15.01.2008 · IWW-Abrufnummer 080148
Bundesgerichtshof: Urteil vom 07.12.2007 – V ZR 21/07
a) Eine zur Sicherung eines durch Rücktritt bedingten Rückauflassungsanspruchs eingetragene Vormerkung kann, ohne dass es einer erneuten Eintragung bedürfte, durch Bewilligung auf weitere Rücktrittsgründe erstreckt werden (Fortführung von BGHZ 143, 175 ff.).
b) Der Rang der durch die Vormerkung weiter gesicherten Ansprüche bestimmt sich nach dem Zeitpunkt der neuen Bewilligung.
BUNDESGERICHTSHOF
IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
V ZR 21/07
Verkündet am:
7. Dezember 2007
in dem Rechtsstreit
Der V. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat auf die mündliche Verhandlung vom 12. Oktober 2007 durch den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Krüger, den Richter Dr. Klein, die Richterin Dr. Stresemann und die Richter Dr. Czub und Dr. Roth
für Recht erkannt:
Tenor:
Auf die Revision der Kläger wird das Urteil des 10. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Hamm vom 14. Dezember 2006 im Kostenpunkt und insoweit aufgehoben, als über den Antrag auf Rückübertragung des Grundstücks entschieden worden ist.
Insoweit wird die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Die weitergehende Revision wird zurückgewiesen.
Von Rechts wegen
Tatbestand:
Mit von ihrem Streithelfer beurkundeten Vertrag vom 15. Oktober 1993 übertrugen die Kläger im Wege der vorweggenommenen Erbfolge ihr Hausgrundstück unter Vorbehalt eines Wohnrechts ihrer Tochter (im Folgenden: Schuldnerin). Die Schuldnerin verpflichtete sich, das Grundstück zu Lebzeiten der Kläger nicht zu veräußern, nicht zu belasten und nicht baulich zu verändern. Für den Fall des Verstoßes gegen diese Verpflichtungen sollten die Kläger nach näherer Maßgabe die Rückübertragung des Grundstücks verlangen können.
Die Schuldnerin wurde am 26. November 1993 als Eigentümerin in das Grundbuch eingetragen; der Rückauflassungsanspruch der Kläger wurde durch die Eintragung einer Vormerkung gesichert.
Mit von dem Streithelfer am 5. Mai 1998 beurkundeten Vertrag vereinbarten die Kl äger mit der Schuldnerin, dass sie auch dann die Rückübertragung des Grundstücks sollten verlangen können, wenn die Schuldnerin geschieden, über ihr Vermögen ein Konkurs- oder Vergleichsverfahren eröffnet oder die Zwangsvollstreckung in das Grundstück betrieben würde. Weiter heißt es in dem Vertrag:
"Die bereits im Grundbuch ... eingetragene Rückauflassungsvormerkung dient auch zur Absicherung der Rückauflassungsansprüche der Übertragsgeber ... aufgrund der vorstehend getroffenen Vereinbarungen."
Der Streithelfer reichte eine Ausfertigung des Ergänzungsvertrags bei dem Grundbuchamt ein. Die Rechtspflegerin vermerkte daraufhin auf der bei den Grundakten befindlichen Ausfertigung des Vertrages vom 15. Oktober 1993 "s. auch Ergänzungserklärung vom 5. Mai 1998, UR-Nr. 247/98, Notar S. ".
Mit Beschluss vom 20. Juli 2004 untersagte das Amtsgericht Dortmund der Schuldnerin gemäß § 21 Abs. 1 InsO, über das Grundstück zu verfügen, und ersuchte das Grundbuchamt um Eintragung des Verfügungsverbots in das Grundbuch. Am 9. Juni 2005 wurde über das Vermögen der Schuldnerin das Insolvenzverfahren eröffnet. Die Beklagte wurde zur Verwalterin bestimmt. Mit der Klage verlangen die Kläger von der Beklagten die Rückübertragung des Grundstücks und die Bewilligung der Löschung der in das Grundbuch eingetragenen Verfügungsbeschränkung.
Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Die Berufung ist ohne Erfolg geblieben. Mit der von dem Oberlandesgericht zugelassenen Revision verfolgen die Kläger ihre Anträge weiter.
Entscheidungsgründe:
I.
Das Berufungsgericht hält die geltend gemachten Ansprüche für nicht begründet. Es meint, die Vereinbarung vom 5. Mai 1998 sei wirksam. Für ihre insolvenzrechtliche Anfechtung fehle es an hinreichendem Vortrag der Beklagten. Der geltend gemachte Anspruch scheitere jedoch daran, dass er durch die eingetragene Vormerkung nicht gesichert sei und daher gegen die Masse nicht durchgesetzt werden könne. Die Vereinbarung bedeute zwar auch die Bewilligung der Eintragung einer Vormerkung zur Sicherung der weiter vereinbarten Rückübertragungsansprüche. Zu einer entsprechenden Eintragung sei es jedoch nicht gekommen, weil der hierzu notwendige Antrag nicht gestellt worden sei.
II.
Das hält revisionsrechtlicher Nachprüfung im Wesentlichen nicht stand.
1. Auf der Grundlage des bisherigen Vorbringens der Beklagten schuldet diese als Insolvenzverwalterin gemäß § 106 InsO den Klägern die verlangte Rückübertragung des Grundstücks. Die am 26. November 1993 in das Grundbuch eingetragene Vormerkung sichert auch den durch die Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen der Schuldnerin durch den Vertrag vom 5. Mai 1998 begründeten Rückübertragungsanspruch der Kläger.
a) Die in dem Vertrag vom 5. Mai 1998 zwischen den Klägern und der Schuldnerin vereinbarte Verpflichtung der Schuldnerin, das Grundstück im Fall der Eröffnung des Konkursverfahrens über ihr Vermögen zurück zu übertragen, ist wirksam. Eine Vereinbarung, die eine Vertragspartei berechtigt, im Falle der Insolvenz der anderen Partei ein dieser eingeräumtes oder übertragenes Recht zurückzuverlangen, ist entgegen der in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat von der Beklagten vertretenen Meinung grundsätzlich wirksam (vgl. OLG Karlsruhe, NZM 2001, 1053, 1054; Erman/Grziwotz, BGB, 11. Aufl., § 2 ErbbauVO Rdn. 6; MünchKomm-BGB/v. Oefele, 4. Aufl., § 2 ErbbauVO Rdn. 27; RGRK-BGB/Räfle, 12. Aufl., § 2 ErbbauVO Rdn. 25 jeweils zum Heimfallanspruch nach der ErbbauVO). § 17 Abs. 1 Nr. 4 der Ausführungsverordnung zum Reichsheimstättengesetz sah eine Vereinbarung, nach der die Eröffnung des Konkursverfahrens über das Vermögen des Heimstätters den Heimfallanspruch auslöste, ausdrücklich vor.
b) Der vereinbarte bedingte Übertragungsanspruch konnte gemäß § 883 Abs. 1 BGB durch eine Vormerkung gesichert werden.
In der Eintragung einer Vormerkung müssen der Gegenstand des Anspruchs und der Anspruchsgläubiger bezeichnet werden; die Angabe des Schuldgrunds ist nicht notwendig (Jansen DNotZ 1953, 382, 383; vgl. ferner Senat, Urt. v. 2. Oktober 1951, V ZR 47/50, LM BGB § 883 Nr. 1; RGZ 133, 267, 269 f.; KG Rpfleger 1969; 49, 50; DNotZ 1972, 173, 175; Erman/Lorenz, BGB, 11. Aufl. § 885 Rdn. 18; Staudinger/Gursky, BGB [2002], § 885 Rdn. 68).
Im Zeitpunkt der Eintragung der Vormerkung muss der Anspruch, zu dessen Sicherung die Vormerkung dienen soll, weder fällig, § 883 Abs. 1 Satz 2 BGB, noch begründet sein. § 879 Abs. 2 BGB ist auf die Vormerkung entsprechend anzuwenden (Senat, BGHZ 143, 175, 179 f. m.w.N. = MittBayNot 2000, 104 m. Anm. Demharter = DNotZ 2000, 639 m. Anm. Wacke = ZfIR 2000, 121 m. Anm. Volmer = LM BGB § 883 Nr. 27 m. Anm. Stürner/Heggen). Wird eine Vormerkung vor der Begründung des zu sichernden Anspruchs in das Grundbuch eingetragen, entsteht sie mit der Begründung des Anspruchs. Umgekehrt erlischt die Vormerkung trotz Fortbestehens ihrer Eintragung im Grundbuch mit dem Erlöschen des gesicherten Anspruchs. Dabei ist ohne Bedeutung, ob der Anspruch durch Vereinbarung, aufgrund der Ausübung eines Rechts oder durch Erfüllung erlischt. Die unabhängig von dem gesicherten Anspruch erfolgte oder fortbestehende Eintragung erlaubt es, eine erloschene Vormerkung durch einen neu begründeten Anspruch wieder "aufzuladen" (Stürner/Heggen, aaO), oder eine wegen Scheiterns der Begründung des zu sichernden Anspruchs zunächst unwirksame Vormerkung zur Entstehung zu bringen (OLG Frankfurt DNotZ 1995, 539 f.; Ertl Rpfleger 1979, 361, 364; Wacke DNotZ 1995, 507, 512).
c) Auf dieser Grundlage ist die Frage zu entscheiden, ob es zur Sicherung der Erweiterung eines Anspruchs der Bewilligung und Eintragung einer neuerlichen Vormerkung bedarf, oder ob die Bewilligung der Sicherung des erweiterten Anspruchs durch eine eingetragene Vormerkung ohne weitere Eintragung in das Grundbuch zur Sicherung des erweiterten Anspruchs führt.
Die Voraussetzungen des gesicherten Anspruchs können durch Vereinbarung zwischen dem Schuldner und dem Gläubiger beschränkt oder erweitert werden. Werden sie beschränkt, bleibt die Sicherung des Anspruchs durch die eingetragene Vormerkung bestehen (vgl. statt aller MünchKomm-BGB/Wacke, BGB, 4. Aufl., § 885 Rdn. 2; Staudinger/Gursky, BGB [2002], § 883 Rdn. 329 f.). Eine Verlautbarung der Beschränkung im Grundbuch erfolgt nicht. Entsprechendes gilt für den Austausch des Anspruchs. Die trotz Erlöschens des gesicherten Anspruchs weiterhin eingetragene Vormerkung muss nicht gelöscht und zur Sicherung eines neu begründeten Anspruchs wiederum eingetragen werden, sondern kann zur Sicherung eines neu begründeten Anspruchs nutzbar gemacht werden, sofern dieser auf dieselbe Leistung wie der zunächst gesicherte Anspruch gerichtet ist (Senat, BGHZ 143, 175, 181; Soergel/Stürner, BGB, 13. Aufl. § 885 Rdn. 6; a.M. Demharter, aaO; Vollmer, aaO; Staudinger/Gursky, aaO, Rdn. 333). Werden weitere Entstehungsgründe für den gesicherten Anspruch geschaffen, kann nichts anderes gelten (a.M. MünchKomm-BGB/Wacke, aaO; Staudinger/Gursky, aaO, Rdn. 334; Promberger, DNotZ 1994, 249, 250; Amann, MittBayNot 2000, 197, 200). Die Begründung weiterer Entstehungsgründe führt zur Erstreckung der Sicherung eines bestehenden Anspruchs auf einen von der Wirkung der Vormerkung zunächst nicht erfassten Fall. Sie bleibt in ihrer Wirkung hinter der einer Neubegründung des gesicherten Anspruchs zurück. Damit ist nicht zu vereinbaren, dass eine eingetragene Vormerkung zwar zur Sicherung eines neu begründeten Anspruchs genutzt, der gesicherte Anspruch ohne die Eintragung einer weiteren Vormerkung jedoch nicht auf weitere Entstehungsgründe gestützt werden könnte.
d) Die Aufgabe des Grundbuchs, eine eindeutige, klare und vollständige Aussage über vergangene und gegenwärtige Rechtsverhältnisse zu machen, steht dem nicht entgegen (a.M. Demharter, aaO). Über die Wirksamkeit des vorgemerkten Anspruchs gibt das Grundbuch keine Auskunft. Schon der gesicherte Anspruch ist im Grundbuch nicht zu bezeichnen. Erst recht sind der Eintritt einer Bedingung, von der das Entstehen des Anspruchs abhängig ist, oder dessen Fälligkeit dem Grundbuch nicht zu entnehmen (Ertl, Rpfleger 1979, 361, 364; Wacke, DNotZ 1995, 507, 512; Amann, MittBayNot 2000, 197, 198). Kenntnis von dem gesicherten Anspruch lässt sich, wenn überhaupt, allenfalls durch eine Einsichtnahme in die Grundakten gewinnen. Soweit diese im Hinblick auf eine Änderung des vorgemerkten Anspruchs Anlass zu einem Irrtum geben können, ist es daher angezeigt, dem durch einen Hinweis vorzubeugen, wie es im vorliegenden Fall geschehen ist.
e) Der Zeitpunkt der Erweiterung oder des Austauschs des durch die Vormerkung gesicherten Anspruchs ist nur für die Beantwortung der Frage von Bedeutung, ob der Änderung gegenüber zwischenzeitlich eingetragenen Rechten der Vorrang zukommt. Diese Frage ist durch das Urteil des Senats, BGHZ 143, 175, 183, entschieden. Nach der Vormerkung aber vor deren "Aufladung" in das Grundbuch eingetragene Rechte werden von der Änderung des durch die bestehende Vormerkung gesicherten Anspruchs nicht berührt. Ein Anlass, der zur Eintragung einer neuerlichen Vormerkung nötigte, besteht daher nicht. An der den Urteilen vom 2. Oktober 1951, V ZR 47/50, LM BGB § 883 Nr. 1; und vom 22. April 1959, V ZR 193/57, LM BGB § 883 Nr. 6, zugrunde liegenden bzw. zum Ausdruck kommenden gegenteiligen Auffassung hält der Senat nicht fest.
f) Nach der Vereinbarung vom 5. Mai 1998 sollte die Sicherung des Rückübertragungsanspruchs durch die vom 26. November 1993 eingetragene Vormerkung die für das Entstehen des vorgemerkten Anspruchs ergänzend vereinbarten Bedingungen umfassen. Das hat das Berufungsgericht als Bewilligung einer Vormerkung ausgelegt. Das ist insoweit rechtsfehlerhaft, als eine an dem Wortlaut orientierte Auslegung dazu führt, dass nicht die Eintragung einer weiteren Vormerkung, sondern die Erstreckung der Wirkung der bestehenden Vormerkung auf die für das Entstehen des Anspruchs durch die Vereinbarung vom 5. Mai 1998 erweiterten Voraussetzungen von der Schuldnerin bewilligt worden ist.
Die für die Durchsetzung des gegen die Beklagte geltend gemachten Auflassungs- und Bewilligungsanspruchs notwendigen Voraussetzungen liegen insoweit vor. Der Anspruch ist entstanden, die für die Sicherung der Erweiterung seiner Voraussetzungen notwendige Bewilligung der Erstreckung der eingetragenen Vormerkung ist erteilt. Die vor dem Erlass des Verfügungsverbots gegen die Schuldnerin und vor der Eröffnung des Insolvenzverfahrens erfolgte Erweiterung des Schutzes der Kläger durch die eingetragene Vormerkung macht den geltend gemachten Auflassungsanspruch grundsätzlich insolvenzfest (vgl. Senat, BGHZ 149, 1, 5 ff.).
2. Damit gewinnt die von der Beklagten in Anspruch genommene Anfechtung der Vereinbarung vom 28. Mai 1998 Bedeutung. Der Anspruch der Kläger kann an der von der Beklagten erhobenen Einrede der Anfechtbarkeit scheitern. Hierauf kam es nach der von dem Berufungsgericht geteilten Ansicht des Landgerichts nicht an. Die Beklagte hatte keinen Anlass, ihren von dem Berufungsgericht zutreffend als unzureichend angesehenen bisherigen Vortrag zur Anfechtung weiter auszuführen. Durch die Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht erhält sie hierzu Gelegenheit.
3. Unabhängig von der Entscheidung über den Anspruch auf Rückübertragung des Grundstücks ist die Revision nicht begr ündet, soweit die Kläger von der Beklagten die Bewilligung der Löschung des eingetragenen Verfügungsverbots verlangen.
a) An die Stelle der vorläufigen Beschränkung der Schuldnerin, über das Grundstück zu verfügen, ist mit der Eröffnung des Insolvenzverfahrens über deren Vermögen die Verfügungsbeschränkung durch dieses Verfahren getreten. Damit ist der Beschluss des Insolvenzgerichts vom 20. Juli 2004 ohne weiteres hinfällig (HK-InsO/Kirchhof, 4. Aufl., § 21 Rdn. 56; Prager/Thienemann, NZI 2001, 634, 635 f.) und gemäß § 84 GBO als gegenstandslos zu löschen. Eine Bewilligung der Beklagten ist hierzu weder notwendig noch wäre sie hinreichend.
b) Bei dem in das Grundbuch eingetragenen Insolvenzvermerk verhält es sich im Ergebnis nicht anders. Fehlt es an einem Anspruch der Kläger auf Übertragung des Grundstücks, ist der Vermerk zutreffend. Ein Anspruch der Kläger auf Zustimmung zu seiner Löschung scheidet schon deshalb aus.
Können die Kläger die Übertragung des Grundstücks verlangen, scheidet ein solcher Anspruch aus, weil es zur Löschung des Insolvenzvermerks im Grundbuch keiner Bewilligung der Beklagten bedarf. Die Kläger können bei dem Insolvenzgericht beantragen, das Grundbuchamt um die Löschung des Vermerks zu ersuchen, sobald sie wieder als Eigentümer des Grundstücks in das Grundbuch eingetragen sind, und so die Löschung ohne die von der Beklagten verlangte Zustimmung herbeiführen (HK-InsO/Kirchhof, aaO, § 32 Rdn. 23; Braun/Kind, InsO, 2. Aufl., § 32 Rdn. 29; Hess, InsO, §§ 32, 33 Rdn. 32; Jäger/Schilken, InsO, § 32 Rdn. 41).