21.02.2017 · IWW-Abrufnummer 191970
Finanzgericht Düsseldorf: Urteil vom 20.12.2016 – 13 K 897/16 F
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Finanzgericht Düsseldorf
13 K 897/16 F
Tenor:
Die Ablehnungsbescheide vom 18.01.2016 und die Einspruchsentscheidung vom 02.03.2016 werden aufgehoben. Der Beklagte wird verpflichtet, die verbleibenden negativen Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung in der Schweiz gem. § 2a Abs. 1 Satz 5 i. V. m. § 10d Abs. 4 EStG für den Kläger zum 31.12.2012 auf 174.630 Euro, zum 31.12.2013 auf 104.590 Euro und zum 31.12.2014 auf 45.442 Euro festzustellen. Im Übrigen wird die Klage, soweit sie die Klägerin betrifft, abgewiesen.
Der Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens.
Die Revision wird zugelassen.
Das Urteil ist wegen der Kosten ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des jeweils zu vollstreckenden Betrages abwenden, soweit nicht der Kläger zuvor Sicherheit in Höhe des vollstreckbaren Betrages leistet.
1
Tatbestand:
2
Streitig ist, ob der Kläger als Gesamtrechtsnachfolger die für seinen verstorbenen Vater (V) nach § 2a des Einkommensteuergesetzes (EStG) gesondert festgestellten verbleibenden negativen Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung bei seiner eigenen Veranlagung zur Einkommensteuer geltend machen kann und deshalb für ihn solche Einkünfte gem. § 2a Abs. 1 Satz 5 i. V. m. § 10d Abs. 4 EStG zum 31.12.2012, 31.12.2013 und 31.12.2014 festzustellen sind.
3
Die Kläger sind miteinander verheiratet und werden zusammen zur Einkommensteuer veranlagt. Der Kläger ist Gesamtrechtsnachfolger des am 20.08.2012 verstorbenen V. V erzielte bis zu seinem Tod Einkünfte aus der Vermietung eines Hauses in der Schweiz. In den Jahren 2002 bis 2005 tätigte er hohe Renovierungsaufwendungen, die er durch mehrere, bis zum 20.08.2012 nicht zurückgeführte Darlehen finanzierte. Zum 31.12.2011 betrugen die für V nach § 2a Abs. 1 Satz 5 EStG gesondert festgestellten verbleibenden negativen Einkünfte 251.907 Euro. Der Kläger trat als Gesamtrechtsnachfolger in die Darlehen ein und erzielte in den Jahren 2012 bis 2014 eigene (positive) Einkünfte aus der Vermietung des Hauses, die der Beklagte (das Finanzamt – FA –) der Besteuerung zu Grunde legte. Einen Ausgleich der verbliebenen negativen Einkünfte des V mit den positiven Einkünften des Klägers führte das FA nicht durch. Über die deshalb gegen die Einkommensteuerbescheide für 2012 bis 2014 eingelegten Einsprüche hat das FA noch nicht entschieden.
4
Am 06.01.2016 beantragten die Kläger beim FA den Erlass von Bescheiden über die verbleibenden negativen Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung aus der Schweiz nach § 2a EStG zum 31.12.2012, 31.12.2013 und 31.12.2014. Dazu führten sie aus, die zum 31.12.2011 für V festgestellten verbleibenden negativen Einkünfte seien um positive Einkünfte des V, die er bis zu seinem Tod am 20.08.2012 erzielt habe, zu mindern, so dass die verbleibenden negativen Einkünfte des V zum 20.08.2012 noch 202.548 Euro betragen hätten. Dieser Verlustvortrag sei am 20.08.2012 auf den Kläger als Erben übergegangen. Im Hinblick auf die positiven Einkünfte aus der Vermietung des Hauses, die der Kläger erzielt habe, ergäben sich verbleibende negative Einkünfte i.S. des § 2a EStG zum 31.12.2012 i.H. von 174.630 Euro, zum 31.12.2013 i.H. von 104.590 Euro und zum 31.12.2014 i.H. von 45.442 Euro.
5
Das FA lehnte den Erlass der begehrten Feststellungsbescheide gegenüber den Klägern mit drei Bescheiden vom 18.01.2016 ab. Negative Einkünfte i.S. des § 2a EStG des Erblassers könnten nicht mit positiven Einkünften nach § 2a EStG des Erben verrechnet werden.
6
Das sich anschließende Einspruchsverfahren blieb erfolglos.
7
Mit ihrer Klage führen die Kläger aus, im Gegensatz zum Verlustvortrag nach § 10d EStG handele es sich bei den verbleibenden negativen Einkünften i.S. des § 2a EStG nicht um einen personenbezogenen, sondern um einen streng objekt- und einkunftsquellenbezogenen Verlustvortrag. Es existiere lediglich ein Objekt und somit nur eine Einkunftsquelle in der Schweiz. Zu beachten sei, dass der Verlustabzug gem. § 2a EStG nicht – wie bei § 10d EStG – nach der Ermittlung des Gesamtbetrags der Einkünfte vorrangig von Sonderausgaben, außergewöhnlichen Belastungen und sonstigen Abzugsbeträgen, sondern bereits bei der Ermittlung der Einkünfte für das Objekt in Abzug gebracht würden. Deshalb sei auf dieser Ebene von einer gegenstandbezogenen Ermittlung der Einkünfte auszugehen.
8
Die Entscheidung des Großen Senats des Bundesfinanzhofs (BFH) vom 17.12.2007 zu § 10d EStG könne nicht auf die nach § 2a Abs. 1 EStG festzustellenden negativen Einkünfte übertragen werden, weil beide Vorschriften unterschiedliche Regelungsziele verfolgten und sich steuersystematisch voneinander unterschieden. Zudem sei es vor dem Hintergrund der Rechtsprechung und Verwaltungsauffassung zur Gesamtrechtsnachfolge in den verrechenbaren Verlust nach § 15a EStG (BFH-Urteil vom 10.03.1998 VIII R 76/96; Urteil des Finanzgerichts Nürnberg vom 02.12.2010 4 K 149/2009, Entscheidungen der Finanzgerichte 2011, 1162; R 10d Abs. 9 Satz 12 der Einkommensteuer-Richtlinien – EStR –) und in den Hinzurechnungsbetrag nach § 2a Abs. 3 EStG (BFH-Beschluss vom 25.08.2010 I R 13/09; R 10d Abs. 9 Satz 13 EStR) folgerichtig, die negativen Einkünfte nach § 2a Abs. 1 EStG im Rahmen der Gesamtrechtsnachfolge interpersonell zu übertragen.
9
Die Kläger beantragen,
10
unter Aufhebung der Ablehnungsbescheide vom 18.01.2016 und der Einspruchsentscheidung vom 02.03.2016 das FA zu verpflichten, die verbleibenden negativen Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung in der Schweiz gem. § 2a Abs. 1 Satz 5 i. V. m. § 10d Abs. 4 EStG für den Kläger zum 31.12.2012 auf 174.630 Euro, zum 31.12.2013 auf 104.590 Euro und zum 31.12.2014 auf 45.442 Euro festzustellen,
11
hilfsweise, die Revision zuzulassen.
12
Das FA beantragt,
13
die Klage abzuweisen,
14
hilfsweise im Fall des Unterliegens, die Revision zuzulassen.
15
Zur Begründung trägt das FA unter Bezugnahme auf seine Ausführungen in der Einspruchsentscheidung vor, der Erlass der begehrten Feststellungsbescheide sei zu Recht abgelehnt worden. Nach dem Beschluss des Großen Senats des BFH vom 17.12.2007 könnten Verluste des Erblassers nicht vom Erben geltend gemacht werden. Da § 2a EStG die Einkommensteuer betreffe, hätten die Ausführungen des BFH auch im vorliegenden Fall Bedeutung.
16
Die vom Erblasser getätigten Modernisierungsaufwendungen stellten keine wirtschaftliche Belastung für den Erben dar; seine Leistungsfähigkeit sei nicht beeinträchtigt. Die Einkommensteuer sei eine personenbezogene Steuer. Da es sich beim Erblasser und beim Erben um zwei verschiedene zur Einkommensteuer veranlagte Rechtssubjekte handele, beeinflussten die noch verbliebenen Verluste des Erblassers nicht die Leistungsfähigkeit des Erben.
17
Entscheidungsgründe:
18
1. Die Klage der Klägerin ist unzulässig, denn ihr steht keine Klagebefugnis zu.
19
Nach § 40 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung (FGO) ist eine Klage nur zulässig, wenn der Kläger geltend macht, durch den Verwaltungsakt oder durch die Ablehnung oder Unterlassung eines Verwaltungsakts in seinen Rechten verletzt zu sein. Eine solche Rechtsverletzung hat die Klägerin nicht geltend gemacht.
20
Die Klägerin kann durch die Ablehnung einer gesonderten Feststellung von verbleibenden negativen Einkünften nach § 2a Abs. 1 Satz 5 EStG auf den 31.12.2012, 31.12.2013 und 31.12.2014 gegenüber dem Kläger nicht in ihren eigenen Rechten verletzt sein. Dies hat der Bevollmächtigte der Kläger in der mündlichen Verhandlung auch eingeräumt.
21
2. Die zulässige Klage des Klägers ist begründet.
22
Das FA hat zu Unrecht die Feststellung von verbleibenden negativen Einkünften aus der Vermietung des Hauses in der Schweiz nach § 2a Abs. 1 Satz 5 EStG abgelehnt.
23
a) Nach § 2a Abs. 1 Satz 1 Nr. 6 Buchst. a EStG dürfen negative Einkünfte aus der Vermietung oder Verpachtung von unbeweglichem Vermögen oder von Sachinbegriffen, wenn diese – wie hier – in einem Drittstaat belegen sind, nur mit positiven Einkünften der jeweils selben Art und aus demselben Staat ausgeglichen werden; sie dürfen auch nicht nach § 10d EStG ausgeglichen werden.
24
Soweit die negativen Einkünfte nicht ausgeglichen werden können, mindern sie die positiven Einkünfte der jeweils selben Art, die der Steuerpflichtige in den folgenden Veranlagungszeiträumen aus demselben Staat erzielt (§ 2a Abs. 1 Satz 3 EStG). Gem. § 2a Abs. 1 Satz 5 EStG sind die am Schluss eines Veranlagungszeitraums verbleibenden negativen Einkünfte gesondert festzustellen.
25
Im vorliegenden Fall hat V in den Jahren 2002 bis 2005 negative Einkünfte aus der Vermietung eines Hauses in der Schweiz erzielt, die er nach § 2a Abs. 1 Satz 1 Nr. 6 Buchst. a EStG nicht ausgleichen konnte. Diese minderten in den Folgejahren die positiven Einkünfte aus der Vermietung des Objekts; zum 31.12.2011 stellte das für V örtlich zuständige Finanzamt noch verbleibende negative Einkünfte des V i.H. von 251.907 Euro fest. Die positiven Einkünfte aus der Vermietung in der Schweiz, die V bis zu seinem Tod am 20.08.2012 erzielte, betrugen 49.359 Euro. Der Kläger erzielte im Zeitraum vom 21.08.2012 bis zum 31.12.2012 Einkünfte aus diesem Objekt i.H. von 27.918 Euro. Über die Höhe dieser Einkünfte besteht zwischen den Beteiligten kein Streit.
26
b) Gem. § 1922 Abs. 1 des Bürgerlichen Gesetzbuchs geht mit dem Tod einer Person deren Vermögen als Ganzes auf den Erben über. Über diese zivilrechtliche Gesamtrechtsnachfolge hinaus tritt nach der BFH-Rechtsprechung der Erbe sowohl in materieller als auch in verfahrensrechtlicher Hinsicht in die abgabenrechtliche Stellung des Erblassers ein (BFH-Beschluss vom 25.08.2010 I R 13/09, Bundessteuerblatt – BStBl – II 2011, 113, unter II.3.a). Höchstpersönliche Verhältnisse und unlösbar mit der Person des Rechtsvorgängers verknüpfte Umstände gehen allerdings nicht auf den Gesamtrechtsnachfolger über (Beschluss des Großen Senat des BFH vom 17.12.2007, GrS 2/04, BStBl II 2008, 608, unter D.I.2., m.w.N.). Ob und in welchem Umfang steuerrechtliche Positionen vererblich sind oder wegen ihres höchstpersönlichen Charakters und ihrer unlösbaren Verknüpfung mit der Person des Erblassers nicht auf den Gesamtrechtsnachfolger übergehen können, ist unter Heranziehung der für die betreffende Rechtsbeziehung einschlägigen materiell-rechtlichen Normen und den Prinzipien des jeweiligen Einzelsteuergesetzes zu beurteilen (Beschluss des Großen Senats des BFH in BStBl II 2008, 608, unter D.I.2., m.w.N.).
27
c) Der Große Senat des BFH hat in seinem Beschluss in BStBl II 2008, 608, entschieden, dass der vom Erblasser nicht aufgezehrte Verlustabzug i.S. von § 10d EStG nicht auf seine Erben übergeht. Diese Beurteilung beruht vor allem auf dem Gedanken, dass § 10d EStG der durch den Verlust verursachten Minderung der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit Rechnung trage und dass ein vom Erblasser erzielter Verlust nur dessen eigene wirtschaftliche Leistungsfähigkeit, nicht aber diejenige der Erben mindere (Beschluss des Großen Senats des BFH in BStBl II 2008, 608, unter D.III.4.). Allerdings hat der Große Senat des BFH ausgeführt, dass in Fällen der sog. gespaltenen Tatbestandsverwirklichung und im Fall der Verklammerung von sowohl durch den Erblasser als auch durch den Erben jeweils teilweise verwirklichten Besteuerungsmerkmalen, eine andere Beurteilung hinsichtlich der Vererblichkeit steuerrechtlicher Positionen möglich ist (Beschluss des Großen Senats des BFH in BStBl II 2008, 608, unter D.III.5.).
28
d) Der BFH hat im Beschluss in BStBl II 2011, 113 eine solche „Verklammerung“ von Merkmalen, die einerseits vom Erblasser und andererseits vom Erben verwirklicht worden sind, im Regelungsbereich des § 2 Abs. 1 des Gesetzes über steuerliche Maßnahmen bei Auslandsinvestitionen der deutschen Wirtschaft (AuslInvG), der Vorgängerregelung zu § 2a Abs. 3 EStG a.F., angenommen. Er hat den vom Erblasser vorgenommenen Verlustabzug bei der Ermittlung seines Gesamtbetrags der Einkünfte (§ 2 Abs. 1 Satz 1 AuslInvG) dem Erben zugerechnet, so dass bei ihm in einem Folgejahr der abgezogene Betrag nach § 2 Abs. 1 Satz 3 AuslInvG wieder hinzugerechnet werden konnte. Wenn in der Zeit zwischen der Gewährung des Verlustabzugs und dessen späterem Ausgleich der Abzugsberechtigte verstorben sei, würden – so der BFH – die Voraussetzungen für den Verlustabzug vom Erblasser und diejenigen für den Ausgleich des Verlustabzugs von seinen Gesamtrechtsnachfolgern verwirklicht (BFH in BStBl II 2011, 113, unter II.3.c).
29
e) Die Übertragung dieser Grundsätze auf den vorliegenden Fall zeigt, dass auch im Regelungsbereich des § 2a Abs. 1 EStG eine solche „Verklammerung“ besteht, bei der Merkmale sowohl vom Erblasser als auch von den Erben verwirklicht worden sind. V hat die negativen Einkünfte in den Jahren 2002 bis 2005 aus der Vermietung des Hauses in der Schweiz erzielt, die nach § 2a Abs. 1 Satz 1 Nr. 6 Buchst. a EStG weder mit anderen Einkünften noch nach § 10d EStG ausgeglichen werden konnten. Nach seinem Tod hat der Kläger durch die positiven Einkünfte aus der Vermietung des Objekts die Voraussetzungen für den Ausgleich dieser Einkünfte durch die verbliebenen negativen Einkünfte gem. § 2a Abs. 1 Satz 3 EStG verwirklicht.
30
f) Während die Auslegung der Regelung des § 10d EStG ergibt, dass sie der durch den Verlust verursachten Minderung der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit Rechnung trägt (siehe oben unter 2.c), soll durch die Regelungen des § 2a Abs. 1 EStG der Verlustabzug bei bestimmten Einkünften aus Drittstaaten, die nach dem Welteinkommensprinzip grundsätzlich abziehbar und ausgleichbar wären, eingeschränkt werden. Zweck und Ziel von § 2a EStG ist es – anders als bei § 10d EStG – nicht, die verminderte Leistungsfähigkeit des Steuerpflichtigen im Verlustentstehungsjahr in einem anderen Jahr steuerlich zu berücksichtigen. Vielmehr soll durch § 2a EStG eine Verlustverrechnung mit anderen Einkünften gänzlich verhindert und lediglich ein künftiger Überschuss um einen zuvor entstandenen, aber steuerlich nicht berücksichtigten Verlust gemindert werden. Dieser Verlustabzug wird zeitlich auf die Jahre verschoben, in denen positive Einkünfte derselben Art und aus demselben Staat erzielt werden (§ 2a Abs. 1 Satz 3 EStG). Eine solche Verrechnung der in den Jahren 2002 bis 2005 erzielten und in den Folgejahren mangels entsprechend hoher positiver Einkünfte nicht ausgeglichenen negativen Einkünfte ist nach dem Tod des V nur durch den Kläger als Gesamtrechtsnachfolger möglich. § 2a Abs. 1 EStG sieht eine Verknüpfung zwischen dem verbotenen Verlustabzug bei Verlustentstehung einerseits und dem Abzug in Jahren mit positiven Einkünften andererseits vor, die auf dem Gedanken beruht, dass der Nachteil der Nichtabziehbarkeit erzielter negativer Einkünfte nur bis zum Eintreten entsprechend hoher positiver Einkünfte bestehen soll.
31
Wie § 2 Abs. 1 Satz 1 und § 2 Abs. 1 Satz 3 AuslInvG enthält auch § 2a Abs. 1 EStG eine in sich geschlossene Gesamtregelung, nach der der (spätere) Abzug verbleibender negativer Einkünfte sowohl systematisch als auch inhaltlich an die (frühere) Versagung des Verlustabzugs anknüpft und ohne die zuvor entstandenen negativen Einkünfte nicht möglich ist. Das rechtfertigt eine Wertung dahingehend, dass der spätere Abzug von negativen Einkünften mit den zuvor entstandenen negativen Einkünften „verklammert“ und auch durch den Erben des Verlusterzielers möglich ist (im Ergebnis ebenso: Probst in Flick/Wassermeyer/Baumhoff/Schönfeld, Außensteuerrecht, § 2a EStG Rz. 316; Rickert, Deutsches Steuerrecht – DStR – 2010, 410, 412; Wagner in Blümich, EStG/KStG/GewStG, § 2a EStG Rz. 90; Dreyer in Littmann/Bitz/Pust, EStG, § 2a Rz. 182; Kaminski in Korn, EStG, § 2a Rz. 149; a.A.: Finanzverwaltung in R 10d Abs. 9 Satz 9 EStR 2015; Brandenberg, Jahrbuch der Fachanwälte für Steuerrecht 2012/2013, 815; Naujok in Bordewin/Brandt, EStG, § 2a Rz. 114; Gosch in Kirchhof, EStG, 15. Aufl., § 2a Rz. 42; Herkenroth/Striegel in Herrmann/Heuer/Raupach, EStG/KStG, § 2a EStG Rz. 94; Dötsch, DStR 2008, 641, 646).
32
3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 FGO. Dabei war zu berücksichtigen, dass das Begehren der Klägerin, ebenso wie das des Klägers, auf ein und dieselbe gesonderte Feststellung der verbleibenden negativen Einkünfte zugunsten des Klägers gerichtet war und keine streitwerterhöhende Wirkung hatte.
33
4. Die Revision wird gem. § 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO wegen grundsätzlicher Bedeutung der Frage zugelassen, ob der Gesamtrechtsnachfolger
die für den Erblasser nach § 2a Abs. 1 Satz 5 EStG gesondert festgestellten verbleibenden negativen Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung bei seiner eigenen Veranlagung zur Einkommensteuer geltend machen kann.
34
5. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 151 Abs. 3, 155 FGO i. V. m. §§ 708 Nr. 10, 711 der Zivilprozessordnung.
13 K 897/16 F
Tenor:
Die Ablehnungsbescheide vom 18.01.2016 und die Einspruchsentscheidung vom 02.03.2016 werden aufgehoben. Der Beklagte wird verpflichtet, die verbleibenden negativen Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung in der Schweiz gem. § 2a Abs. 1 Satz 5 i. V. m. § 10d Abs. 4 EStG für den Kläger zum 31.12.2012 auf 174.630 Euro, zum 31.12.2013 auf 104.590 Euro und zum 31.12.2014 auf 45.442 Euro festzustellen. Im Übrigen wird die Klage, soweit sie die Klägerin betrifft, abgewiesen.
Der Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens.
Die Revision wird zugelassen.
Das Urteil ist wegen der Kosten ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des jeweils zu vollstreckenden Betrages abwenden, soweit nicht der Kläger zuvor Sicherheit in Höhe des vollstreckbaren Betrages leistet.
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Tatbestand:
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Streitig ist, ob der Kläger als Gesamtrechtsnachfolger die für seinen verstorbenen Vater (V) nach § 2a des Einkommensteuergesetzes (EStG) gesondert festgestellten verbleibenden negativen Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung bei seiner eigenen Veranlagung zur Einkommensteuer geltend machen kann und deshalb für ihn solche Einkünfte gem. § 2a Abs. 1 Satz 5 i. V. m. § 10d Abs. 4 EStG zum 31.12.2012, 31.12.2013 und 31.12.2014 festzustellen sind.
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Die Kläger sind miteinander verheiratet und werden zusammen zur Einkommensteuer veranlagt. Der Kläger ist Gesamtrechtsnachfolger des am 20.08.2012 verstorbenen V. V erzielte bis zu seinem Tod Einkünfte aus der Vermietung eines Hauses in der Schweiz. In den Jahren 2002 bis 2005 tätigte er hohe Renovierungsaufwendungen, die er durch mehrere, bis zum 20.08.2012 nicht zurückgeführte Darlehen finanzierte. Zum 31.12.2011 betrugen die für V nach § 2a Abs. 1 Satz 5 EStG gesondert festgestellten verbleibenden negativen Einkünfte 251.907 Euro. Der Kläger trat als Gesamtrechtsnachfolger in die Darlehen ein und erzielte in den Jahren 2012 bis 2014 eigene (positive) Einkünfte aus der Vermietung des Hauses, die der Beklagte (das Finanzamt – FA –) der Besteuerung zu Grunde legte. Einen Ausgleich der verbliebenen negativen Einkünfte des V mit den positiven Einkünften des Klägers führte das FA nicht durch. Über die deshalb gegen die Einkommensteuerbescheide für 2012 bis 2014 eingelegten Einsprüche hat das FA noch nicht entschieden.
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Am 06.01.2016 beantragten die Kläger beim FA den Erlass von Bescheiden über die verbleibenden negativen Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung aus der Schweiz nach § 2a EStG zum 31.12.2012, 31.12.2013 und 31.12.2014. Dazu führten sie aus, die zum 31.12.2011 für V festgestellten verbleibenden negativen Einkünfte seien um positive Einkünfte des V, die er bis zu seinem Tod am 20.08.2012 erzielt habe, zu mindern, so dass die verbleibenden negativen Einkünfte des V zum 20.08.2012 noch 202.548 Euro betragen hätten. Dieser Verlustvortrag sei am 20.08.2012 auf den Kläger als Erben übergegangen. Im Hinblick auf die positiven Einkünfte aus der Vermietung des Hauses, die der Kläger erzielt habe, ergäben sich verbleibende negative Einkünfte i.S. des § 2a EStG zum 31.12.2012 i.H. von 174.630 Euro, zum 31.12.2013 i.H. von 104.590 Euro und zum 31.12.2014 i.H. von 45.442 Euro.
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Das FA lehnte den Erlass der begehrten Feststellungsbescheide gegenüber den Klägern mit drei Bescheiden vom 18.01.2016 ab. Negative Einkünfte i.S. des § 2a EStG des Erblassers könnten nicht mit positiven Einkünften nach § 2a EStG des Erben verrechnet werden.
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Das sich anschließende Einspruchsverfahren blieb erfolglos.
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Mit ihrer Klage führen die Kläger aus, im Gegensatz zum Verlustvortrag nach § 10d EStG handele es sich bei den verbleibenden negativen Einkünften i.S. des § 2a EStG nicht um einen personenbezogenen, sondern um einen streng objekt- und einkunftsquellenbezogenen Verlustvortrag. Es existiere lediglich ein Objekt und somit nur eine Einkunftsquelle in der Schweiz. Zu beachten sei, dass der Verlustabzug gem. § 2a EStG nicht – wie bei § 10d EStG – nach der Ermittlung des Gesamtbetrags der Einkünfte vorrangig von Sonderausgaben, außergewöhnlichen Belastungen und sonstigen Abzugsbeträgen, sondern bereits bei der Ermittlung der Einkünfte für das Objekt in Abzug gebracht würden. Deshalb sei auf dieser Ebene von einer gegenstandbezogenen Ermittlung der Einkünfte auszugehen.
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Die Entscheidung des Großen Senats des Bundesfinanzhofs (BFH) vom 17.12.2007 zu § 10d EStG könne nicht auf die nach § 2a Abs. 1 EStG festzustellenden negativen Einkünfte übertragen werden, weil beide Vorschriften unterschiedliche Regelungsziele verfolgten und sich steuersystematisch voneinander unterschieden. Zudem sei es vor dem Hintergrund der Rechtsprechung und Verwaltungsauffassung zur Gesamtrechtsnachfolge in den verrechenbaren Verlust nach § 15a EStG (BFH-Urteil vom 10.03.1998 VIII R 76/96; Urteil des Finanzgerichts Nürnberg vom 02.12.2010 4 K 149/2009, Entscheidungen der Finanzgerichte 2011, 1162; R 10d Abs. 9 Satz 12 der Einkommensteuer-Richtlinien – EStR –) und in den Hinzurechnungsbetrag nach § 2a Abs. 3 EStG (BFH-Beschluss vom 25.08.2010 I R 13/09; R 10d Abs. 9 Satz 13 EStR) folgerichtig, die negativen Einkünfte nach § 2a Abs. 1 EStG im Rahmen der Gesamtrechtsnachfolge interpersonell zu übertragen.
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Die Kläger beantragen,
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unter Aufhebung der Ablehnungsbescheide vom 18.01.2016 und der Einspruchsentscheidung vom 02.03.2016 das FA zu verpflichten, die verbleibenden negativen Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung in der Schweiz gem. § 2a Abs. 1 Satz 5 i. V. m. § 10d Abs. 4 EStG für den Kläger zum 31.12.2012 auf 174.630 Euro, zum 31.12.2013 auf 104.590 Euro und zum 31.12.2014 auf 45.442 Euro festzustellen,
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hilfsweise, die Revision zuzulassen.
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Das FA beantragt,
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die Klage abzuweisen,
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hilfsweise im Fall des Unterliegens, die Revision zuzulassen.
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Zur Begründung trägt das FA unter Bezugnahme auf seine Ausführungen in der Einspruchsentscheidung vor, der Erlass der begehrten Feststellungsbescheide sei zu Recht abgelehnt worden. Nach dem Beschluss des Großen Senats des BFH vom 17.12.2007 könnten Verluste des Erblassers nicht vom Erben geltend gemacht werden. Da § 2a EStG die Einkommensteuer betreffe, hätten die Ausführungen des BFH auch im vorliegenden Fall Bedeutung.
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Die vom Erblasser getätigten Modernisierungsaufwendungen stellten keine wirtschaftliche Belastung für den Erben dar; seine Leistungsfähigkeit sei nicht beeinträchtigt. Die Einkommensteuer sei eine personenbezogene Steuer. Da es sich beim Erblasser und beim Erben um zwei verschiedene zur Einkommensteuer veranlagte Rechtssubjekte handele, beeinflussten die noch verbliebenen Verluste des Erblassers nicht die Leistungsfähigkeit des Erben.
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Entscheidungsgründe:
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1. Die Klage der Klägerin ist unzulässig, denn ihr steht keine Klagebefugnis zu.
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Nach § 40 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung (FGO) ist eine Klage nur zulässig, wenn der Kläger geltend macht, durch den Verwaltungsakt oder durch die Ablehnung oder Unterlassung eines Verwaltungsakts in seinen Rechten verletzt zu sein. Eine solche Rechtsverletzung hat die Klägerin nicht geltend gemacht.
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Die Klägerin kann durch die Ablehnung einer gesonderten Feststellung von verbleibenden negativen Einkünften nach § 2a Abs. 1 Satz 5 EStG auf den 31.12.2012, 31.12.2013 und 31.12.2014 gegenüber dem Kläger nicht in ihren eigenen Rechten verletzt sein. Dies hat der Bevollmächtigte der Kläger in der mündlichen Verhandlung auch eingeräumt.
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2. Die zulässige Klage des Klägers ist begründet.
22
Das FA hat zu Unrecht die Feststellung von verbleibenden negativen Einkünften aus der Vermietung des Hauses in der Schweiz nach § 2a Abs. 1 Satz 5 EStG abgelehnt.
23
a) Nach § 2a Abs. 1 Satz 1 Nr. 6 Buchst. a EStG dürfen negative Einkünfte aus der Vermietung oder Verpachtung von unbeweglichem Vermögen oder von Sachinbegriffen, wenn diese – wie hier – in einem Drittstaat belegen sind, nur mit positiven Einkünften der jeweils selben Art und aus demselben Staat ausgeglichen werden; sie dürfen auch nicht nach § 10d EStG ausgeglichen werden.
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Soweit die negativen Einkünfte nicht ausgeglichen werden können, mindern sie die positiven Einkünfte der jeweils selben Art, die der Steuerpflichtige in den folgenden Veranlagungszeiträumen aus demselben Staat erzielt (§ 2a Abs. 1 Satz 3 EStG). Gem. § 2a Abs. 1 Satz 5 EStG sind die am Schluss eines Veranlagungszeitraums verbleibenden negativen Einkünfte gesondert festzustellen.
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Im vorliegenden Fall hat V in den Jahren 2002 bis 2005 negative Einkünfte aus der Vermietung eines Hauses in der Schweiz erzielt, die er nach § 2a Abs. 1 Satz 1 Nr. 6 Buchst. a EStG nicht ausgleichen konnte. Diese minderten in den Folgejahren die positiven Einkünfte aus der Vermietung des Objekts; zum 31.12.2011 stellte das für V örtlich zuständige Finanzamt noch verbleibende negative Einkünfte des V i.H. von 251.907 Euro fest. Die positiven Einkünfte aus der Vermietung in der Schweiz, die V bis zu seinem Tod am 20.08.2012 erzielte, betrugen 49.359 Euro. Der Kläger erzielte im Zeitraum vom 21.08.2012 bis zum 31.12.2012 Einkünfte aus diesem Objekt i.H. von 27.918 Euro. Über die Höhe dieser Einkünfte besteht zwischen den Beteiligten kein Streit.
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b) Gem. § 1922 Abs. 1 des Bürgerlichen Gesetzbuchs geht mit dem Tod einer Person deren Vermögen als Ganzes auf den Erben über. Über diese zivilrechtliche Gesamtrechtsnachfolge hinaus tritt nach der BFH-Rechtsprechung der Erbe sowohl in materieller als auch in verfahrensrechtlicher Hinsicht in die abgabenrechtliche Stellung des Erblassers ein (BFH-Beschluss vom 25.08.2010 I R 13/09, Bundessteuerblatt – BStBl – II 2011, 113, unter II.3.a). Höchstpersönliche Verhältnisse und unlösbar mit der Person des Rechtsvorgängers verknüpfte Umstände gehen allerdings nicht auf den Gesamtrechtsnachfolger über (Beschluss des Großen Senat des BFH vom 17.12.2007, GrS 2/04, BStBl II 2008, 608, unter D.I.2., m.w.N.). Ob und in welchem Umfang steuerrechtliche Positionen vererblich sind oder wegen ihres höchstpersönlichen Charakters und ihrer unlösbaren Verknüpfung mit der Person des Erblassers nicht auf den Gesamtrechtsnachfolger übergehen können, ist unter Heranziehung der für die betreffende Rechtsbeziehung einschlägigen materiell-rechtlichen Normen und den Prinzipien des jeweiligen Einzelsteuergesetzes zu beurteilen (Beschluss des Großen Senats des BFH in BStBl II 2008, 608, unter D.I.2., m.w.N.).
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c) Der Große Senat des BFH hat in seinem Beschluss in BStBl II 2008, 608, entschieden, dass der vom Erblasser nicht aufgezehrte Verlustabzug i.S. von § 10d EStG nicht auf seine Erben übergeht. Diese Beurteilung beruht vor allem auf dem Gedanken, dass § 10d EStG der durch den Verlust verursachten Minderung der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit Rechnung trage und dass ein vom Erblasser erzielter Verlust nur dessen eigene wirtschaftliche Leistungsfähigkeit, nicht aber diejenige der Erben mindere (Beschluss des Großen Senats des BFH in BStBl II 2008, 608, unter D.III.4.). Allerdings hat der Große Senat des BFH ausgeführt, dass in Fällen der sog. gespaltenen Tatbestandsverwirklichung und im Fall der Verklammerung von sowohl durch den Erblasser als auch durch den Erben jeweils teilweise verwirklichten Besteuerungsmerkmalen, eine andere Beurteilung hinsichtlich der Vererblichkeit steuerrechtlicher Positionen möglich ist (Beschluss des Großen Senats des BFH in BStBl II 2008, 608, unter D.III.5.).
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d) Der BFH hat im Beschluss in BStBl II 2011, 113 eine solche „Verklammerung“ von Merkmalen, die einerseits vom Erblasser und andererseits vom Erben verwirklicht worden sind, im Regelungsbereich des § 2 Abs. 1 des Gesetzes über steuerliche Maßnahmen bei Auslandsinvestitionen der deutschen Wirtschaft (AuslInvG), der Vorgängerregelung zu § 2a Abs. 3 EStG a.F., angenommen. Er hat den vom Erblasser vorgenommenen Verlustabzug bei der Ermittlung seines Gesamtbetrags der Einkünfte (§ 2 Abs. 1 Satz 1 AuslInvG) dem Erben zugerechnet, so dass bei ihm in einem Folgejahr der abgezogene Betrag nach § 2 Abs. 1 Satz 3 AuslInvG wieder hinzugerechnet werden konnte. Wenn in der Zeit zwischen der Gewährung des Verlustabzugs und dessen späterem Ausgleich der Abzugsberechtigte verstorben sei, würden – so der BFH – die Voraussetzungen für den Verlustabzug vom Erblasser und diejenigen für den Ausgleich des Verlustabzugs von seinen Gesamtrechtsnachfolgern verwirklicht (BFH in BStBl II 2011, 113, unter II.3.c).
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e) Die Übertragung dieser Grundsätze auf den vorliegenden Fall zeigt, dass auch im Regelungsbereich des § 2a Abs. 1 EStG eine solche „Verklammerung“ besteht, bei der Merkmale sowohl vom Erblasser als auch von den Erben verwirklicht worden sind. V hat die negativen Einkünfte in den Jahren 2002 bis 2005 aus der Vermietung des Hauses in der Schweiz erzielt, die nach § 2a Abs. 1 Satz 1 Nr. 6 Buchst. a EStG weder mit anderen Einkünften noch nach § 10d EStG ausgeglichen werden konnten. Nach seinem Tod hat der Kläger durch die positiven Einkünfte aus der Vermietung des Objekts die Voraussetzungen für den Ausgleich dieser Einkünfte durch die verbliebenen negativen Einkünfte gem. § 2a Abs. 1 Satz 3 EStG verwirklicht.
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f) Während die Auslegung der Regelung des § 10d EStG ergibt, dass sie der durch den Verlust verursachten Minderung der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit Rechnung trägt (siehe oben unter 2.c), soll durch die Regelungen des § 2a Abs. 1 EStG der Verlustabzug bei bestimmten Einkünften aus Drittstaaten, die nach dem Welteinkommensprinzip grundsätzlich abziehbar und ausgleichbar wären, eingeschränkt werden. Zweck und Ziel von § 2a EStG ist es – anders als bei § 10d EStG – nicht, die verminderte Leistungsfähigkeit des Steuerpflichtigen im Verlustentstehungsjahr in einem anderen Jahr steuerlich zu berücksichtigen. Vielmehr soll durch § 2a EStG eine Verlustverrechnung mit anderen Einkünften gänzlich verhindert und lediglich ein künftiger Überschuss um einen zuvor entstandenen, aber steuerlich nicht berücksichtigten Verlust gemindert werden. Dieser Verlustabzug wird zeitlich auf die Jahre verschoben, in denen positive Einkünfte derselben Art und aus demselben Staat erzielt werden (§ 2a Abs. 1 Satz 3 EStG). Eine solche Verrechnung der in den Jahren 2002 bis 2005 erzielten und in den Folgejahren mangels entsprechend hoher positiver Einkünfte nicht ausgeglichenen negativen Einkünfte ist nach dem Tod des V nur durch den Kläger als Gesamtrechtsnachfolger möglich. § 2a Abs. 1 EStG sieht eine Verknüpfung zwischen dem verbotenen Verlustabzug bei Verlustentstehung einerseits und dem Abzug in Jahren mit positiven Einkünften andererseits vor, die auf dem Gedanken beruht, dass der Nachteil der Nichtabziehbarkeit erzielter negativer Einkünfte nur bis zum Eintreten entsprechend hoher positiver Einkünfte bestehen soll.
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Wie § 2 Abs. 1 Satz 1 und § 2 Abs. 1 Satz 3 AuslInvG enthält auch § 2a Abs. 1 EStG eine in sich geschlossene Gesamtregelung, nach der der (spätere) Abzug verbleibender negativer Einkünfte sowohl systematisch als auch inhaltlich an die (frühere) Versagung des Verlustabzugs anknüpft und ohne die zuvor entstandenen negativen Einkünfte nicht möglich ist. Das rechtfertigt eine Wertung dahingehend, dass der spätere Abzug von negativen Einkünften mit den zuvor entstandenen negativen Einkünften „verklammert“ und auch durch den Erben des Verlusterzielers möglich ist (im Ergebnis ebenso: Probst in Flick/Wassermeyer/Baumhoff/Schönfeld, Außensteuerrecht, § 2a EStG Rz. 316; Rickert, Deutsches Steuerrecht – DStR – 2010, 410, 412; Wagner in Blümich, EStG/KStG/GewStG, § 2a EStG Rz. 90; Dreyer in Littmann/Bitz/Pust, EStG, § 2a Rz. 182; Kaminski in Korn, EStG, § 2a Rz. 149; a.A.: Finanzverwaltung in R 10d Abs. 9 Satz 9 EStR 2015; Brandenberg, Jahrbuch der Fachanwälte für Steuerrecht 2012/2013, 815; Naujok in Bordewin/Brandt, EStG, § 2a Rz. 114; Gosch in Kirchhof, EStG, 15. Aufl., § 2a Rz. 42; Herkenroth/Striegel in Herrmann/Heuer/Raupach, EStG/KStG, § 2a EStG Rz. 94; Dötsch, DStR 2008, 641, 646).
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3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 FGO. Dabei war zu berücksichtigen, dass das Begehren der Klägerin, ebenso wie das des Klägers, auf ein und dieselbe gesonderte Feststellung der verbleibenden negativen Einkünfte zugunsten des Klägers gerichtet war und keine streitwerterhöhende Wirkung hatte.
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4. Die Revision wird gem. § 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO wegen grundsätzlicher Bedeutung der Frage zugelassen, ob der Gesamtrechtsnachfolger
die für den Erblasser nach § 2a Abs. 1 Satz 5 EStG gesondert festgestellten verbleibenden negativen Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung bei seiner eigenen Veranlagung zur Einkommensteuer geltend machen kann.
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5. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 151 Abs. 3, 155 FGO i. V. m. §§ 708 Nr. 10, 711 der Zivilprozessordnung.