18.08.2022 · IWW-Abrufnummer 230785
Oberlandesgericht Saarbrücken: Beschluss vom 30.03.2022 – 5 W 15/22
Zur Annahme einer Alleinerbeneinsetzung der Lebensgefährtin des Erblassers trotz augenscheinlicher Verteilung nur einzelner Nachlassgegenstände auf mehrere Personen, wenn die ihr zugewandten Vermögenswerte aus Sicht des Erblassers den wesentlichen Teil seines Nachlasses darstellten und sie nach dem Testament auf für "Beerdigung und Folgekosten" verantwortlich zeichnen sollte.
Oberlandesgericht Saarbrücken
Tenor:
I.
Mit notarieller Urkunde vom 27. April 2021 (UR Nr. 905/2021 des Notars Dr. H. = Bl. 3 ff. d.A.) beantragte die Antragstellerin die Erteilung eines Erbscheines, wonach sie alleinige Erbin des am 30. Juni 2020 in Merzig verstorbenen Erblassers geworden sei; ein von ihr zuvor unter dem 24. September 2020 eingereichter gleichlautender Erbscheinsantrag (Az. 6 VI 451/20 AG Merzig) war in der Folge zurückgenommen worden.
Der Erblasser war zum Zeitpunkt des Erbfalles verwitwet und kinderlos, seine bereits verstorbenen Eltern hatten in der Beteiligten zu 3) noch eine weitere Tochter. Der Erblasser hatte unter dem 30. März 2019 ein privatschriftliches Testament errichtet, das vom Amtsgericht - Nachlassgericht - Merzig am 8. Juli 2020 eröffnet wurde (Az. 6 IV 392/20); darin hieß es (wörtlich):
"Hiermit verfüge ich, meine Lebensgefährtin H., geborene B., W., 66663 Merzig, geboren am xxx als Erbe für mein Haus R. 1 a ein.
Mein Barvermögen bei der S. Bank Merzig und U. e.G. erbt H. geborene B..
Meine Grundstücke und Anteile an Grundstücken vererbe ich meinen Nichten G., D. und Neffe H..
Für meine Beerdigung und Folgekosten zeichnet meine Lebensgefährtin H. geborene B.."
Zur Begründung ihres Erbscheinsantrages hat die Antragstellerin die Ansicht vertreten, dass das in der Begrifflichkeit nicht eindeutige Testament dahin auszulegen sei, dass sie nach dem Willen des Erblassers zu dessen Alleinerbin eingesetzt sei; dies folge daraus, dass er ihr, von einzelnen Ackergrundstücken abgesehen, den ganz wesentlichen Teil seines Vermögens zugewandt habe. Der Beteiligte zu 2) hat der Erteilung des beantragten Erbscheines widersprochen und gemeint, der Erblasser habe mit dem Testament keine Alleinerbeneinsetzung der Antragstellerin beabsichtigt. Richtigerweise ergebe die Auslegung, dass ihr nur Geldwerte, nämlich die Nutzungen aus dem Hausanwesen und die Bankkonten, zugewandt worden seien. Demgegenüber gebührten den anderen Beteiligten erhebliche Grundstückswerte, einschließlich des Grundstücks, auf dem das der Antragstellerin zugewandte "Haus" aufstehe.
Mit dem angefochtenen Beschluss (Bl. 39 ff. d.A.) hat das Amtsgericht die zur Erteilung des beantragten Erbscheins erforderlichen Tatsachen für festgestellt erachtet; zugleich hat es die Wirksamkeit dieses Beschlusses bis zu dessen Rechtskraft ausgesetzt. Es hat angenommen, dass die Antragstellerin durch das Testament zur Alleinerbin eingesetzt worden sei; dies folge aus der Auslegung der letztwilligen Verfügung, die in Rechnung stellen müsse, dass einerseits der Antragstellerin sowohl das Hausgrundstück, als auch die Bankkonten und damit der wesentliche Teil des Erblasservermögens zugewandt worden sei und sie auch für die Bestattungs- und Folgekosten aufzukommen habe, während die Neffen und Nichten des Erblassers lediglich mit einzelnen Grundstücksvermächtnissen bedacht worden seien.
Gegen diese seinem Verfahrensbevollmächtigten am 4. Januar 2022 zugestellten Entscheidung richtet sich die am 4. Februar 2022 eingelegte Beschwerde des Beteiligten zu 2), der sich unter Wiederholung und Vertiefung seiner früheren Argumente weiterhin gegen die Erteilung des beantragten Erbscheines an die Antragstellerin wendet, statt dessen nunmehr die Schwester des Erblassers als Alleinerbin sowie die Neffen und Nichten als Begünstigte des nicht bebauten Teils des Grundstücks R. 1a ansieht (Bl. 59 ff., 62 d.A.), und der das Amtsgericht mit Beschluss vom 3. März 2022 (Bl. 63 d.A.) nicht abgeholfen hat.
Der Senat hat die Akten 6 IV 392/20 (Testamentseröffnung) und 6 VI 451/20 (vorausgegangenes Erbscheinsverfahren) zur Kenntnis genommen.
II.
Die Beschwerde des Beteiligten zu 2) gegen den Beschluss des Amtsgerichts Merzig vom 22. Dezember 2021, über die gemäß § 119 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. b GVG das Oberlandesgericht zu entscheiden hat, ist nach den §§ 58 ff. FamFG zulässig, insbesondere fristgemäß eingelegt worden. Sie ist jedoch unbegründet. Die Entscheidung, den beantragten Erbschein zu erteilen, entspricht der Rechtslage, weil die zur Begründung dieses Antrages erforderlichen Tatsachen für festgestellt erachtet werden können (§ 352e Abs. 1 Satz 1 FamFG). Die Antragstellerin ist aufgrund des privatschriftlichen Testaments vom 30. März 2019, hinsichtlich dessen Authentizität keine begründeten Zweifel bestehen, alleinige Erbin des am 30. Juni 2020 verstorbenen Erblassers geworden. Die dahingehende Auslegung des Testaments durch das Nachlassgericht ist nicht zu beanstanden; sie wird vom Senat auch vor dem Hintergrund des weiteren Beschwerdevorbringens uneingeschränkt geteilt.
1.
Bei der - vorliegend in erster Linie gebotenen - Auslegung des Testaments vom 30. März 2019, die der Ermittlung des wirklichen Willens des Erblassers dient (§§ 133, 2084 BGB; vgl. BGH, Urteil vom 7. Oktober 1992 - IV ZR 160/91, NJW 1993, 256; Senat, Urteil vom 15. Oktober 2014 - 5 U 19/13, ErbR 2015, 567), ist zu berücksichtigen, dass der Sprachgebrauch nicht immer so exakt ist oder sein kann, dass der Erklärende mit seinen Worten genau das unmissverständlich wiedergibt, was er zum Ausdruck bringen wollte. Deshalb ordnet § 133 BGB an, den Wortsinn der benutzten Ausdrücke unter Heranziehung aller Umstände zu "hinterfragen": Nur dann kann die Auslegung der Erklärung durch den Richter gerade die Bedeutung auffinden und ihr die rechtliche Wirkung zukommen lassen, die der Erklärende seiner Willenserklärung "wirklich" beilegen wollte (BGH, Urteil vom 24. Juni 2009 - IV ZR 202/07, NJW-RR 2009, 1455; Senat, Urteil vom 17. Dezember 2021 - 5 U 22/21, zur Veröffentlichung bestimmt). Verbleiben hiernach Zweifel, kann auf die gesetzlichen Auslegungsregeln zurückgegriffen werden. Diese Grundsätze gelten insbesondere auch dann, wenn ein Erblasser - wie hier - lediglich die Zuwendung einzelner Gegenstände verfügt, dabei jedoch den oder die Bedachten als "Erbe" bezeichnet hat: Die Auslegungsregel des § 2087 Abs. 2 BGB, wonach dann im Zweifel nicht von einer Erbeinsetzung, sondern von einem Vermächtnis auszugehen ist, greift dann nicht Platz, wenn durch Auslegung die Zweifel überwunden sind, die zur gegenteiligen Auslegung als Vermächtnis durchgreifen müssten (BGH, Urteil vom 22. März 1972 - IV ZR 134/70, FamRZ 1972, 561; Beschluss vom 12. Juli 2017 - IV ZB 15/16, NJW-RR 2017, 1035). Für die Annahme einer Erbeinsetzung kann trotz Zuwendung nur einzelner Gegenstände sprechen, wenn der Erblasser sein Vermögen vollständig den einzelnen Vermögensgegenständen nach verteilt hat, wenn er dem Bedachten die Gegenstände zugewendet hat, die nach seiner Vorstellung das Hauptvermögen bilden, oder nur Vermächtnisnehmer vorhanden wären und nicht anzunehmen ist, dass der Erblasser überhaupt keine Erben berufen und seine Verwandten oder seinen Ehegatten als gesetzliche Erben ausschließen wollte. Entsprechendes kann gelten, wenn der Nachlass durch die Zuwendung des wertmäßigen Hauptnachlassgegenstands, etwa eines Hausgrundstücks, im Wesentlichen erschöpft wird oder der objektive Wert das übrige Vermögen an Wert so erheblich übertrifft, dass der Erblasser ihn als seinen wesentlichen Nachlass angesehen hat (BGH, Beschluss vom 12. Juli 2017 - IV ZB 15/16, NJW-RR 2017, 1035; BayObLG, NJW-RR 2003, 150; FamRZ 2005, 1933; OLG Naumburg, FamRZ 2007, 943; Johannsen, in: BGB-RGRK 12. Aufl., § 2087 Rn. 8; Weidlich, in: Palandt, BGB 80. Aufl., § 2087 Rn. 5). Mithin ist zu fragen, ob der Erblasser bei Errichtung des Testaments in den zugewendeten Gegenständen im Wesentlichen seinen Nachlass erblickt hat, ihn also durch die Zuwendung hat erschöpfen wollen (Senat, Urteil vom 13. Februar 2019 - 5 U 57/18, ErbR 2019, 510 [OLG Bamberg 06.05.2019 - 3 W 16/19]; Staudinger/Otte (2019) BGB § 2087, Rn. 26; Czubayko, in: Burandt/Rojahn, Erbrecht 3. Aufl., § 2087 Rn. 6).
2.
Hiervon ausgehend, hat das Amtsgericht vorliegend die letztwillige Verfügung vom 30. März 2019 zu Recht dahin ausgelegt, dass die Antragstellerin darin zur alleinigen Erbin eingesetzt und die anderen Beteiligten, seine Neffen und Nichten, mit einzelnen Grundstücksvermächtnissen bedacht wurden. Auch der Senat hat bei Anwendung der anerkannten Auslegungsgrundsätze keine durchgreifenden Zweifel daran, dass der Wille des Erblassers beim Abfassen des privatschriftlichen Testaments darauf gerichtet war, die Antragstellerin, seine Lebensgefährtin, zu seiner Rechtsnachfolgerin zu berufen.
a)
Freilich ist der Wortlaut des Testaments insoweit nicht eindeutig, worauf die angefochtene Entscheidung und ebenso die Beschwerde im Ausgangspunkt zu Recht hinweisen, was zu ihrer Auslegung nach §§ 133, 2084 BGB nötigt. Denn einerseits wird die Antragstellerin in dem Testament zwar als "Erbe" bezeichnet, dies jedoch lediglich hinsichtlich einzelner - allerdings sehr werthaltiger - Nachlassgegenstände, konkret: des "Hauses R. 1a" sowie des "Barvermögens bei der S.-Bank Merzig und U. eG"; andererseits benutzt der Erblasser den Begriff "vererben" auch, um seinen Neffen und Nichten verschiedene, nicht näher bezeichnete "Grundstücke und Anteile an Grundstücken" zuzuwenden. Nichtsdestotrotz deutet schon diese Wortwahl und die Systematik des Testaments darauf hin, dass der Erblasser bei der Abfassung des Schriftstückes die Antragstellerin als vorrangig Begünstigte ansah, weil er sie an herausgehobener Stelle zunächst benannte, ihr ausdrücklich sein "Haus" und sein Barvermögen zuwandte und dadurch erkennbar eine Position verschaffte, in der sich die Kontinuität seiner bisherigen Lebensführung typischerweise in besonderem Maße verwirklichen lässt.
b)
Dafür, dass der Erblasser die Antragstellerin zu seiner Alleinerbin einsetzen wollte, spricht jedoch vor allem, dass die ihr ausdrücklich zugewandten Gegenstände - das Hausanwesen R. 1a und das "Barvermögen" des Erblassers - das übrige Vermögen in ihrem Wert ganz erheblich übertreffen und vom Erblasser erkennbar als sein wesentlicher Nachlass angesehen wurden; das gilt selbst dann, wenn man die von dem Beteiligten zu 2) gegenüber dem Amtsgericht vorgetragenen und mit der Beschwerde aufgegriffenen Wertverhältnisse (Schriftsätze vom 20. Juli 2021, Bl. 18 ff. d.A., und vom 28. Februar 2022, Bl. 59 ff. d.A.) zugrunde legt. In diesem Umstand durfte das Amtsgericht deshalb einen entscheidenden Anhaltspunkt dafür sehen, dass der Erblasser nur der Antragstellerin die Stellung als Erbe verschaffen wollte, während die weiteren Zuwendungen an Neffen und Nichten in Gestalt von Anteilen an weiterem Acker- und Grünland lediglich Vermächtnisse darstellten.
aa)
Völlig zu Recht legt das Amtsgericht die Einsetzung der Antragstellerin als "Erbe für mein Haus R. 1a" dahin aus, dass damit nicht - lediglich - die Nutzung dieses Hauses durch die Antragstellerin, sondern eine Zuwendung des gesamten Anwesens, d.h. des Grundstücks mit seinen wesentlichen Bestandteilen und seinem Zubehör (§§ 94, 97 BGB) gemeint war. Bereits der natürliche Sprachgebrauch deutet darauf hin, dass der Begriff "Erbe" hier nicht im Sinne einer bloßen Nutzungs-/Gebrauchsüberlassung gemeint war, sondern dass dies, ebenso wie hinsichtlich der weiteren Grundstücke, die den Neffen und Nichten "vererbt" wurden, jeweils den Übergang des Eigentums einschloss. Für die mit der Beschwerde wiederholte Ansicht, der Erblasser habe der Antragstellerin lediglich "das Haus" zukommen lassen, damit diese Nutzungen in Form von Mieteinnahmen daraus ziehen könne, ergeben sich konkrete Anhaltspunkte weder aus dem Wortlaut des Testaments noch aus den weiteren zu dessen Auslegung heranzuziehenden Umständen. Selbst wenn unterstellt werden kann, dass der Erblasser den Unterschied zwischen einem "Haus" und einem "Grundstück" kannte, entspricht es gerade der gewöhnlichen, umgangssprachlichen Wortwahl, bei einem - wie hier - bebauten und zu Wohnzwecken genutzten Anwesen umgangssprachlich von einem "Haus" zu sprechen, wenn dieses in seiner Gesamtheit - so wie es dasteht - umfasst sein soll. Deshalb bestehen auch aus Sicht des Senats hier keine vernünftigen Zweifel daran, dass der Erblasser der Antragstellerin außer seinem Barvermögen auch das Anwesen "R. 1a" und damit nach seiner Vorstellung - auch unter Berücksichtigung der vom Beteiligten zu 2) angegebenen Beträge und Quoten - den wertmäßig ganz überwiegenden Nachlass zuwenden wollte. Ein solcher Entschluss spricht vielmehr ganz erheblich für eine Erbeinsetzung der Antragstellerin, wie das Amtsgericht ebenfalls richtig gesehen hat.
bb)
Gegen die Annahme einer alleinigen Erbeinsetzung der Antragstellerin spricht hier auch nicht, dass der Erblasser auch seine Neffen und Nichten, darunter den Beteiligten zu 2), mit Grundstücken bzw. Grundstücksanteilen bedacht hat. Diese sind dadurch - trotz der unterschiedslosen Verwendung des Begriffes "vererben" - nicht gleichfalls zu Rechtsnachfolgern im Sinne einer anteiligen Erbeinsetzung berufen worden. Denn anerkanntermaßen ist - nur - von einer Vermächtniseinsetzung auszugehen, wenn in einem Testament konkrete Vermögenswerte zugewendet werden, während einer anderen Person der Hauptnachlassgegenstand, insbesondere das Hausanwesen des Erblassers, zugewiesen ist (vgl. BayObLG, FamRZ 2005, 1933; OLG München, FamRZ 2017, 144). Genauso liegt es hier; denn der Senat hat keine Zweifel daran, dass der Erblasser mit seiner weiteren Anordnung, die "Grundstücke und Anteile an Grundstücken" seinen Nichten und Neffen zu "vererben", lediglich Vermächtnisse anordnen wollte, ohne dass es insoweit auf die Auslegungsregel des § 2087 Abs. 2 BGB ankäme. Schon nach der Lebenserfahrung erscheint es fernliegend, dass der Erblasser alle in dem Testament genannten Personen, seine wiederholt ausdrücklich benannte Lebensgefährtin einerseits und die auf die Grundstücke und Grundstücksanteile eingesetzten Neffen und Nichten andererseits, zu dinglichen Teilhabern an seinem gesamten Nachlass machen wollte. Vor allem aber sprechen auch insoweit die Wertrelationen für diese Auslegung; denn selbst ausgehend von den vom Beteiligten zu 2) vorgetragenen Beträgen und den in der Beschwerde behaupteten Wertverhältnissen machten die den übrigen Beteiligten ausgesetzten Zuwendungen, bei denen es sich lediglich um Anteile an weiterem Acker- und Grünland, unter Ausschluss des der Antragstellerin als Gesamtheit zugewandten Hausanwesens, handelte, nach den - maßgeblichen - Vorstellungen des Erblassers nur einen deutlich kleineren Teil des Nachlasses aus (vgl. für ähnliche Größenordnungen etwa BayObLG, FamRZ 1999, 1392; OLG Celle, MDR 2003, 89; OLG Hamburg, FGPrax 2016, 133; OLG München, FamRZ 2017, 144; eine in der Literatur z.T. angenommene starre Grenze - etwa von 90 Prozent, vgl. Ehm in: jurisPK-BGB 8. Aufl., § 2087 Rn. 12 m.wN. - gibt es in dieser Form nicht). Deshalb liegt es hier fern, anzunehmen, der Erblasser habe auch insoweit eine (anteilige) Erbeinsetzung dieser weiteren Beteiligten gewollt; solches wird im Übrigen auch von der Beschwerde nicht einmal geltend gemacht.
c)
Schließlich hat das Amtsgericht als weiteren Anhaltspunkt für den Willen des Erblassers, die Antragstellerin zur Alleinerbin einzusetzen, völlig zu Recht auch auf die Regelung über die Beerdigung und die daraus entstehenden Kosten abgestellt. Bei der Entscheidung, ob eine Person als Erbe eingesetzt ist, kommt es wesentlich darauf an, wer nach dem Willen des Erblassers den Nachlass zu regeln und die Nachlassschulden, zu denen auch die Bestattungskosten gehören (§ 1968 BGB), zu tilgen hat, sowie darauf, ob der Bedachte unmittelbar Rechte am Nachlass oder nur Ansprüche gegen andere Bedachte erwerben soll (BayObLG, FamRZ 1986, 835, 837). Deshalb widerspricht es nicht der Lebenserfahrung, ein zusätzliches Anzeichen für die Erbeinsetzung einer Person auch in der Tatsache zu erblicken, dass der Erblasser diese beauftragt hat, seine Bestattung zu besorgen (BayObLG, FamRZ 1986, 835, 837). Entsprechendes gilt, wenn die Kosten der Grabpflege überantwortet werden, weil der Erblasser regelmäßig will, dass diese vom Erben getragen werden (OLG Hamburg, FGPrax 2016, 133 [OLG Hamburg 06.10.2015 - 2 W 69/15]; Weidlich, in: Palandt, a.a.O., § 2087 Rn. 2). Vor diesem Hintergrund stellt es ein weiteres, deutliches Indiz für die Erbeinsetzung der Antragstellerin dar, dass der Erblasser ihr diese Aufgaben vollumfänglich, einschließlich der daraus entstehenden Folgekosten, übertragen hat; denn auch dadurch machte er deutlich, dass er diese als seine alleinige Rechtsnachfolgerin ansah.
d)
Andere, beachtliche Gründe, die dieses Auslegungsergebnis in Frage stellen könnten, zeigt die Beschwerde nicht auf; insbesondere hat das Amtsgericht, ebenso wie jetzt der Senat, den gesamten ihm unterbreiteten Sachverhalt berücksichtigt (§ 26 FamFG); dass weiterer Aufklärungsbedarf bestünde, der insoweit zu einer abweichenden Auslegung des Testaments führen könnte, ist auch auf der Grundlage des Beschwerdevorbringens nicht erkennbar. Da sich die Annahme der Erbeinsetzung der Antragstellerin schon aufgrund der von dem Beteiligten zu 2) vorgetragenen Wertverhältnisse rechtfertigt und insoweit auch nur entscheidend ist, dass die der Antragstellerin zugewandten Gegenstände nach der Vorstellung des Erblassers das Hauptvermögen bildeten (vgl. BGH, Beschluss vom 12. Juli 2017 - IV ZB 15/16, NJW-RR 2017, 1035 [BGH 05.07.2017 - IV ZB 6/17]; Rudy, in: MünchKomm-BGB 8. Aufl., § 2087 Rn. 8, 9), musste das Amtsgericht bestehenden Differenzen in der Darstellung der hiesigen Beteiligten nicht weiter nachgehen. Dass der Erblasser in seinem Testament keine abschließende Regelung über seinen gesamten Nachlass getroffen hätte, wie die Beschwerde betont, kann nach dem Ergebnis der Auslegung der letztwilligen Verfügung schon nicht festgestellt werden; vielmehr ist seinem darin ausreichend erkennbar zum Ausdruck gebrachten Willen entsprechend von einer alleinigen Erbeinsetzung der Antragstellerin durch Zuwendung wesentlicher Teile seines Vermögens auszugehen, was auch alle weiteren, nicht besonders erwähnten - auch wertmäßig nachrangigen - Vermögenswerte einschließt. Mit Recht hebt das Amtsgericht hervor, dass es unter diesen Umständen aus seiner Sicht nicht notwendig war, weitere Einzelgegenstände, insbesondere den - richtigerweise schon von der Zuwendung des "Hauses" umfassten - Hausrat oder den (schon älteren) Pkw des Erblassers ausdrücklich in dem Testament zu erwähnen. Zumindest spekulativ ist es auch, wenn die Beschwerde weiterhin darauf hinweist, der Erblasser habe seine - in dem Testament mit keinem Wort erwähnte - Schwester nicht enterben wollen. Jedenfalls folgt auch daraus kein Argument, das gegen die Erbeinsetzung der Antragstellerin spräche, nachdem objektive Anhaltspunkte für den Willen des Erblassers, daneben oder statt ihrer (auch) seine Schwester zu bedenken, nicht aufgezeigt werden und dies insbesondere aus der letztwilligen Verfügung nicht ansatzweise ersichtlich wird. Entsprechendes gilt für den weiteren Hinweis, die Antragstellerin habe erkennbar durch Haus und Barvermögen versorgt werden sollen, wobei dieser Gesichtspunkt nach Auffassung des Senats, gerade auch angesichts der testamentarischen Überantwortung der Bestattung und ihrer (Folge-)Kosten, eher für denn gegen eine Erbeinsetzung sprechen dürfte.
3.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 84 FamFG. Es erscheint angemessen, dem Beteiligten zu 2) die durch sein erfolgloses Rechtsmittel verursachten Kosten aufzuerlegen. Gründe, die Rechtsbeschwerde zuzulassen (§ 70 Abs. 2 FamFG), bestanden vorliegend nicht.
Der Geschäftswert des Beschwerdeverfahrens ist unter Berücksichtigung des von dem Beteiligten zu 2) erstrebten Verfahrensziels (vgl. Senat, Beschluss vom 12. Dezember 2017 - 5 W 53/17, NJW 2018, 957; OLG Düsseldorf, FamRZ 2016, 1879), die alleinige Erbenstellung der Antragstellerin zugunsten der Schwester des Erblassers zu verhindern und ihr lediglich einzelne, scheinbar abschließend zugewandte Vermögenswerte in einer Größenordnung von "möglicherweise 75 Prozent" zu belassen, gemäß §§ 61, 36, 40 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 GNotKG mit ¼ des Nachlasswertes festzusetzen. Der Senat geht im Rahmen des ihm zukommenden Ermessens auf Grundlage der Angaben in dem Erbscheinsantrag vom 27. April 2021 (Bl. 7 d.A.) von einem bereinigten Nachlasswert von ca. 256.000,- Euro aus.
Beschluss vom 30.03.2022
Tenor:
- Die Beschwerde des Beteiligten zu 2) vom 4. Februar 2022 gegen den Beschluss des Amtsgerichts Merzig vom 22. Dezember 2021 - 6 VI 240/21 - wird auf seine Kosten zurückgewiesen.
- Der Geschäftswert des Beschwerdeverfahrens beträgt 64.000,- Euro.
Gründe
Mit notarieller Urkunde vom 27. April 2021 (UR Nr. 905/2021 des Notars Dr. H. = Bl. 3 ff. d.A.) beantragte die Antragstellerin die Erteilung eines Erbscheines, wonach sie alleinige Erbin des am 30. Juni 2020 in Merzig verstorbenen Erblassers geworden sei; ein von ihr zuvor unter dem 24. September 2020 eingereichter gleichlautender Erbscheinsantrag (Az. 6 VI 451/20 AG Merzig) war in der Folge zurückgenommen worden.
Der Erblasser war zum Zeitpunkt des Erbfalles verwitwet und kinderlos, seine bereits verstorbenen Eltern hatten in der Beteiligten zu 3) noch eine weitere Tochter. Der Erblasser hatte unter dem 30. März 2019 ein privatschriftliches Testament errichtet, das vom Amtsgericht - Nachlassgericht - Merzig am 8. Juli 2020 eröffnet wurde (Az. 6 IV 392/20); darin hieß es (wörtlich):
"Hiermit verfüge ich, meine Lebensgefährtin H., geborene B., W., 66663 Merzig, geboren am xxx als Erbe für mein Haus R. 1 a ein.
Mein Barvermögen bei der S. Bank Merzig und U. e.G. erbt H. geborene B..
Meine Grundstücke und Anteile an Grundstücken vererbe ich meinen Nichten G., D. und Neffe H..
Für meine Beerdigung und Folgekosten zeichnet meine Lebensgefährtin H. geborene B.."
Zur Begründung ihres Erbscheinsantrages hat die Antragstellerin die Ansicht vertreten, dass das in der Begrifflichkeit nicht eindeutige Testament dahin auszulegen sei, dass sie nach dem Willen des Erblassers zu dessen Alleinerbin eingesetzt sei; dies folge daraus, dass er ihr, von einzelnen Ackergrundstücken abgesehen, den ganz wesentlichen Teil seines Vermögens zugewandt habe. Der Beteiligte zu 2) hat der Erteilung des beantragten Erbscheines widersprochen und gemeint, der Erblasser habe mit dem Testament keine Alleinerbeneinsetzung der Antragstellerin beabsichtigt. Richtigerweise ergebe die Auslegung, dass ihr nur Geldwerte, nämlich die Nutzungen aus dem Hausanwesen und die Bankkonten, zugewandt worden seien. Demgegenüber gebührten den anderen Beteiligten erhebliche Grundstückswerte, einschließlich des Grundstücks, auf dem das der Antragstellerin zugewandte "Haus" aufstehe.
Mit dem angefochtenen Beschluss (Bl. 39 ff. d.A.) hat das Amtsgericht die zur Erteilung des beantragten Erbscheins erforderlichen Tatsachen für festgestellt erachtet; zugleich hat es die Wirksamkeit dieses Beschlusses bis zu dessen Rechtskraft ausgesetzt. Es hat angenommen, dass die Antragstellerin durch das Testament zur Alleinerbin eingesetzt worden sei; dies folge aus der Auslegung der letztwilligen Verfügung, die in Rechnung stellen müsse, dass einerseits der Antragstellerin sowohl das Hausgrundstück, als auch die Bankkonten und damit der wesentliche Teil des Erblasservermögens zugewandt worden sei und sie auch für die Bestattungs- und Folgekosten aufzukommen habe, während die Neffen und Nichten des Erblassers lediglich mit einzelnen Grundstücksvermächtnissen bedacht worden seien.
Gegen diese seinem Verfahrensbevollmächtigten am 4. Januar 2022 zugestellten Entscheidung richtet sich die am 4. Februar 2022 eingelegte Beschwerde des Beteiligten zu 2), der sich unter Wiederholung und Vertiefung seiner früheren Argumente weiterhin gegen die Erteilung des beantragten Erbscheines an die Antragstellerin wendet, statt dessen nunmehr die Schwester des Erblassers als Alleinerbin sowie die Neffen und Nichten als Begünstigte des nicht bebauten Teils des Grundstücks R. 1a ansieht (Bl. 59 ff., 62 d.A.), und der das Amtsgericht mit Beschluss vom 3. März 2022 (Bl. 63 d.A.) nicht abgeholfen hat.
Der Senat hat die Akten 6 IV 392/20 (Testamentseröffnung) und 6 VI 451/20 (vorausgegangenes Erbscheinsverfahren) zur Kenntnis genommen.
II.
Die Beschwerde des Beteiligten zu 2) gegen den Beschluss des Amtsgerichts Merzig vom 22. Dezember 2021, über die gemäß § 119 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. b GVG das Oberlandesgericht zu entscheiden hat, ist nach den §§ 58 ff. FamFG zulässig, insbesondere fristgemäß eingelegt worden. Sie ist jedoch unbegründet. Die Entscheidung, den beantragten Erbschein zu erteilen, entspricht der Rechtslage, weil die zur Begründung dieses Antrages erforderlichen Tatsachen für festgestellt erachtet werden können (§ 352e Abs. 1 Satz 1 FamFG). Die Antragstellerin ist aufgrund des privatschriftlichen Testaments vom 30. März 2019, hinsichtlich dessen Authentizität keine begründeten Zweifel bestehen, alleinige Erbin des am 30. Juni 2020 verstorbenen Erblassers geworden. Die dahingehende Auslegung des Testaments durch das Nachlassgericht ist nicht zu beanstanden; sie wird vom Senat auch vor dem Hintergrund des weiteren Beschwerdevorbringens uneingeschränkt geteilt.
1.
Bei der - vorliegend in erster Linie gebotenen - Auslegung des Testaments vom 30. März 2019, die der Ermittlung des wirklichen Willens des Erblassers dient (§§ 133, 2084 BGB; vgl. BGH, Urteil vom 7. Oktober 1992 - IV ZR 160/91, NJW 1993, 256; Senat, Urteil vom 15. Oktober 2014 - 5 U 19/13, ErbR 2015, 567), ist zu berücksichtigen, dass der Sprachgebrauch nicht immer so exakt ist oder sein kann, dass der Erklärende mit seinen Worten genau das unmissverständlich wiedergibt, was er zum Ausdruck bringen wollte. Deshalb ordnet § 133 BGB an, den Wortsinn der benutzten Ausdrücke unter Heranziehung aller Umstände zu "hinterfragen": Nur dann kann die Auslegung der Erklärung durch den Richter gerade die Bedeutung auffinden und ihr die rechtliche Wirkung zukommen lassen, die der Erklärende seiner Willenserklärung "wirklich" beilegen wollte (BGH, Urteil vom 24. Juni 2009 - IV ZR 202/07, NJW-RR 2009, 1455; Senat, Urteil vom 17. Dezember 2021 - 5 U 22/21, zur Veröffentlichung bestimmt). Verbleiben hiernach Zweifel, kann auf die gesetzlichen Auslegungsregeln zurückgegriffen werden. Diese Grundsätze gelten insbesondere auch dann, wenn ein Erblasser - wie hier - lediglich die Zuwendung einzelner Gegenstände verfügt, dabei jedoch den oder die Bedachten als "Erbe" bezeichnet hat: Die Auslegungsregel des § 2087 Abs. 2 BGB, wonach dann im Zweifel nicht von einer Erbeinsetzung, sondern von einem Vermächtnis auszugehen ist, greift dann nicht Platz, wenn durch Auslegung die Zweifel überwunden sind, die zur gegenteiligen Auslegung als Vermächtnis durchgreifen müssten (BGH, Urteil vom 22. März 1972 - IV ZR 134/70, FamRZ 1972, 561; Beschluss vom 12. Juli 2017 - IV ZB 15/16, NJW-RR 2017, 1035). Für die Annahme einer Erbeinsetzung kann trotz Zuwendung nur einzelner Gegenstände sprechen, wenn der Erblasser sein Vermögen vollständig den einzelnen Vermögensgegenständen nach verteilt hat, wenn er dem Bedachten die Gegenstände zugewendet hat, die nach seiner Vorstellung das Hauptvermögen bilden, oder nur Vermächtnisnehmer vorhanden wären und nicht anzunehmen ist, dass der Erblasser überhaupt keine Erben berufen und seine Verwandten oder seinen Ehegatten als gesetzliche Erben ausschließen wollte. Entsprechendes kann gelten, wenn der Nachlass durch die Zuwendung des wertmäßigen Hauptnachlassgegenstands, etwa eines Hausgrundstücks, im Wesentlichen erschöpft wird oder der objektive Wert das übrige Vermögen an Wert so erheblich übertrifft, dass der Erblasser ihn als seinen wesentlichen Nachlass angesehen hat (BGH, Beschluss vom 12. Juli 2017 - IV ZB 15/16, NJW-RR 2017, 1035; BayObLG, NJW-RR 2003, 150; FamRZ 2005, 1933; OLG Naumburg, FamRZ 2007, 943; Johannsen, in: BGB-RGRK 12. Aufl., § 2087 Rn. 8; Weidlich, in: Palandt, BGB 80. Aufl., § 2087 Rn. 5). Mithin ist zu fragen, ob der Erblasser bei Errichtung des Testaments in den zugewendeten Gegenständen im Wesentlichen seinen Nachlass erblickt hat, ihn also durch die Zuwendung hat erschöpfen wollen (Senat, Urteil vom 13. Februar 2019 - 5 U 57/18, ErbR 2019, 510 [OLG Bamberg 06.05.2019 - 3 W 16/19]; Staudinger/Otte (2019) BGB § 2087, Rn. 26; Czubayko, in: Burandt/Rojahn, Erbrecht 3. Aufl., § 2087 Rn. 6).
2.
Hiervon ausgehend, hat das Amtsgericht vorliegend die letztwillige Verfügung vom 30. März 2019 zu Recht dahin ausgelegt, dass die Antragstellerin darin zur alleinigen Erbin eingesetzt und die anderen Beteiligten, seine Neffen und Nichten, mit einzelnen Grundstücksvermächtnissen bedacht wurden. Auch der Senat hat bei Anwendung der anerkannten Auslegungsgrundsätze keine durchgreifenden Zweifel daran, dass der Wille des Erblassers beim Abfassen des privatschriftlichen Testaments darauf gerichtet war, die Antragstellerin, seine Lebensgefährtin, zu seiner Rechtsnachfolgerin zu berufen.
a)
Freilich ist der Wortlaut des Testaments insoweit nicht eindeutig, worauf die angefochtene Entscheidung und ebenso die Beschwerde im Ausgangspunkt zu Recht hinweisen, was zu ihrer Auslegung nach §§ 133, 2084 BGB nötigt. Denn einerseits wird die Antragstellerin in dem Testament zwar als "Erbe" bezeichnet, dies jedoch lediglich hinsichtlich einzelner - allerdings sehr werthaltiger - Nachlassgegenstände, konkret: des "Hauses R. 1a" sowie des "Barvermögens bei der S.-Bank Merzig und U. eG"; andererseits benutzt der Erblasser den Begriff "vererben" auch, um seinen Neffen und Nichten verschiedene, nicht näher bezeichnete "Grundstücke und Anteile an Grundstücken" zuzuwenden. Nichtsdestotrotz deutet schon diese Wortwahl und die Systematik des Testaments darauf hin, dass der Erblasser bei der Abfassung des Schriftstückes die Antragstellerin als vorrangig Begünstigte ansah, weil er sie an herausgehobener Stelle zunächst benannte, ihr ausdrücklich sein "Haus" und sein Barvermögen zuwandte und dadurch erkennbar eine Position verschaffte, in der sich die Kontinuität seiner bisherigen Lebensführung typischerweise in besonderem Maße verwirklichen lässt.
b)
Dafür, dass der Erblasser die Antragstellerin zu seiner Alleinerbin einsetzen wollte, spricht jedoch vor allem, dass die ihr ausdrücklich zugewandten Gegenstände - das Hausanwesen R. 1a und das "Barvermögen" des Erblassers - das übrige Vermögen in ihrem Wert ganz erheblich übertreffen und vom Erblasser erkennbar als sein wesentlicher Nachlass angesehen wurden; das gilt selbst dann, wenn man die von dem Beteiligten zu 2) gegenüber dem Amtsgericht vorgetragenen und mit der Beschwerde aufgegriffenen Wertverhältnisse (Schriftsätze vom 20. Juli 2021, Bl. 18 ff. d.A., und vom 28. Februar 2022, Bl. 59 ff. d.A.) zugrunde legt. In diesem Umstand durfte das Amtsgericht deshalb einen entscheidenden Anhaltspunkt dafür sehen, dass der Erblasser nur der Antragstellerin die Stellung als Erbe verschaffen wollte, während die weiteren Zuwendungen an Neffen und Nichten in Gestalt von Anteilen an weiterem Acker- und Grünland lediglich Vermächtnisse darstellten.
aa)
Völlig zu Recht legt das Amtsgericht die Einsetzung der Antragstellerin als "Erbe für mein Haus R. 1a" dahin aus, dass damit nicht - lediglich - die Nutzung dieses Hauses durch die Antragstellerin, sondern eine Zuwendung des gesamten Anwesens, d.h. des Grundstücks mit seinen wesentlichen Bestandteilen und seinem Zubehör (§§ 94, 97 BGB) gemeint war. Bereits der natürliche Sprachgebrauch deutet darauf hin, dass der Begriff "Erbe" hier nicht im Sinne einer bloßen Nutzungs-/Gebrauchsüberlassung gemeint war, sondern dass dies, ebenso wie hinsichtlich der weiteren Grundstücke, die den Neffen und Nichten "vererbt" wurden, jeweils den Übergang des Eigentums einschloss. Für die mit der Beschwerde wiederholte Ansicht, der Erblasser habe der Antragstellerin lediglich "das Haus" zukommen lassen, damit diese Nutzungen in Form von Mieteinnahmen daraus ziehen könne, ergeben sich konkrete Anhaltspunkte weder aus dem Wortlaut des Testaments noch aus den weiteren zu dessen Auslegung heranzuziehenden Umständen. Selbst wenn unterstellt werden kann, dass der Erblasser den Unterschied zwischen einem "Haus" und einem "Grundstück" kannte, entspricht es gerade der gewöhnlichen, umgangssprachlichen Wortwahl, bei einem - wie hier - bebauten und zu Wohnzwecken genutzten Anwesen umgangssprachlich von einem "Haus" zu sprechen, wenn dieses in seiner Gesamtheit - so wie es dasteht - umfasst sein soll. Deshalb bestehen auch aus Sicht des Senats hier keine vernünftigen Zweifel daran, dass der Erblasser der Antragstellerin außer seinem Barvermögen auch das Anwesen "R. 1a" und damit nach seiner Vorstellung - auch unter Berücksichtigung der vom Beteiligten zu 2) angegebenen Beträge und Quoten - den wertmäßig ganz überwiegenden Nachlass zuwenden wollte. Ein solcher Entschluss spricht vielmehr ganz erheblich für eine Erbeinsetzung der Antragstellerin, wie das Amtsgericht ebenfalls richtig gesehen hat.
bb)
Gegen die Annahme einer alleinigen Erbeinsetzung der Antragstellerin spricht hier auch nicht, dass der Erblasser auch seine Neffen und Nichten, darunter den Beteiligten zu 2), mit Grundstücken bzw. Grundstücksanteilen bedacht hat. Diese sind dadurch - trotz der unterschiedslosen Verwendung des Begriffes "vererben" - nicht gleichfalls zu Rechtsnachfolgern im Sinne einer anteiligen Erbeinsetzung berufen worden. Denn anerkanntermaßen ist - nur - von einer Vermächtniseinsetzung auszugehen, wenn in einem Testament konkrete Vermögenswerte zugewendet werden, während einer anderen Person der Hauptnachlassgegenstand, insbesondere das Hausanwesen des Erblassers, zugewiesen ist (vgl. BayObLG, FamRZ 2005, 1933; OLG München, FamRZ 2017, 144). Genauso liegt es hier; denn der Senat hat keine Zweifel daran, dass der Erblasser mit seiner weiteren Anordnung, die "Grundstücke und Anteile an Grundstücken" seinen Nichten und Neffen zu "vererben", lediglich Vermächtnisse anordnen wollte, ohne dass es insoweit auf die Auslegungsregel des § 2087 Abs. 2 BGB ankäme. Schon nach der Lebenserfahrung erscheint es fernliegend, dass der Erblasser alle in dem Testament genannten Personen, seine wiederholt ausdrücklich benannte Lebensgefährtin einerseits und die auf die Grundstücke und Grundstücksanteile eingesetzten Neffen und Nichten andererseits, zu dinglichen Teilhabern an seinem gesamten Nachlass machen wollte. Vor allem aber sprechen auch insoweit die Wertrelationen für diese Auslegung; denn selbst ausgehend von den vom Beteiligten zu 2) vorgetragenen Beträgen und den in der Beschwerde behaupteten Wertverhältnissen machten die den übrigen Beteiligten ausgesetzten Zuwendungen, bei denen es sich lediglich um Anteile an weiterem Acker- und Grünland, unter Ausschluss des der Antragstellerin als Gesamtheit zugewandten Hausanwesens, handelte, nach den - maßgeblichen - Vorstellungen des Erblassers nur einen deutlich kleineren Teil des Nachlasses aus (vgl. für ähnliche Größenordnungen etwa BayObLG, FamRZ 1999, 1392; OLG Celle, MDR 2003, 89; OLG Hamburg, FGPrax 2016, 133; OLG München, FamRZ 2017, 144; eine in der Literatur z.T. angenommene starre Grenze - etwa von 90 Prozent, vgl. Ehm in: jurisPK-BGB 8. Aufl., § 2087 Rn. 12 m.wN. - gibt es in dieser Form nicht). Deshalb liegt es hier fern, anzunehmen, der Erblasser habe auch insoweit eine (anteilige) Erbeinsetzung dieser weiteren Beteiligten gewollt; solches wird im Übrigen auch von der Beschwerde nicht einmal geltend gemacht.
c)
Schließlich hat das Amtsgericht als weiteren Anhaltspunkt für den Willen des Erblassers, die Antragstellerin zur Alleinerbin einzusetzen, völlig zu Recht auch auf die Regelung über die Beerdigung und die daraus entstehenden Kosten abgestellt. Bei der Entscheidung, ob eine Person als Erbe eingesetzt ist, kommt es wesentlich darauf an, wer nach dem Willen des Erblassers den Nachlass zu regeln und die Nachlassschulden, zu denen auch die Bestattungskosten gehören (§ 1968 BGB), zu tilgen hat, sowie darauf, ob der Bedachte unmittelbar Rechte am Nachlass oder nur Ansprüche gegen andere Bedachte erwerben soll (BayObLG, FamRZ 1986, 835, 837). Deshalb widerspricht es nicht der Lebenserfahrung, ein zusätzliches Anzeichen für die Erbeinsetzung einer Person auch in der Tatsache zu erblicken, dass der Erblasser diese beauftragt hat, seine Bestattung zu besorgen (BayObLG, FamRZ 1986, 835, 837). Entsprechendes gilt, wenn die Kosten der Grabpflege überantwortet werden, weil der Erblasser regelmäßig will, dass diese vom Erben getragen werden (OLG Hamburg, FGPrax 2016, 133 [OLG Hamburg 06.10.2015 - 2 W 69/15]; Weidlich, in: Palandt, a.a.O., § 2087 Rn. 2). Vor diesem Hintergrund stellt es ein weiteres, deutliches Indiz für die Erbeinsetzung der Antragstellerin dar, dass der Erblasser ihr diese Aufgaben vollumfänglich, einschließlich der daraus entstehenden Folgekosten, übertragen hat; denn auch dadurch machte er deutlich, dass er diese als seine alleinige Rechtsnachfolgerin ansah.
d)
Andere, beachtliche Gründe, die dieses Auslegungsergebnis in Frage stellen könnten, zeigt die Beschwerde nicht auf; insbesondere hat das Amtsgericht, ebenso wie jetzt der Senat, den gesamten ihm unterbreiteten Sachverhalt berücksichtigt (§ 26 FamFG); dass weiterer Aufklärungsbedarf bestünde, der insoweit zu einer abweichenden Auslegung des Testaments führen könnte, ist auch auf der Grundlage des Beschwerdevorbringens nicht erkennbar. Da sich die Annahme der Erbeinsetzung der Antragstellerin schon aufgrund der von dem Beteiligten zu 2) vorgetragenen Wertverhältnisse rechtfertigt und insoweit auch nur entscheidend ist, dass die der Antragstellerin zugewandten Gegenstände nach der Vorstellung des Erblassers das Hauptvermögen bildeten (vgl. BGH, Beschluss vom 12. Juli 2017 - IV ZB 15/16, NJW-RR 2017, 1035 [BGH 05.07.2017 - IV ZB 6/17]; Rudy, in: MünchKomm-BGB 8. Aufl., § 2087 Rn. 8, 9), musste das Amtsgericht bestehenden Differenzen in der Darstellung der hiesigen Beteiligten nicht weiter nachgehen. Dass der Erblasser in seinem Testament keine abschließende Regelung über seinen gesamten Nachlass getroffen hätte, wie die Beschwerde betont, kann nach dem Ergebnis der Auslegung der letztwilligen Verfügung schon nicht festgestellt werden; vielmehr ist seinem darin ausreichend erkennbar zum Ausdruck gebrachten Willen entsprechend von einer alleinigen Erbeinsetzung der Antragstellerin durch Zuwendung wesentlicher Teile seines Vermögens auszugehen, was auch alle weiteren, nicht besonders erwähnten - auch wertmäßig nachrangigen - Vermögenswerte einschließt. Mit Recht hebt das Amtsgericht hervor, dass es unter diesen Umständen aus seiner Sicht nicht notwendig war, weitere Einzelgegenstände, insbesondere den - richtigerweise schon von der Zuwendung des "Hauses" umfassten - Hausrat oder den (schon älteren) Pkw des Erblassers ausdrücklich in dem Testament zu erwähnen. Zumindest spekulativ ist es auch, wenn die Beschwerde weiterhin darauf hinweist, der Erblasser habe seine - in dem Testament mit keinem Wort erwähnte - Schwester nicht enterben wollen. Jedenfalls folgt auch daraus kein Argument, das gegen die Erbeinsetzung der Antragstellerin spräche, nachdem objektive Anhaltspunkte für den Willen des Erblassers, daneben oder statt ihrer (auch) seine Schwester zu bedenken, nicht aufgezeigt werden und dies insbesondere aus der letztwilligen Verfügung nicht ansatzweise ersichtlich wird. Entsprechendes gilt für den weiteren Hinweis, die Antragstellerin habe erkennbar durch Haus und Barvermögen versorgt werden sollen, wobei dieser Gesichtspunkt nach Auffassung des Senats, gerade auch angesichts der testamentarischen Überantwortung der Bestattung und ihrer (Folge-)Kosten, eher für denn gegen eine Erbeinsetzung sprechen dürfte.
3.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 84 FamFG. Es erscheint angemessen, dem Beteiligten zu 2) die durch sein erfolgloses Rechtsmittel verursachten Kosten aufzuerlegen. Gründe, die Rechtsbeschwerde zuzulassen (§ 70 Abs. 2 FamFG), bestanden vorliegend nicht.
Der Geschäftswert des Beschwerdeverfahrens ist unter Berücksichtigung des von dem Beteiligten zu 2) erstrebten Verfahrensziels (vgl. Senat, Beschluss vom 12. Dezember 2017 - 5 W 53/17, NJW 2018, 957; OLG Düsseldorf, FamRZ 2016, 1879), die alleinige Erbenstellung der Antragstellerin zugunsten der Schwester des Erblassers zu verhindern und ihr lediglich einzelne, scheinbar abschließend zugewandte Vermögenswerte in einer Größenordnung von "möglicherweise 75 Prozent" zu belassen, gemäß §§ 61, 36, 40 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 GNotKG mit ¼ des Nachlasswertes festzusetzen. Der Senat geht im Rahmen des ihm zukommenden Ermessens auf Grundlage der Angaben in dem Erbscheinsantrag vom 27. April 2021 (Bl. 7 d.A.) von einem bereinigten Nachlasswert von ca. 256.000,- Euro aus.