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  • 02.12.2013

    Hessisches Finanzgericht: Urteil vom 03.07.2013 – 1 K 608/10

    27 ErbStG sieht eine Steuerermäßigung nicht vor, wenn der Vorerwerb nicht mit deutscher sondern einer ausländischen Steuer
    unterworfen war.




    - Die fehlende Einbeziehung ausländischer Steuern die Steuerermäßigung des § 27 ErbStG verstößt nicht gegen die europarechtlich
    gewährleistete Kapitalverkehrsfreiheit.


    Tatbestand

    Der Kläger ist Alleinerbe seiner am…Januar 2007 verstorbenen Mutter M (Erblasserin). In seiner Erbschaftsteuererklärung vom…April
    2008 erklärte der Kläger als hinterlassenen Vermögenswert unter anderem eine sonstige Forderung „Nachlass X” (Zeile 62 des
    Vordrucks), die er wie folgt erläuterte: Die Erblasserin habe bis zum Jahr 2004 in Österreich gewohnt. Nach dem Tod ihrer
    Tochter … (Tochter) sei sie nach H (Inland) gezogen, wo sie bis zu ihrem Tod gewohnt habe. Ihr Nachlass habe im Wesentlichen
    aus der Erbschaft ihrer vorverstorbenen Tochter in Österreich bestanden, die im Rahmen eines „Verlassenschaftsverfahrens”
    bzw. später als „Ausfolgerungsverfahren” extern verwaltet worden sei. Erst nach dem Tod der Erblasserin habe der nach österreichischem
    Recht eingesetzte Gerichtskommissär anhand eines „Realisierungskonzepts” den Nachlass in der Form verteilt, dass auf die Erblasserin,
    d.h. nunmehr auf den Kläger als Rechtsnachfolger, ein Betrag von insgesamt … € entfallen sei. Gleichzeitig machte der Kläger
    die mit bestandskräftigem Bescheid des Finanzamtes …(Österreich) vom…April 2007 betreffend den Erbfall der Tochter festgesetzte
    und von ihm als Rechtsnachfolger der Erblasserin gezahlte Erbschaftsteuer in Höhe von … € als Nachlassverbindlichkeit im Sinne
    des § 10 Abs. 5 ErbStG und als Steuerermäßigung nach § 27 ErbStG geltend. Zu den weiteren Einzelheiten wird auf die Steuererklärung
    nebst Erläuterungsschreiben und dem „Realisierungskonzept X” (Bl. 14 ff., 77 der Erbschaftsteuerakte) sowie die Kopie des
    österreichischen Steuerbescheides vom…April 2007 (Bl. 78 der Erbschaftsteuerakte) Bezug genommen.



    Im Rahmen des Veranlagungsverfahrens berücksichtigte der Beklagte (das



    Finanzamt - FA -) die Erbschaftsteuer für den Vorerwerb als Nachlassverbindlichkeit nach § 10 Abs. 5 ErbStG, aber nicht im
    Rahmen der Ermäßigung nach § 27 ErbStG. Das FA war der Ansicht, § 27 Abs. 1 ErbStG setze voraus, dass es sich bei der auf
    den Vorerwerb erhobenen Steuer um eine Steuer nach deutschem Erbschaftsteuerrecht handeln müsse. Mit Bescheid vom…Oktober
    2009 setzte es gegenüber dem Kläger Erbschaftsteuer in Höhe von …,-- € fest.



    Mit seinem am…November 2009 eingelegten Einspruch machte der Kläger die Steuermäßigung nach § 27 ErbStG in Höhe von …,-- €
    weiter geltend. Zur Begründung trug er vor, für eine Steuerermäßigung nach § 27 ErbStG sei es nicht erforderlich, dass der
    vorherige Erbfall dem deutschen Erbschaftsteuerrecht unterlegen habe. Eine andere Auslegung verstoße gegen geltendes Recht
    der Europäischen Gemeinschaften (EU-Recht), insbesondere gegen Art. 56 und 58 des Vertrags zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft
    - EG-Vertrag -



    (jetzt Art. 63 und Art. 65 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union - AEUV -). Insoweit verwies er auf die
    Urteile des Gerichtshofs der



    Europäischen Gemeinschaften (EuGH) vom 6. März 2007 C-292/04 „Meilicke” (amtliche Sammlung - Slg. - 2007, I-1835) und vom
    7. September 2004 C-319/02 „Manninen” (Slg. 2004, I-7477).



    Mit seiner Entscheidung vom…Februar 2010 wies das FA den Einspruch als unbegründet zurück. Es vertrat die Auffassung, nach
    dem Wortlaut des § 27 Abs. 1 Satz 1 ErbStG müsse beim erstmaligen Erwerb des Vermögens eine Erbschaftsteuer nach dem deutschen
    ErbStG erhoben worden sein, was im Streitfall nicht gegeben sei. Ob diese Einschränkung des Anwendungsbereichs des § 27 ErbStG
    mit EU-Recht in Einklang stehe, könne nicht abschließend beurteilt werden. Die von der Klägerseite angeführten Urteile seien
    jedoch auf den vorliegenden Sachverhalt nicht übertragbar. Hinsichtlich der Vereinbarkeit des ErbStG mit dem EU-Recht ergebe
    sich aus dem EuGH-Urteil vom



    12. Dezember 2009 C-67/08 „Block”, Slg. 2009, I-883 vielmehr, dass Art. 56, 58 des EG-Vertrages dahingehend auszulegen seien,
    dass sie einer Regelung eines Mitgliedstaats nicht entgegenstehen, nach der bei der Berechnung der Erbschaftsteuer, die von
    einem Erben mit Wohnsitz in diesem Mitgliedstaat



    auf Kapitalforderungen gegen ein in einem anderen Mitgliedstaat ansässiges Finanzinstitut geschuldet wird, die in dem anderen
    Mitgliedstaat entrichtete Erbschaftsteuer auf die im erstgenannten Mitgliedstaat geschuldete Erbschaftsteuer nicht angerechnet
    wird, wenn der Erblasser zum Zeitpunkt seines Ablebens seinen Wohnsitz im erstgenannten Mitgliedstaat hatte. Dies begründe
    der EuGH damit, dass die Mitgliedstaaten beim gegenwärtigen Entwicklungsstand des Gemeinschaftsrechts über eine gewisse Autonomie
    verfügten und daher nicht verpflichtet seien, ihr eigenes Steuersystem den verschiedenen Steuer-systemen der anderen Mitgliedstaaten
    anzupassen.



    Mit seiner Klage vom 8. März 2010 verfolgt der Kläger sein Rechtschutzbegehren weiter. Zur Begründung trägt er vor, eine Beschränkung
    des Anwendungsbereichs auf Vorerwerbe, die der deutschen Erbschaftsteuer unterlägen, ergebe sich weder aus dem Wortlaut noch
    aus dem Kontext des § 27 ErbStG. Der Umfang des Verweises in § 27 Abs. 1 ErbStG sei nicht eindeutig. Da die Steuererhebung
    nicht Voraussetzung für die Steuerermäßigung sei, lasse sich die Vorschrift auch dahingehend auslegen, dass es sich bei der
    Formulierung „(…) nach diesem Gesetz eine Steuer zu erheben war” lediglich um einen



    Verweis auf die §§ 3, 7 und 8 ErbStG handele und nicht auf § 2 ErbStG. Darüber hinaus würde eine Beschränkung des Anwendungsbereichs
    auf rein inländische Sachverhalte zur Europarechtswidrigkeit der Vorschrift führen. Denn in diesem Falle würde die Bestimmung
    darauf hinauslaufen, den nach Art. 58 EGV geschützten freien Kapitalverkehr zu beschränken, da hierdurch ein ausländischer
    Erwerb höher besteuert würde als ein rein innerstaatlicher Erwerb. Diese Beschränkung sei auch nicht durch Art. 58 EGV, insbesondere
    nicht durch zwingende Gründe des Allgemeininteresses gerechtfertigt. Insoweit weise er darauf hin, dass das Aufkommen der
    Erbschaftsteuer den Ländern zustehe. Werde der Tatbestand des § 27 ErbStG in unterschiedlichen Bundesländern verwirklicht,
    komme es unstreitig zu einer Anrechnung der gezahlten Steuer. Finanzielle Gründe könnten daher weder zur Darlegung der mangelnden
    Vergleichbarkeit noch als zwingender Grund des Allgemeininteresses angeführt werden.



    Der Kläger beantragt,



    den Erbschaftsteuerbescheid vom…Oktober 2009 unter Aufhebung



    der Einspruchsentscheidung vom…Februar 2010 dahingehen zu ändern, dass die Erbschaftsteuer um …,-- € herabgesetzt wird;



    die Zuziehung eines Bevollmächtigten für das Vorverfahren für notwendig zu erklären;



    hilfsweise die Sache dem EuGH vorzulegen und



    höchst hilfsweise, im Unterliegensfall die Revision zuzulassen.



    Das FA beantragt,



    die Klage abzuweisen.



    Zur Begründung verweist es auf seine Ausführungen in der Einspruchs-entscheidung.



    Die einschlägigen Verwaltungsakten (ein Band Erbschaftsteuerakten) waren beigezogen und Gegenstand der Entscheidung.



    Gründe

    I. Die Klage ist unbegründet.



    Der angefochtene Erbschaftsteuerbescheid vom…Oktober 2009 und die Einspruchsentscheidung vom…Februar 2010 sind rechtmäßig
    und verletzen den Kläger nicht in seinen Rechten (§ 100 Abs. 1 Satz 1 der Finanzgerichtsordnung - FGO -). Das FA hat zu Recht
    eine Steuerermäßigung nach § 27 ErbStG aufgrund der für den Vorerwerb erhobenen österreichischen Erbschaftsteuer



    abgelehnt.



    1. Gemäß § 27 Abs. 1 ErbStG ist eine Steuerermäßigung zu berücksichtigen, wenn ein Vermögen, das in den letzten zehn Jahren
    vor dem Erwerb bereits von Personen der Steuerklasse I erworben worden ist und für das nach diesem Gesetz eine Steuer zu erheben
    war, bei Personen dieser Steuerklasse von Todes wegen anfällt. Die Berücksichtigung der Steuerermäßigung setzt somit voraus,
    dass für den Vorerwerb „nach diesem Gesetz eine Steuer zu erheben war” und diese - entsprechend der „Höchstbetragsberechnung”
    des § 27 Abs. 3 ErbStG - auch tatsächlich entrichtet worden ist.



    Zu der Frage, ob auch eine „ausländische Erbschaftsteuer” diese Voraussetzungen erfüllt, hat die Rechtsprechung - soweit ersichtlich
    - noch keine Stellung genommen. Der Bundesfinanzhof (BFH) hat in seinem Urteil vom 7. September 2011 lediglich zu der Frage
    Stellung genommen, ob die in dem übrigen Gemeinschaftsgebiet gezahlte Schenkungsteuer auf Vorerwerbe im Sinne des



    § 14 ErbStG in voller Höhe auf die (deutsche) Schenkungsteuer auf den Letzterwerb nach § 21 ErbStG anzurechnen ist. Dabei
    konnte er offen lassen,



    ob und inwieweit die für einen Vorerwerb nach § 21 ErbStG angerechnete



    ausländische Schenkungsteuer bei der Besteuerung des Letzterwerbs nach § 14 Abs. 1 ErbStG berücksichtigt werden muss.



    In der Literatur wird zu der streitgegenständlichen Frage im Wesentlichen die Auffassung vertreten, dass ausländisches Vermögen,
    dessen Vorerwerb ausschließlich der ausländischen Erbschaftsteuer unterlegen hat, nicht nach § 27 ErbStG begünstigt sei (Jülicher
    in Troll/Gebel/Jülicher, ErbStG, Loseblatt, Stand Januar 2013, § 27, Rdnr. 8; Pahlke in Fischer/Jüptner/Pahlke/ Wachter, ErbStG,
    2. Auflage, § 27, Rdnr. 19; Weinmann in Moench/Weinmann, ErbStG, Loseblatt, Stand April 2013, § 27, Rdnr. 11). Eine Ermäßigung
    unter Berücksichtigung der ausländischen Steuer komme nicht in Betracht, da nicht einsichtig sei, das Besteuerungsrecht der
    Bundesrepublik Deutschland gegen andere steuererhebende Staaten zurücktreten zu lassen (Jülicher in Troll/Gebel/Jülicher,
    ErbStG, Loseblatt, Stand Januar 2013, § 27, Rdnr. 8).



    Auch der Senat ist zu der Überzeugung gelangt, dass § 27 ErbStG eine Steuermäßigung nicht vorsieht, wenn - wie im Streitfall
    - der Vorerwerb nicht der deutschen, sondern lediglich einer ausländischen Steuer unterworfen wurde. Der Tatbestand der Steuerermäßigung
    ist insoweit eng auszulegen. Da im Rahmen des Vorerwerbs sowohl Erblasserin als auch Erbin keine Inländer waren (vgl. § 2
    Abs. 1 Nr. 1 ErbStG) und es sich um Auslandsvermögen handelte (vgl. § 2 Abs. 1 Nr. 3 ErbStG), war für den Vorerwerb keine
    Steuer nach dem deutschen ErbStG zu erheben. Dem Senat erschließt sich hierbei nicht, inwieweit die Formulierung des § 27
    Abs. 1 ErbStG „nach diesem Gesetz eine Steuer zu erheben war” dahingehend einschränkend ausgelegt werden kann, dass sie sich
    lediglich auf die einzelnen Steuertatbestände der §§ 1, 3 ff. ErbStG, aber nicht auf die persönliche Steuerpflicht des § 2
    ErbStG erstreckt. Selbst wenn der Sinn und Zweck der Vorschrift, nämlich Mehrfacherwerbe innerhalb des engsten Familienverbandes
    steuerlich zu entlasten (vgl. Pahlke in Fischer/Jüpt-ner/Pahlke/Wachter, ErbStG, 2. Auflage, § 27, Rdnr. 19, s.a. Bundestagsdrucksache
    - BT-Drs. - 13/4839, S. 71), die Berücksichtigung ausländischer Steuer durchaus mit einschließen würde, ist nicht ersichtlich,
    dass der Gesetzgeber auf die Erhebung inländischer Steuer mit Rücksichtnahme auf das Besteuerungsrecht eines anderen Staates
    (teilweise) verzichten wollte. Insofern fehlt es an einer Regelungslücke, die eine analoge Anwendung der Steuerermäßigungsvorschrift
    ermöglichen würde.



    2. Nach der Überzeugung des Senats ist eine weitergehende Auslegung der Steuerermäßigungsvorschrift auch nicht europarechtlich
    geboten. Insbesondere verstößt die fehlende Einbeziehung ausländischer Steuer in die Steuerermäßigung des § 27 ErbStG nicht
    gegen die unionsrechtlich gewährleistete Kapitalverkehrsfreiheit (Art. 56 und Art. 58 des EG-Vertrags; jetzt Art. 63 und Art.
    65 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union - AEUV -).



    Der Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften (EuGH) hat in mehreren Entscheidungen zur Vereinbarkeit der Besteuerung von
    Zuwendungen durch die Mitgliedsstaaten mit der unionsrechtlich gewährleisteten Kapitalverkehrsfreiheit Stellung genommen (u.a.
    EuGH-Urteile vom 15. September 2011

    C-132/10 „Haaley”, BFH/NV 2011, 1997; vom 10. Februar 2011 C-25/10 „Missionswerk Heukelbach”, Slg. 2011, I-497; vom 22. April
    2010 C-510/08 „Mattner”, Slg. 2010, I-3553; vom 12. Februar 2009 C-67/08 „Block”, Slg. 2009, I-883; vom 11. September 2008
    C-11/07 „Eckelkamp”, Slg. 2008, I-6845; vom 11. September 2008 C-43/07 „Arens-Sikken”, Slg. 2008, I-6887 und vom 11. Dezember
    2003 C-364/01 „Barbier”, Slg. 2003, I-15013). Seinen Entscheidungen entnimmt der Senat folgende Grundsätze: Innerstaatlichen
    Regelungen stehen der Kapitalverkehrsfreiheit immer dann entgegen, wenn Auslandsvermögen - aufgrund fehlender Abzugsmöglichkeit
    von Belastungen oder aus formellen Gründen, z.B. kürzeren Verjährungsfristen - ungünstiger bzw. höher bewertet wird, als Inlandsvermögen
    oder wenn Inländer als unbeschränkt Steuerpflichtige - aufgrund höherer Freibeträge oder geringerer Steuersätze - weniger
    Steuer auf gleiche Erwerbe bezahlen mussten als beschränkt Steuerpflichtige.



    In der Rechtssache „Block” (C-67/08 Slg. 2009, I-883) hat der EuGH dagegen entschieden, der Kapitalverkehrsfreiheit stehe
    es nicht entgegen, wenn bei der Berechnung von Erbschaftsteuer, die von einem Erben mit Wohnsitz in der Bundesrepublik Deutschland
    auf Kapitalforderungen gegen ein in Spanien ansässiges Finanzinstitut geschuldet wird, die in Spanien entrichtete Erbschaftsteuer
    auf die in der Bundesrepublik Deutschland geschuldete Erbschaftsteuer nicht angerechnet wird, wenn der Erblasser zum Zeitpunkt
    seines Ablebens seinen Wohnsitz in der Bundesrepublik Deutschland hatte. Der EuGH begründete seine Entscheidung im Wesentlichen
    damit, dass das Unionsrecht bei seinem gegenwärtigen Entwicklungsstand und in einer Situation, in der es um die Entrichtung
    von Erbschaftsteuer geht, in Bezug auf die Beseitigung der Doppelbesteuerung innerhalb der Europäischen Union keine allgemeinen
    Kriterien für die Kompetenzverteilung zwischen den Mitgliedstaaten vorschreibe. Daher verfügten die Mitgliedsstaaten beim
    gegenwärtigen Entwicklungsstand des Unionsrechts über eine gewisse Autonomie und seien nicht verpflichtet, ihr eigenes Steuersystem
    an die verschiedenen Steuersysteme der anderen Mitgliedsstaaten anzupassen, um namentlich die sich aus der parallelen Ausübung
    ihrer Besteuerungsbefugnisse ergebende Doppelbesteuerung zu beseitigen (EuGH-Urteil vom 12. Februar 2009 C-67/08, „Block”,
    Slg. 2009 I-833; Rdnr. 31; bestätigt durch den EuGH-Beschluss vom 19. September 2012 C-540/11, „Levy und Sebbag”, Internationales
    Steuerrecht - IStR - 2013, 307). Daran ändert auch die Tatsache nichts, dass es ggf. zu einer Ermäßigung gekommen wäre, wenn
    die Erblasserin zum Zeitpunkt des Vorerwerbs bereits



    ihren Wohnsitz im Inland gehabt hätte, da die Verlegung des Wohnsitzes eines Unionsbürgers in einen anderen Mitgliedsstaat
    nicht steuerneutral sein muss (vgl. EuGH-Urteil vom 12. Februar 2009 C-67/08, „Block”, Slg. 2009 I-833; Rdnr. 35).



    Da im Streitfall die unterschiedliche Besteuerung des vorliegenden Sachverhaltes gegenüber einem reinen Inlandssachverhalt
    nicht darauf beruht, dass ausländisches Vermögen anders als inländisches Vermögen behandelt wird, sondern darauf, dass § 27
    ErbStG keine Steuerermäßigung bei einer Belastung des Vorerwerbs mit ausländischer Steuer vorsieht und die Erblasserin vor
    dem Letzterwerb ihren Wohnsitz von einen anderen Mitgliedstaat in das Inland verlegt hat, ist der Sachverhalt mit der Rechtssache
    „Block” (C-67/08 Slg. 2009, I-883), in dem über die Anrechnung ausländischer Steuer zu entscheiden war, durchaus vergleichbar.
    Die Entscheidung des deutschen Gesetzgebers, den mehrmaligen Übergang desselben Vermögens innerhalb der Steuerklasse I durch
    eine Ermäßigung zu entlasten, soweit das Vermögen beim Vorerwerber der Besteuerung (nach dem deutschen ErbStG) unterlag (BT-Drs.
    13/4839,



    S. 71), ist Ausfluss seiner - auch als Mitglied der Europäische Union fortbestehenden - Autonomie auf dem Gebiet der Erbschaftsteuer
    (vgl. BFH-Urteil vom 19. Juni 2013 II R 10/12, Der Betrieb - DB - 2013, 1700).



    Wenn aber diejenigen Nachteile, die sich dadurch ergeben, dass mehrere Mitgliedsstaaten ihr Besteuerungsrecht ausüben (sogenannte
    „Doppelbesteuerung”), regelmäßig keine nach dem EG-Vertrag verbotenen Beschränkungen darstellen, da es Sache des jeweiligen
    Mitgliedsstaats ist, zu entscheiden, ob und welche Vorkehrungen zu treffen sind, um Mehrfachbelastungen, die sich aus der
    parallelen Ausübung von Besteuerungsbefugnissen verschiedener



    Mitgliedsstaaten ergeben, zu vermeiden (EuGH-Beschluss vom 19. September 2012 C-540/11, „Levy und Sebbag”, IStR 2013, 307;
    vgl. auch BFH-Urteil vom 19. Juni 2013 II R 10/12, DB 2013, 1700), steht es dem nationalen



    Gesetzgeber auch frei, zu entscheiden, ob er in den Ermäßigungstatbestand des § 27 ErbStG die auf den Vorerwerb in anderen
    Mitgliedsstaaten erhobene



    (ausländische) Erbschaftsteuer einbezieht.



    Die Einwände der Klägerseite greifen nicht durch. Auch wenn es im vorliegenden Fall weder um eine Doppelbesteuerung noch um
    die fehlende „Synchronizität” der Besteuerungsvorschriften unterschiedlicher Mitgliedsstatten geht, können aus den vorgenannten
    Gründen die Entscheidungsgrundsätze der Rechtssache Block auf den Streitfall übertragen werden. Der Senat hält die Rechtsausführungen
    des EuGH insoweit für eindeutig und sieht deshalb von einer Vorlage an den EuGH im erstinstanzlichen Verfahren ab.



    II. Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 FGO.



    III. Der Senat hat die Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung und dem zum Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung anhängigen
    Revisionsverfahren II R 10/12 zugelassen.

    VorschriftenErbStG § 27, EG-Vertrag Art. 56, EG-Vertrag Art. 58