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  • 21.12.2001 · IWW-Abrufnummer 011550

    Bundesfinanzhof: Urteil vom 17.10.2001 – II R 17/00

    § 14 Abs. 1 Satz 3 ErbStG erlaubt keine Festsetzung einer negativen Erbschaftsteuer. Die Steuer für den letzten Erwerb innerhalb des Zehnjahreszeitraums beträgt vielmehr auch dann höchstens null DM, wenn die für den früheren Erwerb zu entrichtende Steuer höher war als die Steuer nach § 14 Abs. 1 Satz 2 ErbStG.


    Gründe:

    I.

    Die Ehefrau (E) des Klägers und Revisionsklägers (Kläger) schenkte dem Kläger am 13. August 1997 einen Geldbetrag in Höhe von 5 000 DM. Sie hatte dem Kläger bereits durch notariell beurkundeten Schenkungsvertrag vom 3. Dezember 1992 einen Teilgeschäftsanteil an einer GmbH mit einem gemeinen Wert von 411 750 DM geschenkt und übertragen. Der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt --FA--) hatte für diesen Erwerb durch Schenkungsteuerbescheid vom 17. November 1994 Schenkungsteuer in Höhe von 8 893 DM gegen den Kläger festgesetzt. Der Kläger beantragte in der für den Erwerb vom 13. August 1997 abgegebenen Schenkungsteuererklärung die Anrechnung dieser Steuer gemäß § 14 Abs. 1 des Erbschaftsteuer- und Schenkungsteuergesetzes (ErbStG).

    Das FA lehnte diesen Antrag mit der Begründung ab, eine Anrechnung der für eine Vorschenkung entrichteten Steuer sei nicht möglich. Der Einspruch, mit dem der Kläger die Erstattung der Steuer für die Schenkung vom 3. Dezember 1992 begehrte, hatte keinen Erfolg.

    Die daraufhin erhobene Klage blieb gleichfalls erfolglos. Das Urteil des Finanzgerichts (FG) ist in Entscheidungen der Finanzgerichte (EFG) 2000, 1143 veröffentlicht.

    Mit der Revision rügt der Kläger Verletzung von § 14 ErbStG.

    Er beantragt, unter Aufhebung des Urteils des FG Baden-Württemberg vom 18. Januar 2000 9 K 21/00 und der Einspruchsentscheidung vom 23. Februar 1998 den Schenkungsteuerbescheid vom 23. Oktober 1997 dahin zu ändern, dass eine negative Schenkungsteuer von ./. 8 893 DM festgesetzt wird.

    Das FA beantragt, die Revision als unbegründet zurückzuweisen.

    II.

    Die Revision ist als unbegründet zurückzuweisen (§ 126 Abs. 1 der Finanzgerichtsordnung --FGO--). Das FG hat die Klage zu Recht abgewiesen, weil § 14 Abs. 1 Satz 3 ErbStG keine Festsetzung einer negativen Steuer zulässt.

    1. Das FG ist zutreffend davon ausgegangen, dass die Steuer auf den Gesamtbetrag der nach § 14 Abs. 1 Satz 1 ErbStG zusammenzurechnenden Vermögensvorteile aus den Zuwendungen vom 3. Dezember 1992 und 13. August 1997 mit Rücksicht auf den Freibetrag in Höhe von 600 000 DM gemäß § 16 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG i.d.F. des Jahressteuergesetzes (JStG) 1997 null DM beträgt. Die nach § 14 Abs. 1 Satz 2 ErbStG abzuziehende Steuer für den Erwerb vom 3. Dezember 1992 beläuft sich ebenfalls auf null DM, weil § 14 Abs. 1 Satz 2 ErbStG (fiktiv) auf die Steuer abstellt, die für den früheren Erwerb nach den persönlichen Verhältnissen des Erwerbers und auf der Grundlage "der geltenden Vorschriften zur Zeit des letzten Erwerbs" zu erheben gewesen wäre. Nach § 16 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG i.d.F. des JStG 1997 wäre aber der Erwerb vom 3. Dezember 1992 steuerfrei geblieben. Damit scheidet die vom Kläger begehrte Festsetzung einer negativen Steuer bereits aus diesem Grunde aus.

    Auch der Abzug der für die früheren Erwerbe tatsächlich zu entrichtenden Steuer nach § 14 Abs. 1 Satz 3 ErbStG führt nicht zur Festsetzung einer negativen Steuer. Danach ist anstelle der Steuer nach § 14 Abs. 1 Satz 2 ErbStG die tatsächlich für die in die Zusammenrechnung einbezogenen früheren Erwerbe zu entrichtende Steuer abzuziehen, wenn diese --wie im Streitfall-- höher ist als die nach § 14 Abs. 1 Satz 2 ErbStG abzuziehende Steuer. Diese Regelung ließe zwar ihrem Wortlaut nach ("ist ... Steuer abzuziehen") ein negatives Ergebnis des Subtraktionsvorgangs zu, weil mathematisch das subtraktive Ergebnis (auch) einen negativen Wert haben kann. Einer solchen am reinen Wortlaut orientierten und zur Festsetzung einer Steuer mit negativem Wert führenden Auslegung steht aber der Sinn und Zweck des § 14 ErbStG entgegen.

    Die Zusammenrechnungsregelung in § 14 ErbStG soll gewährleisten, dass die Freibeträge innerhalb des zehnjährigen Zusammenrechnungszeitraums nur einmal zur Anwendung gelangen und sich für mehrere Erwerbe gegenüber einer einheitlichen Zuwendung in gleicher Höhe kein Progressionsvorteil ergibt (vgl. BTDrucks VI/3418, 69; Urteile des Bundesfinanzhofs --BFH-- vom 30. März 1977 II R 98/76, BFHE 122, 330, BStBl II 1977, 664; vom 17. November 1977 II R 66/68, BFHE 124, 216, BStBl II 1978, 220, und vom 17. April 1991 II R 121/88, BFHE 164, 107, BStBl II 1991, 522). Die Zusammenrechnung aller Erwerbe innerhalb eines Zehnjahreszeitraums soll somit verhindern, dass eine Zuwendung in mehrere aufeinander folgende Zuwendungen zerlegt wird, um eine höhere Erbschaftsteuer zu vermeiden (vgl. BFH-Urteil vom 28. November 1967 II 72/63, BFHE 91, 104, BStBl II 1968, 239). Die Vorschrift ändert aber nichts daran, dass die einzelnen Erwerbe als selbständige steuerpflichtige Vorgänge jeweils für sich der Steuer unterliegen. Weder werden die früheren Steuerfestsetzungen mit der Steuerfestsetzung für den letzten Erwerb zusammengefasst noch werden die einzelnen Erwerbe innerhalb eines Zehnjahreszeitraums zu einem einheitlichen Erwerb verbunden. Die Vorschrift trifft lediglich eine besondere Anordnung für die Berechnung der Steuer, die für den jeweils letzten Erwerb innerhalb des Zehnjahreszeitraums festzusetzen ist (vgl. BFH-Urteil vom 7. Oktober 1998 II R 64/96, BFHE 187, 53, BStBl II 1999, 25).

    An dieser seit jeher bestehenden Zielsetzung hat die Regelung in § 14 Abs. 1 Satz 3 ErbStG nichts geändert. Der Gesetzgeber wollte dadurch lediglich unbillige Folgen für die Steuerpflichtigen vermeiden, die sich insbesondere durch für sie günstige Rechtsänderungen wie höhere Freibeträge oder niedrigere Steuersätze bei einem Übergang zu neuem Recht ergeben können (vgl. BTDrucks 13/4839, 69). Derartige Änderungen können dazu führen, dass die nach § 14 Abs. 1 Satz 2 ErbStG anzurechnende Steuer niedriger ausfällt, als die für den Vorerwerb tatsächliche zu entrichtende Steuer. Der Steuerpflichtige soll jedoch für den Letzterwerb insoweit keine Steuer zahlen, als er für einen Vorerwerb bereits Steuer in (mindestens) dieser Höhe zu entrichten hatte.

    Ein Wille des Gesetzgebers, dem Steuerpflichtigen durch Festsetzung einer negativen Steuer einen Erstattungsanspruch zuzubilligen, wenn die für den Vorerwerb zu entrichtende Steuer die Steuer für den Gesamterwerb übersteigt, lässt sich den Materialien zum Entwurf eines JStG 1997 nicht entnehmen. Hätte der Gesetzgeber dies zulassen wollen, hätte es --zumal die Rechtsprechung dies bei der Anwendung von § 13 ErbStG 1959, dem Vorläufer von § 14 ErbStG, abgelehnt hat (vgl. BFH-Urteil vom 10. November 1976 II R 135/70, BFHE 120, 274, BStBl II 1977, 50)-- einer eindeutigen Anordnung dieses Inhalts bedurft. § 14 Abs. 1 Satz 3 ErbStG soll allein die durch den Letzterwerb ausgelöste steuerliche Belastung mildern, nicht aber die Steuerfestsetzung für den Vorerwerb durch eine negative Steuerfestsetzung für den Letzterwerb, wenn auch nicht rechtlich, so doch wirtschaftlich, aufheben. Dadurch würde die Konzeption des § 14 ErbStG, die einzelnen Erwerbe als selbständige steuerpflichtige Vorgänge zu behandeln, in ihr Gegenteil verkehrt. Die Steuer für den letzten Erwerb kann somit im für den Steuerpflichtigen günstigsten Fall stets nur minimal null DM betragen.

    RechtsgebietErbStGVorschriftenErbStG § 14 Abs. 1 Satz 2 ErbStG § 14 Abs. 1 Satz 3 Verfahrensgang: FG Baden-Württemberg