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  • 14.09.2006 · IWW-Abrufnummer 062745

    Bundesfinanzhof: Urteil vom 15.03.2006 – II R 74/04

    Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.


    II R 74/04

    Gründe:

    I. Der Kläger und Revisionskläger (Kläger) und sein Bruder erhielten im Jahr 1969 von ihren Eltern unentgeltlich Geschäftsanteile an der A-GmbH und Kommanditanteile an der A-GmbH & Co. KG unter Vorbehalt des lebenslänglichen unentgeltlichen Nießbrauchs übertragen. Das Stimmrecht aus den Geschäftsanteilen stand den Nießbrauchern zu. Im Jahr 1972 wurden die Gesellschaften in die I-KG umgewandelt. Der vor seiner Ehefrau (E), der Mutter des Klägers und seines Bruders, verstorbene Vater wurde von E allein beerbt. Ihr stand nunmehr der vorbehaltene Nießbrauch an den Gesellschaftsanteilen allein zu.

    E verstarb im November 1999 und wurde vom Kläger und seinem Bruder zu je 1/2 beerbt. Zu diesem Zeitpunkt standen E auf den bei der I-KG für sie geführten Kapitalkonten II und IIa Guthaben in Höhe von insgesamt 368 294,60 DM zu. Nach den Angaben des Klägers wurden auf diesen Kapitalkonten die Anteile der E an dem zur Verteilung gelangenden Reingewinn je zur Hälfte verbucht, wobei E über das Kapitalkonto II frei verfügen konnte, während das Guthaben auf dem Kapitalkonto IIa nur für die Bezahlung von Steuern der E verwendet werden sollte.

    Der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt --FA--) berücksichtigte bei der Festsetzung von Erbschaftsteuer für den Erwerb von Todes wegen von E gegenüber dem Kläger für die auf ihn übergegangene Hälfte der Guthaben auf den Kapitalkonten den (anteiligen) Freibetrag nach § 13a Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 des Erbschaftsteuer- und Schenkungsteuergesetzes (ErbStG) mit dem nach § 164 Abs. 2 der Abgabenordnung (AO 1977) geänderten Erbschaftsteuerbescheid vom 30. Oktober 2001 nicht mehr.

    Einspruch und Klage blieben erfolglos. Nachdem das FA auf Antrag des Klägers den angefochtenen Steuerbescheid in der mündlichen Verhandlung vor dem Finanzgericht (FG) wegen der Frage der Verfassungsmäßigkeit des ErbStG für vorläufig erklärt hatte, wies das FG die Klage durch das in Entscheidungen der Finanzgerichte (EFG) 2005, 290 veröffentlichte Urteil mit der Begründung ab, der Kläger habe von E kein Betriebsvermögen in Form einer Beteiligung an einer Personengesellschaft geerbt. Er sei vielmehr bereits vor dem Erbfall zivilrechtlicher Inhaber seiner Kommanditbeteiligung an der I-KG gewesen. Beim Tod der E sei lediglich deren Nießbrauchsrecht an dieser Beteiligung erloschen. Dies könne der Übertragung eines Gesellschaftsanteils nicht gleichgestellt werden. Der Übergang der Kapitalkonten sei daher nicht nach § 13a ErbStG begünstigt.

    Mit der Revision rügt der Kläger Verletzung des § 13a ErbStG. Die Übertragung der Gesellschaftsanteile sei im Jahr 1969 zivilrechtlich wirksam erfolgt und demgemäß schenkungsteuerrechtlich erfasst worden. Sowohl E als Nießbraucherin als auch er selbst seien ertragsteuerrechtlich Mitunternehmer und zivilrechtlich Gesellschafter der I-KG gewesen. Die Stellung der E als Mitunternehmerin und Gesellschafterin sei mit deren Tod anteilig auf ihn übergegangen. Dies begründe die Anwendbarkeit des § 13a Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 ErbStG unabhängig davon, ob man den in § 13a Abs. 4 Nr. 1 ErbStG verwendeten Begriff eines Anteils an einer Gesellschaft i.S. des § 15 Abs. 1 Nr. 2 und Abs. 3 des Einkommensteuergesetzes (EStG) ertragsteuerrechtlich oder gesellschaftsrechtlich verstehe.

    Der Kläger beantragt, die Vorentscheidung und den Erbschaftsteuerbescheid vom 30. Oktober 2001 in der Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 11. Oktober 2002 aufzuheben.

    Das FA beantragt, die Revision als unbegründet zurückzuweisen.

    II. Die Revision ist unbegründet und war daher zurückzuweisen (§ 126 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung --FGO--).

    Das FG hat zu Recht entschieden, dass der Freibetrag nach § 13a Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 ErbStG für den auf den Kläger als Erben übergegangenen Anteil an den Guthaben der E auf den Kapitalkonten nicht zu berücksichtigen ist.

    1. Der Freibetrag und der verminderte Wertansatz (§ 13a Abs. 1 und 2 ErbStG) gelten nach Abs. 4 Nr. 1 der Vorschrift für inländisches Betriebsvermögen (§ 12 Abs. 5 ErbStG) beim Erwerb eines ganzen Gewerbebetriebs, eines Teilbetriebs, eines Anteils an einer Gesellschaft i.S. des § 15 Abs. 1 Nr. 2 und Abs. 3 oder § 18 Abs. 4 EStG, eines Anteils eines persönlich haftenden Gesellschafters einer KGaA oder eines Anteils daran. Diese Aufzählung ist abschließend. Die Vorschrift ist nicht auf den Erwerb jeder Art von Betriebsvermögen, insbesondere nicht auf den Erwerb einzelner Wirtschaftsgüter des Betriebsvermögens, anwendbar (Beschluss des Bundesfinanzhofs --BFH-- vom 18. August 2005 II B 90/04, BFH/NV 2006, 62). Nicht begünstigt ist insbesondere die Übertragung von Sonderbetriebsvermögen auf einen anderen Gesellschafter derselben Personengesellschaft (BFH-Beschluss vom 14. November 2005 II B 51/05, BFH/NV 2006, 305). Dies gilt auch für die von einer Personengesellschaft für den Gesellschafter geführten Konten (z.B. Kapitalkonto I, II, III, Privatkonto), und zwar unabhängig davon, ob sie gesellschaftsrechtlich Forderungs- und Schuldcharakter oder Einlagecharakter haben (BFH-Beschluss vom 12. Januar 2006 II B 104/05, BFH/NV 2006, 745). § 13a Abs. 4 Nr. 1 ErbStG stimmt insoweit mit § 13 Abs. 2a ErbStG in der für die Jahre 1994 und 1995 geltenden Fassung überein (vgl. dazu BFH-Urteil vom 20. März 2002 II R 53/99, BFHE 199, 19, BStBl II 2002, 441).

    2. Der Kläger kann danach für den anteiligen Erwerb der E zustehende Ansprüche aus den Kapitalkonten den Freibetrag nach § 13a Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 ErbStG nicht beanspruchen. Es handelt sich dabei um einzelne Wirtschaftsgüter (Forderungsrechte) und nicht um einen Anteil an der I-KG. Als bloße Nießbraucherin war E keine Gesellschafterin der I-KG gewesen (Urteil des Bundesgerichtshofs vom 9. November 1998 II ZR 213/97, Neue Juristische Wochenschrift 1999, 571). Ihre Stellung als Mitunternehmerin im ertragsteuerrechtlichen Sinn ist nicht zusammen mit den Ansprüchen aus den Kapitalkonten auf die Erben übergegangen, sondern wurde mit dem Erlöschen des Nießbrauchs durch den Tod der E (§ 1068 Abs. 2 i.V.m. § 1061 Satz 1 des Bürgerlichen Gesetzbuches) beendet. Die bereits bestehende Beteiligung des Klägers an der I-KG war von diesem Zeitpunkt an nicht mehr mit dem Nießbrauch belastet, ohne dass es dabei auf die Erbenstellung des Klägers ankam. Es kann daher offen bleiben, ob unter bestimmten Umständen auch der bloße Übergang einer ertragsteuerrechtlichen Mitunternehmerstellung ohne zivilrechtliche Beteiligung an der Gesellschaft die Voraussetzungen des § 13a Abs. 4 Nr. 1 ErbStG erfüllen kann.

    RechtsgebieteErbStG, AO 1977, EStGVorschriftenErbStG § 13a Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 ErbStG § 13a ErbStG § 13a Abs. 4 Nr. 1 ErbStG § 13 Abs. 2a AO 1977§ 164 Abs. 2 EStG § 15 Abs. 1 Nr. 2 EStG § 15 Abs. 3 EStG § 15 § 18 Abs. 4