15.09.2000 · IWW-Abrufnummer 001093
Bundesfinanzhof: Beschluss vom 26.01.2000 – II B 88/99
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Gründe
I. Durch notariell beurkundeten Vertrag vom 3. September 1996 übertrug die Antragstellerin und Beschwerdeführerin (Antragstellerin) mehrere Wohnungs- und Teileigentumseinheiten auf ihre minderjährige Tochter (T), die bei Vertragsschluss durch einen vom Amtsgericht bestellten Pfleger vertreten war. Gemäß § 2 des Übertragungsvertrages übernahm T die jeweils eingetragenen Grundschulden sowie die zugrunde liegenden Darlehensverbindlichkeiten; im Verhältnis zwischen T und Antragstellerin sollte jedoch die Antragstellerin gegenüber der Darlehensgeberin verpflichtet bleiben. Nach § 4 des Übertragungsvertrages behielt sich die Antragstellerin ein lebenslanges Nießbrauchsrecht vor und verpflichtete sich, die auf den übertragenen Eigentumseinheiten ruhenden privaten und öffentlichen Lasten zu tragen. Des Weiteren verpflichtete sich die Antragstellerin, die anfallende Schenkungsteuer zu tragen.
In ihrer Schenkungsteuererklärung beurteilte die Antragstellerin die Darlehensverbindlichkeiten als Minderung der Bereicherung von T. Demgegenüber setzte der Antragsgegner und Beschwerdegegner (das Finanzamt --FA--) in dem Bescheid vom 22. Januar 1999 die Steuer ohne Berücksichtigung der Übernahme der Darlehensverbindlichkeiten mit der Begründung fest, T sei wegen der in § 2 des Übertragungsvertrages getroffenen Regelung wirtschaftlich nicht belastet.
Der Einspruch der Antragstellerin blieb erfolglos. Gegen die Einspruchsentscheidung hat die Antragstellerin Klage erhoben, über die das Finanzgericht (FG) noch nicht entschieden hat.
Den Antrag der Antragstellerin, die Vollziehung des Bescheides vom 22. Januar 1999 auszusetzen, lehnte das FG ab und führte zur Begründung aus: Aufschiebend bedingte Leistungsverpflichtungen des Bedachten könnten dessen Bereicherung i.S. des § 7 Abs. 1 Nr. 1 des Erbschaftsteuer- und Schenkungsteuergesetzes (ErbStG) nicht verringern. Denn gemäß § 6 Abs. 1 des Bewertungsgesetzes (BewG) i.V.m. § 12 Abs. 1 ErbStG dürften Lasten, deren Entstehung vom Eintritt einer aufschiebenden Bedingung abhängig sei, nicht berücksichtigt werden. T habe sich im Übertragungsvertrag nur zu einer aufschiebend bedingten Leistung verpflichtet. Die Übernahme dinglicher Belastungen stelle so lange keine Erwerbsminderung dar, wie der Grundstückserwerber nicht in Anspruch genommen werde. Bis zu diesem Zeitpunkt sei davon auszugehen, dass der schuldrechtlich Verpflichtete den Gläubiger befriedige. Zwar habe im Streitfall T die Verpflichtungen aus dem Darlehensvertrag übernommen. Die Antragstellerin sei durch die bloße Mitschuldübernahme aber nicht von ihrer Verpflichtung aus dem Darlehensvertrag befreit worden. Solange T nicht aus dem Darlehensvertrag in Anspruch genommen werde, habe die Mitschuldübernahme keine (wirtschaftliche) Bedeutung. Erst nach Eintritt der Bedingung sei die Schuldübernahme im Wege der Änderung des Steuerbescheides gemäß § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 der Abgabenordnung (AO 1977) zu berücksichtigen.
Mit der Beschwerde verfolgt die Antragstellerin ihr Begehren weiter. Sie beantragt, unter Aufhebung des Beschlusses des FG die Vollziehung des angefochtenen Schenkungsteuerbescheides aufzuheben.
Das FA beantragt, die Beschwerde als unbegründet zurückzuweisen.
II. Die gemäß § 128 Abs. 3 der Finanzgerichtsordnung (FGO) zulässige Beschwerde ist unbegründet und wird zurückgewiesen. Die Rechtmäßigkeit des angefochtenen Bescheides ist nicht ernstlich zweifelhaft i.S. des § 69 Abs. 3 Satz 1 i.V.m. Abs. 2 Satz 2 FGO.
Nach der Rechtsprechung des Senats (Urteile vom 21. Oktober 1981 II R 176/78, BFHE 134, 357, BStBl II 1982, 83; vom 12. April 1989 II R 37/87, BFHE 156, 244, BStBl II 1989, 524) können Gegenleistungen, die im Rahmen gemischter Schenkungen zu erbringen sind, sowie Aufwendungen zur Erfüllung von Leistungsauflagen, die einer Schenkung beigefügt sind entgegen der Auffassung der Antragstellerin zwar nicht als Aufwandsposten von der Bereicherung abgezogen werden. Sie werden jedoch insofern berücksichtigt, als nur der die Gegenleistung übersteigende Wert der Zuwendung schenkungsteuerrechtlich relevant ist. Die Voraussetzungen hierfür liegen allerdings bei summarischer Prüfung im Streitfall nicht vor, da T für die Übertragung der Wohnungs- und Teileigentumseinheiten keine Gegenleistung erbracht hat. Ob einer freigebigen Zuwendung eine Gegenleistung gegenübersteht (gemischte Schenkung), ist nach zivilrechtlichen Grundsätzen und damit nach Verkehrswertgesichtspunkten zu beurteilen.
a) Insoweit kommt es nicht darauf an, dass T gegenüber der Darlehensgläubigerin (Bank) die Schuldübernahme erklärt hat. Für die Beurteilung, inwieweit T durch die Zuwendung auf Kosten der Antragstellerin bereichert ist, ist nur das Verhältnis der Schenkerin zur Bedachten von Bedeutung. Der Vortrag der Antragstellerin, der sich auf das Verhältnis der T zur Darlehensgläubigerin bezieht (wirksame Schuldübernahme, Genehmigung durch das Vormundschaftsgericht), ist daher nicht entscheidungserheblich.
b) Aus dem gesamten Inhalt der Vereinbarungen zwischen der Antragstellerin und T folgt, dass T nicht sofort, sondern erst zu einem späteren Zeitpunkt Leistungen aufgrund des Darlehensvertrages erbringen sollte. Es handelt sich nicht um eine befreiende, sondern um eine kumulative Schuldübernahme (Schuldbeitritt). Erst bei Inanspruchnahme der T durch die Darlehensgläubigerin, also bei Tod oder Zahlungsunfähigkeit der Antragstellerin, sollte T --im Verhältnis zur Antragstellerin-- die Darlehensvertragsverpflichtungen erfüllen. Dem entspricht, dass infolge des Nießbrauchsvorbehalts die Einnahmen, aus denen die Darlehen bedient werden konnten, bei der Antragstellerin verblieben. Eine Gegenleistung der T an die Antragstellerin in Form der Befreiung von einer Darlehensschuld liegt demnach im Zeitpunkt der Übertragung der Wohnungs- und Teileigentumseinheiten (noch) nicht vor.