28.08.2015 · IWW-Abrufnummer 145275
Finanzgericht München: Urteil vom 09.04.2014 – 4 K 1852/11
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Finanzgericht München
Urt. v. 09.04.2014
Az.: 4 K 1852/11
In der Streitsache
Klägerin
gegen
Beklagter
wegen
Schenkungsteuer
hat der 4. Senat des Finanzgerichts München durch
auf Grund der mündlichen Verhandlung vom 9. April 2014
für Recht erkannt:
Tenor:
1.
Die Klage wird abgewiesen.
2.
Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens.
3.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Gründe
I.
Streitig ist, ob die Schenkungsteuer bei Erlass des Schenkungsteuerbescheides bereits festsetzungsverjährt war.
An A KG waren der Ehemann der Klägerin (im Folgenden E genannt) mit einer Kommanditbeteiligung von 250.000 DM, die beiden Söhne der Klägerin mit einer Kommanditeinlage von jeweils 125.000 DM, die X GmbH mit einer Kommanditeinlage von 20.000 DM sowie, als persönlich haftende Gesellschafterin, die Y GmbH beteiligt.
Mit notariell beurkundetem Anteilskaufvertrag vom 22. Dezember 2000 (Notariat in Chur, Schweiz -im Folgenden "der Kaufvertrag" genannt-) verkauften die Klägerin, E, die X GmbH sowie die Z GmbH (im Folgenden als Verkäufer bezeichnet) ihre Kommanditanteile, die Y GmbH ihren Komplementäranteil an der A KG an die S GmbH. Der Kaufpreis für die Kommanditanteile sowie den Komplementäranteil betrug 33.909.697 DM.
In Ziff. III. des Vertrages verpflichteten sich die Verkäufer sowie die Söhne der Klägerin u.a.
folgende Restrukturierungsmaßnahmen durchzuführen:
- E überträgt noch im Jahr 2000 die Hälfte seines Kommanditanteils an der A KG auf die Klägerin, die somit als Kommanditistin mit einem Anteil i.H.v. DM 125.000 in die Gesellschaft eintritt.
- Die beiden Söhne der Klägerin bringen ihre Kommanditanteile an der A KG spätestens mit Wirkung zum 31. Dezember 2000 in die von ihnen neu gegründete Z GmbH ein.
Gem. § 4 des Vertrages war der Kaufpreis unter bestimmten Voraussetzungen anzupassen.
Mit notariell beurkundetem Vertrag ebenfalls vom 22. Dezember 2000 (Notariat in München -im Folgenden "der Schenkungsvertrag" genannt-) übertrug E einen Teilkommanditanteil von 125.000 DM unentgeltlich an die Klägerin. In § 7 des Vertrages behielt sich E das Recht vor, die Rückübertragung des Kommanditanteils auf sich u.a. dann zu verlangen, wenn die Klägerin ohne seine Zustimmung über den Kommanditanteil verfügt, ihn insbesondere veräußert oder belastet. Aufschiebend bedingt durch die Ausübung des Rückübertragungsrechts trat die Klägerin bereits jetzt ihren Kommanditanteil an E ab. In § 8 des Vertrages verpflichtete sich die Klägerin, im Falle einer entgeltlichen Veräußerung des Kommanditanteils durch E an andere Personen als Abkömmlinge, ihren Kommanditanteil zu den gleichen Bedingungen an denselben Erwerber zu veräußern. In § 9 des Vertrages verpflichtete sich die Klägerin, bei einer eventuellen Veräußerung des erworbenen Kommanditanteils, den Veräußerungserlös im Interessenbereich der Firmengruppe "A" gegen angemessene Verzinsung anzulegen. Eine Abschrift des Schenkungsvertrages ging am 29. Dezember 2000 beim Beklagten (dem Finanzamt -FA-) ein.
Mit Änderungsvertrag vom 25. Juni 2001 wurde der Kaufvertrag vom 22. Dezember 2000
u.a. dahingehend geändert, dass der Kaufpreis für die Kommanditanteile und den Komplementäranteil, vorbehaltlich der Anpassung gem. § 4 des Vertrages, auf 27.909.697 DM festgelegt wurde.
Vom Gesamtkaufpreis, der am 26. Juni 2001 von der S GmbH an die Verkäuferin überwiesen wurde, entfiel auf die Klägerin, nach Abzug der Veräußerungsnebenkosten, ein Betrag i.H.v. 6.468.003 DM.
Das FA forderte die Klägerin auf, eine Schenkungsteuererklärung abzugeben. In der am 6. November 2001 beim FA eingegangenen Steuererklärung, in der die unentgeltliche Übertragung des Teilkommanditanteils mit Schenkungsvertrag vom 22. Dezember 2000 angezeigt wurde, wurde der Wert des an die Klägerin übertragenen Teilkommanditanteils auf 218.495 DM beziffert.
Da nach den eingereichten Unterlagen eine Schenkungsteuer nicht festzusetzen war, übersandte das FA der Klägerin am 20. März 2002 eine sog. Nichtfestsetzungsmitteilung.
Am 24. Mai 2007 ging beim FA eine Kontrollmitteilung der Betriebsprüfungsstelle des Finanzamts X ein, in der das FA erstmals über Abschluss und Inhalt des Kaufvertrages vom 22. Dezember 2000, sowie über dessen Änderung am 25. Juni 2001 informiert wurde.
Mit Bescheid vom 18. September 2008 änderte das FA den Bescheid vom 20. März 2002 gemäß § 173 Abs. 1 Nr. 1 der Abgabenordnung (AO) und setzte gegen die Klägerin aus der Zuwendung des E vom 22. Dezember 2000 Schenkungsteuer i.H.v. 1.111.120 DM (568.106,64 EUR) fest (Wert des Erwerbs 6.448.003 DM abzügl. Freibetrag i.H.v. 600.000 DM gemäß § 16 des Erbschaftsteuer- und Schenkungsteuergesetzes in der bis zum 31. Dezember 2008 geltenden Fassung - ErbStG a.F. - nach Steuerklasse I, Steuersatz 19%). In den Erläuterungen zum Bescheid ist ausgeführt, dass Gegenstand der Schenkung des E an die Klägerin nicht der Kommanditanteil, sondern ein Geldbetrag ist. Der Bescheid erging vorläufig nach § 165 Abs. 1 AO.
Mit Schreiben vom 30. September 2008 legte die Klägerin Einspruch ein. Zur Begründung trug sie im Wesentlichen vor, eine Änderung des Schenkungsteuerbescheides vom 20. März 2002 sei nur innerhalb der Festsetzungsfrist des § 169 Abs. 2 Nr. 2 AO, also innerhalb von vier Jahren möglich gewesen. Da der Schenkungsteueränderungsbescheid aber erst im Jahr 2008 ergangen sei, sei bei dessen Erlass bereits Festsetzungsverjährung eingetreten gewesen. Auch habe sie von E kein Geld, sondern bereits drei Wochen vor dem Weiterverkauf einen Kommanditanteil geschenkt bekommen. Ein Gestaltungsmissbrauch läge daher nicht vor.
Mit gem. § 172 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AO geändertem Bescheid vom 26. Oktober 2009 setzte das FA die Schenkungsteuer gegen die Klägerin auf 799.672 DM herab (Wert des Erwerbs nunmehr 4.808.870 DM). Der Bescheid erging nach § 165 Abs. 2 Satz 2 AO endgültig. Das FA berücksichtigte in diesem Bescheid die von der Klägerin geltend gemachten, dem Grund und der Höhe nach unstreitigen Erwerbsnebenkosten i.H.v. 1.639.133 DM.
Mit Einspruchsentscheidung vom 30. Mai 2011 wies das FA den Einspruch der Klägerin als unbegründet zurück.
Zur Begründung der Klage vom 29. Juni 2011 trägt die Klägerin im Wesentlichen vor, zum Zeitpunkt des Erlasses des Schenkungsteuerbescheides am 18. September 2008 sei bereits Festsetzungsverjährung eingetreten gewesen. Die vierjährige Festsetzungsfrist habe am 31. Dezember 2004, spätestens am 31. Dezember 2005 geendet. Der Anlauf der Festsetzungsfrist sei nicht gem. § 170 Abs. 5 Nr. 2 AO gehemmt gewesen, da das FA bereits im Jahr 2000, mit Übersendung der Schenkungsurkunde durch das Notariat in München, spätestens im Jahr 2001, mit Einreichung der Steuererklärung, Kenntnis von der Schenkung des Kommanditanteils durch E an die Klägerin erlangt habe. Das FA habe zu diesem Zeitpunkt Kenntnis von Name und Anschrift des Schenkers und des Bedachten sowie vom Rechtsgrund der Erwerbs Kenntnis erlangt. Dies seien die nach § 30 ErbStG a.F., § 170 Abs. 5 Nr. 2 AO zur Kenntniserlangung notwendigen Informationen. Die Festsetzungsfrist habe daher mit Ablauf des Kalenderjahres zu laufen begonnen, in der die Anzeige gem. § 30 Abs. 3 ErbStG a.F. beim Beklagten eingegangen sei, also am 31. Dezember 2000, spätestens jedoch mit Ablauf des Kalenderjahres, in dem die Schenkungsteuererklärung beim Beklagten eingegangen sei, also am 31. Dezember 2001. Die vierjährige Festsetzungsfrist habe damit am 31. Dezember 2004, spätestens am 31. Dezember 2005 geendet. Die verlängerte zehnjährige Festsetzungsfrist gem. § 169 Abs. 2 Satz 2 AO könne hier nicht angewendet werden, weil die Voraussetzungen einer Steuerhinterziehung im Streitfall nicht erfüllt seien. Weder die Klägerin, noch deren ehemaliger Steuerberater hätten in der Steuererklärung unvollständige Angaben über steuerlich erhebliche Tatsachen gemacht. Der Anteilsverkauf im Anschluss an die Schenkung sei keine steuerlich erhebliche Tatsache.
Die Klägerin beantragt,
den Schenkungsteuerbescheid vom 18. September 2008 in Gestalt des Schenkungsteueränderungsbescheides vom 26. Oktober 2009 sowie der Einspruchsentscheidung vom 30. Mai 2011 aufzuheben, hilfsweise die Revision zuzulassen.
Das FA beantragt,
die Klage abzuweisen.
Das FA ist der Ansicht, bei Erlass des Bescheides sei Festsetzungsverjährung noch nicht eingetreten gewesen. Die Festsetzungsfrist habe im Streitfall gem. § 169 Abs. 2 Satz 2 AO zehn Jahre betragen, da die Klägerin durch die Einreichung einer Steuererkl ärung mit unvollständigen Angaben eine Steuerhinterziehung gem. § 370 Abs. 1 Nr. 1 AO begangen habe. Die Angaben seien unvollständig gewesen, weil die Klägerin dem FA den Abschluss des Kaufvertrages nicht mitgeteilt habe. Vom Abschluss dieses Vertrages habe das FA erst durch die Kontrollmitteilung der Betriebsprüfungsstelle des Finanzamts X am 24. Mai 2007 Kenntnis erlangt. Damit habe die Klägerin den zugrunde liegenden Sachverhalt nicht vollständig mitgeteilt. Da die Klägerin von E nicht der Kommanditanteil, sondern - im Rahmen einer mittelbaren Geldschenkung - ein Geldbetrag in Höhe des Veräußerungserlöses geschenkt worden sei, sei die Veräußerung des Kommanditanteils an die S GmbH und der Abschluss des zugrundeliegenden Vertrages steuerlich erheblicher Sachverhalt gewesen.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird gem. § 105 Abs. 3 Satz 2 der Finanzgerichtsordnung (FGO) auf die Schriftsätze der Beteiligten, die Schenkungsteuer- bzw. Rechtsbehelfsakte des FA, die Gerichtsakte und die Niederschrift der mündlichen Verhandlung vom 9. April 2014 Bezug genommen.
II.
1. Die zulässige Klage ist unbegründet.
Zu Recht hat das FA gegen die Klägerin Schenkungsteuer i.H.v. 799.672 DM festgesetzt. Dem Erlass des Schenkungsteuerbescheids am 18. September 2008 stand der Ablauf der Festsetzungsfrist nicht nach § 169 Abs. 1 Satz 1 AO nicht entgegen.
a) Gemäß § 169 Abs. 1 Satz 1 AO ist eine Steuerfestsetzung nicht mehr zulässig, wenn die Festsetzungsfrist abgelaufen ist. Gemäß § 169 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 AO beträgt die reguläre Festsetzungsfrist bei der Schenkungsteuer vier Jahre. Grundsätzlich beginnt die Festsetzungsfrist nach § 170 Abs. 1 AO mit Ablauf des Kalenderjahres, in dem die Steuer entstanden ist. Nach § 170 Abs. 5 Nr. 2 AO beginnt die Festsetzungsfrist bei einer Schenkung jedoch nicht vor Ablauf des Kalenderjahres, in dem der Schenker gestorben ist oder die Finanzbehörde von der vollzogenen Schenkung Kenntnis erlangt. Maßgeblich ist dabei die Alternative, die als erstes eingetreten ist (Urteil des Bundesfinanzhofs -BFH- vom 5. Februar 2003 II R 22/01, BStBl II 2003, 502).
b) Der Schenkungsteuer unterliegt als Schenkung unter Lebenden (§ 1 Abs. 1 Nr. 2 ErbStG a.F.) jede freigebige Zuwendung unter Lebenden, soweit der Bedachte durch sie auf Kosten des Zuwendenden bereichert wird (§ 7 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG a.F.; vgl. auch § 516 Abs. 1 des Bürgerlichen Gesetzbuchs -BGB-). Die Besteuerung richtet sich danach, wie sich die Vermögensmehrung im Zeitpunkt der Zuwendung beim Beschenkten darstellt (BFH-Urteile vom 9. November 1994 II R 87/92, BStBl II 1995, 83, und vom 22. Juni 2010 II R 40/08, BStBl II 2010, 843). Dementsprechend bestimmt sich der steuerpflichtige Erwerb gemäß § 10 Abs. 1
Satz 1 ErbStG a.F. nach der Bereicherung des Erwerbers und knüpft die Wertermittlung (§ 11 ErbStG) über § 9 Abs. 1 Nr. 2 und § 12 ErbStG a.F. an den Gegenstand an, über den der Beschenkte endgültig verfügen kann (BFH-Urteil vom 22. Juni 2010 II R 40/08, BStBl II 2010, 843).
Es ist nicht erforderlich, dass der Gegenstand, um den der Beschenkte bereichert wird, sich vorher in derselben Gestalt im Vermögen des Schenkers befunden hat und wesensgleich übergeht. "Entreicherungsgegenstand" und "Bereicherungsgegenstand" brauchen nicht identisch zu sein (BFH-Urteile vom 13. März 1996 II R 51/95, BStBl II 1996, 548 und vom 22. Juni 2010 II R 40/08, BStBl II 2010, 843). Danach kann in der Hingabe von Vermögensgegenständen mittelbar die Schenkung eines anderen Vermögensgegenstandes gesehen werden. Dies setzt voraus, dass der Beschenkte im Verhältnis zum Schenker nicht über das ihm unmittelbar Zugewendete, sondern (erst) über das Surrogat desselben, z.B. über den Verkaufserlös, verfügen kann; denn in diesem Fall ist der Beschenkte nicht um das unmittelbar Hingegebene, sondern erst um den Verkaufserlös bereichert. Dies gilt nicht nur für die Fälle der mittelbaren Grundstücksschenkung, sondern generell bei mittelbarer Schenkung aller als Zuwendungsobjekt in Betracht kommenden Gegenstände oder Rechte (BFH-Urteil vom 22. Juni 2010 II R 40/08, BStBl II 2010, 843).
In der Hingabe von Gesellschaftsanteilen kann somit die mittelbare Schenkung des Erlöses aus einem späteren Weiterverkauf der Gesellschaftsanteile liegen. Dies ist dann der Fall, wenn der Erwerber der Anteile im Verhältnis zum Schenker nur über den Verkaufserlös, nicht aber über die Anteile frei verfügen durfte, sondern sich insoweit den Verfügungen des Schenkers unterzuordnen hatte (BFH-Urteil vom 22. Juni 2010 II R 40/08, BStBl II 2010, 843).
Liegt eine mittelbare Schenkung vor, ist sie erst dann i.S. des § 9 Abs. 1 Nr. 2 ErbStG ausgeführt, wenn die Vermögensverschiebung endgültig ist, also der Beschenkte gegenüber dem Schenker die freie Verfügung über den Gegenstand der freigebigen Zuwendung erhält und insoweit die endgültige Vermögensmehrung des Beschenkten auf Kosten des Schenkers eintritt (BFH-Urteile vom 4. Dezember 2002 II R 75/00, BStBl II 2003, 273; vom 23. August 2006 II R 16/06, BStBl II 2006, 786 und vom 27. August 2008 II R 19/07, BFH/NV 2009, 29, unter II.B.3.). Erst im Zeitpunkt der Ausführung der Zuwendung entsteht nach dieser Vorschrift die Schenkungsteuer.
c) Bei Übertragung dieser Grundsätze auf den Streitfall war bei Erlass des Schenkungsteuerbescheides am 18. September 2008 die Festsetzungsfrist noch nicht abgelaufen. Nach Ansicht des Senats hat die vierjährige Festsetzungsfrist gem. § 169 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 AO im Streitfall gem. § 170 Abs. 5 Nr. 2 AO erst mit Ablauf des Jahres 2007 zu laufen begonnen, da das FA erst mit Übersendung der Kontrollmitteilung durch das Finanzamt X am 15. Mai 2007 positive Kenntnis von der vollzogenen Schenkung erlangt hat.
Die gem. § 170 Abs. 5 Nr. 2 AO für den Beginn der Festsetzungsfrist erforderliche positive Kenntnis des FA von der vollzogenen Schenkung ist gegeben, wenn das für die Verwaltung der Schenkungsteuer zuständige Finanzamt anderweitig als durch Anzeige gem. § 30 ErbStG a.F. derart Kenntnis von der Schenkung erlangt, dass ihm ohne weitere Ermittlungen die Prüfung ermöglicht ist, ob ein schenkungsteuerpflichtiger Vorgang vorliegt. Dazu gehört regelmäßig die Angabe des Namens und der Wohnung des Schenkers und des Bedachten (§ 30 Abs. 4 Nr. 1 ErbStG) sowie die Angabe des Rechtsgrundes für den Erwerb (BFH-Urteil vom 30. Oktober 1996 II R 70/94, BStBl II 1997, 11, vgl. auch BFH-Urteil vom 5. Februar 2003 II R 22/01, BStBl II 2003, 502). Die Festsetzungsfrist beginnt hingegen nicht bereits dann, wenn dem FA lediglich Umstände bekannt geworden sind, die ihm --ggf. nach weiteren Ermittlungen-- die Prüfung möglich machen, ob ein schenkungsteuerpflichtiger Vorgang vorliegt (BFH-Urteil vom 28. Mai 1998 II R 54/95, BStBl II 1998, 647).
Im Streitfall hat das FA weder durch die ihm am 29. Dezember 2000 übersandte Abschrift des Schenkungsvertrages, noch durch die am 6. November 2001 eingegangene Schenkungsteuererklärung
im erforderlichen Umfang Kenntnis von der vollzogenen Schenkung erlangt, weil sowohl dem Schenkungsvertrag, als auch der Schenkungsteuererklärung zwar die erforderlichen Angaben zur Person des Schenkers und des Bedachten, jedoch nur unvollständig die Angaben zum Rechtsgrund des Erwerbs (§ 30 Abs. 4 Nr. 4 ErbStG a.F.) entnommen werden konnten. Sowohl im Schenkungsvertrag, als auch in der Schenkungsteuererklärung fehlte der Hinweis auf den ebenfalls bereits am 22. Dezember 2000 abgeschlossenen Kaufvertrag.
Nach Ansicht des Senats hätte die Klägerin dem FA aber neben dem Abschluss des Schenkungsvertrages auch den Verkauf des Kommanditanteils an die S GmbH mit Kaufvertrag vom 22. Dezember 2000 mitteilen müssen, um die Festsetzungsfrist gem. § 170 Abs. 5 Nr. 2 AO in Lauf zu setzen. Denn Gegenstand der Schenkung des E an die Klägerin waren nicht die Kommanditanteile an der A KG i.H.v. 125.000 DM, sondern -im Rahmen einer mittelbaren Geldschenkung- der anteilig i.H.v. 6.468.003 DM auf die Klägerin entfallende Veräußerungserlös aus dem Verkauf der Kommanditanteile der A KG an die S GmbH. Denn nach Überzeugung des Senats war die Klägerin gegenüber ihrem Ehemann nicht berechtigt, über die auf sie übertragenen Anteile an der A KG frei zu verfügen, sie etwa gegen den Willen ihres Ehemannes langfristig zu behalten oder an einen Dritten zu verkaufen, sondern musste sich hinsichtlich der Anteile den Verfügungen des E unterordnen. Dass die Klägerin gegenüber E nicht berechtigt war, über die auf sie übertragenen Anteile an der A KG frei zu verfügen, ergibt sich insbesondere aus dem Zeitablauf und den Umständen beim Verkauf der Anteile an der A KG an die S GmbH. So sind sowohl der Schenkungsvertrag, als auch der Kaufvertrag an demselben Tag, dem 22. Dezember 2000, abgeschlossen worden. Gem. § 7 des Kaufvertrages konnte die Klägerin nicht ohne Zustimmung des E über ihren Kommanditanteil verfügen. Auch verpflichtete sie sich in § 8 des Vertrages, im Fall einer entgeltlichen Veräußerung des Kommanditanteils durch E an andere Personen, ihren Kommanditanteil zu den gleichen Bedingungen an denselben Erwerber zu veräußern. Damit konnte die Klägerin weder den Verkauf der Kommanditanteile mit Kaufvertrag vom 22. Dezember 2000 verhindern, noch auf den erzielten Kaufpreis Einfluss nehmen. Diese Umstände ermöglichten es dem E, das Geschehen bezüglich der auf die Klägerin übertragenen Anteile an der A KG zu beherrschen. Die Klägerin musste sich den Verfügungen des E über die Anteile unterordnen und hat dies auch getan. Dass es darum gegangen sei, die Klägerin persönlich in das Unternehmen der A KG einzubinden und sie an den insoweit anfallenden Entscheidungen zu beteiligen, ist weder aus den Akten noch auch nur ansatzweise aus dem Sachvortrag der Beteiligten ersichtlich.
Da Gegenstand der Schenkung im Streitfall nicht die Anteile an der A KG, sondern, im Rahmen einer mittelbaren Geldschenkung, der anteilige Veräußerungserlös aus dem Verkauf der Anteile der A KG gewesen ist, stellt die Veräußerung der Anteile an die S GmbH mit Kaufvertrag vom 22. Dezember 2000 einen steuerlich erheblichen Sachverhalt dar, ohne dessen Kenntnis das FA nicht prüfen konnte, ob im Streitfall ein schenkungsteuerpflichtiger Vorgang vorgelegen hat. Weil das FA erstmals durch die Mitteilung des Finanzamts X am 2. Mai 2007 vom Abschluss des Kaufvertrages mit der S GmbH Kenntnis erlangt hat, hat die vierjährige Festsetzungsfrist für die mittelbare Geldschenkung gem. § 170 Abs. 5 Nr. 2 AO erst mit Ablauf des Jahres 2007 zu laufen begonnen. Demzufolge war sie im Zeitpunkt des Ergehens des Schenkungsteuerbescheids am 18. September 2008, unabhängig davon, ob die mittelbare Schenkung im Streitfall bereits mit Abschluss des Kaufvertrages am 22. Dezember 2000 oder erst mit Überweisung des Kaufpreises durch die Verkäuferin am 26. Juni 2001 ausgeführt worden ist, wegen der nach § 170 Abs. 5 Nr. 2, 2. Alternative AO eingetretenen Anlaufhemmung noch nicht abgelaufen.
Auf die Frage, ob die Klägerin eine Schenkungsteuerhinterziehung begangen hat und deshalb die zehnjährige Festsetzungsfrist gem. § 169 Abs. 2 Satz 2 AO Anwendung findet, kommt es unter diesen Umständen nicht mehr an.
2. Die Revision zum BFH wird nicht zugelassen, da die Voraussetzungen hierfür nicht vorliegen. Die Streitsache hat weder grundsätzliche Bedeutung i.S.d. § 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO, noch sind die tatbestandlichen Merkmale des § 115 Abs. 2 Nr. 2 bis 3 FGO erfüllt.
3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 FGO.