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  • 19.03.2025 · IWW-Abrufnummer 247134

    Oberlandesgericht Zweibrücken: Beschluss vom 10.02.2025 – 8 W 21/24

    Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.


    Oberlandesgericht Zweibrücken, Beschluss vom 10.02.2025, Az. 8 W 21/24

    Tenor:

    1. Die Beschwerden der Beteiligten zu 1) und 2) gegen den Beschluss des Amtsgerichts - Nachlassgericht - Mainz vom 20.04.2023 werden zurückgewiesen.

    2. Die Beteiligten zu 1) und 2) haben die Gerichtskosten ihrer jeweiligen Beschwerde zu tragen. Eine Kostenerstattung wird im Übrigen nicht angeordnet.

    3. Der Geschäftswert für die Beschwerden der Beteiligten zu 1) und 2) wird jeweils auf einen Betrag in der Stufe bis 13.000,00 € festgesetzt.

    Gründe
    I.

    Die am 13.11.2019 verstorbene Erblasserin war mit dem am 07.06.2019 vorverstorbenen W.W. verheiratet. Aus dieser Ehe sind drei Kinder hervorgegangen, nämlich die Beschwerdeführer B. und.M.W. sowie die bereits 2017 vorverstorbene C.D., geborene W.. Letztere war zweimal verheiratet gewesen. Aus ihrer ersten - geschiedenen - Ehe ist die Beteiligte T.C., hervorgegangen, die bei der Erblasserin und ihrem Ehemann aufgewachsen ist, aus der zweiten - ebenfalls geschiedenen - Ehe die Beteiligten J.D. und L. D..

    Die Erblasserin und ihr Ehemann haben mehrere letztwillige Verfügungen getroffen.

    In einem Erbvertrag vom 31.08.1981 des Notars Dr. B. (Bl. 9 der Testamentsakte) hatten die Eheleute Waldstädt unter den Ziffern 2. sich gegenseitig zu Erben und mit Ziffer 3 nach dem Tode des Längstlebenden die Kinder M. und B.W. eingesetzt. Unter Ziffer 4. des Erbvertrags haben sie ihre Tochter C. "auf den Pflichtteil" gesetzt.

    Im Erbvertrag des Notars H. vom 22.12.1995(Bl. 15 der Testamentsakte) haben die Eheleute die Ziffern 3 und 4. des vorherigen Erbvertrages aufgehoben (§ 2 des Erbvertrages). Unter § 3 haben sie bestimmt:

    "Der Längstlebende und, wenn wir gleichzeitig ums Lebens kommen, ein jeder von uns setzt mit lediglich einseitig testamentarischer Wirkung und dementsprechend mit dem Recht der jederzeitigen Änderungen zu seinen Erben:

    <Die drei Kinder (M., B. und C.) sowie

    unser Enkelkind T. >

    zu gleichen Teilen ein.

    Sollte ein Erbe vorversterben oder aus anderen Gründen nicht Erbe werden, so sind dessen Abkömmlinge nach den Regeln der gesetzlichen Erbfolge Ersatzerben. ..."

    Mit notariellen Vertrag vom 22.12.1995 (u.a. Bl. 332 ff. d.A.) haben die Eheleute W. ihrem Sohn B. das Anwesen Hermann-Hesse-Straße 50 übertragen.

    Am 18.07.2019 (Bl. 23 der Testamentsakte) überreichte Herr M.W. ein eigenhändiges Testament der Eheleute W. vom 24.06.2018 (Bl. 25 der Testamentsakte) mit folgendem Wortlaut.

    "Unser letzter Wille !

    Unser Sohn B. bekam das Haus H-Hessestr. 50 als Schenkung von uns überschrieben. Da unsere Tochter C. nicht mehr lebt, soll unser Sohn M. das Haus H-Hesse-Str. 54 nach unserem Ableben erben.

    Seine geschiedene Frau U., darf aber nicht im Haus H-Hessestr. 54 ein und aus gehen. Sonst geht das Haus an die Familie von unserem Sohn B. an seine Kinder P.. und J..

    B. soll dem M. Zugang zum Garten H-Hesse-Str. 50 gewähren. Nach unserem Ableben soll T. 2.000 € von unserem Geld bekommen."

    Das Vermögen der Erblasserin setzte sich zum Todeszeitpunkt aus der Immobilie in der Hermann-Hesse-Straße 54 mit einem Wert von ca. 350.000,00 € und einem Barvermögen/Kontoguthaben in Höhe von ca. 30.000 € zusammen. Dies soll nach den Angaben des Antragstellers auch den im Zeitpunkt der Errichtung des Testaments vom 24.06.2028 vorhandenen Vermögenswerten der Eheleute (zuzüglich Inventar und Schmuck - Gesamtwert des Vermögens ca. 400.000,00 €) entsprochen haben.

    Der Beteiligte zu 1) hatte zunächst mit Schriftsatz seiner Verfahrensbevollmächtigten vom 03.03.2020, eingegangen beim Amtsgericht - Nachlassgericht - Mainz am 04.02.2020 (Bl. 1 d.A.), die Erteilung eines Erbscheins beantragt, der ihn als Alleinerben der Erblasserin ausweisen sollte. Diesen Erbscheinsantrag hat das Nachlassgericht durch Beschluss vom 28.01.2021 (Bl. 51 d.A.) zurückgewiesen und hierzu ausgeführt, es könne aus dem Testament vom 24.06.2018 nicht mit der erforderlichen Sicherheit auf eine Alleinerbenstellung des Antragstellers geschlossen werden. Es könne dahinstehen, ob dieses Testament als Ergänzung des Erbvertrags von 1995 gemeint gewesen sei oder als Neufassung. Zumindest der Bruder B. sei Miterbe geworden. Das Testament enthalte lediglich Regelungen zum Haus Hermann-Hesse-Str. 54 und zu einem an T.C. zu zahlenden Betrag von 2.000,00 €. Es sei von den Erblassern beabsichtigt gewesen, beiden Söhnen jeweils ein Haus zukommen zu lassen. Dies sei für eine Alleinerbenstellung nicht ausreichend. Die Tatsache der Zuwendung von 2.000,00 € an Tatjana zeige, dass ihnen das Barvermögen bewusst gewesen sei. Es könne dahinstehen, ob sie keine weitergehenden Regelungen trafen, weil sie vom Fortbestehen der Regelungen im Erbvertrag oder der gesetzlichen Erbfolge ausgingen oder der Zweig der Tochter C. - bis auf T. mit 2.000,00 € - nicht mehr bedacht werden sollte. Bei keiner der denkbaren Varianten sei der Antragsteller Alleinerbe.

    Gegen diesen Beschluss des Nachlassgerichts hatte der Beteiligte zu 1) sodann Beschwerde eingelegt, die beim Senat unter dem Az. 8 W 22/21 anhängig war. Mit Beschluss vom 24.03.2022 hatte der Senat diese Beschwerde zurückgewiesen und zur Begründung ausgeführt, dass es keiner abschließenden Stellungnahme bedürfe, in welchem Umfang der Beteiligte zu 1) Erbe geworden sei und ob die in dem Erbvertrag vom 22.12.1995 als Erbe benannte Beteiligte zu 4) nach dem gemeinschaftlichen Testament vom 24.06.2018 weiterhin als Erbin anzusehen sei oder diese Erbeinsetzung durch das Testament aufgehoben und ihr lediglich ein Vermächtnis über den genannten Betrag von 2.000,00 € zugewandt worden sei. Der Beteiligte zu 1) sei jedenfalls nach keiner denkbaren Auslegung des Testaments Alleinerbe der Erblasserin geworden. Indem die Eheleute in dem gemeinschaftlichen Testament vom 24.06.2018 bereits unmittelbar zu Beginn darauf Bezug genommen hätten, dass der Beteiligte zu 2) bereits das Haus Hermann-Hesse-Straße 50 als Schenkung erhalten habe und der Beteiligte zu 1) das Haus Hermann-Hesse-Straße 54 "erben" solle, hätten die Eheleute zum Ausdruck gebracht, dass sie bezüglich der Immobilien in dem Sinne eine Gleichbehandlung ihre beiden noch lebenden Kinder im Bezug auf die Immobilien erzielen wollten, dass jeder Sohn ein Haus erhalten solle. Hierin könne ein (Voraus-)Vermächtnis zu Gunsten des Beteiligten zu 1) oder eine Teilungsanordnung gesehen werden, ggfs. mit einer "Verschiebung" der Erbquoten im Vergleich zum Erbvertrag vom 22.12.1995. Keine dieser Varianten begründe jedoch eine Alleinerbenstellung des Beteiligten zu 1). Eine solche folge auch nicht aus dem Gesichtspunkt, dass das Hausanwesen den größten Teil des Vermögens der Eheleute ausgemacht habe. Insoweit habe das Nachlassgericht zu Recht darauf hingewiesen, dass die Eheleute sich bei der Errichtung des Testaments ihres Geldvermögens offensichtlich bewusst gewesen seien und dennoch nur ausdrückliche Regelungen über die Immobilie und einen Teil ihres Geldvermögens getroffen hätten. Zudem zeige der Hinweis auf das "Betretungsverbot" für die geschiedene Ehefrau des Beteiligten zu 1) und die Anordnung für einen Fall des Verstoßes dagegen, dass der Beteiligte zu 1) nicht einmal hinsichtlich der Immobilie uneingeschränkt in die Rechtsstellung der testierenden Eheleute eintreten sollte. Auch dies spreche gegen eine Einsetzung zum Alleinerben.

    Bereits vor der Entscheidung des Senats hatten die Beteiligten zu 3) bis 5) mit Schriftsatz ihrer Verfahrensbevollmächtigten vom 10.08.2021 (Bl. 88 d.A.) einen "Erbscheinsantrag als Miterben mit den Beteiligten zu 1) und 2)" gestellt. Diesem Antrag waren die Beteiligten zu 1) und 2) entgegengetreten. Die Beteiligten zu 3) und 5) haben ihren Antrag dann mit Schriftsatz ihrer Verfahrensbevollmächtigten vom 30.09.2022 zurückgenommen (vgl. Bl. 168 d.A.), die Beteiligte zu 4) mit Schriftsatz vom 15.12.2022 (Bl. 234 d.A.).

    Anschließend hat der Beteiligte zu 2) mit Schriftsatz seiner Verfahrensbevollmächtigten vom 24.11.2022 (Bl. 180 d.A.) die Erteilung eines quotenlosen Erbscheins beantragt, nach dem die Erblasserin von den Beteiligten zu 1) und 2) (alleine) beerbt worden sei. Er hat insoweit die Ansicht vertreten, dass der frühere Erbvertrag vom 22.12.1995 durch das gemeinschaftliche Testament aufgehoben und ausschließlich die Beteiligten zu 1) und 2) als Erben eingesetzt worden seien, während der Beteiligten zu 4) nur ein Geldbetrag als Vermächtnis zugewandt sein sollte. Der Beteiligte zu 1) hat diesem Erbscheinsantrag zugestimmt (vgl. Bl. 250 d.A.).

    Mit dem angefochtenen Beschluss vom 20.04.2023 (Bl. 271 d.A.) hat das Nachlassgericht auch diesen Erbscheinsantrag zurückgewiesen und zur Begründung im Wesentlichen ausgeführt, dass eine ausschließliche Erbenstellung des Beteiligten zu 2) und des Beteiligten zu 1) nicht mit der erforderlichen Sicherheit festgestellt werden könne. Das gemeinschaftliche Testament vom 24.06.2018 sei nicht als eine komplette Neuregelung der Erbschaft anzusehen und habe die Regelungen des Erbvertrags vom 22.12.1995 gerade nicht vollständig ersetzen sollen. Zwar könne auch bei einer nicht erschöpfenden Verteilung von Vermögen eine Erbeinsetzung gewollt sein, wobei die Erbquote sich dann an dem Verhältnis des Wertes der zugewandten Gegenstände ohne Berücksichtigung des restlichen Vermögens orientiere, jedoch scheide dies aus, wenn der Erblasser eine Verfügung über das restliche Vermögen gerade nicht habe treffen wollen. Letzteres sei hier anzunehmen. Die Erblasser hätten in dem gemeinschaftlichen Testament vom 24.06.2018 lediglich Regelungen über das Haus in der Hermann-Hesse-Straße 54 und einen auszuzahlenden Betrag von 2.000,00 € getroffen, jedoch keine Regelung über den übrigen Teil "von unserem Geld". Den Erblassern sei es dabei ersichtlich um die enumerative Zuwendung von Einzelgegenständen gegangen, um eine Gleichbehandlung des Beteiligten zu 2) und des Beteiligten zu 1) im Hinblick auf die Zuwendung von Immobilien zu erzielen, nicht dagegen um eine völlig neue, von den Regelungen in dem Erbvertrag vom 22.12.1995 abweichende Bestimmung der Rechtsnachfolge. Insoweit könne weiterhin dahinstehen, ob die Regelungen in dem gemeinschaftlichen Testament vom 24.06.2018 als Vorausvermächtnis (§ 2150 BGB) oder als Teilungsanordnung (§ 2048 BGB) auszulegen seien, und ebenso, ob die Beteiligte zu 4) durch die Zuwendung von 2.000,00 € gemäß dem gemeinschaftlichen Testament als Erbin zu 1/4 gemäß dem Erbvertrag vom 22.12.1995 habe ausscheiden sollen. Denn jedenfalls bezüglich des verbleibenden Geldvermögens seien die Kinder der vorverstorbenen Tochter C.D. und damit die Beteiligten zu 3) bis 5) nach der Regelung des § 3 des Erbvertrages in Verbindung mit den Regeln der gesetzlichen Erbfolge an deren Stelle als Erben der Erblasserin eingetreten, was eine ausschließliche Erbschaft der Beteiligten zu 1) und 2) ausschließe. Hinreichende Anhaltspunkte dafür, dass durch die Zuwendung der 2.000,00 € an die Beteiligte zu 4) der gesamte Stamm der vorverstorbenen Tochter C.D. habe von der Erbschaft ausgeschlossen werden sollen, lägen nicht vor. Wenn ein solcher Ausschluss gewollt gewesen wäre, hätte es vielmehr nahegelegen, dass die Erblasserin und ihr Ehemann ausdrücklich das restliche Geldvermögen an die Beteiligten zu 1) und 2) aufgeteilt hätten.

    Gegen diesen Beschluss wenden sich sowohl der Beteiligte zu 2) als auch der Beteiligte zu 1) mit ihren jeweiligen Beschwerden, mit denen sie die Aufhebung des ergangenen Zurückweisungsbeschlusses und eine positive Bescheidung des Erbscheinsantrags erstreben.

    Zur Begründung führt der Beteiligte zu 2) aus, dass die Erblasserin und ihr Ehemann mit dem gemeinschaftlichen Testament vom 24.06.2018 eine Gleichstellung der beiden Söhne gewollt hätten. Dieser Wille zur Gleichstellung erfasse auch das Geldvermögen. Dagegen hätten die Erblasserin und ihr Ehemann nicht mehr gewollt, dass die Kinder der Schwester C. etwas erhalten sollten. Erwähnt sei in dem Testament vom 24.06.2018 lediglich noch die Beteiligte zu 4), der aber nur ein Geldbetrag von 2.000,00 € zugewandt worden sei. Dadurch werde deutlich, dass diese nicht mehr - wie zuvor gemäß Erbvertrag vom 22.12.1995 - als Erbin zu 1/4 eingesetzt sein sollte. Dieser Wille ergebe sich auch aus den außerhalb des Testamentes liegenden Umständen, die von einer jeweils schwierigen Beziehung der Erblasserin und ihres Ehemannes zu ihrer Tochter C. und ihre Enkelin T., der Beteiligten zu 4), geprägt gewesen seien. Die Enkelin T. sei von der Erblasserin und ihrem Ehemann großgezogen worden, nachdem die damals 19-jährige Tochter C. das Kind abgelehnt habe und mit diesem überfordert gewesen sei. Die Beteiligte zu 4) habe sich jedoch als undankbar erwiesen und etwa die Erblasserin und den Großvater bestohlen. Die Tochter C. sei mit ihrem zweiten Ehemann, einem US-Soldaten, bereits 1993 mit den beiden gemeinsamen Kindern in die USA gegangen. Nach der späteren Scheidung habe sie jedoch nichts mehr von sich hören lassen, ebenso wie die Beteiligten zu 3) und 5). Nach dem Tod der Tochter C. hätten die Erblasserin und ihr Ehemann beabsichtigt, eine "finale Regelung ihrer Erbschaftsangelegenheiten" vorzunehmen, wobei es ihr Wille gewesen sei, dass "niemand aus dem Stamme D." erben solle. Allerdings habe sie die Krebserkrankung des Ehemannes der Erblasserin daran gehindert, den Willen notariell zu verfassen. Schließlich hätten die Beteiligten zu 3) und 5) einen eigenen Erbscheinsantrag zurückgenommen, so dass sie der Beschwerde nicht entgegentreten könnten.

    Die Beteiligten zu 3) bis 5) sind der Beschwerde entgegengetreten und haben deren Zurückweisung sowie die Kostentragung durch die Beteiligten zu 1) und 2) beantragt.

    Sie verteidigen den ergangenen Beschluss als zutreffend und tragen weiter vor, dass die Beziehungen der Tochter C. und der Beteiligten zu 4) zu der Erblasserin und ihrem Ehemann gut gewesen seien und es keine Brüche gegeben habe. Die Beteiligten zu 3) und 5) hätten zwar aufgrund einer Sprachbarriere keine mündliche Unterhaltung mit den Großeltern führen können, jedoch habe schriftlicher Kontakt bestanden. Die Beteiligte zu 4) habe regelmäßigen Kontakt mit den sie aufziehenden Großeltern gehabt.

    Das Nachlassgericht hat den Beschwerden mit dem Beschluss vom 07.11.2023 nicht abgeholfen. Die Rücknahme von Erbscheinsanträgen stelle keine Verzichtserklärung dar. Die Argumentation im Hinblick auf einen Widerruf der Erbeinsetzung der Beteiligten zu 4) überzeuge nicht. Auch wenn die Erblasserin und ihr Ehemann über deren Entwicklung enttäuscht gewesen seien, hätten sie sich doch um deren Sohn B. gekümmert und in dem gemeinschaftlichen Testament vom 24.06.2018 eine Regelung getroffen, die beinhalte, dass ein Betrag von 2.000,00 € an die Beteiligte zu 4) zugewiesen sei. Eine Regelung über den sonstigen Nachlass sei dabei nicht erfolgt, sodass von einer Änderung der Erbeinsetzungen im Erbvertrag vom 22.12.1995 nicht auszugehen sei. Vielmehr stellten sich die Regelungen (im Testament) als Vermächtnisanordnung dar.

    II.

    1. Die vorliegenden Beschwerden der Beteiligten zu 1) und 2) sind zulässig.

    Sie sind jeweils form- und fristgerecht eingelegt worden. Dies gilt auch für die Beschwerde des Beteiligten zu 1), da die am 30.05.2023, dem Dienstag nach Pfingsten, eingegangene Beschwerde des Beteiligten zu 1) noch die Monatsfrist des § 63 Abs. 1 FamFG gewahrt hat.

    Die Beschwerdeberechtigung des Beteiligten zu 2) ergibt sich aus § 59 Abs. 2 FamFG, da er der Antragsteller des zurückgewiesenen Erbscheinsantrags war. Die Beschwerdeberechtigung des Beteiligten zu 1) folgt aus § 59 Abs. 1 FamFG, weil durch den Beschluss eine Beeinträchtigung in seinen Rechten vorliegt, nachdem er für sich in Anspruch nimmt, aufgrund der Auslegung des Testaments gemeinsam mit (nur) dem Beteiligten zu 2) Erbe der Erblasserin geworden zu sein, während der angefochtene Beschluss davon ausgeht, dass alle Beteiligten gemeinsam Erben sind.

    2. In der Sache führen die Beschwerden der Beteiligten zu 1) und 2) indes nicht zum Erfolg. Das Nachlasssgericht hat den Antrag des Beteiligten zu 2) auf Erteilung eines quotenlosen Erbscheins, der nur ihn und den Beteiligten zu 1) als die Erben der Erblasserin ausweisen sollte, vielmehr zu Recht zurückgewiesen. Denn dieser beantragte Erbschein gibt die nach dem Tod der Erblasserin eingetretene Erbfolge nicht zutreffend wieder.

    2.1. Entgegen der Ansicht der Beteiligten zu 1) und 2) kann in dem gemeinschaftlichen Testament der Eheleute W. vom 24.06.2018 eine umfassende Regelung ihres Nachlasses mit einer Erbeinsetzung nur der Beteiligten zu 1) und 2) nicht gesehen werden.

    2.2. Schon vom Wortlaut her spricht alles dafür, die in dem gemeinschaftlichen Testament der Eheleute vom 24.06.2018 getroffenen Regelungen als reine Vermächtnisregelungen im Sinne eines Vorausvermächtnisses auszulegen. Dagegen spricht auch nicht, dass die Eheleute bei der Zuwendung des Hausgrundstücks an den Beteiligten zu 1) das Wort "erben" gebraucht haben. Denn dem Beteiligten zu 1) wird dabei nur ein einzelner Vermögengegenstand (Hausanwesen) zugewandt, wobei diese Zuwendung ausdrücklich als Ausgleich und zur Gleichstellung für eine bereits lebzeitig von den Testierenden vollzogenen Zuwendung eines anderen, entsprechenden Vermögengegenstandes (Hausanwesen) an den Beteiligten zu 2) erfolgt. Dem darin zum Ausdruck kommenden Ziel der Eheleute W. entspricht es am ehesten, dies als Zuwendung eines Anspruchs auf Übereignung des entsprechenden Gegenstandes an den nun begünstigten Beteiligten zu 1) anzusehen, und gerade nicht als Erbeinsetzung. Zudem ergibt sich aus der Bezugnahme auf die bereits zuvor erfolgte schenkweise Übertragung eines anderen Hausanwesens an den Beteiligten zu 2), dass auch diese Zuwendung des noch in ihrem Eigentum befindlichen Hausanwesens an den Beteiligten zu 1) "zusätzlich und ohne Anrechnung auf den Erbteil" erfolgen sollte. Denn nach den Regelungen des Übergabevertrages mit dem Beteiligten zu 2) sollte auch diese Zuwendung nicht auf dessen Erbteil, sondern allenfalls auf dessen Pflichtteil angerechnet werden (vgl. § 3 am Ende des notariellen Übergabevertrages vom 22.12.1995 - Bl. 338 d.A.).

    2.3. Gegen eine Auslegung des eigenhändigen Testaments der Eheleute W. als eine abschließende und die Bestimmungen des Erbvertrages aus dem Jahr 1995 aufhebende Regelung der Erbfolge spricht weiterhin, dass das Testament keine Regelung der Erbfolge nach dem Erstversterbenden enthält. Selbst wenn man davon ausgeht, dass die Eheleute insoweit ihre früher getroffene Regelung der gegenseitigen Erbeinsetzung für den ersten Todesfall weiterhin (stillschweigend) fortbestehen lassen und in dem Testament vom 24.06.2018 nur Bestimmungen für den Todesfall des Längstlebenden von ihnen treffen wollten, so enthält das Testament gerade keine umfassende Regelung zur Aufteilung des (restlichen) Vermögens der Eheleute. Denn insoweit (über 2.000.- € hinausgehendes Geldvermögen, aber auch etwa bezüglich Inventar des Hauses, Schmuck oder PKW) werden keine Regelungen getroffen. Hinsichtlich des Geldvermögens wird vielmehr nur ein Bruchteil davon verteilt, indem ein Betrag von 2.000,00 € der Beteiligten zu 4) zugewandt wird, obwohl den Eheleuten W. offensichtlich bewusst war, dass ihr Geldvermögen damit nicht erschöpfend verteilt worden ist.

    Diese "Lücken" bei der Verteilung ihres Vermögens legen vielmehr den Schluss nahe, dass die Eheleute grundsätzlich an der in ihrem Erbvertrag vom 22.12.1995 vorgenommenen Erbeinsetzung festhalten und den Beteiligten zu 1) und 4) nur im Sinne eines Vermächtnisses - vorab und ohne Anrechnung auf den Erbteil - zusätzlich konkrete Gegenstände zuwenden wollten. Nur ergänzend sei darauf hingewiesen, dass der Beteiligte zu 2) im Testament der Eheleute W. vom 18.07.2019 nicht als Empfänger irgendwelcher Zuwendungen für den Fall des Todes der Eheleute erwähnt wird, sondern nur als derjenige, der bereits etwas schenkweise erhalten hat.

    2.4. Im Übrigen gibt es auch keine Hinweise darauf, dass die Eheleute W. mit der Zuwendung des Betrages von 2.000,00 € an die Beteiligte zu 4) die in dem Erbvertrag vom 22.12.1995 erfolgte Einsetzung der Beteiligten zu 4) als Erbin zu 1/4 sowie auch als eventuelle Ersatzerbin der Tochter C. hätten aufheben wollen. Vielmehr haben die Eheleute Waldstädt die Beteiligte zu 4) - die sie elterngleich großgezogen hatten - ja eher als ihr "4. Kind" behandelt, so dass die Zuwendung des Betrages von 2.000,00 € an sie ebenfalls als ein Vorausvermächtnis anzusehen ist, nachdem die beiden Beteiligten zu 1) und 2) bereits die Hausanwesen erhalten hatten bzw. erhalten sollten und die Tochter C. schon verstorben war.

    Entsprechend den vorstehenden Ausführungen richtet sich die Erbfolge nach der Erblasserin daher grundsätzllch nach den Regelungen des notariellen Erbvertrages der Eheleute vom 22.12.1995, während die Regelungen im eigenhändigen Testament vom 24.06.2018 als ergänzende Vorausvermächtnisse anzusehen sind.

    Demgemäß sind nach dem Tod der Erblasserin nicht allein die Beteiligten zu 1) und 2) deren Erben geworden, so dass der von dem Beteiligten zu 2) beantragte quotenlose Erbschein die eingetretene Erbfolge nicht zutreffend wiedergibt und das Nachlassgericht den Antrag daher zu Recht zurückgewiesen hat.

    III.

    Die Kostenentscheidung folgt hinsichtlich der Gerichtskosten aus § 84 FamFG. Hinsichtlich der außergerichtlichen Kosten folgt sie aus § 81 Abs. 1 FamFG. Insoweit entspricht es billigem Ermessen, dass die Beteiligten ihre außergerichtlichen Kosten jeweils selbst zu tragen haben, da sie jeweils ihre eigenen Interessen wahrnehmen. Ein Fall, der nach der Soll-Regelung des § 82 Abs. 2 FamFG eine Auferlegung der außergerichtlichen Kosten auf einen anderen Beteiligten rechtfertigen würde oder mit einem der dort geregelten Fälle vergleichbar wäre, ist nicht gegeben. Allein der Umstand, dass die Beschwerde nicht zum Erfolg führen, rechtfertigt die Anordnung einer Kostenerstattung nicht.

    Die Festsetzung des Geschäftswerts für die jeweiligen Beschwerden folgt aus § 61 GNotKG. Maßgeblich ist insoweit die mit den Beschwerden jeweils erstrebte wirtschaftliche Besserstellung der Beteiligten zu 1) und 2). Diese wirtschaftliche Besserstellung der Beteiligten zu 1) und 2) betrifft im Ergebnis die Frage, ob sie hinsichtlich des Geld- und sonstigen Vermögens, dessen Wert nachvollziehbar mit rund 50.000,00 € angegeben ist, alleinige Erben zu gleichen Anteilen (also 1/2-Anteil) oder gemäß der Regelung des Erbvertrages vom 22.12.1995 nur Erben zu 1/4 geworden sind. 1/4 des Betrages von 50.000,00 € entspricht 12.500,00 €, somit einem Wert in der Stufe bis 13.000,00 €.

    RechtsgebietVerfügung über Einzelgegenstand trotz Erbvertrag als Vermächtnis? Vorschriften§ 59 Abs. 1 FamFG, § 59 Abs. 2 FamFG