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  • 16.12.2014 · IWW-Abrufnummer 143505

    Finanzgericht Baden-Württemberg: Urteil vom 28.07.2014 – 11 K 3629/13

    Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.


    Finanzgericht Baden-Württemberg

    Urt. v. 28.07.2014

    Az.: 11 K 3629/13

    In dem Finanzrechtsstreit
    B.V.
    - Klägerin -
    prozessbevollmächtigt:
    gegen
    Finanzamt
    - Beklagter -
    wegen Erbschaftsteuer
    hat der 11. Senat des Finanzgerichts Baden-Württemberg aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 28. Juli 2014 durch
    Vorsitzenden Richter am Finanzgericht-
    Richterin am Finanzgericht-
    Richter am Finanzgericht-
    Ehrenamtliche Richter-
    für Recht erkannt:
    Tenor:

    1.

    Die gegenüber der Klägerin auf den Erwerb von Todes wegen nach ihrem Ehemann A.V. -- zuletzt im Änderungsbescheid vom 18. Juli 2014 -- erfolgte Festsetzung von Erbschaftsteuer wird aufgehoben.
    2.

    Die Kosten des Verfahrens werden dem Beklagten auferlegt.
    3.

    Das Urteil ist hinsichtlich der Kostenentscheidung vorläufig vollstreckbar. Ermöglicht der Kostenfestsetzungsbeschluss eine Vollstreckung im Wert von mehr als 1.500 €, darf sie nur gegen Sicherheitsleistung in Höhe des darin festgesetzten Erstattungsbetrages erfolgen. In anderen Fällen kann der Beklagte die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit leistet.
    4.

    Die Revision wird zugelassen.

    Tatbestand

    Streitig ist, ob es gegen die unionsrechtlich gewährleistete Kapitalverkehrsfreiheit verstößt, wenn in den Fällen der lediglich beschränkten Steuerpflicht bei einem Erwerb unter Ehegatten ein geringerer als der in § 16 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG geregelte Freibetrag in Höhe von 500.000 € berücksichtigt wird.

    Die Klägerin ist schweizerische Staatsangehörige mit Wohnsitz in X/Schweiz. In einem Erbvertrag vom 19. Juli 1999 (ErbSt-Akte Bl. 26 - 31) hatten ihr Ehemann A.V. und sie vereinbart, dass sie im Falle des Vorversterbens ihres Ehemannes aus dessen Vermögen eine Reihe dort (unter III.) näher bezeichneter Vermögenswerte erhalten solle. Dazu gehörten neben Aktien an der Y AG C/Schweiz, Bankguthaben bei der E Bank in C/Schweiz und einigen Liegenschaften in der Schweiz auch zahlreiche im Inland (auf den Gemarkungen F und G) belegene Grundstücke.

    Am 30. Mai 2010 verstarb A.V., der seinerseits schweizerischer Staatsangehöriger und (ausschließlich) in der Schweiz wohnhaft war. Auf der Grundlage des erwähnten Erbvertrags erhielt die Klägerin in einem zur Auseinandersetzung des inländischen Nachlasses des A.V. vor dem Notariat H (1...) von ihr mit der gemeinsamen Tochter I.V-N. geschlossenen "Vermächtniserfüllungsvertrag mit Auflassung" die ihr -- der Klägerin -- vermachten, im Inland belegenen Grundstücke zugewiesen und aufgelassen. Die Summe der für diese inländischen Grundstücke auf den Todestag des Erblassers gesondert festgestellten Grundbesitzwerte beläuft sich auf insgesamt 376.951 €. Die Klägerin hat aufgrund des Erbfalls -- wie vom Erblasser verfügt -- weitere Vermögenswerte (in der Schweiz belegene Grundstücke im Wert von 5.200.000 CHF, Bankguthaben und Beteiligungen im Wert von insgesamt 1.100.000 CHF) erhalten. Die Zusammensetzung dieses weiteren Teils des Vermögensanfalls ergibt sich aus dem Schriftsatz des Prozessbevollmächtigten der Klägerin vom 5. Mai 2014 (FG-Akte Bl. 85 und 86), auf den wegen der Einzelheiten Bezug genommen wird; danach hat der Wert der der Klägerin vermachten Vermögenswerte, welche nicht aus im Inland belegenem Grundbesitz bestanden, -- geschätzt -- 6.400.000 CHF betragen. In der Schweiz wurde von der Klägerin keine Erbschaftsteuer erhoben.

    Das beklagte Finanzamt (FA) setzte gegen die Klägerin für den Erwerb von Todes wegen nach A.V. erstmals mit Bescheid vom 21. November 2011 Erbschaftsteuer fest. Dabei unterwarf es nur den im Inland belegenen Grundbesitz des Erblassers der Besteuerung und berücksichtigte ausgehend von § 16 Abs. 2 ErbStG einen persönlichen Freibetrag lediglich in Höhe von 2.000 €. Den Einspruch gegen den im Verlauf des Rechtsbehelfsverfahrens (am 15. Dezember 2011 und am 30. Januar 2012) mehrfach geänderten und zuletzt auf 56.235 € lautenden Bescheid wies die Behörde durch Entscheidung vom 3. Februar 2012 als unbegründet zurück.

    Hiergegen richtet sich die vorliegende Klage, mit der sich die Klägerin gegen die Versagung des in § 16 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG für einen Erwerb unter Ehegatten geregelten Freibetrags in Höhe von 500.000 € wendet. Damit werde ihr Erwerb unter Verstoß gegen Art. 11 des Doppelbesteuerungsabkommens (DBA) Deutschland-Schweiz einer stärker belastenden Besteuerung unterworfen als dies bei deutschen Staatsangehörigen unter sonst gleichen Verhältnissen der Fall wäre. Darin liege eine willkürliche Ungleichbehandlung. Außerdem verstoße die Nichtgewährung des Ehegattenfreibetrags gegen die in Art. 56 und 58 des EG-Vertrags begründete Grundfreiheit des freien Kapitalverkehrs. Die Klägerin sieht sich hierin durch die in der Rechtssache Welte ergangene Entscheidung des EuGH vom 17. Oktober 2013 C-181/12 bestätigt. Der EuGH habe entschieden, dass die Kapitalverkehrsfreiheit dazu führe, dass auch in Drittstaaten ansässige Bürger hinsichtlich der Erbschaftsteuer nicht schlechter gestellt werden dürften als Inländer.

    Im Verlauf des Klageverfahrens hat das FA zur Umsetzung der EuGH-Entscheidung am 27. Mai 2014 erneut einen Änderungsbescheid erlassen, in dem es die Steuer unter Berücksichtigung eines Freibetrags in Höhe von 27.811 € auf nunmehr 52.365 € herabgesetzt hat. Die Höhe des Freibetrags hat es durch eine Verhältnisrechnung ermittelt, in der es den Ehegattenfreibetrag von 500.000 € auf den gesamten Erwerb von Todes wegen bezogen und für die Festsetzung der inländischen Erbschaftsteuer der Klägerin lediglich einen dem Verhältnis des inländischen Erwerbs zum Gesamterwerb entsprechenden Anteil an diesem Freibetrag zugebilligt hat.

    Die Klägerin hält den diesem Änderungsbescheid zugrunde liegenden Gedanken des "fractional residence taxation" für verfehlt. Das für den Streitfall geltende deutsche Erbschaftsteuerecht gebe einen so ermittelten Freibetrag nicht her. Eine Herleitung aus § 163 AO sei nicht zulässig.

    Nachdem das FA in einem weiteren Änderungsbescheid vom 18. Juli 2014 mit Blick auf das anhängige Normenkontrollverfahren vor dem Bundesverfassungsgericht die Steuerfestsetzung hinsichtlich der Verfassungsmäßigkeit des ErbStG nach § 165 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 AO für vorläufig erklärt hat, beantragt die Klägerin,

    unter Änderung des Bescheids vom 18. Juli 2014 die Erbschaftsteuerfestsetzung auf den Erwerb von Todes wegen nach A.V. aufzuheben.

    Das FA beantragt,

    die Klage abzuweisen.

    Es hält zwar im Anschluss an das EuGH-Urteil vom 17. Oktober 2013 nicht mehr daran fest, dass der Freibetrag in Fällen der beschränkten Steuerpflicht -- wie in § 16 Abs. 2 ErbStG geregelt -- auf 2.000 € limitiert sei, ist aber der Auffassung, dass in Fällen eines Erwerbs von inländischem und ausländischem Vermögen aus verfassungsrechtlichen Gründen eine ungerechtfertigte Besserstellung eines beschränkt steuerpflichtigen Erwerbers gegenüber einem unbeschränkt steuerpflichtigen Erwerber vermieden werden müsse. Deshalb könne im Streitfall der sich aus § 16 Abs. 1 ErbStG ergebende persönliche Freibetrag nicht ungekürzt gewährt werden, sondern müsse dieser um den Teil gekürzt werden, der anteilig auf das von der beschränkten Steuerpflicht nicht erfasste Vermögen entfalle.
    Entscheidungsgründe

    Die Klage ist zulässig und auch begründet.

    Der gemäß § 68 Satz 1 FGO zum Gegenstand des vorliegenden Verfahrens gewordene Bescheid vom 18. Juli 2014 ist -- ebenso wie die diesem vorausgegangenen Bescheide vom 21. November 2011, vom 15. Dezember 2011, vom 30. Januar 2012 sowie vom 27. Mai 2014 -- rechtswidrig und verletzt die Klägerin in ihren Rechten. Unter den vorliegenden Umständen ist die dem inländischen Besteuerungsrecht unterliegende Bereicherung der Klägerin aus dem Vermächtnis ihres Ehemannes in vollem Umfang steuerbefreit.

    1. Nach § 1 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG unterliegt ein Erwerb von Todes wegen der Erbschaftsteuer. Sind weder der Erblasser im Zeitpunkt seines Todes noch die Erwerberin im Zeitpunkt der Entstehung der Steuer Inländer im Sinne des § 2 Abs. 1 Nr. 1 Satz 2 ErbStG, sondern gebietsfremde Personen, dann bezieht sich die inländische Steuerpflicht nach dem ErbStG allerdings lediglich auf den Teil des Vermögensanfalls, der in Inlandsvermögen im Sinne des § 121 des Bewertungsgesetzes (BewG) besteht (§ 2 Abs. 1 Nr. 3 Satz 1 ErbStG). Die in diesem Vermögensanfall liegende Bereicherung gilt nach § 10 Abs. 1 Satz 1 ErbStG als steuerpflichtiger Erwerb, soweit sie nicht nach den §§ 5, 13, 13a, 13c, 16, 17 und 18 ErbStG steuerfrei ist.

    2. Im Streitfall hat die Klägerin aufgrund eines Vermächtnisses ihres verstorbenen Ehemannes Vermögensgegenstände erworben. Dieser Erwerb unterliegt nach § 1 Abs. 1 Nr. 1 der Erbschaftsteuer. Da sie und ihr Ehemann bei dessen Ableben lediglich in der Schweiz ihren Wohnsitz und gewöhnlichen Aufenthalt hatten und auch nicht nach § 2 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. b und c ErbStG als Inländer galten, bezieht sich die (beschränkte) Steuerpflicht nur auf die ihr zugewandten inländischen Grundstücke, nicht hingegen auf die weiteren Gegenstände des Vermächtnisses. Bei dem in der Schweiz belegenen Grundbesitz und ebenso bei dem Guthaben gegenüber einer Schweizer Bank sowie den Beteiligungen an schweizerischen Unternehmen handelte es sich nämlich nicht um Inlandsvermögen im Sinne des § 121 BewG.

    Die danach der beschränkten Steuerpflicht unterliegende Bereicherung führte jedoch nicht zu einem steuerpflichtigen Erwerb. Denn ihr Wert -- die Summe der gemäß § 151 ff. BewG für Zwecke der Erbschaftsteuer gesondert festgestellten Grundbesitzwerte (376.951 €) -- übersteigt den im Streitfall zugunsten der Klägerin zu berücksichtigenden persönlichen Freibetrag nicht. Insofern ist nämlich nicht von einem persönlichen Freibetrag in Höhe von lediglich 2.000 € auszugehen; vielmehr bleibt der Erwerb der Klägerin von ihrem Ehegatten in Höhe von 500.000 € steuerfrei. Soweit sich aus § 16 Abs. 2 i.V.m. § 2 Abs. 1 Nr. 3 ErbStG etwas anderes ergibt, verstoßen diese Regelungen gegen die unionsrechtlich gewährleistete Kapitalverkehrsfreiheit (Art. 63 und Art. 65 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union - AEUV -; vormals Art. 56 und Art. 58 des EG-Vertrags); sie sind deshalb im Streitfall nicht anwendbar.

    a) § 16 ErbStG trifft hinsichtlich der für die Erbschaftsbesteuerung zu berücksichtigenden persönlichen Freibeträge eine zwischen Fällen der unbeschränkten und denjenigen der beschränkten Steuerpflicht differenzierende Regelung, der zufolge der Freibetrag bei unbeschränkter Steuerpflicht je nach dem Grad der Verwandtschaft bis zu 500.000 € betragen kann (Abs. 1), wohingegen er bei der beschränkten Steuerpflicht unterliegenden Vorgängen unabhängig vom Verwandtschaftsgrad lediglich 2.000 € beträgt (Abs. 2). Für den Erwerb von im Inland belegenen Grundstücken durch Erbanfall von einem gebietsfremden Erblasser durch einen ebenfalls gebietsfremden Erwerber sieht § 16 Abs. 2 i.V.m. § 2 Abs. 1 Nr. 3 ErbStG demzufolge lediglich einen Freibetrag in Höhe von 2.000 € vor. Hätte hingegen entweder der Erblasser oder der bedachte Erwerber zur Zeit des Erbfalls seinen Wohnsitz im Inland gehabt, würde der in § 16 Abs. 1 ErbStG geregelte höhere Freibetrag (zwischen Ehegatten 500.000 €) zu berücksichtigen sein; jedoch unterläge in diesem Fall nicht nur Inlandsvermögen, sondern grundsätzlich -- wenngleich beschränkt durch ggf. anwendbare Doppelbesteuerungsabkommen -- der gesamte Vermögensanfall der Besteuerung nach dem ErbStG.

    b) Allerdings hat der EuGH in seinem Urteil vom 17. Oktober 2013 - Rs. C-181/12 - Welte-Schenkel - (Deutsches Steuerrecht -DStR- 2013, 2269) entschieden, dass die Art. 56 und Art. 58 des EG-Vertrags einer Regelung eines Mitgliedstaats über die Berechnung von Erbschaftsteuern entgegenstehen, die für den Fall des Erwerbs eines im Gebiet dieses Staats belegenen Grundstücks durch Erbfall vorsieht, dass der Freibetrag auf die Steuerbemessungsgrundlage dann, wenn der Erblasser und der Erwerber zum Zeitpunkt des Erbfalls ihren Wohnsitz in einem Drittland wie der Schweizerischen Eidgenossenschaft hatten, niedriger ist als der Freibetrag, der zur Anwendung gekommen wäre, wenn zumindest eine dieser beiden Personen zu diesem Zeitpunkt ihren Wohnsitz in dem genannten Mitgliedstaat gehabt hätte. An die Stelle der Art. 56 und Art. 58 des EG-Vertrags sind zwischenzeitlich die im Wesentlichen inhaltsgleichen Art. 63 und Art. 65 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV) in der am 1. Dezember 2009 in Kraft getretenen -- und damit auch für den Streitfall anwendbaren -- Fassung des Vertrags von Lissabon vom 13. Dezember 2007 (BGBl. II 2008, 1038) getreten.

    Zwar löst dieses Urteil eine formelle Bindungswirkung nur in dem Verfahren aus, in dem der EuGH nach Art. 267 AEUV (vormals Art. 234 EG-Vertrag) zur Vorabentscheidung angerufen worden ist (sog. Ausgangsverfahren). Da es indessen von dem zur verbindlichen Auslegung des Unionsrechts berufenen Gericht herrührt, hat es hinsichtlich der im Tenor getroffenen Aussage zu einer Klärung der aufgeworfenen Frage geführt und ist deshalb auch von anderen Gerichten in anderen Verfahren zu beachten, sobald und soweit sich dort die gleiche Frage stellt. Einer erneuten Vorlage bedarf es in solchen Fällen jedenfalls dann nicht, wenn das Gericht des Mitgliedstaats die Auffassung des EuGH seiner Entscheidung zugrunde legt.

    Im Streitfall geht der erkennende Senat aufgrund der im EuGH-Urteil vom 17. Oktober 2013 erfolgten Konkretisierung der durch Art. 63 und Art. 65 AEUV gewährleisteten Kapitalverkehrsfreiheit davon aus, dass zugunsten der Klägerin nicht lediglich ein persönlicher Freibetrag in Höhe von 2.000 €, sondern -- wie in Fällen der unbeschränkten Steuerpflicht auch -- ein solcher in Höhe von 500.000 € zu gewähren ist. Wie der dem EuGH-Urteil zugrunde liegende Ausgangsfall ist auch der vorliegende Streitfall dadurch gekennzeichnet, dass sowohl der Erblasser als auch die aufgrund letztwilliger Verfügung bedachte Klägerin in der Schweiz wohnhafte Gebietsfremde waren bzw. sind und der Erwerb von Todes wegen neben Inlandsvermögen auch Auslandsvermögen zum Gegenstand hatte. Demzufolge hatte sich auch der EuGH in seiner Entscheidung bereits mit der Frage zu befassen, ob die in der Berücksichtigung eines lediglich geringen Freibetrags liegende Benachteiligung eines beschränkt steuerpflichtigen Erwerbs deshalb gerechtfertigt und als eine die Kohärenz der deutschen Erbschaftsbesteuerung gewährleistende Konsequenz hinzunehmen ist, weil sie durch eine gegenüber dem unbeschränkt steuerpflichtigen Erwerb geringere Bemessungsgrundlage ausgeglichen werde (Rdnr. 58 u. 59). Er hat dies getan und ist zu der -- wenngleich nur knapp begründeten -- Erkenntnis gelangt, dass § 16 Abs. 2 ErbStG sich nicht mit der Notwendigkeit rechtfertigen lasse, die Kohärenz der deutschen Regelungen zur Erbschaftsteuer zu wahren (Rdnr. 60 u. 61).

    Ob die Steuer im Falle unbeschränkter Steuerpflicht bei sonst gleichen Verhältnissen trotz des höheren Freibetrags wegen der umfassenderen Bemessungsgrundlage letztlich höher wäre, als die nach Maßgabe der §§ 2 Abs. 1 Nr. 3, 16 Abs. 2 ErbStG ermittelte Steuer, ist danach nicht erheblich. Die Vereinbarkeit der in § 16 Abs. 2 ErbStG getroffenen Regelung mit der Kapitalverkehrsfreiheit lässt sich jedenfalls unter den im Streitfall gegebenen Umständen auch nicht durch die Einfügung des Abs. 3 in § 2 ErbStG, welche durch Art. 11 Nr. 1 Buchst. b des Gesetzes zur Umsetzung der Beitreibungsrichtlinie sowie zur Änderung steuerrechtlicher Vorschriften vom 7. Dezember 2011 (BeitrRLUmsG; BGBl. I S. 2592 ff., 2614) mit Wirkung vom 14. Dezember 2011 erfolgt ist, und die dadurch eröffnete Option zur unbeschränkten Steuerpflicht begründen (zur Anwendbarkeit dieser Regelung auf vor ihrem Inkrafttreten erfolgte Erwerbe vgl. § 37 Abs. 7 ErbStG). Zwar kann danach ein Erwerber beantragen, einen Vermögensanfall, zu dem (auch) Inlandsvermögen im Sinne des § 121 BewG gehört, insgesamt als unbeschränkt steuerpflichtig zu behandeln und damit auch in den Genuss des Freibetrags nach § 16 Abs. 1 ErbStG zu kommen. Diese Option steht einem Erwerber von Todes wegen jedoch nur dann offen, wenn entweder er selbst oder der Erblasser zur Zeit seines Todes seinen Wohnsitz in einem Mitgliedstaat der Europäischen Union (EU) oder in einem Staat hatte, auf den das Abkommen über den Europäischen Wirtschaftsraum (EWR) anwendbar ist; die Schweiz gehört indessen weder zur EU noch zum EWR.

    Nachdem der EuGH sich aktuell mit der -- im Vordergrund des vorliegenden Rechtsstreits stehenden -- Frage der Kohärenz (speziell auch mit dem Gesichtspunkt der Kompensation des geringeren Freibetrags durch eine weniger weit greifende Bemessungsgrundlage) befasst und sie in der vorstehend wiedergegebenen Weise beantwortet hat, ist die Rechtslage nach Auffassung des erkennenden Senats insoweit geklärt und ein neuerliches Vorabentscheidungsersuchen weder deshalb erforderlich, weil im Streitfall das Auslandsvermögen anders als im Ausgangsfall des EuGH-Urteils vom 17. Oktober 2013 den weitaus größten Teil des Erwerbs von Todes wegen ausmachte, noch deshalb, weil das genannte Urteil zu Art. 56 und 58 EG-Vertrag ergangen ist, wohingegen die unionsrechtliche Grundlage der Kapitalverkehrsfreiheit mittlerweile in den Art. 63 und Art. 65 AEUV liegt.

    c) Dann aber verbleibt angesichts der mit insgesamt 376.951 € festgestellten Grundbesitzwerte kein steuerpflichtiger Erwerb. Der in § 16 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG für Erwerbe unter Ehegatten vorgesehene Freibetrag beträgt nämlich 500.000 €. Die die Klägerin belastende Festsetzung war mithin -- wie mit diesem Urteil geschehen -- ersatzlos aufzuheben.

    Die Kostenentscheidung folgt aus § 135 Abs. 1 FGO.

    Der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit im Kostenpunkt beruht auf den §§ 708 Nr. 11, 709 und 711 der ZPO i. V. m. § 151 Abs. 3 FGO.

    Der Senat lässt die Revision nach § 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO zu, weil der Suspendierung des § 16 Abs. 2 ErbStG wegen des Anwendungsvorrangs der unionsrechtlichen Kapitalverkehrsfreiheit unter den im Streitfall gegebenen Umständen rechtsgrundsätzliche Bedeutung beigemessen werden kann. Immerhin wird von den Spitzenvertretern der deutschen Steuerverwaltung die Auffassung vertreten, dass die in § 16 Abs. 2 ErbStG liegende Verletzung der Kapitalverkehrsfreiheit zur Vermeidung einer -- verfassungsrechtlich problematischen -- Besserstellung beschränkt steuerpflichtiger Erwerber gegenüber unbeschränkt steuerpflichtigen Erwerbern in anderer Weise geheilt werden müsse, als durch Anwendung des sich aus § 16 Abs. 1 ErbStG ergebenden ungekürzten Freibetrags (vgl. hierzu die Beschlüsse der Referatsleiter Erbschaftsteuer in den Niederschriften vom 20. Januar 2014 zur Sitzung vom 3. bis 5. Dezember 2013 ErbSt IV/13, TOP II/6 sowie vom 7. März 2014 zur Sitzung vom 18. bis 20. Februar 2014 ErbSt I/14 TOP II/3; FG-Akte Bl. 90 u. 79).

    RechtsgebietErbStGVorschriften§ 16 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG; § 2 Abs. 1 Nr. 3 ErbStG