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  • 04.11.2008

    Finanzgericht München: Urteil vom 22.04.2008 – 13 K 1870/05

    1. Die vom Erblasser nicht berücksichtigten Erhaltungsaufwendungen gemäß § 82b Abs. 1 EStDV können grundsätzlich beim Erben als Werbungskosten bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung abgezogen werden, denn im Fall der Gesamtrechtsnachfolge tritt der Gesamtrechtsnachfolger materiell-rechtlich in die steuerrechtliche Stellung des Rechtsvorgängers ein ( § 11d Abs. 1 EStDV).

    2. Die Erhaltungsaufwendungen gemäß § 82b Abs. 2 EStDV können nur von dem Steuerpflichtigen als Werbungskosten abgezogen werden, der auch Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung erzielt.


    Finanzgericht München

    13 K 1870/05

    Einkommensteuer 1997

    In der Streitsache

    ...

    hat der 13. Senat des Finanzgerichts München

    unter Mitwirkung

    [...]

    ohne mündliche Verhandlung am 22. April 2008

    für Recht erkannt:

    Tenor:

    1. Die Klage wird abgewiesen.

    2. Die Kläger tragen die Kosten des Verfahrens.

    Gründe:

    I.

    Die Kläger wurden im Streitjahr (1997) als Eheleute zur Einkommensteuer zusammen veranlagt. Der Kläger ist Erbe des Hausgrundstückes [...] (M-Weg 7), das ihm von seinem am 9. Dezember 1997 verstorbenen Vater [...] (A) aufgrund des notariell beurkundeten Erbvertrages vom 15. Februar 1995 [...] vermacht wurde.

    A vermietete das Hausgrundstück seit 1. Januar 1990 an seine Lebensgefährtin [...] (K). A bestellte im Erbvertrag vom 15. Februar 1995 als Vermächtnis zu Gunsten der K am Hausgrundstück M-Weg 7 ein lebenslanges Wohnrecht und gewährte ihr eine monatliche Versorgungsrente von 500 DM; außerdem wurden die Gebäudeunterhaltskosten von jährlich 3.749,49 DM dem Kläger auferlegt. Im Jahr 1996 führt A umfangreiche Erhaltungsaufwendungen in Höhe von 119.741 DM an diesem Hausgrundstück M-Weg 7 aus. In der Einkommensteuererklärung 1996 übte A sein Wahlrecht gemäß § 82b Abs. 1 Einkommensteuer- Durchführungsverordnung (EStDV) dahin aus, dass diese Werbungskosten gleichmäßig auf fünf Jahre (jährlich 23.948 DM) verteilt werden. Der Beklagte - das Finanzamt (FA) - berücksichtigte in den Einkommensteuerfestsetzungen 1996 und 1997 gegenüber A bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung aus dem Objekt M-Weg 7 jeweils die geltend gemachten Werbungskosten in Höhe von 23.948 DM.

    In der Einkommensteuererklärung für 1997 erklärten die Kläger keine Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung aus dem Hausgrundstück M-Weg 7. Das FA wich aus anderen - nicht mehr streitigen Gründen - von der Einkommensteuererklärung ab (Einkommensteuerbescheid 1997 vom 26. Mai 1999). Aufgrund des dagegen gerichteten Einspruchs hat das FA die Einkommensteuerfestsetzung 1997 mehrmals geändert (zuletzt Einkommensteuerbescheid 1997 vom 21. Februar 2002). Im laufenden Einspruchsverfahren gegen die Einkommensteuerfestsetzung 1997 machten die Kläger dann auch wegen der von A nicht ausgenutzten Erhaltungsaufwendungen auf das Hausgrundstück M-Weg 7 in den Jahren 1998 bis 2000 Werbungskosten in Höhe von 71.845 DM (119.741 - 23.948 * 2 = 71.845) geltend. Mit Einspruchsentscheidung vom 4. April 2005 wies das FA den Einspruch insoweit als unbegründet zurück, denn der Kläger habe für das Objekt M-Weg 7 im Streitjahr den Tatbestand der Einkunftserzielung nicht verwirklicht. Die Einkünfte seien dem A bis zu seinem Tod zuzurechnen gewesen und danach habe der Kläger nur das mit dem Wohnrecht für K belastete Eigentum als Erbe erhalten. Folglich habe der Kläger nach dem Tod des A keine Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung aus dem Objekt M-Weg 7 erzielen können. Dagegen richtet sich die Klage. Der Kläger begründet seine Klage damit, dass das Hausgrundstück noch im ganzen Jahr 1997 vermietet gewesen wäre. In der Einkommensteuerfestsetzung 1997 für A seien auch die Mietzinsen für 12 Monate aus diesem Objekt berücksichtigt worden. Damit sei die Einkunftserzielungsmöglichkeit auch erst am 31. Dezember 1997 beendet gewesen. Demgemäß seien dem Kläger die Einkünfte aus dem Objekt MWeg 7 in der Zeit vom 9. bis 31. Dezember 1997 zuzurechen und er könne die nicht ausgenutzten Erhaltungsaufwendungen als Werbungskosten bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung geltend machen. Damit sei der noch nicht berücksichtigte Teil des Erhaltungsaufwandes im Streitjahr, als dem letzten Jahr der Einkunftserzielung gemäß § 82b Abs. 2 Satz 2 EStDV beim Kläger zu berücksichtigen.

    Mit Einkommensteueränderungsbescheid 1997 vom 28. Juli 2005 hat das FA die angefochtene Steuerfestsetzung erneut wegen nicht streitiger Punkte geändert.

    Die Kläger beantragen

    unter Abänderung des Einkommensteueränderungsbescheides 1997 vom 28. Juli 2005 bei den Einkünften des Klägers aus Vermietung und Verpachtung einen weiteren Werbungskostenüberschuss in Höhe von 71.845 DM zu berücksichtigen,

    hilfsweise

    die Revision zuzulassen.

    Das Finanzamt beantragt

    die Klageabweisung

    und verweist zur Begründung auf seine Einspruchsentscheidung. Ergänzend trägt es vor: Das Objekt M-Weg 7 sei nicht bis zum Jahresende vermietet gewesen. Das Mietverhältnis habe vielmehr mit dem Tod des A geendet. Mit dem Tod des A sei dann zugunsten der K sofort deren dingliches Wohnrecht in Kraft getreten. Dass zu diesem Zeitpunkt die Dezember-Miete bereits bezahlt war, habe dabei keine Bedeutung; dies könne allenfalls zu einem Rückzahlungsanspruch der K wegen Überzahlung führen. Dem Kläger seien damit keine Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung aus dem Objekt M-Weg 7 zuzurechnen.

    Wegen des weiteren Vorbringens der Beteiligten, wird auf die ausgetauschten Schriftsätze verwiesen.

    Beim Finanzgericht (FG) ist unter dem Aktenzeichen (Az.) 13 K 545/06 die Klage des Klägers als Gesamtrechtsnachfolger nach A wegen der Einkommensteuer 1997 rechthängig. In diesem Klageverfahren begehrt der Kläger die Berücksichtigung der nicht verbrauchten Erhaltungsaufwendungen gemäß § 82b Abs. 2 EStDV im letzten Jahr der Einkunftserzielung des A. Das FA hat in der Einkommensteuerfestsetzung für 1997 gegenüber dem Kläger als Gesamtrechtsnachfolger nach A die Einkommensteuerfestsetzung für 1997 gemäß § 174 Abs. 3 Abgabenordnung (AO) geändert und bisher Erhaltungsaufwendungen in Höhe von 47.896 DM berücksichtigt. Streitig ist im Verfahren Az. 13 K 545/06 nur, ob das FA zu Recht die weitergehende Änderung der Einkommensteuerfestsetzung 1997 wegen weiterer Erhaltungsaufwendungen in Höhe von 23.948 DM abgelehnt hat, da insoweit Festsetzungsverjährung eingetreten ist. Die Kläger haben beantragt,

    das vorliegende Klageverfahren auszusetzen, bis das FG über das Klageverfahren Az. 13 K 545/06 entschieden hat (Schriftsatz vom 17. Oktober 2005; FG-Akte Bl. 40).

    Mit Urteil vom 22. April 2008 hat das FG die Klage Az. 13 K 545/06 abgewiesen.

    Die Entscheidung ergeht mit Einverständnis der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung (§ 90 Abs. 2 Finanzgerichtsordnung - FGO -).

    II.

    1. Das Klageverfahren wird nicht gemäß § 74 FGO ausgesetzt, bis rechtskräftig über die Klage Az. 13 K 545/06 entschieden worden ist. Denn eine vorgreifliche Entscheidung liegt nur dann vor, wenn das andere Verfahren irgendeinen rechtlichen Einfluss aus das auszusetzende Verfahren hat (Gräber/Koch, FGO, 6. Aufl. 2006, § 74 Rz. 2 m.w.N.).

    Dies ist aber im Streitfall nicht gegeben. Denn das Klageverfahren des Klägers als Gesamtrechtsnachfolger des A (Az. 13 K 545/06) - mit der Streitfrage, ob bisher unberücksichtigte Erhaltungsaufwendungen in der Einkommensteuerfestsetzung 1997 des A berücksichtigt werden können -, hat keine Auswirkungen auf die hier streitgegenständliche Frage, ob dem Kläger Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung aus dem Objekt M-Weg 7 zuzurechnen sind.

    2. Die Klage ist unbegründet.

    a) Die vom Erblasser nicht berücksichtigten Erhaltungsaufwendungen gemäß § 82b Abs. 1 EStDV können grundsätzlich beim Erben als Werbungskosten bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung abgezogen werden, denn im Fall der Gesamtrechtsnachfolge tritt der Gesamtrechtsnachfolger materiell-rechtlich in die steuerrechtliche Stellung des Rechtsvorgängers ein ( § 11d Abs. 1 EStDV; BFH-Urteil vom 3. Dezember 2002 IX R 64/99, BStBl II 2003, 590 unter II.5.a. der Entscheidungsgründe, m.w.N.; BFH-Beschluss vom 17. Dezember 2007 GrS 2/04, BFH/NV 2008, 651 unter D.III.6.b. der Entscheidungsgründe; a.A. Trzaskalik in Kirchhof/Söhn/Mellinghoff, Einkommensteuergesetz-Kommentar, Loseblatt, § 21 EStG Tz. B 542).

    b) Im Streitfall können jedoch die Erhaltungsaufwendungen nicht gemäß § 82b Abs. 2 EStDV vom Kläger als Werbungskosten abgezogen werden, denn der Kläger hat keine Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung aus dem Objekt M-Weg 7 erzielt.

    Den objektiven Tatbestand der Einkunftsart Vermietung und Verpachtung verwirklicht, wer die rechtliche oder tatsächliche Macht hat, eines der in § 21 Abs. 1 Einkommensteuergesetz (EStG) genannten Wirtschaftsgüter einem anderen gegen Entgelt zur Nutzung zu überlassen und Träger der Rechte und Pflichten aus einem Miet- oder Pachtvertrag ist (BFH-Urteile vom 11. März 2003 IX R 16/99, BFH/NV 2003, 1043; vom 23. September 2003 IX R 26/99, BFH/NV 2004, 476; Schmidt/Drenseck, EStG, 26. Aufl. 2007, § 21 Rz. 5; jeweils m.w.N.). Nicht maßgebend ist, ob ein Steuerpflichtiger rechtlicher oder wirtschaftlicher Eigentümer des Mietobjekts ist und wem letztlich das wirtschaftliche Ergebnis der Vermietung zugute kommt (BFH-Urteile vom 16. April 2002 IX R 53/98, BFH/NV 2002, 1152, m.w.N.; vom 27. Januar 1993 IX R 269/87, BStBl II 1994, 615; vom 17. Dezember 1996 IX R 30/94, BStBl II 1997, 406). Nach diesen Grundsätzen sind auch die Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung eines mit einem unentgeltlichen Nutzungsrecht belasteten Grundstücks dem Nutzungsberechtigten und nicht dem Eigentümer zuzurechnen (Schmidt/Drenseck, EStG, 26. Aufl. 2007, § 21 Rz. 41; BFH-Urteile vom 28. September 1993 IX R 156/88, BStBl II 1994, 319: vom 24. April 1990 IX R 9/86, BStBl II 1990, 888).

    c) Die Anwendung der dargestellten Grundsätze auf den Streitfall führt zur Abweisung der Klage. Der noch nicht berücksichtigte Teil des Erhaltungsaufwandes kann nicht im Streitjahr, als dem letzten Jahr der Einkunftserzielung gemäß § 82 Abs. 2 Satz 2 EStDV beim Kläger berücksichtigt werden, denn der Kläger hat im Streitjahr keine Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung aus dem Objekt M-Weg 7 erzielt.

    Bis zum Tod des A am 9. Dezember 1997 sind dem A die Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung zuzurechnen. Denn solange der Vermieter dem Mieter die Nutzung der Mietsache überlässt, dauert die Vermietungstätigkeit an; die Vermietungszeit endet mit dem Wegfall des Nutzungsrechts des Mieters (BFH-Urteil vom 11. März 2003 IX R 16/99, BFH/NV 2003, 1043). Nach dem Tod hat zwar der Kläger durch Gesamtrechtsnachfolge das Eigentum an dem Hausgrundstück erworben; es war aber bereits zu diesem Zeitpunkt mit dem Wohnrecht für K belastet. Und dieses Wohnrecht bestand am gesamten Anwesen M-Weg 7 (vgl. Erbvertrag vom 15. Februar 1995, Tz. 3.a.). Der Kläger hatte damit zu keinem Zeitpunkt im Streitjahr eine gesicherte Rechtsposition erlangt und damit auch zu keinem Zeitpunkt im Streitjahr eine Möglichkeit erlangt, das Hausgrundstück an Dritte zu überlassen. Denn die K konnte den Kläger aufgrund ihres Wohnrechts von jeder Nutzung ausschließen.

    3. Der erkennende Senat hat die - vom Kläger im Verfahren Az. 13 K 545/06 beantragte - Verbindung der Streitsache Az. 13 K 545/06 und der vorliegenden Streitsache Az. 13 K 1870/05 zur gemeinsamen Verhandlung und Entscheidung (§ 73 Abs. 1 Satz 1, 1. Halbsatz FGO) nicht für sachdienlich gehalten; die Verbindung erscheint nicht unter dem Gesichtspunkt der Verfahrensvereinfachung zweckmäßig (Gräber/Koch, FGO, 6. Aufl. 2006, § 73 Rz. 11, 14 f.).

    4. Die Kostenentscheidung folgt aus § 135 Abs. 1 FGO. Die Revision war nicht zuzulassen (§ 115 Abs. 2 FGO).

    RechtsgebieteEStG, EStDV