10.08.2010 · IWW-Abrufnummer 102524
BGH: Urteil vom 01.07.2010 – IX ZR 58/09
Auch im Zusammenhang mit güterrechtlichen Verträgen, die der Schuldner mit einer nahestehenden Person nicht früher als zwei Jahre vor dem Eröffnungsantrag schließt, werden sein Gläubigerbenachteiligungsvorsatz und die Kenntnis des anderen Teils hiervon widerleglich vermutet.
Der IX. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat
auf die mündliche Verhandlung vom 1. Juli 2010
durch
den Vorsitzenden Richter Dr. Ganter,
die Richter Raebel, Prof. Dr. Kayser, Dr. Pape und Grupp
für Recht erkannt:
Tenor:
Die Revision gegen das Urteil des 27. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Hamm vom 5. März 2009 wird auf Kosten der Beklagten zurückgewiesen.
Tatbestand
1
Die Klägerin ist Verwalterin in dem auf Eigenantrag vom 26. Juli 2004 am 29. Dezember 2004 eröffneten Insolvenzverfahren über das Vermögen des W. B. (fortan: Schuldner). Der Schuldner war neben H. und P. Gesellschafter einer ebenfalls in Insolvenz befindlichen Grundstücksgesellschaft bürgerlichen Rechts (fortan: H. ), die auf einem in D. belegenen Grundstück ein Wohn- und Geschäftshaus errichtet und vermietet hatte. Zur Finanzierung hatte jeder der Gesellschafter bei der S. - A. (fortan: S. ) ein Darlehen von mehr als 2 Mio. DM aufgenommen. Der Schuldner hatte gegenüber der S. wegen der Verpflichtungen auch der anderen Gesellschafter seine Mithaft erklärt.
2
Der Schuldner war mit der Beklagten verheiratet. Er lebte mit ihr im gesetzlichen Güterstand der Zugewinngemeinschaft. Am 5. Januar 2004 schlossen die Eheleute zur Urkunde eines Dortmunder Notars einen Vertrag. Darin erklärten sie, dass sie seit dem 2. Januar 2004 getrennt lebten und sich einverständlich scheiden lassen wollten. Sie vereinbarten Gütertrennung und nahmen einen auf den Stichtag 27. Dezember 2003 bezogenen Zugewinnausgleich vor. In Vollzug dieser Vereinbarung zahlte der Schuldner einen Betrag von 150.000 € an die Beklagte und übertrug ihr ein unbelastetes Grundstück, verschiedene Gesellschaftsbeteiligungen, Forderungen aus Wertpapieren sowie Bezugsrechte aus einer Lebensversicherung. Hinsichtlich weiterer Beteiligungen und Wertpapiere, welche die Beklagte nach der Vereinbarung ebenfalls erhalten sollte, steht der Vollzug des Vertrages noch aus.
3
Die Klägerin hat den mit 1,7 Mio. € bezifferten vorgezogenen Zugewinnausgleich in der Vereinbarung vom 5. Januar 2004 als unentgeltliche und als unmittelbar benachteiligende vorsätzliche Schuldnerhandlung angefochten. Sie verlangt Rückgewähr zur Insolvenzmasse beziehungsweise die Feststellung, dass dem Anspruch auf Übertragung die Einrede der Anfechtbarkeit entgegenstehe. Das Landgericht hat die Klage abgewiesen, das Berufungsgericht hat ihr aus Vorsatzanfechtung im Wesentlichen stattgegeben. Mit der vom Berufungsgericht für die Beklagte zugelassenen Revision begehrt diese die Wiederherstellung des landgerichtlichen Urteils.
Entscheidungsgründe
4
Die Revision bleibt ohne Erfolg. Die gläubigerbenachteiligenden Wirkungen der Vereinbarung vom 5. Januar 2004 unterliegen der Insolvenzanfechtung gemäß § 133 Abs. 2 in Verbindung mit § 138 Abs. 1 Nr. 1 InsO.
I.
5
Das Berufungsgericht hat gemeint, in der Durchführung des vorgezogenen Zugewinnausgleichs liege ein entgeltlicher Vertrag, der die Gläubiger unmittelbar benachteilige. Auf die vorgezogene Durchführung des Zugewinnausgleichs während noch bestehender Ehe habe die Beklagte keinen Anspruch gehabt. Sie stelle eine vorzeitige und damit inkongruente Befriedigung dar. Auch die Art der Befriedigung sei inkongruent. Der gesetzliche Zugewinnausgleich sei auf Ausgleich des Mehrgewinns in Geld gerichtet, nicht auf die Übertragung bestimmter Vermögensgegenstände. Zumindest die Vorzeitigkeit des Ausgleichs indiziere den Vorsatz des Schuldners, seine Gläubiger zu benachteiligen, und die Kenntnis der Beklagten hiervon. Zudem werde bei entgeltlichen Geschäften mit nahestehenden Personen, zu denen nach § 138 Abs. 1 Nr. 1 InsO die Beklagte als damalige Ehefrau des Schuldners gehöre, sowohl dessen Vorsatz als auch die Kenntnis der Beklagten hiervon gesetzlich vermutet. Dabei genüge es, wenn der Schuldner die Benachteiligung neben anderen Zielen im Auge habe; das alleinige Motiv müsse sie nicht sein. Gründe, aus denen der Benachteiligungsvorsatz als widerlegt angesehen werden müsse, griffen nicht ein. Der Zeitpunkt, den die Eheleute im Streitfall für die Durchführung des Zugewinnausgleichs gewählt hätten, werde vor allem dann verständlich, wenn eine Verschlechterung der Vermögensverhältnisse des Ausgleichspflichtigen zu befürchten gewesen sei und der Ausgleichsberechtigte aus den Folgen des wirtschaftlichen Niedergangs habe herausgehalten werden sollen. Bei einer günstigen Vermögensentwicklung sei dem Ausgleichsberechtigten hingegen ein Zuwarten anzuraten gewesen, um ihn auch an dem in der Trennungszeit entstehenden Mehrgewinn zu beteiligen (vgl. § 1375 Abs. 1 Satz 1, § 1376 Abs. 2, 3 BGB). Für die Beklagte habe es auf der Hand gelegen, dass die vorgezogene Trennung der Vermögensmassen für die Gläubiger des Schuldners die Haftungsmasse reduziert habe. Etwas anderes könnte nur gelten, wenn beide Eheleute nach bestem Wissen davon ausgegangen seien, dass das verbleibende Vermögen des Schuldners sicher ausreichen werde, alle vorhandenen Gläubiger zu befriedigen. Dies habe der Senat nicht festzustellen vermocht. Die von dem Steuerberater Sch. gefertigte Vermögensaufstellung, an die insoweit allein angeknüpft werden könnte, stelle im Kern eine Zusammenstellung des Vermögens des Schuldners nach dessen eigenen Angaben dar und habe nur den Anschein von Objektivität für sich. Dies habe auch die Beklagte gewusst. Die mit dem Bericht verbundenen Bewertungsunsicherheiten seien ihr bekannt gewesen. Ihren Beweisanträgen, die Mitgesellschafter H. und P. zeugenschaftlich zu vernehmen, sei nicht nachzugehen gewesen, weil die Beweisthemen unerheblich gewesen seien. Schließlich verstoße die Anfechtung nicht gegen Art. 6 GG. Der grundrechtliche Schutzbereich der Ehe werde nicht berührt, wenn unter dem Deckmantel güterrechtlicher Gestaltungsmöglichkeiten Vermögen unter den Eheleuten verschoben werde, um es dem Gläubigerzugriff zu entziehen.
II.
6
Demgegenüber rügt die Revision: Zeitpunkt und Art der Vermögensübertragung indizierten nicht den Vorsatz beider Eheleute zur Gläubigerbenachteiligung. Zwar stehe der Umstand, dass eine Vereinbarung die Regelung güterrechtlicher Verhältnisse von Ehegatten zum Gegenstand habe, der Anfechtbarkeit nicht von vornherein entgegen. Da es den Eheleuten jedoch freistehe, jederzeit ihre güterrechtlichen Verhältnisse zu ändern, müsse die Anfechtbarkeit eingeschränkt werden. Es sei deshalb nicht gerechtfertigt, dem Zeitpunkt der Vereinbarung sowie dem Zeitpunkt und der Art der Durchführung indizielle Bedeutung für den Vorsatz und die Kenntnis des anderen Teils hiervon beizubemessen. Ebenso bestünde ein Wertungswiderspruch, wollte man die Vermutung aus § 133 Abs. 2, § 138 Abs. 1 Nr. 1 InsO unbesehen auf güterrechtliche Vereinbarungen anwenden. Es sei vielmehr zu verlangen, dass der Vorsatz, die Gläubiger zu benachteiligen, sich feststellbar manifestiert habe. Auch für die Kenntnis des Anfechtungsgegners müsse eine positive Feststellung anhand eindeutiger Umstände verlangt werden. Das Berufungsgericht habe somit unzutreffende Beweislastregeln angewendet, welche die Beklagte in ihrem Grundrecht aus Art. 6 GG verletzten.
7
Die Annahme der subjektiven Anfechtungsvoraussetzungen beruhe zudem auf weiteren Rechts- und Verfahrensverstößen. Das Berufungsgericht habe verkannt, dass ein Gläubigerbenachteiligungsvorsatz auch nach der Indizienlage nicht angenommen werden könne. Die objektive Nachteiligkeit des Rechtsgeschäfts für die Gläubiger reiche hierzu nicht aus. Das Berufungsgericht hätte die Vermögensübersicht des Steuerberaters Sch. und den Bericht der Unternehmensberatung W. berücksichtigen müssen. Ebenso hätte eine weitere Beweisaufnahme durch die Vernehmung der Mitgesellschafter H. und P. erfolgen müsse. Es sei unberücksichtigt geblieben, dass die wirtschaftliche Schieflage, die zur Insolvenz geführt habe, erst im Laufe des Jahres 2004 und unerwartet eingetreten sei. Die Eheleute hätten sich auf die Vermögensübersicht ihrer Berater verlassen dürfen.
III.
8
Das Berufungsgericht hat richtig entschieden.
9
1.
Die Voraussetzungen des anfechtungsbegründenden Tatbestandes (§ 133 Abs. 2 Satz 1 InsO) sind gegeben. Der Schuldner hat den - entgeltlichen - Vertrag vom 5. Januar 2004 mit der Beklagten, einer ihm nahestehenden Person im Sinne des § 138 Abs. 1 Nr. 1 InsO, innerhalb des geschützten Zeitraums von zwei Jahren vor dem Eröffnungsantrag (§ 133 Abs. 2 Satz 2 InsO) geschlossen. Der Vertrag hat die Gläubiger des Schuldners unmittelbar benachteiligt. Die im Zusammenhang mit der Aufhebung der Zugewinngemeinschaft vereinbarte Regelung der Vermögensauseinandersetzung und deren dinglicher Vollzug haben insgesamt deren Zugriffsmöglichkeiten verschlechtert (vgl. BGHZ 128, 184, 187 zu § 3 Abs. 1 Nr. 2 AnfG; 154, 190, 196; MünchKomm-InsO/Kirchhof, 2. Aufl. § 133 Rn. 44; HK-InsO/Kreft, 5. Aufl. § 129 Rn. 43 f). Der Vertragsbegriff des § 133 Abs. 2 InsO ist weit auszulegen. Auch von der Revision wird nicht in Zweifel gezogen, dass unter ihn nicht nur schuldrechtliche Verträge, sondern auch güterrechtliche Vereinbarungen zu subsumieren sind (ebenso Jaeger/Henckel, InsO § 133 Rn. 59; MünchKomm-InsO/Kirchhof, aaO § 133 Rn. 40; HK-InsO/Kreft, aaO § 133 Rn. 25). Der Ausführungsvertrag ist als einheitliches Vertragswerk gläubigerbenachteiligend und somit anfechtbar (vgl. HK-InsO/Kreft, aaO § 129 Rn. 43).
10
2.
Ist - wie hier - der anfechtungsbegründende Tatbestand nach § 133 Abs. 2 Satz 1 InsO erfüllt, setzt die Vorschrift entgegen der Auffassung der Revision nicht zusätzlich die positive Feststellung des Benachteiligungsvorsatzes des Schuldners und der Kenntnis des anderen Teils hiervon voraus.
11
a)
Sind die tatbestandlichen Voraussetzungen des § 133 Abs. 2 InsO gegeben, wird - weil es sich um einen Unterfall der "vorsätzlichen Benachteiligung" handelt - widerleglich vermutet, dass der Schuldner mit Gläubigerbenachteiligungsvorsatz gehandelt und die nahe stehende Person dies gewusst hat. Mehr als die Tatbestandsmerkmale des § 133 Abs. 2 Satz 1 InsO braucht der Insolvenzverwalter deshalb nicht vorzutragen (vgl. MünchKomm-InsO/Kirchhof, aaO § 133 Rn. 45). Abweichungen werden der Behauptungs- und Beweislast des Anfechtungsgegners zugeordnet. Dies gilt sowohl für die Behauptung, der Schuldner habe nicht mit Benachteiligungsvorsatz gehandelt (vgl. BGHZ 129, 236, 256 zu § 10 Abs. 1 Nr. 2 GesO; BGH, Urt. v. 20. Oktober 2005 - IX ZR 276/02, WM 2006, 490, 492 zu § 3 Abs. 2 AnfG), als auch für die angeblich fehlende Kenntnis des Anfechtungsgegners (vgl. BGHZ 129, 236, 256; BGH, Urt. v. 20. Oktober 2005, aaO S. 492). Eine entsprechende Beweislastregelung war schon zu der Vorgängerregelung in der Konkursordnung (§ 31 Nr. 2 KO) allgemein anerkannt (vgl. BGHZ 58, 20, 22 f; Jaeger/Henckel, KO 9. Aufl. § 31 Rn. 44), deren Wortlaut in dieser Hinsicht gleich war. Ein Wille des Gesetzgebers, daran etwas zu ändern, ist nicht erkennbar (vgl. BT-Drucks. 12/2443 S. 160 zu § 148 RegE).
12
b)
Die Revision kann auch nicht damit durchdringen, dass diese Beweislastregeln auf unmittelbar benachteiligende güterrechtliche Verträge nicht oder nur eingeschränkt anzuwenden seien.
13
aa)
Der Wortlaut des § 133 Abs. 2 Satz 1 InsO lässt die begehrte Differenzierung nicht zu. Er knüpft an den mit der nahestehenden Person geschlossenen entgeltlichen Vertrag an, ohne bestimmte Vertragstypen auszuklammern. Eine Privilegierung der auf der Grundlage des § 1408 Abs. 1 BGB geschlossenen güterrechtlichen Verträge, durch welche die Zugewinngemeinschaft aufgehoben und Zugewinnausgleichsansprüche geregelt werden, widerspricht insolvenzrechtlichen Grundsätzen. Für die Auslegung und Anwendung anfechtungsrechtlicher Vorschriften der Insolvenzordnung kann es nicht auf Unterschiede zwischen schuld- und familienrechtlichen Verträgen ankommen. Die Auslegung der gesetzlichen Anfechtungstatbestände ist vielmehr nach spezifisch insolvenzrechtlichen Grundsätzen auszurichten, für die das besondere Ziel einer gleichmäßigen Befriedigung der Insolvenzgläubiger (§ 1 Satz 1 InsO) maßgeblich ist. Der innere Grund hierfür liegt darin, dass in der Insolvenz die Ordnungsvorstellungen des Insolvenzrechts diejenigen des Vertragsrechts verdrängen (vgl. BGH, Beschl. v. 2. April 2009 - IX ZB 182/08, WM 2009, 814, 818 Rn. 29). Deshalb kann die Einkleidung der Vermögensverschiebung in einen schuldrechtlichen Vertrag zwischen den Eheleuten oder aber - wie hier - in einen die Aufhebung des Güterstandes begleitenden, auf die Übertragung von Vermögensgegenständen gerichteten Ausführungsvertrag, der wie ein Schuldvertrag der Vertragsfreiheit unterliegt (vgl. § 1408 Abs. 1 BGB), an der Verteilung der Darlegungs- und Beweislast nichts ändern. Jedenfalls auf Verträge, die im vorbezeichneten Sinne nicht an die Stelle eines Zugewinnausgleichsverlangens nach §§ 1385, 1386 BGB treten, treffen die im Gesetzgebungsverfahren verlautbarten Erwägungen zu, wonach die von § 133 Abs. 2 InsO erfassten Verträge anfechtungsrechtlich besonders verdächtig und - wie schon im Anwendungsbereich der Konkursordnung und der Gesamtvollstreckungsordnung -einer verschärften anfechtungsrechtlichen Rückgewähr zu unterstellen sind (vgl. BT-Drucks. aaO).
14
bb)
Der verfassungsrechtliche Schutz der Ehe (Art. 6 Abs. 1 GG) gebietet kein anderes Verständnis. Insbesondere ergibt sich dies nicht aus der von der Revision genannten Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 7. Oktober 2003 (BVerfGE 108, 351, 364 f), die sich mit der Berücksichtigung steuerlicher Vorteile aus dem Ehegattensplitting bei der Bemessung des an den ehemaligen Ehegatten zu leistenden Unterhalts befasst. Um derartige Ansprüche geht es hier nicht. Die genannte Entscheidung ist auch nicht mittelbar einschlägig. Angefochten und im Interesse der Gläubigergesamtheit nach § 143 Abs. 1 InsO rückgängig zu machen ist nicht die Rechtshandlung selbst, sondern nur die gläubigerbenachteiligende Wirkung, die durch die Rechtshandlung verursacht worden ist. Mit der Anfechtung wird kein Handlungsunrecht sanktioniert (BGHZ 147, 233, 236; BGH, Urt. v. 9. Juli 2009 - IX ZR 86/08, WM 2009, 1750, 1752 Rn. 29). Die güterrechtliche Vereinbarung der Eheleute wird deshalb von der Anfechtung nicht erfasst. Die durch die Anfechtung ausgelösten Rückgewähransprüche aus § 143 Abs. 1 InsO beschränken sich auf die gläubigerbenachteiligenden Rechtswirkungen der einzelnen Übertragungsvorgänge. Sie dienen einem verfassungsrechtlich legitimen Ziel des Gemeinwohls (vgl. § 1 InsO). Derartige gesetzliche Restriktionen haben die Vertragsparteien, auch soweit die Vertragsfreiheit besonderen Grundrechtsschutz genießt, hinzunehmen.
15
3.
Der Tatrichter hat die subjektiven Voraussetzungen der Vorsatzanfechtung gemäß § 286 ZPO unter Würdigung aller maßgeblichen Umstände des Einzelfalls auf der Grundlage des Gesamtergebnisses der Verhandlung und einer etwaigen Beweisaufnahme zu prüfen (vgl. BGH, Urt. v. 8. Oktober 2009 - IX ZR 173/07, WM 2009, 2229, 2230 Rn. 8; v. 18. März 2010 - IX ZR 57/09, WM 2010, 851, 853 Rn. 18, jeweils zu § 133 Abs. 1 InsO).
16
a)
Im Anwendungsbereich des § 133 Abs. 2 InsO kann die Widerlegung der vermuteten subjektiven Tatbestandsmerkmale, bei denen es sich um innere, dem Beweis nur eingeschränkt zugängliche Tatsachen handelt, regelmäßig nur mittelbar aus objektiven Tatsachen hergeleitet werden (vgl. MünchKomm-InsO/Kirchhof, aaO § 133 Rn. 47). Ein Beweis durch Zeugen über bestimmt bezeichnete Tatsachen, aus denen der Richter auf den fehlenden Vorsatz des Schuldners oder die fehlende Kenntnis des Anfechtungsgegners von diesem Vorsatz schließen müsste, ist möglich. Jedoch ist dazu insbesondere die Behauptung ungeeignet, dass ein einziger Zeuge, der die ungünstige Vermögensoder Liquiditätslage des Schuldners kannte, die Vertragsschließenden hierüber nicht unterrichtete (vgl. MünchKomm-InsO/Kirchhof, aaO § 133 Rn. 47; Jaeger/Henckel, InsO aaO § 133 Rn. 56).
17
b)
Diese Grundsätze hat das Berufungsgericht seiner Entscheidung zugrunde gelegt. Es hat auf zutreffender rechtlicher Grundlage keine konkreten Umstände feststellen können, die geeignet sind, den Gläubigerbenachteiligungsvorsatz des Schuldners oder eine Kenntnis der Beklagten hiervon auszuschließen.
18
aa)
Zu dieser Widerlegung trägt - entgegen der Auffassung der Revision - nichts bei, dass die Voraussetzungen für einen Gläubigerbenachteiligungsvorsatz weder festgestellt noch ersichtlich seien. Aus den vorstehenden Erwägungen zu 2. bedurfte es eines konkreten Vortrages der Beklagten, aus dem sich das Fehlen des Vorsatzes oder der Kenntnis hiervon ergeben könnte.
19
bb)
An einem solchen Vortrag fehlt es. Die Auffassung des Berufungsgerichts, die Beklagte habe weder hinsichtlich des Vorsatzes des Schuldners noch hinsichtlich ihrer Kenntnis hiervon die gesetzliche Vermutung widerlegt, beruht vielmehr auf einer verfahrensfehlerfreien Grundlage.
20
(1)
Das Berufungsgericht hat die von dem Steuerberater Sch. erstellte Vermögensübersicht nicht außer Betracht gelassen. Es hat vielmehr die Aufstellung gewürdigt, sie aber - weil überwiegend auf den Angaben des Insolvenzschuldners beruhend - als nicht hinreichend objektiv eingeordnet und ihr zur Widerlegung des Gläubigerbenachteiligungsvorsatzes kein hinreichendes Gewicht beigemessen. Dies ist revisionsrechtlich nicht zu beanstanden. Die Vermögensaufstellung war danach nicht unbeachtlich, sondern nur zur Widerlegung des Vorsatzes ungeeignet, weil sie letztlich vom Schuldner selbst stammte, ohne dass es der Feststellung bedurfte, ob die Wertansätze in der Aufstellung zum damaligen Zeitpunkt vertretbar waren. Zur Widerlegung der gesetzlichen Vermutung des Gläubigerbenachteiligungsvorsatzes reicht die eigene Einschätzung, man sei hinreichend liquide, nicht aus.
21
(2)
Dass die Würdigung des Berufungsgerichts nicht ausdrücklich auf den Bericht der Unternehmensberatung W. eingeht, ist revisionsrechtlich ebenfalls unbeachtlich. Dem Urteil ist nicht zu entnehmen, das Berufungsgericht habe die Existenz dieses Vorgutachtens als Grundlage für die Vermögensaufstellung durch den Steuerberater Sch. negiert. Aus dem Gutachten ergeben sich im Übrigen keinerlei Umstände, die den Gläubigerbenachteiligungsvorsatz entfallen ließen. Vielmehr zeigt das bereits erstinstanzlich unstreitige, vom Berufungsgericht in Bezug genommene Parteivorbringen (§ 540 ZPO), dass das Gutachten der Unternehmensberatung W. erhebliche Finanzierungslücken in der Grundstücksgesellschaft H. aufzeigte und dass in diesem Zusammenhang erst im Jahre 2003 fünf Darlehensverträge abgeschlossen wurden, für die der Schuldner persönlich haftete. Wenn er dann in Kenntnis dieser persönlichen Haftung am 5. Januar 2004 seiner Ehefrau erhebliche Vermögenswerte übertragen hat, bestätigt dies gerade den vom Gesetz unterstellten Gläubigerbenachteiligungsvorsatz.
22
Ohne dass es für die getroffene Beweislastentscheidung darauf ankäme, weil die Beklagte zur Widerlegung der subjektiven Voraussetzungen des § 133 Abs. 2 InsO verpflichtet ist, hätte das Berufungsgericht noch ergänzend darauf hinweisen können, dass der Insolvenzschuldner bei Abschluss des notariellen Vertrages sogar positive Kenntnis von den maßgeblichen Risiken hatte, die später zu seiner Insolvenz führten. Der Schuldner wusste als Gesellschafter der H. unstreitig, dass diese Gesellschaft bereits Ende 2001 eine Finanzierungslücke in Höhe von 900.000 DM hatte, für die er als Gesellschafter im Außenverhältnis persönlich haftete. Er wusste auch, dass er zur Schließung von Finanzierungslücken noch ein zweites Mal zu einer Nachfinanzierung herangezogen worden war.
23
(3)
Einer Vernehmung der Zeugen H. und P. bedurfte es nicht. Auch ihre Aussagen hätten den vermuteten Gläubigerbenachteiligungsvorsatz des Schuldners nicht ausräumen können. Denn sie hätten nichts daran geändert, dass sich der Schuldner als Gesellschafter der H. persönlich als Darlehensschuldner von fünf Darlehen verpflichtet hatte und darüber hinaus auch persönlich für die Verbindlichkeiten der H. haftete. Seine gesetzliche Haftung im Außenverhältnis ist hinreichend, ohne dass es darauf ankäme, ob er damit hätte rechnen können, zu einem späteren Zeitpunkt mit einem Regressanspruch gegen die Mitgesellschafter erfolgreich zu sein. Dabei ist die finanzielle Schieflage der H. nicht erst im Februar/März 2004, sondern unstreitig bereits in der Errichtungsphase des Bauprojekts Ende 2001/Anfang 2002 entstanden, als mit dem Ausstieg des beauftragten Generalunternehmers die Gesamtfinanzierung erstmals fraglich wurde.
24
(4)
Dass das Berufungsgericht die ebenfalls vermutete Kenntnis des Anfechtungsgegners von dem Gläubigerbenachteiligungsvorsatz als nicht widerlegt angesehen hat, begegnet keinen rechtlichen Bedenken. Die Behauptung, die Beklagte habe sich auf die Richtigkeit der erstellten Vermögensübersicht verlassen dürfen, reicht insoweit nicht aus. Das Berufungsgericht hat zutreffend darauf hingewiesen, dass die zwischen der Beklagten und dem Schuldner vorgenommene vertragliche Regelung eines vorweggenommenen Zugewinnausgleichs eine extrem seltene Vertragsgestaltung sei, die regelmäßig nur vor dem Hintergrund drohender Vermögensverluste des Ausgleichspflichtigen erklärlich sei, und dass die Beklagte auch nur an solchen Vermögensgegenständen Interesse bekundet habe, die nicht mit Krediten belastet gewesen seien. Vor diesem Hintergrund kann die Beklagte allein mit der Behauptung des Vertrauens in eine - im Wesentlichen von den Angaben ihres Ehemannes ausgehende - Vermögensaufstellung die Kenntnis nicht widerlegen. Es ist in keiner Weise ersichtlich, dass das Berufungsgericht bei der Würdigung des Parteivorbringens die Grenzen des § 286 ZPO überschritten hat.
Ganter
Raebel
Kayser
Pape
Grupp
Von Rechts wegen
Verkündet am: 1. Juli 2010