25.10.2019 · IWW-Abrufnummer 211888
Finanzgericht Münster: Urteil vom 03.06.2019 – 3 V 3697/18 Erb
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Finanzgericht Münster
3 V 3697/18 Erb
Tenor:
Die Vollziehung des Schenkungsteuerbescheids vom 25.10.2018 wird ab Fälligkeit bis zum Ergehen der Rechtsbehelfsentscheidung in der Hauptsache aufgehoben.
Die Kosten des Verfahrens trägt der Antragsgegner.
Gründe
1
I.
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Streitig ist, ob Aussetzung der Vollziehung zu gewähren ist.
3
Die Antragstellerin erwarb durch Schenkung ihres Vaters alle Anteile an der B-Pharma GmbH (im Folgenden: GmbH) in C-Stadt. Wegen der Einzelheiten wird auf den Vertrag vom 07.03.2017 (URNr. Xxx des Notars Dr. Q. N. in C-Stadt) Bezug genommen.
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Auf Anforderung des Antragsgegners stellte das Finanzamt C-Stadt für Zwecke der Schenkungsteuer auf den 07.03.2017 den Wert des Anteils für die GmbH, die Summe der gemeinen Werte der Finanzmittel, der jungen Finanzmittel, des Verwaltungsvermögens nach § 13b Abs. 4 Nr. 1 – 4 ErbStG und des jungen Verwaltungsvermögens und der Schulden (§ 13b Abs. 10 ErbStG) gesondert und einheitlich fest.
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Den Wert der übertragenen Anteile stellte das Finanzamt C-Stadt mit 555.975 Euro entsprechend der abgegebenen Steuererklärung fest. Bei dem Wert der Anteile handelt es sich um den Substanzwert, da eine Bewertung im Ertragswertverfahren unstreitig zu einem negativen Ergebnis führe.
6
Das Finanzamt C-Stadt traf weiter folgende Feststellungen:
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- Summe der gemeinen Werte der Finanzmittel: 2.517.649 Euro
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- Summe der gemeinen Werte der jungen Finanzmittel: 60.000 Euro
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- Summe der gemeinen Werte des Verwaltungsvermögens
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nach § 13b Abs. 4 Nr. 1 – 4 ErbStG: 0 Euro
11
- Summe der gemeinen Werte des jungen Verwaltungsvermögens: 0 Euro
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- Summe der gemeinen Werte der Schulden: 3.138.504 Euro
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- Ausgangslohnsumme: 984.330 Euro
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Wegen der Einzelheiten wird auf den Bescheid vom 19.04.2018 des Finanzamt C-Stadt Bezug genommen (Blatt 3 ff. der Gerichtsakte).
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In der Anlage Steuerentlastung für Unternehmensvermögen (§ 13a, b ErbStG) zur Schenkungsteuererklärung ist in Zeile 15 angekreuzt, dass von der Optionsverschonung nach § 13a Abs. 8 ErbStG Gebrauch gemacht werden soll. Eine Erklärung zur Optionsverschonung nach § 13a ErbStG war zwar beigefügt, aber nicht unterschrieben. Der Antragsgegner sandte deswegen der Antragstellerin den Antrag auf Optionsverschonung zurück und bat, diesen zu unterschreiben. Daraufhin teilte der steuerliche Berater der Antragstellerin mit, dass die Antragstellerin für die Schenkung der GmbH-Anteile die Regelverschonung in Anspruch nehmen möchte. Daher sei der Antrag auf Optionsverschonung nicht unterschrieben worden, allerdings sei in der Steuererklärung das entsprechende Kreuz falsch gesetzt worden. Wegen der Einzelheiten wird auf die E-Mail vom 24.07.2017 Bezug genommen (Steuerakte).
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Der Antragsgegner setzte die Schenkungsteuer auf 51.675 Euro fest. Dabei legte er einen Wert des Erwerbs von 544.598 Euro sowie Vorschenkungen i. H. v. 200.000 Euro zu Grunde, so dass sich ein Erwerb von insgesamt 744.598 Euro ergab; abzüglich des Freibetrags nach § 16 ErbStG von 400.000 Euro betrug der steuerpflichtige Erwerb danach 344.598 Euro.
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Unter Erläuterungen heißt es, dass mit Bescheid des Finanzamts C-Stadt vom 19.04.2018 Finanzmittel und junge Finanzmittel i. H. v. insgesamt 2.577.649 Euro ermittelt worden seien. Nach § 13b Abs. 2 S. 2 ErbStG (90 %-Prüfung) könne eine Begünstigung nach § 13a ErbStG nicht gewährt werden. Wegen der Einzelheiten wird auf den unter dem Vorbehalt der Nachprüfung stehenden Schenkungsteuerbescheid vom 25.10.2018 Bezug genommen.
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Die Antragstellerin legte Einspruch ein und beantragte die Aussetzung der Vollziehung.
19
Die Antragstellerin habe die Gewährung eines Verschonungsabschlags i. H. v. 100 % gem. § 13a Abs. 10 ErbStG beantragt. Dieser Verschonungsabschlag sei mit dem Bescheid versagt worden. Der Feststellungsbescheid enthalte Finanzmittel und junge Finanzmittel i. H. v. insgesamt 2.577.649 Euro, so dass auf Grund der Regelung des § 13b Abs. 2 Satz 2 ErbStG (90 %-Prüfung) eine Begünstigung nicht gewährt werden könne.
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§ 13b Abs. 2 S. 2 ErbStG sei verfassungswidrig. Dies gelte jedenfalls insoweit, als das dort die Schuldenverrechnung nach § 13b Abs. 4 Nr. 5 ErbStG von der Berechnung der 90 %-Grenze ausgenommen werde. Nach § 13b Abs. 2 Satz 2 ErbStG werde keine Begünstigung im Sinne der §§ 13a, c, 28 Abs. 1 und 28a ErbStG gewährt, wenn die (modifizierte) Verwaltungsvermögensquote bei mindestens 90 % liege. Nach Auffassung der Finanzverwaltung solle nicht nur das Verwaltungsvermögen i. S. d. § 13b Abs. 4 Nr. 4 ErbStG vor Schuldenabzug nach § 13b Abs. 6 ErbStG anzusetzen sein, sondern auch die Finanzmittel i. S. d. § 13b Abs. 4 Nr. 5 Satz 1 ErbStG, und zwar auch vor Anwendung des 15 %igen Freibetrags. Auf die koordinierten Ländererlasse der obersten Finanzbehörden der Länder vom 22.06.2017, BStBl. I 2017, 902 und dort A 13b. 25 Satz 4, A 13b. 10 Satz 3 und 4, H 13b. 10a ErbSt 2017 werde verwiesen.
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Bei einer Verletzung der 90 %-Grenze scheide der Vorwegabschlag nach § 13a Abs. 9 ErbStG, die Regel- oder Optionsverschonung nach § 13a Abs. 1 und Abs. 10 ErbStG, das Abschmelzungsmodell nach § 13c ErbStG, die Tarifbegrenzung nach § 19a ErbStG, die Steuerstundung nach § 28 Abs. 1 ErbStG sowie der Steuererlass nach § 28a ErbStG aus. Im angefochtenen Bescheid komme es zu dem absurden Ergebnis, dass trotz Feststellung des Verwaltungsvermögens i. H. v. 0 Euro und einem Wert der geschenkten Anteile i. H. v. 544.598 Euro die 90 %-Grenze des Verwaltungsvermögens überschritten werde. Nach dem Gesetzeswortlaut stelle sich die Berechnung der 90 % Grenze nach § 13b Abs. 2 Satz 2 ErbStG wie folgt dar:
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festgestellter Wert des Verwaltungsvermögens (einschließlich junges Verwaltungsvermögen) § 13b Abs. 4 Nr. 1 – 4 ErbStG
23
+
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festgestellter Wert der Finanzmittel (einschließlich junger Finanzmittel), § 13b Abs. 4 Nr. 5 ErbStG
25
= Verwaltungsvermögen für den 90 %-Test.
26
Übertragen auf den Streitfall führe dies zu folgender Berechnung:
27
Verwaltungsvermögen einschließlich junges Verwaltungsvermögen 0 Euro
28
+ Finanzmittel 2.577.649 Euro
29
= Verwaltungsvermögen für den 90 %-Test 2.577.649 Euro
30
Im nächsten Schritt werde die Verwaltungsvermögensquote anhand folgenden Bruchs ermittelt:
31
- Verwaltungsvermögen für den 90 %-Test
32
- festgestellter Wert des Betriebsvermögens x 100
33
Für den angefochtenen Bescheid komme es danach zu folgender Berechnung:
34
2.577.649 Euro
35
544.598 Euro x 100
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Rechnerisch ergäbe sich ein Prozentsatz von 473 % und damit deutlich über 90 %. Tatsächlich sei also jegliche Vergünstigung nach dem Gesetzeswortlaut abzulehnen, obwohl in dem übertragenen Betriebsvermögen nach Schuldenverrechnung gar kein Verwaltungsvermögen vorhanden sei.
37
Die Absurdität dieser Regelung beruhe auf dem Umstand, dass im Zähler des o. a. Bruchs nur die Aktiva, und damit Nettovermögen, herangezogen werde, während im Nenner Bruttovermögen nach Schuldenverrechnung einbezogen sei. Mathematisch würden damit unterschiedliche Rechengrößen zueinander ins Verhältnis gesetzt, was zu willkürlichen Ergebnissen führe.
38
Das werde im vorliegenden Beispiel deutlich: Wenn im Streitfall ein Tag vor der Schenkung alle Finanzmittel i. H. v. 2.577.649 Euro zum Ausgleich der Schulden (3.138.504 Euro) verwendet worden wären, hätte sich dadurch der Wert des Betriebsvermögens nicht geändert, die Finanzmittel wären 0 Euro und der 90 %-Test würde zu einer Verwaltungsvermögensquote von 0 % führen.
39
Wenn, wie im Streitfall, der überwiegende Teil der Finanzmittel in Forderungen aus Lieferungen und Leistungen bestehe, liege die daraus herrührende Liquidität allerdings in der Händen der Schuldner und deren Zahlungsmoral. Letztlich bleibe es nach dem aktuellen Gesetzeswortlaut dem Zufall überlassen, wie hoch in der Stichtagssystematik des Erbschafts- und Schenkungsteuergesetzes der Finanzmittelbestand in der entscheidenden Sekunde sei.
40
Die Gleichmäßigkeit der Besteuerung sowie eine Besteuerung nach dem Leistungsprinzip seien danach jedenfalls nicht gewährleistet. Deutlich werde dies insbesondere daran, dass hier ein reiner Bestandswert besteuert werde. Eine Bewertung im vereinfachten Ertragswertverfahren führe auf Grund der Verluste der Vorjahre zu einem negativen Ergebnis. Infolge dessen bedeute die Festsetzung von Erbschaftsteuer, dass diese nicht aus den Erträgen der übertragenen Einheit geleistet werden könne.
41
Bei der Regelung handele es sich um eine Regelung zur Missbrauchsvermeidung, wie sich aus der Begründung des Finanzausschusses zur Formulierung der 90 %-Grenze (BT-Drucksache DRS.18/8911, 40) ergebe. Im Ergebnis führe die Regelung aber in einer Vielzahl von Betriebsvermögensübertragungen dazu, dass diese von jeglicher Verschonung ausgeschlossen seien, obwohl kein missbräuchlicher Sachverhalt zu Grunde liege.
42
Auch in der Literatur werde diese Problematik aufgegriffen. Die Kommentatoren kämen zu dem Ergebnis, dass die Regelung zu wirtschaftlich völlig ungerechtfertigten Ergebnisse gelange mit der Folge, dass die Regelung für verfassungswidrig gehalten werde (vgl. Meincke/Hannes/Holtz, ErbStG, 17. Aufl. 2018, § 13b Anm. 44 ff.). Wachter (in Fischer/Pahlke/Wachter, Kommentar zum ErbStG, § 13b Anm. 283 ff.) vertrete die Auffassung, der Anwendungsbereich der Vorschrift sei teleologisch zu reduzieren. Korezkij sei der Hoffnung, dass die 90 %-Regelung von der Finanzverwaltung nicht nach dem Gesetzeswortlaut, sondern nach dem in der Gesetzesbegründung zum Ausdruck kommenden Sinn und Zweck dieser Regelung ausgelegt werde, dabei solle eine umfassende Schuldenverrechnung und bei Finanzmitteln der Abzug des 15 %igen Freibetrags möglich sein. Mittelfristig fordere er aber eine Korrektur durch den Gesetzgeber in diese Richtung (vgl. Korezkij, Erbschaftsteuerreform: Ausgewählte Zweifelsfragen rund um die Betriebsvermögensnachfolge, DStR 2017, 745). Weiter beruft sich die Antragstellerin noch auf Stalleiken in von Oertzen/Loose, Kommentar zum Erbschaftsteuer- und Schenkungsteuergesetz 2017, § 13b Anm. 89 – 91; Kirnberger in Willms/Jochum, Kommentar zum ErbStG, § 13b Anm. 53; Viskorf in Viskorf, online-Kommentar zum ErbStG, § 13b Anm. 171; Esskandari in Gürsching/Stenger, Bewertungsrecht – BewG/ErbStG, § 13b ErbStG Anm. 86; Kirnberger in Götz/Meßbacher/Hönsch, eKomm, § 13b ErbStG Anm. 49; Reich, Der koordinierte Ländererlass zum Unternehmenssteuerrecht aus Sicht der Beratungs- und Gestaltungspraxis, DStR 2017, 1858, Brabender/Winter, Vorsicht vor der 90 %-Grenze nach § 13b Abs. 2 S. 2 ErbStG, Oder ist Verwaltungsvermögen gleich Verwaltungsvermögen? ZEV 2017, 81; Demuth/Bodden, Der koordinierte Ländererlass zum neuen Unternehmenserbschaftsteuerrecht – Auswirkungen und erste Gestaltungsüberlegungen, Kösdi 2017, 20481; Kaminsky, Der koordinierte Ländererlass zur Anwendung der erbschaftsteuerlichen Neuregelungen vom 22.06.2017, StBG 2017, 442.
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Den Antrag auf Aussetzung der Vollziehung lehnte der Antragsgegner mit Bescheid vom 28.11.2018 ab. Die Gesetzeslage sei eindeutig.
44
Daraufhin stellte die Antragstellerin den Antrag auf Aussetzung der Vollziehung des Schenkungsteuerbescheids bei Gericht. Es sprächen erhebliche Gründe gegen die Rechtmäßigkeit des angefochtenen Bescheids, auf ihren Vortrag im Einspruchsverfahren weise sie hin. Die Aussetzung sei ohne Sicherheitsleistung zu gewähren, da es im Hinblick auf die erheblichen Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angefochtenen Bescheids unverhältnismäßig sei, eine Sicherheitsleistung zu verlangen. Der Steuerbetrag sei inzwischen bezahlt worden.
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Die Antragstellerin beantragt,
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die Vollziehung des Schenkungsteuerbescheids auf den 07.03.2017 vom 25.10.2018 aufzuheben,
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hilfsweise – für den Fall des Unterliegens – die Beschwerde zuzulassen.
48
Der Antragsgegner beantragt,
49
den Antrag abzuweisen.
50
Die Gesetzeslage lasse keine abweichende Auslegung des Gesetzes zu. Eine eventuelle Verfassungswidrigkeit des § 13b Abs. 2 Satz 2 ErbStG sei bislang nicht festgestellt worden.
51
II.
52
Der Antrag ist zulässig und begründet.
53
Nach § 69 Abs. 4 FGO ist ein Antrag auf Aussetzung der Vollziehung nach § 69 Abs. 3 FGO bei Gericht nur zulässig, wenn die Behörde einen Antrag auf Aussetzung der Vollziehung ganz oder zum Teil abgelehnt hat. Diese Zugangsvoraussetzungen liegen im Streitfall vor.
54
Nach § 69 Abs. 3 i. V. m. Abs. 2 Satz 2 FGO soll die Vollziehung eines angefochtenen Verwaltungsakts ausgesetzt werden, wenn ernstliche Zweifel an dessen Rechtmäßigkeit bestehen oder wenn die Vollziehung für den Betroffenen eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen zur Folge hätte. Ist der Verwaltungsakt im Zeitpunkt der Entscheidung schon vollzogen, kann das Gericht ganz oder teilweise die Aufhebung der Vollziehung anordnen (§ 69 Abs. 3 Satz 3 FGO). Ernstliche Zweifel im Sinne des § 69 Abs. 2 Satz 2 FGO liegen nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs vor, wenn bei summarischer Prüfung des angefochtenen Bescheids neben für seine Rechtmäßigkeit sprechenden Umständen gewichtige Gründe zu Tage treten, die Unentschiedenheit oder Unsicherheit in der Beurteilung von Rechtsfragen oder Unklarheit in der Beurteilung entscheidungserheblicher Tatfragen bewirken (vgl. BFH-Beschluss vom 21.07.2016 V B 37/16, BStBl. II 2017, 28 unter Hinweis auf BFH-Beschluss vom 20.01.2015 XI B 112/14, BFH/NV 2015, 537).
55
Auch verfassungsrechtliche Zweifel an der Gültigkeit einer dem angefochtenen Verwaltungsakt zu Grunde liegenden Norm können ernstliche Zweifel i. S. d. § 69 Abs. 2 und 3 FGO sein (vgl. BFH-Beschluss vom 21.07.2016 V B 37/16, BStBl II 2017, 28 unter Hinweis auf BFH-Beschlüsse vom 22.12.2003 XI B 177/02, BStBl. II 2004, 367; vom 06.11.2001 II B 85/01, BFH/NV 2002, 508 und vom 05.03.2001 IX B 90/00, BStBl. II 2001, 405).
56
Allerdings ist bei der Annahme verfassungsrechtlicher Zweifel weiter Voraussetzung, dass ein besonderes berechtigtes Interesse des Antragstellers an der Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes vorliegt (ständige Rechtsprechung, vgl. BFH-Beschluss vom 21.07.2016 V B 37/16 a. a. O. mit zahlreichen Rechtsprechungsnachweisen).
57
Der Senat hat im Streitfall ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angefochtenen Schenkungsteuerbescheids. Denn wie die Antragstellerin zutreffend unter Hinweis auf zahlreiche Literaturstimmen anführt, führt die gesetzliche Regelung zu einem wirtschaftlich nicht nachvollziehbaren Ergebnis. Insofern ist auch zweifelhaft, ob dieses Ergebnis durch den Gesetzeszweck, der darin besteht, Missbrauch zu verhindern, gedeckt wird.
58
Es bleibt dem Hauptsacheverfahren die Entscheidung der Frage vorbehalten, ob eine Auslegung von § 13b Abs. 2 Satz 2 ErbStG (teleologische Reduktion, Auslegung gegen den Wortlaut) erfolgen muss. Bei dieser Sach- und Rechtslage kann der Senat es dahinstehen lassen, ob im Streitfall ggf. auch verfassungsrechtliche Zweifel bestehen und ob insoweit ein besonderes Interesse der Antragstellerin an der Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes gegeben ist.
59
Die Kostenentscheidung folgt aus § 135 Abs. 1 FGO.