

    5. Gemäß § 70 Abs. 2 S. 1 Nr. 2 FamFG ist die Rechtsbeschwerde zuzulassen, weil die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts erfordert. Die Grundsätze einer Kostentragungspflicht weiterer Beteiligter bei Veranlassung einer Begutachtung zur Feststellung der Echtheit oder Wirksamkeit eines Testaments sind obergerichtlich umstritten (vgl. OLG Stuttgart, Beschluss v. 07.06.2019, Az. 8 W 131/19; OLG Schleswig, Beschluss v. 17.08.2012, Az. 3 Wx 137/11; OLG München, Beschluss v. 30.04.2012, Az. 31 Wx 68/12).

    RechtsgebieteFamFG, GNotKGVorschriften§ 81 FamFG; § 22 Abs. 1 GNotKG