22.05.2023 · IWW-Abrufnummer 235437
Finanzgericht Münster: Urteil vom 24.11.2022 – 3 K 1201/21 F
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Finanzgericht Münster
Tenor:
Der Bescheid vom 17.03.2020 über die gesonderte Feststellung des Grundbesitzwertes auf den 00.00.2019 für Zwecke der Erbschaftsteuer in der Fassung der Einspruchsentscheidung vom 06.04.2021 wird dahingehend geändert, dass der gemeine Wert des Miteigentumsanteils des Klägers am Grundstück G1 auf 60.000 EUR festgestellt wird.
Die Kosten des Verfahrens trägt der Beklagte.
Die Revision wird zugelassen.
Das Urteil ist wegen der Kosten ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des jeweils zu vollstreckenden Betrages abwenden, soweit nicht der Kläger zuvor Sicherheit in Höhe des vollstreckbaren Betrages leistet.
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Tatbestand
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Die Beteiligten streiten im Rahmen einer Bedarfswertfeststellung für Zwecke der Erbschaftsteuer darüber, ob auf der Grundlage eines Gutachtens i. S. des § 198 des Bewertungsgesetzes (BewG) für einen hälftigen Miteigentumsanteil an einer Immobilie ein Marktanpassungsabschlag von 20 v. H. vorgenommen werden darf.
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Der Kläger erwarb als Vermächtnis nach dem am 00.00.2019 verstorbenen Herrn I. I. dessen Miteigentumsanteil von 50 v. H. an der Immobilie G1 […]. Es handelt sich dabei um ein 651 qm großes Grundstück, das mit einem Zweifamilienhaus (Baujahr ca. 1928) nebst Anbau und Garagen bebaut ist. Der weitere Miteigentumsanteil von 50 v. H. wurde und wird bis dato durch die Erbengemeinschaft nach der am 00.00.2016 verstorbenen Frau F. C. gehalten, welche aus dem Kläger und seinem Bruder J. C. besteht.
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Auf entsprechende Anforderung der Erbschaftsteuerstelle fordert der Beklagte den Kläger auf, eine Erklärung zur Feststellung des Bedarfswertes für das streitgegenständliche Grundstück auf den Stichtag 00.00.2019 einzureichen. Der Kläger gab diese Steuererklärung im November 2019 ab. Er übermittelte ferner ein Wertgutachten vom 25.11.2016 auf den Todestag von Frau F. C., erstellt vom Gutachterausschuss für Grundstückswerte im Kreis M und der Stadt E-Stadt. Der Beklagte wies im Verwaltungsverfahren darauf hin, dass das Gutachten wegen des abweichenden Stichtags nicht zugrunde zu legen sei.
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Am 17.03.2020 erließ der Beklagte einen Bescheid über die gesonderte Feststellung des Grundbesitzwerts auf den 00.00.2019 für Zwecke der Erbschaftsteuer. Darin stellte er den Wert der wirtschaftlichen Einheit (Grundbesitzwert) im Sachwertverfahren auf 270.083 EUR und den übertragenen Anteil am Grundbesitzwert auf 135.041 EUR fest.
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Hiergegen erhob der Kläger Einspruch und brachte ein Wertgutachten des Gutachterausschusses für Grundstückswerte im Kreis M und der Stadt E-Stadt vom 07.08.2020 auf den Stichtag 00.00.2019 bei. Den Verkehrswert des Volleigentums ermittelte der Gutachterausschuss ausgehend von einem Bodenwert von 162.750 EUR (651 qm x 250 EUR/qm), abzüglich Abrisskosten von 12.850 EUR, mit 150.000 EUR. Den Verkehrswert des hälftigen Miteigentumsanteils am streitgegenständlichen Grundstück bezifferte der Gutachterausschuss mit 60.000 EUR. Hierzu führte er aus, vom rechnerischen Anteil am Verkehrswert müsse im Wege der Marktanpassung ein Abschlag von rund 20 v. H. vorgenommen werden, weil der Erwerb eines Miteigentumsanteils für Dritte mit erheblichen Risiken verbunden sei (eingeschränkte Verfügungsgewalt etc.). Vor dem Hintergrund bestehender Erfahrungen aus Zwangsversteigerungsverfahren und Beleihungswertgrenzen gehe der Gutachterausschuss sachverständig von einem Abschlag in Höhe von etwa 20 v. H. aus.
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Der Kläger legte hierzu ferner ein Schreiben des Gutachterausschusses für Grundstückswerte im Kreis M und der Stadt E-Stadt vom 10.11.2020 vor, in dem dieser die Gründe für den Marktanpassungsabschlag von 20 v. H. für den Miteigentumsanteil weiter erläutert. Bewertungsanlässe für Miteigentum an Grundstücken seien selten, Verkäufe von Miteigentum noch seltener. Eigentumsübertragungen würden zumeist über Teilungsversteigerungen mit entsprechenden Wertabschlägen vorgenommen. Der Gutachterausschuss erhalte Mitteilungen über die Zuschläge im Zwangsversteigerungsverfahren, aus denen ersichtlich sei, dass der Zuschlag bei ausgeglichenen Märkten häufig bei 50 v. H. bis 60 v. H. des ermittelten Verkehrswertes liege. Derzeit sei in weiten Bereichen ein Verkäufermarkt gegeben, in dem die Zuschläge auch über dem Verkehrswert liegen könnten. Es sei aber nicht bekannt, ob in diesen Fällen bei der Ableitung des Verkehrswertes ein Sicherheitsabschlag angebracht worden sei, weil der Sachverständige das Objekt nicht von innen habe besichtigten dürfen. Derzeit erfolgten die Zuschläge in einem Rahmen von 50 v. H. bis 120 v. H. des Verkehrswertes. Die Beleihungsgrenzen der Banken für Immobilien lägen zwischen 42 v. H. bis 64 v. H. des Verkehrswertes, d.h. es würden Abschläge vom Verkehrswert in Höhe von 36 v. H. bis 58 v. H. vorgenommen. Sprengnetter beschreibe in einem Fachaufsatz (immobilien & bewerten 02/2018), es seien ihm erst 4 freihändig ausgehandelte Kaufverträge über Miteigentumsanteile bekannt geworden. Deren Wertabschlag habe im Mittel bei 27 v. H. gelegen. Eine Expertenbefragung habe einen durchschnittlichen Abschlag von 18 v. H. ergeben.
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In der Einspruchsentscheidung vom 06.04.2021 änderte der Beklagte die Wertfeststellung dahingehend, dass er den Grundbesitzwert auf 150.000 EUR und den Wert des übertragenen Anteils am Grundbesitz auf 75.000 EUR feststellte. Der Beklagte führte zur Begründung aus, über den Verkehrswert des Volleigentums bestehe nach Vorlage des Gutachtens Einigkeit. Ein Abzug von 20 v. H. vom Verkehrswert der wirtschaftlichen Einheit sei jedoch nicht vorzunehmen. Das folge aus § 3 BewG. Nach § 3 Satz 1 BewG solle die Ermittlung des gemeinen Wertes eines Wirtschaftsgutes, das mehreren Personen zustehe, im Ergebnis so erfolgen, als ob es nur einer Person zugerechnet werden müsste. Bei der Bewertung werde nicht berücksichtigt, dass Bruchteile an einem Grundstück im Allgemeinen schwerer verkäuflich seien als ein Grundstück im Ganzen. Dass ein Wirtschaftsgut im Miteigentum mehrerer Personen stehe, sei kein ihm innewohnender Umstand, sondern nur ein persönliches Kriterium für seine Zurechnung an die Beteiligten. Dieser müsse bei der Bewertung unberücksichtigt bleiben. Nach § 9 BewG und § 194 des Baugesetzbuches (BauGB) seien ungewöhnliche oder persönliche Verhältnisse bei der Ermittlung des Verkehrswertes nicht zu berücksichtigen. Gemäß § 3 Satz 2 BewG, der keine Bewertungsvorschrift im engeren Sinne, sondern eine Zurechnungsvorschrift sei, sei der Wert nach § 3 Satz 1 BewG gemäß dem Verhältnis der Anteile der Beteiligten aufzuteilen.
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Der BFH habe im Beschluss vom 22.07.2005 (II B 58/05, BFH/NV 2005, 1980) entschieden, dass ein Miteigentumsanteil an einem Grundstück nicht weniger wert sei als es dem rechnerischen Anteil am gemeinen Wert des gesamten Grundstücks entspreche. Nicht mit Wohnungs- oder Teileigentum verbundene Miteigentumsanteile an Grundstücken würden vergleichsweise selten als solche verkauft. Es sei üblich, im Miteigentum nach Bruchteilen stehende Grundstücke als Gesamtobjekt zu veräußern. Unübliche Verkäufe von einzelnen Miteigentumsanteilen entsprächen nicht dem gewöhnlichen Geschäftsverkehr und könnten daher nach § 9 Abs. 2 BewG nicht berücksichtigt werden. Diese BFH-Rechtsprechung sei auch nach dem Beschluss des BVerfG vom 07.11.2006 (1 BvL 10/02, BStBl. II 2007, 192) weiter anwendbar. Die Definition des gemeinen Wertes sei vom BVerfG nicht beanstandet worden; §§ 3, 9 BewG seien unverändert geblieben.
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Der Beklagte bezog sich ferner auf das rechtskräftig gewordene Urteil des FG München vom 25.02.2015 (4 K 3683/12, EFG 2015, 1067), in welchem dieses ausgeführt habe, dass sich aus den Regelungen des Zwangsversteigerungsgesetzes kein genereller Minderwert von Miteigentumsanteilen ableiten lasse, weil die dort geregelten Grenzen von 7/10 bis 5/10 keine Sondernorm für Teilungsversteigerungen darstellten, sondern ebenso gelten würden, wenn ein im Alleineigentum stehendes Grundstück versteigert werde. Dass bei der Feststellung des Wertes des Bruchteils nicht der Wert des Anteils, sondern der auf den Anteil entfallende Wert des Gesamteigentums maßgeblich sei, ergebe sich auch aus den BFH-Entscheidungen vom 18.08.2004 (II R 22/04, BStBl. II 2005, 19), vom 22.07.2005 (II B 58/05, BFH/NV 2005, 1980) und vom 02.07.2008 (II B 46/07, BFH/NV 2008, 1654). Auch der BGH habe mit Beschluss vom 07.06.2018 (V ZB 221/17, ZEV 2018, 734) entschieden, dass bei der Zwangsversteigerung der Verkehrswert eines Miteigentumsanteils grundsätzlich dessen rechnerischem Anteil an dem Verkehrswert des gesamten Grundstücks entspreche.
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Mit seiner am 06.05.2021 bei Gericht eingegangen Klage verfolgt der Kläger sein Begehren weiter. Er weist darauf hin, dass der Gutachterausschuss für Grundstückswerte im Kreis M und der Stadt E-Stadt bei der streitgegenständlichen Bewertung nicht pauschal allgemeine Grundsätze bemüht habe, sondern eigene Erfahrungssätze anhand aktenkundiger Verkäufe von Miteigentumsanteilen zugrunde gelegt habe.
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Der Kläger stützt seine Argumentation überdies auf ein weiteres Schreiben des Gutachterausschusses vom 17.02.2021. Darin führt dieser aus, für den Nachweis des gemeinen Wertes nach § 198 BewG würden grundsätzlich die auf Grund des § 199 Abs. 1 BauGB erlassenen Vorschriften gelten. Deshalb sei § 3 BewG für die Wertermittlung nicht relevant. Aus §§ 1 Abs. 2, 7 der Immobilienwertermittlungsverordnung (ImmoWertVO) und der Entscheidung des BGH vom 01.07.1982 (III ZR 10/81, WM 1982, 988) sei zu entnehmen, dass schon ein Kauffall als Vergleichsfall ausreichen könne und der Gutachterausschuss den Verkehrswert unter der Fiktion eines Marktes ermitteln müsse, auch wenn kein Markt vorhanden sei. Abschläge für Miteigentumsanteile, die am Markt in der Regel schwer zu verkaufen seien, könnten, wie aus der Entscheidung des Bayrischen VGH vom 13.06.1990 (26 N 84 A.2134, BayVBl.1991, 605) ersichtlich sei, nur aus der Erfahrung des Sachverständigen abgeleitet werden. Der Sachverständige dürfe Werteinflüsse schätzen, wenn keine Rechenformeln angewandt werden könnten und keine empirischen Daten vorlägen. Bei dem streitgegenständlichen Objekt sei die Bausubstanz wirtschaftlich wertlos. Ein wirtschaftlich handelnder Käufer würde das Wohnhaus abreißen und durch einen Neubau ersetzen. Die wertmäßige Betrachtung aus Sicht eines Marktteilnehmers würde sich daher primär auf die Ausnutzbarkeit und die eingeschränkte Verfügungsgewalt über Grund und Boden beziehen. Aus den unterschiedlichen Eigentumsverhältnissen und dem erhöhten Abstimmungsbedarf zur möglichen Errichtung eines Gebäudes resultiere eine eingeschränkte Marktfähigkeit. Deshalb würde auch die Veräußerung beider Einzelanteile aller Voraussicht nach nicht zu dem ursprünglichen Verkehrswert des Volleigentums führen. Es bedürfe einer Marktanpassung zur Ermittlung des Verkehrswertes für den entsprechenden hälftigen Anteil.
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Der Kläger beantragt,
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den Bescheid vom 17.03.2020 über die gesonderte Feststellung des Grundbesitzwerts auf den 00.00.2019 für Zwecke der Erbschaftsteuer in der Fassung der Einspruchsentscheidung vom 06.04.2021 dahingehend zu ändern, dass der gemeine Wert des Miteigentumsanteils des Klägers am Grundstück G1 auf 60.000 EUR festgestellt wird.
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Der Beklagte beantragt,
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die Klage abzuweisen,
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hilfsweise, für den Fall des Unterliegens, die Revision zuzulassen.
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Der Beklagte nimmt zur Begründung Bezug auf die Einspruchsentscheidung und führt ergänzend und vertiefend aus, der Nachweis des niedrigeren gemeinen Wertes i. S. des § 198 BewG müsse die gesamte wirtschaftliche Einheit umfassen. Über diesen Wert sei man sich einig. Durch den Ansatz des Bodenwertes abzüglich der Abbruchkosten als Verkehrswert sei dem Umstand, dass die Bausubstanz wertlos sei, bereits Rechnung getragen worden.
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Der Senat hat am 24.11.2022 mündlich verhandelt. Auf das Sitzungsprotokoll wird wegen der Einzelheiten Bezug genommen.
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Entscheidungsgründe
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Die Klage ist begründet.
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1. Der Bescheid vom 17.03.2020 über die gesonderte Feststellung des Grundbesitzwerts auf den 00.00.2019 für Zwecke der Erbschaftsteuer in der Fassung der Einspruchsentscheidung vom 06.04.2021 ist rechtswidrig und verletzt den Kläger in seinen Rechten, § 100 Abs. 1 Satz 1 FGO. Der Wert des vom Kläger erworbenen Miteigentumsanteils ist nach § 198 Satz 1 BewG in der am Stichtag geltenden Fassung mit lediglich 60.000 EUR anzusetzen.
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Der Kläger hat den ihm nach § 198 BewG offen stehenden Nachweis erfolgreich geführt, dass der gemeine Wert der wirtschaftlichen Einheit am Bewertungsstichtag niedriger ist als der nach §§ 179, 182 bis 196 BewG ermittelte Wert und sich auf 60.000 EUR beläuft.
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a. Gegenstand der Bedarfswertfeststellung ist der vom Kläger von Todes wegen erworbene hälftige Miteigentumsanteil am Grundstück. Dieser Anteil stellt die zu bewertende wirtschaftliche Einheit dar.
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Gemäß § 179 Abs. 1 der Abgabenordnung (AO) werden die Besteuerungsgrundlagen durch Feststellungsbescheid gesondert festgestellt, soweit dies in der AO oder sonst in den Steuergesetzen bestimmt ist. Nach § 12 Abs. 3 des Erbschaftsteuer- und Schenkungsteuergesetzes (ErbStG) i. V. m. § 151 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BewG sind Grundbesitzwerte gesondert festzustellen, wenn die Werte für die Erbschaftsteuer von Bedeutung sind. Gegenstand der Bewertung sind die wirtschaftlichen Einheiten des Grundvermögens (§ 157 Abs. 3 Satz 1 BewG). Jede wirtschaftliche Einheit ist für sich zu bewerten (§ 2 Abs. 1 Satz 1 BewG). Bei der Bewertung von Grundbesitz für Zwecke der Erbschaft- und Schenkungsteuer wird die wirtschaftliche Einheit vom Gegenstand des Erwerbs vorgegeben. Die Bestimmung des Erwerbsgegenstands erfolgt nach erbschaft- und schenkungsteuerrechtlichen Grundsätzen, die an das Zivilrecht anknüpfen. Wurde ein Miteigentumsanteil an einem Grundstück freigebig zugewendet (§ 7 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG), bildet grundsätzlich der Anteil selbst die wirtschaftliche Einheit, es sei denn, er zerfällt in mehrere wirtschaftliche Einheiten (BFH-Urteile vom 26.08.2020 II R 43/18, BStBl. II 2021, 597; vom 18.08.2004 II R 22/04, BStBl. II 2005, 19, jeweils zu § 138 BewG a. F.). Nichts anderes gilt, wenn ein Miteigentumsanteil an einem Grundstück wie im Streitfall gemäß § 3 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG i. V. m. §§ 2147 ff. des Bürgerlichen Gesetzesbuches im Vermächtniswege erworben wird. Wird von vornherein nur dieser Miteigentumsanteil ‒ und nicht das Volleigentum an einem Grundstück ‒ von Todes wegen erworben, kann sich die Frage einer über diesen Anteil hinausgreifenden wirtschaftlichen Einheit i.S. des § 2 Abs. 1 BewG nicht stellen. Im Streitfall liegen auch keine Anhaltspunkte dafür vor, dass nach den insoweit maßgeblichen Anschauungen des Verkehrs (vgl. § 2 Abs. 1 Satz 3 BewG) nicht der hälftige Miteigentumsanteil selbst, sondern eine noch kleinere Einheit als wirtschaftliche Einheit zu gelten hätte.
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b. Der Kläger hat gemäß § 198 Satz 1 BewG nachgewiesen, dass der gemeine Wert der wirtschaftlichen Einheit 60.000 EUR beträgt.
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aa. Auch bei der Bewertung eines Miteigentumsanteils an einem Grundstück, das nicht mit Wohnungs- oder Teileigentum verbunden ist, steht dem Steuerpflichtigen der Nachweis eines niedrigeren gemeinen Wertes für diesen Miteigentumsanteil gemäß § 198 Satz 1 BewG offen. Dieser Nachweis beschränkt sich nicht auf einen niedrigeren gemeinen Wert des Volleigentums, sondern kann darüber hinaus dahingehend geführt werden, dass der Wert des Miteigentumsanteils niedriger ist als der entsprechende rechnerische Bruchteil des Werts des Volleigentums.
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Das ergibt sich bereits aus dem Wortlaut des § 198 Satz 1 BewG, welcher auf den gemeinen Wert der wirtschaftlichen Einheit als solcher abstellt. Unter der im Streitfall erfüllten Prämisse, dass der Miteigentumsanteil am Grundstück selbst die zu bewertende wirtschaftliche Einheit ist, eröffnet der Wortlaut der Norm die Möglichkeit, unmittelbar für diesen Miteigentumsanteil einen niedrigeren gemeinen Wert nachzuweisen. Es ist gerade nicht vorgesehen, dass bei Miteigentumsanteilen nur ein mittelbarer Nachweis eines niedrigeren gemeinen Wertes dergestalt zulässig wäre, dass sich dieser Nachweis primär auf das Volleigentum am Grundstück beziehen müsste und dieser Wert dann rechnerisch entsprechend der Miteigentumsquote ‒ ohne weitere Abschlagsmöglichkeit ‒ auf den entsprechenden Miteigentumsanteil zu übertragen wäre.
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Auch nach Sinn und Zweck des Gesetzes ist ein niedrigerer gemeiner Wert für den Miteigentumsanteil am Grundstück als solchen nachweisbar. Nach der Gesetzesbegründung zu § 198 BewG (vgl. Bericht des Finanzausschusses zum Gesetzesentwurf der Bundesregierung, Erbschaftsteuerreformgesetz, BT-Drucksache 16/11107 Seiten 21 f.) sollte der Steuerpflichtige durch diese Norm die Möglichkeit erhalten, sämtliche wertbeeinflussende Umstände bei der Ermittlung des gemeinen Werts geltend zu machen. Hierzu gehörten nach der Vorstellung des Gesetzgebers auch die den Wert beeinflussenden Belastungen privatrechtlicher und öffentlich-rechtlicher Art, wie z. B. Grunddienstbarkeiten und persönliche Nutzungsrechte. Das muss erst recht gelten für einen rechtlichen Umstand, der der wirtschaftlichen Einheit prägend innewohnt und sie nicht lediglich als von außen kommend belastet, nämlich, dass es sich nicht um Voll- sondern um Miteigentum handelt. Sofern es nach den gemäß § 198 Satz 2 BewG i. V. m. § 199 Satz 2 BauGB erlassenen Vorschriften, insbesondere nach der ImmoWertVO, rechtlich zulässig ist, diesen Umstand als wertbeeinflussend zu berücksichtigen und er dementsprechend Eingang in ein auch im Übrigen ordnungsgemäßes Sachverständigengutachten gefunden hat, muss der so ermittelte Wert nach § 198 Satz 1 BewG von der Finanzverwaltung angesetzt werden.
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§ 3 BewG steht der grundsätzlichen Möglichkeit des Steuerpflichtigen, einen niedrigeren gemeinen Wert des Miteigentumsanteils nachzuweisen, nicht entgegen. Die Norm schreibt für die Fälle des § 198 BewG gerade nicht vor, dass nur der nachgewiesene niedrigere gemeine Wert des Volleigentums am Grundstück maßgeblich sei, der dann in einem zweiten Schritt statisch und ohne die Möglichkeit weiterer Abschläge auf die Miteigentümer nach dem rechnerischen Verhältnis ihrer Anteile zu verteilen wäre. Es handelt sich bei § 3 BewG um eine allgemeine Bewertungsvorschrift für die Wertermittlung bei mehreren Beteiligten, die nach § 1 Abs. 2 BewG nicht gilt, soweit im Zweiten Teil des Bewertungsgesetzes, wie hier in § 198 BewG, besondere Bewertungsvorschriften enthalten sind. § 198 BewG eröffnet dem Steuerpflichtigen aus verfassungsrechtlichen Gründen die Möglichkeit, von den im BewG vorgesehenen typisierenden Wertermittlungsverfahren abzuweichen, und ist auch aus diesem Grund eine vorrangige Spezialvorschrift. Der Vereinfachungsfunktion, die § 3 BewG im Rahmen der typisierenden Wertermittlungsverfahren des BewG erfüllt, bedarf es bei der Nachweisführung gemäß § 198 BewG, die auf die spezifischen wertbeeinflussenden Umstände des konkreten Bewertungsgegenstandes abzielt, nicht. § 198 BewG eröffnet die Möglichkeit einer in sich abgeschlossenen Wertfindung anhand der im dortigen Satz 2 genannten Regelungen.
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Soweit der BFH in seiner früheren Rechtsprechung keinen Nachweis dahingehend zugelassen hat, dass ein Miteigentumsanteil an einem Grundstück weniger wert sei als es dem rechnerischen Anteil am gemeinen Wert des gesamten Grundstücks entspreche (BFH-Beschluss vom 22.07.2005 II B 58/05, BFH/NV 2005, 1980), bezieht sich diese Rechtsprechung auf die Rechtslage vor Einführung des § 198 BewG. Der BFH ging dabei vom Wortlaut des § 146 Abs. 7 BewG in der Fassung des Jahressteuergesetzes 1997 vom 20.12.1996 aus (BGBl. 1996 I, 2049, gültig vom 28.12.1996 bis 31.12.2006, im Folgenden auch „BewG a. F.“). Danach war ein niedrigerer Grundstückswert festzustellen, wenn der Steuerpflichtige nachwies, dass der gemeine Wert des „Grundstücks“ niedriger als der nach den Absätzen 2 bis 6 des § 146 BewG a. F. ermittelte Wert war. Der BFH maß diesem Wort „Grundstück“ die Bedeutung bei, dass es sich dabei um das gesamte Grundstück handele und nicht um eine kleinere Einheit in Gestalt des Miteigentumsanteils an dem Grundstück. Demgegenüber stellt der Wortlaut des vorliegend anzuwendenden § 198 BewG auf den Terminus „wirtschaftliche Einheit“ ab, welcher ‒ wie oben dargestellt ‒ im konkreten Einzelfall auch den übertragenen Miteigentumsanteil am Grundstück bezeichnen kann. Da es bei § 198 BewG um den Nachweis eines niedrigeren gemeinen Wertes der konkret übertragenen wirtschaftlichen Einheit geht, d. h. um eine Durchbrechung der dem BewG innewohnenden Typisierung, würde eine restriktive Auslegung der Norm dahingehend, dass nur ein bestimmtes Wirtschaftsgut, nämlich das Grundstück als solches, zu betrachten sei, und dann eine statisch vorgegebene mathematische Umrechnung auf die eigentlich relevante wirtschaftliche Einheit vorzunehmen sei, dem Sinn und Zweck der Norm zuwiderlaufen. Wie der Streitfall zeigt, kann gerade der Umstand, dass ein Miteigentumsanteil und nicht das gesamte Eigentum an einem Grundstück übergeht, den Wert der wirtschaftlichen Einheit i. S. des § 198 BewG beeinflussen. Ob ein bestimmter Umstand ‒ hier der rechtliche Umstand des lediglich anteiligen Miteigentums ‒ im Ergebnis wertbeeinflussend ist, muss der Tatsachenwürdigung im Einzelfall zum jeweils maßgeblichen Stichtag überlassen bleiben.
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Auch der weiteren Erwägung des BFH in seinem Beschluss vom 22.07.2005 (II B 58/05, BFH/NV 2005, 1980), dass § 9 Abs. 2 BewG der Zulässigkeit eines derartigen Nachweises entgegen stehe, ist im Streitfall nicht zu folgen. § 9 Abs. 2 BewG sieht damals wie heute vor, dass der gemeine Wert durch den Preis bestimmt wird, der im gewöhnlichen Geschäftsverkehr nach der Beschaffenheit des Wirtschaftsgutes bei einer Veräußerung zu erzielen wäre. Dabei sind alle Umstände, die den Preis beeinflussen, zu berücksichtigen. Ungewöhnliche oder persönliche Verhältnisse sind nicht zu berücksichtigen. Der BFH ist in seiner damaligen Entscheidung davon ausgegangen, dass Verkäufe von einzelnen Miteigentumsanteilen an Grundstücken unüblich seien und hat daraus die Schlussfolgerung gezogen, dass solche Verkäufe deshalb nicht dem gewöhnlichen Geschäftsverkehr entsprächen. Dieser logische Schluss ist für den hier relevanten Stichtag nicht zu ziehen. Nach den von Sprengnetter erhobenen und veröffentlichten Daten ist der Verkauf von einzelnen Miteigentumsanteilen an Grundstücken zwar weiterhin vergleichsweise selten. Jedoch zeigen diese Daten, dass es einen gewöhnlichen Geschäftsverkehr für die Veräußerung von Miteigentumsanteilen an Grundstücken im Prinzip gibt. Als gewöhnlicher Geschäftsverkehr ist der Handel nach den wirtschaftlichen Grundsätzen von Angebot und Nachfrage zu verstehen, bei dem die Vertragspartner ohne Zwang und nicht aus Not, sondern in Wahrung ihrer eigenen Interessen handeln (z. B. BFH-Urteile vom 15.03.2017 II R 10/15, BFH/NV 20187, 1153; vom 25.04.2018 II R 47/15, BStBl. II 2019, 144). Nach den Erhebungen von Sprengnetter hatten die 37 von ihm befragten Sachverständigen in 11 Fällen von Käufen bzw. Verkäufen von Miteigentumsanteilen Wertgutachten erstellt. Für 4 freihändig ausgehandelte Kaufpreise lagen hinreichend viele Vergleichskaufpreise bzw. Verkehrswerte für das Volleigentum vor bzw. wurden ermittelt. Diese Aufstellung zeigt, dass ein Handel mit Miteigentumsanteilen tatsächlich stattfindet. Dass die Akteure auf diesem vergleichsweise engen Markt durchaus in Wahrung ihrer eigenen Interessen handeln, kommt insbesondere darin zum Ausdruck, dass die meisten Verkaufsabsichten, wie Sprengnetter schildert, am Willen der bzw. des anderen Miteigentümer(s) gescheitert seien bzw. an der Höhe der von Dritten gebotenen Kaufpreise, falls überhaupt ein Kaufinteressent gefunden worden sei. Der Handel von Miteigentumsanteilen erfolgt nach dem Prinzip von Angebot und Nachfrage und ist allein auf Grund von marktwirtschaftlichen Umständen, die in der originären Beschaffenheit des gehandelten Gutes selbst liegen, nämlich in seiner Eigenschaft als Miteigentumsanteil im Gegensatz zum Volleigentum, ein kleiner Markt. Es sind keine persönlichen oder ungewöhnlichen Umstände, die den gesamten Geschäftsverkehr mit Miteigentumsanteilen bestimmen.
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bb. Der Kläger hat durch das beigebrachte Wertgutachten nebst ergänzenden Ausführungen des Gutachterausschusses gemäß § 198 Satz 1 BewG nachgewiesen, dass der gemeine Wert des von ihm erworbenen hälftigen Miteigentumsanteils lediglich 60.000 EUR beträgt und damit niedriger ist als der nach den §§ 179, 182 bis 196 BewG ermittelte Wert.
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Ein Sachverständigengutachten ist regelmäßig zum Nachweis eines niedrigeren gemeinen Werts eines Grundstücks gemäß § 198 BewG geeignet, wenn es unter Beachtung der maßgebenden Vorschriften ordnungsgemäß erstellt wurde. Zur Ordnungsmäßigkeit des Gutachtens gehören sowohl dessen methodische Qualität als auch eine zutreffende Erhebung und Dokumentation der Begutachtungsgrundlagen. Der Gutachter muss aus den festgestellten Fakten seine Schlussfolgerungen ziehen und diese zusammen mit den von ihm für richtig erkannten Annahmen im Gutachten dokumentieren. Einem Gutachten, das bei Fehlen bewertungsrechtlicher Sonderregelungen für Bewertungsstichtage ab dem 01.07.2010 den Vorgaben der ImmoWertVO entspricht und plausibel ist, wird regelmäßig zu folgen sein. Ob ein Sachverständigengutachten den geforderten Nachweis erbringt, unterliegt der freien Beweiswürdigung des FG (BFH-Beschluss vom 12.06.2020 II B 46/19, BFH/NV 2020, 1273; vgl. BFH-Urteil vom 11.09.2013 II R 61/11, BStBl. II 2014, 363, jeweils m. w. N.).
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Ausgehend von diesen Grundsätzen hat der Kläger einen gemeinen Wert des Miteigentumsanteils von 60.000 EUR nachgewiesen.
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Das vorliegende Gutachten ist vom örtlich zuständigen Gutachterausschuss erstellt und von diesem mit Schreiben vom 10.11.2020 und vom 17.02.2021 ergänzt worden. Inhaltlich entspricht es den Vorgaben der ImmoWertVO und ist im Ergebnis plausibel.
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Der Gutachterausschuss hat im Ausgangspunkt zunächst den Verkehrswert des gesamten Grundstücks auf den relevanten Stichtag mit 150.000 EUR im Wege des Vergleichswertverfahrens anhand eines Bodenwertes von 162.750 EUR (Bodenrichtwert, modifiziert durch die im Grundstücksmarktbericht veröffentlichen Umrechnungskoeffizienten, multipliziert mit der Grundstücksgröße), abzüglich näher begründeter Abrisskosten von gerundeten 12.850 EUR, nachvollziehbar ermittelt. Das ist auch zwischen den Beteiligten unstreitig.
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Die modifizierte rechnerische Ableitung des gemeinen Wertes des Miteigentumsanteils aus dem Verkehrswert des gesamten Grundstücks ist letztlich ebenfalls plausibel und nachvollziehbar. Der erste Schritt, den ermittelten Verkehrswert des Gesamtobjekts anhand der prozentualen Höhe des betreffenden Miteigentumsanteils auf diesen umzurechnen, d.h. im Streitfall dem hälftigen Miteigentumsanteil die Hälfte des Wertes des gesamten Grundstücks zuzuweisen, ist mathematisch begründet und entspricht dem, was § 3 BewG als Rechenweg in den typisierten Bewertungsverfahren vorschreibt. Der zweite, von den typisierenden Bewertungsverfahren abweichende Schritt, den so ermittelten vorläufigen Wert des Miteigentumsanteils mittels eines Marktanpassungsfaktors von 20 v. H. nochmals zu reduzieren, ist im Ergebnis ebenfalls nicht zu beanstanden. Er entspricht den Vorgaben des § 7 Abs. 2 der ImmoWertVO. Nach dieser Vorschrift ist zur Ermittlung des marktangepassten vorläufigen Verfahrenswerts eine Marktanpassung durch marktübliche Zu- oder Abschläge erforderlich, wenn sich die allgemeinen Wertverhältnisse bei Verwendung der Daten nach § 7 Abs. 1 ImmoWertVO auch durch eine Anpassung nach § 9 Abs. 1 Satz 2 ImmoWertVO nicht ausreichend berücksichtigen lassen. Diese Merkmale sind im Streitfall erfüllt. Für die spezielle Bewertung des Miteigentumsanteils an dem Grundstück liegen keine spezifischen Daten im Sinne des § 7 Abs. 1 Nr. 1 bis Nr. 3 ImmoWertVO vor. Daraus ergibt sich zugleich, dass deren Anpassung gemäß § 9 Abs. 1 Satz 2 ImmoWertVO nicht möglich ist. Der Gutachterausschuss hat marktübliche Abschläge unter Berücksichtigung von § 9 Abs. 3 Satz 2 ImmoWertVO letztlich sachverständig auf 20 v. H. geschätzt.
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Soweit der Gutachterausschuss zur Begründung seiner Schätzung auf die ihm mitgeteilten Zu- bzw. Abschläge in Teilungsversteigerungs- bzw. Zwangsversteigerungsverfahren abstellt, ist diese Begründung indes nicht plausibel. Erstens ist nicht erkennbar, warum sich aus Versteigerungsverfahren als nicht am freien Markt zustande gekommenen Übertragungsvorgängen überhaupt Rückschlüsse ziehen lassen könnten für die Wertverhältnisse auf dem vorliegend maßgeblichen freien Markt. Zweitens ist aus den Ausführungen nicht ersichtlich, dass es in Zwangsversteigerungsverfahren bei Miteigentumsanteilen zu höheren Abschlägen als beim Volleigentum kommen würde. Drittens legt der Gutachterausschuss selbst dar, dass derzeit in weiten Bereichen ein Verkäufermarkt gegeben sei, bei dem die Zuschläge auch über dem Verkehrswert liegen könnten.
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Ebenso wenig plausibel ist die Bezugnahme auf die Beleihungswertgrenzen von Banken. Der Gutachterausschuss hat insbesondere nicht dargelegt, warum die Beleihungswertgrenzen gerade für die Frage, ob Miteigentumsanteile weniger wert sein könnten als ihr rechnerischer Anteil am Verkehrswert des gesamten Objekts, einen besonderen Aussagewert haben könnten. Beleihungswertgrenzen sind für jegliche von Banken zu finanzierende Objekte relevant, auch für Grundstücke, die im Alleineigentum stehen. Es ist nicht ersichtlich, dass sich die pauschal bezifferten Beleihungsgrenzen spezifisch auf Miteigentumsanteile beziehen würden und der Höhe nach von denjenigen für Grundstücke im Volleigentum abweichen würden.
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Jedoch ist die weitere Begründung des Gutachterausschusses, für Dritte sei der Erwerb eines Miteigentumsanteils mit erheblichen Risiken verbunden (eingeschränkte Verfügungsgewalt etc.) und führe zu einem geringeren Verkehrswert von Miteigentumsanteilen, in der Sache nachvollziehbar. Denn schon der Umstand, dass die Verwaltung des gemeinschaftlichen Gegenstands nach § 744 Abs. 1 des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB) grundsätzlich allen Beteiligten einer Bruchteilsgemeinschaft gemeinschaftlich zusteht, birgt bereits einen hohen Abstimmungsbedarf und damit einhergehend ein erhebliches Streitrisiko, dessen sich ein potentieller Erwerber eines Miteigentumsanteils von vornherein bewusst sein muss. Der Erwerber eines hälftigen Miteigentumsanteils kann gemäß § 745 Abs. 1 Satz 1 BGB nicht allein eine der Beschaffenheit des gemeinschaftlichen Gegenstands entsprechende ordnungsmäßige Verwaltung und Benutzung beschließen, denn dafür fehlt es ihm an der notwendigen Stimmenmehrheit. Diese bemisst sich nach der Größe der Anteile und ist mit einem hälftigen Miteigentumsanteil nicht gegeben, vgl. § 745 Abs. 1 Satz 1 BGB.
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Im Streitfall kommt hinzu, dass die vorhandene Bausubstanz wegen des baulich schlechten Zustands der gesamten Immobilie nach der Einschätzung des Gutachterausschusses wirtschaftlich wertlos war. Wenn ein wirtschaftlich handelnder, potentieller Käufer das Wohnhaus abreißen und durch einen Neubau ersetzen würde, handelte es sich dabei um eine wesentliche Veränderung des Gegenstandes, die ein einzelner Teilhaber der Bruchteilsgemeinschaft nach § 745 Abs. 3 Satz 1 BGB nicht verlangen könnte. D. h., dass eine wirtschaftlich sinnvolle Nutzung des hier zu bewertenden Miteigentumsanteils maßgeblich davon abhängt, ob der andere Miteigentümer diese Nutzung mitträgt. Anderenfalls bestünde die Gefahr, dass die Investition wirtschaftlich fehlschlägt. Es kann im Streitfall dahinstehen, ob ein Wertabschlag für einen erworbenen Miteigentumsanteil auch dann noch plausibel wäre, wenn sich das übrige Miteigentum bereits im Erwerbszeitpunkt vollständig in der Hand des konkreten Erwerbers befinden würde. Die aufgezeigten potentiellen Konfliktsituationen wären dann faktisch ausgeschlossen. Es könnte sich bei der Eigentümerstellung in Bezug auf das übrige Miteigentum jedoch auch um einen persönlichen Umstand handeln, der für die Preisbildung im gewöhnlichen Geschäftsverkehr nicht relevant ist und deshalb bei der Wertermittlung außer Acht bleiben müsste. Vorliegend wird jedoch der andere Miteigentumsanteil von einer zweigliedrigen Erbengemeinschaft unter Beteiligung einer weiteren Person außer dem Kläger gehalten. Die mögliche, sich jedenfalls wertmindernd auswirkende potentielle Konfliktlage ist deshalb objektiv gegeben.
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Die Höhe des vom Gutachterausschuss auf 20 v. H. sachverständig geschätzten miteigentumsbedingten Abschlags ist hinreichend konkret begründet und nachvollziehbar. Der Gutachterausschuss gibt die von ihm genutzten Parameter aus dem Fachaufsatz von Sprengnetter wieder. Die dortigen Daten basieren wiederum auf der eigenen Erfahrung des Autors als Sachverständigem und auf einer schriftlichen Umfrage unter langjährigen Sachverständigen in den Jahren 2014 und 2017/2018. Danach wurde bei freihändig ausgehandelten Kaufpreisen ein Abschlag von durchschnittlich 27 v. H. für Miteigentumsanteile an Grundstücken vorgenommen; über alle Gutachtenanlässe hinweg, insgesamt 76, belief sich der durchschnittliche Abschlag auf 17 v. H. Miteigentumsbedingte Zuschläge wurden laut Sprengnetter nur in 4 Fällen vorgenommen.
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Obwohl die Datengrundlage mit lediglich vier freihändig ausgehandelten Kaufpreisen, bei denen neben dem Miteigentumsanteil auch Vergleichskaufpreise bzw. Verkehrswerte für das Volleigentum zur Verfügung standen, sehr begrenzt ist, die Kaufverträge zeitlich nicht näher konkretisiert sind und die Umfrage noch keine abschließend valide Datenbasis ergibt, erscheint der im Streitfall vorgenommene Abschlag von 20 v. H. nachvollziehbar. Die absolute Höhe der Schätzung liegt deutlich unter den für die Kauffälle ermittelten Daten und im Bereich der über alle Gutachtenanlässe aus der Erfahrung der Sachverständigen heraus vorgenommenen Abschläge. Einem sehr engen Markt wie dem vorliegenden (Veräußerung von Miteigentumsanteilen an Grundstücken) ist immanent, dass nur wenige Daten produziert werden und sich beim Aufbau von Datensammlungen noch nicht von vornherein ein lückenloses Bild ergeben kann. Die Datengrundlage, auf die der Gutachterausschuss vorliegend Bezug nimmt, lässt jedoch eine deutliche Tendenz zu einem Abschlag von mindestens 20 v. H. erkennen, der angesichts der mit dem Erwerb eines hälftigen Miteigentumsanteils im gewöhnlichen Geschäftsverkehr verbundenen ganz erheblichen wirtschaftlichen Risiken jedenfalls nicht zu hoch erscheint.
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2. Die Kostenentscheidung folgt aus § 135 Abs. 1 FGO.
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3. Die Revision war nach § 115 Abs. 2 Nr. 2 FGO zur Fortbildung des Rechts zuzulassen. Der BFH hat unter der Geltung des aktuellen § 198 BewG, auch in der zum Stichtag anzuwendenden Fassung, noch nicht über die Frage entschieden, ob der Nachweis generell zulässig ist, dass ein Miteigentumsanteil an einem Grundstück weniger wert sein kann, als es dem rechnerischen Anteil am gemeinen Wert des Grundstücks entspricht. Überdies hatte er zu § 146 Abs. 7 BewG a. F. zuletzt offen gelassen, ob diese Frage unter der alten Rechtslage nicht mehr klärungsbedürftig sei (BFH-Beschluss vom 02.07.2008 II B 46/07, BFH/NV 2008, 1654).
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4. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 151 Abs. 3, 155 FGO i. V. m. §§ 708 Nr. 10, 711 der Zivilprozessordnung.