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  • 08.01.2010

    Finanzgericht Köln: Urteil vom 08.05.2001 – 9 K 4175/99

    1) Bei der Ermessensentscheidung, den Beschenkten oder den Schenker als Schuldner der Schenkungsteuer in Anspruch zu nehmen, muß sich das FA grundsätzlich zunächst an den Beschenkten halten.

    2) Die Inanspruchnahme des Schenkers ist nur ersatzweise möglich, insbesondere dann, wenn der Schenker dies selbst beantragt, wenn er dem Beschenkten gegenüber die Steuer übernommen hat oder wenn die Einziehung der Steuer vom Beschenkten unmöglich oder aus triftigem Grund unzweckmäßig erscheint.

    3) Die Zuwendung von 34 v. H. des Vermögens an entferntere Verwandte des Schenkers wie etwa der Nichte und deren Ehemann ist kein übliches Gelegenheitsgeschenk und nicht steuerfrei nach § 13 Abs. 1 Nr. 14 ErbStG.


    Tatbestand

    Streitig ist in erster Linie, ob die Heranziehung der Kläger (Erwerber) zur Schenkungsteuer ermessensfehlerhaft ist, und ob – verneinendenfalls – ein Betrag von … DM je Kläger als übliches Gelegenheitsgeschenk nach § 13 Abs. 1 Nr. 14 des Erbschaft- und Schenkungsteuergesetzes (ErbStG) steuerfrei bleibt.

    Die Klägerin ist die Nichte des am … verstorbenen A., der seine drei Enkel B., C. und D. unter Übergehung seiner pflichtteilsberechtigten Tochter zu jeweils 1/3 als Testamentserben eingesetzt hat.

    Nachdem die Enkel des Verstorbenen in ihrer gemeinsamen Erbschaftsteuererklärung neben Kapitalforderungen i.H. von insgesamt … DM unter anderem auf mögliche Rückzahlungsansprüche i.H. von … DM gegen die Kläger hingewiesen und hierzu erläutert hatten, dieser – von den Klägern bestrittenen – Forderung liege ein in 1990/91 gewährtes Darlehen zugrunde, dessen Rückzahlung Herr A. ihnen zu Weihnachten 1992 erlassen haben solle, forderte der Beklagte die Kläger zur Abgabe einer Schenkungsteuererklärung auf. In dieser gaben die Kläger an, von Herrn A. – dem Onkel der Klägerin – in 1992 einen Betrag von … DM erhalten zu haben.

    Daraufhin setzte der Beklagte mit (geänderten) Bescheiden vom 27. April 1998 – ausgehend von einem mit jeweils … DM bezifferten Erwerbswert – Schenkungsteuer i.H. von … DM gegen den Kläger (Steuerklasse IV) und i.H. von … DM gegen die Klägerin (Steuerklasse III) fest.

    Zur Begründung ihres hiergegen gerichteten Einspruchs wiesen die Kläger darauf hin, dass Herr A. ihnen ausdrücklich und vor Zeugen (E) erklärt habe, er wolle die auf die Zuwendung entfallende Schenkungsteuer selbst übernehmen und abführen, um ihnen – den Klägern – den geschenkten Geldbetrag ungeschmälert zukommen zu lassen.

    Auf die Bitte des Beklagten, zu diesem Sachvortrag der Kläger Stellung zu nehmen, trugen die Erben des Herrn A. mit Schreiben vom 30. Juli 1998 vor, von der Schenkung eines Geldbetrags i.H. von … DM sei ihnen nichts bekannt. Bekannt sei ihnen dagegen, dass ihr Großvater den Klägern in den Jahren 1990 und 1991 in mehreren Teilbeträgen insgesamt … DM darlehensweise überlassen habe. Dieses Geld sei bisher nicht zurückgezahlt worden. Als sie – die Erben – das Darlehen nach dem Tod ihres Großvaters gekündigt hätten, hätten die Kläger ihnen gegenüber behauptet, ihr Großvater habe ihnen die Darlehensrückzahlung in 1992 schenkweise erlassen. Diese Behauptung könnten sie – die Erben – nicht anerkennen. Nach ihrer Auffassung sei keine Schenkung erfolgt und somit auch keine Schenkungsteuer zu zahlen. Sie jedenfalls seien zu deren Entrichtung nicht bereit.

    Unter dem 7. April 1999 beantragten die Kläger, inzwischen vertreten durch ihre Prozessbevollmächtigte, etwaige Änderungsbescheide (bzw. Einspruchsentscheidungen) hinsichtlich der Frage, ob überhaupt eine Schenkung vorliege, mit einem Vorläufigkeitsvermerk (§ 165 der Abgabenordnung – AO –) zu versehen, da insoweit die Durchführung eines Zivilrechtsstreits zwischen ihnen und den Erben zu besorgen sei.

    Mit weiterem Schreiben vom 21. April 1999 ergänzten sie ihre Einspruchsbegründung wie folgt:

    Der Onkel der Klägerin habe das Weihnachtsfest 1992 aufgrund familieninterner Spannungen nicht wie üblich bei seiner Tochter und den Enkelkindern, sondern bei ihnen – den Klägern – verbracht. Dabei habe Herr A., zu dem sie ein sehr gutes Verhältnis gehabt hätten, vor dem als Zeugen bereits benannten, ebenfalls anwesenden E geäußert, dass er sein gesamtes Vermögen einem Pflegeheim vermachen wolle, da seine Tochter ihn enttäuscht habe. In dieser Situation habe Herr A. ihnen – den Klägern – die Rückzahlung des als Darlehen gewährten Betrags erlassen. Er habe mehrfach gesagt, dass er sich freue, bei ihnen zu Hause Weihnachten feiern zu können. Da der Erlass des Darlehens zugleich ein Weihnachtsgeschenk habe darstellen sollen, sei ein Teilbetrag i.H. von … DM je Kläger als Gelegenheitsgeschenk nach § 13 Abs. 1 Nr. 14 ErbStG steuerfrei.

    Im übrigen seien vorrangig die Erben des Schenkers zur Schenkungsteuer heranzuziehen. Es sei unbillig, wenn der Beklagte lediglich gegenüber ihnen als Beschenkten tätig werde. Der Schenker habe persönlich vor Zeugen geäußert, dass er etwa anfallende Steuernachteile ausgleichen, sich um die Angelegenheit kümmern und eine entsprechende Erklärung abgeben werde. Insofern habe für sie – die Kläger – auch keine Veranlassung bestanden, die Angelegenheit selbst in die Hand zu nehmen. Jedenfalls habe Herr A. durch die Anzeige der Übernahme der Schenkungsteuer mit ihnen einen Schuldübernahmevertrag abgeschlossen. Mit dem Erbfall seien die Erben des Schenkers kraft Gesetzes in dessen Stellung eingetreten. Sie hätten daher die Steuerschuld zu übernehmen. Sie dürften zur Entrichtung der Steuer auch eher in der Lage sein; sie – die Kläger – könnten dem Beklagten lediglich Ratenzahlung anbieten.

    Mit Rechtsbehelfsentscheidungen vom 21. März 1999 wies der Beklagte die Einsprüche der Kläger als unbegründet zurück. Zur Begründung führte er im wesentlichen aus:

    Die Festsetzung der Schenkungsteuer gegenüber den Klägern sei dem Grunde nach nicht zu beanstanden. Gemäß § 20 Abs. 1 ErbStG sei bei Schenkungen unter Lebenden neben dem Beschenkten auch der Schenker Steuerschuldner. Beide schuldeten die Steuer als Gesamtschuldner (§ 44 AO) gleichermaßen. Die Auswahl, wen von beiden die Finanzbehörde zur Zahlung heranziehe, stehe in ihrem Ermessen. Dabei sei jedoch zu berücksichtigen, dass die Gesamtschuldnerschaft der Finanzbehörde grundsätzlich eine möglichst rasche und sichere Erhebung der Steuer ermöglichen solle.

    Im Hinblick darauf sei es im Streitfall nicht zu beanstanden, die Kläger auf Zahlung in Anspruch zu nehmen, da die Erben die Schenkung in Frage gestellt hätten und infolgedessen mit einer umgehenden Steuerentrichtung durch sie nicht zu rechnen gewesen wäre. Von einer eventuellen Zahlungsunfähigkeit der Kläger sei dem Beklagten bei Erlass der Schenkungsteuerbescheide nichts bekannt gewesen.

    Ergänzend sei darauf hinzuweisen, dass die zwischen dem Erblasser und dem Beschenkten getroffene Regelung auf die Steuerschuldnerschaft grundsätzlich keinen Einfluss habe. Einen etwa bestehenden Ausgleichsanspruch gegenüber den Erben könnten die Kläger lediglich im Rahmen eines zivilrechtlichen Verfahrens geltend machen. Außerdem bleibe es der Finanzbehörde unbelassen, bei Zahlungsunfähigkeit der Beschenkten zu einem späteren Zeitpunkt einen Steuerbescheid gegenüber dem Schenker oder dessen Erben zu erlassen.

    Die Steuerfestsetzung ergehe antragsgemäß vorläufig hinsichtlich der Frage, ob eine Schenkung vorliege, sowie hinsichtlich der Übernahme der Schenkungsteuer, da im Falle der tatsächlichen Zahlung seitens der Erben eine weitere Bereicherung zugunsten der Kläger einträte (§ 7 Abs. 1 Nr. 1 i.V.m. § 10 Abs. 2 ErbStG).

    Die von den Klägern begehrte Minderung des Erwerbs um … DM gemäß § 13 Abs. 1 Nr. 14 ErbStG komme nicht in Betracht. Die Beurteilung der Frage, ob es sich um ein Gelegenheitsgeschenk handele, richte sich nach dem Gesamtwert der Zuwendung. Ein Geldbetrag von jeweils … DM könne nach allgemeiner Anschauung nicht mehr als üblich angesehen werden. Eine anteilige Freistellung, die der Gewährung eines Freibetrags vergleichbar wäre, sei vom Gesetz nicht vorgesehen.

    Hiergegen richtet sich die vorliegende Klage, mit der die Kläger an ihrer Auffassung festhalten, ihre Heranziehung zur Schenkungsteuer sei ermessenswidrig. Zur (weiteren) Begründung tragen sie vor:

    Sie hätten in 1990 von Herrn A. gemeinschaftlich ein Darlehen i.H. von … DM erhalten, wovon sie einen Teilbetrag von … DM zurückgezahlt hätten. Weihnachten 1992 habe Herr A. ihnen den restlichen Darlehensbetrag erlassen. Auf seine damalige Zusage, die Schenkungsteuer übernehmen zu wollen, hätten sie – die Kläger – sich verlassen. Indem der Beklagte sie gleichwohl als Steuerschuldner in Anspruch genommen habe, habe er die Schuldübernahme durch Herrn A., in dessen Schuldnerstellung die Erben eingetreten seien, nicht hinreichend berücksichtigt und sein Auswahlermessen fehlerhaft ausgeübt. Herr A. habe nicht ohne Grund erklärt, die Schenkungsteuer übernehmen zu wollen. Er, der selbst im Besitz größerer Vermögensmassen gewesen sei, habe um ihren – der Kläger – finanziellen Engpass gewusst und ihnen den Betrag ungeschmälert zuwenden wollen. Entgegen der Auffassung des Beklagten sei eine rasche und sichere Erhebung der Steuer bei ihnen – den Klägern – nicht möglich. Sie hätten mit den sukzessive ausgezahlten Darlehensmitteln mehrere kurz hintereinander folgende beruflich bedingte Umzüge finanziert. So sei die Einrichtung einer Zweitwohnung aus beruflichen Gründen erforderlich geworden. Zudem hätten sie mit dem Geld mehrere Bankkredite abgelöst und die Anzahlung für einen neuen Pkw geleistet. Diesbezügliche Belege könnten nicht mehr beigebracht werden, da umzugsbedingt ein großer Teil ihrer Unterlagen abhanden gekommen sei. Sie – die Kläger – hätten über das ihnen ausgezahlte Geld immer voll verfügt und keinerlei Rücklagen für etwaige Schenkungsteuerschulden gebildet. Hierzu hätten sie seinerzeit auch keine Veranlassung gehabt, weil sie davon ausgehen mussten, dass ihnen das Geld als Darlehen überlassen worden sei. Nach alledem sei es unzweckmäßig, sie – die Kläger – auf Zahlung der Schenkungsteuer in Anspruch zu nehmen.

    Auch stehe eine etwaige zivilgerichtliche Auseinandersetzung mit den Erben deren Heranziehung zur Schenkungsteuer nicht entgegen, da diesen ein hinsichtlich der Frage, ob eine Schenkung vorliege, ein vorläufiger Steuerbescheid erteilt werden könne. Der Schenker Herr A. habe auf das ihm im Innenverhältnis zustehende Recht, bei den Klägern Rückgriff zu nehmen, verzichtet. Dieser Verzicht wirke auch für und gegen dessen Erben.

    Die Kläger beantragen,

    die Schenkungsteuerbescheide und die dazu ergangenen Einspruchsentscheidungen aufzuheben.

    Der Beklagte beantragt,

    die Klage abzuweisen.

    Zur Begründung nimmt er vollinhaltlich auf seine Ausführungen in den Einspruchsentscheidungen Bezug. Ergänzend führt er aus:

    Die Inanspruchnahme der Kläger als (Erst-) Schuldner sei nach § 20 Abs. 1 ErbStG i.V.m. § 5 AO ermessensgerecht, da der Schenker die Übernahme der Steuer weder gegenüber dem Beklagten angezeigt noch Bekanntgabe des Steuerbescheids an ihn – den Schenker – beantragt habe. Es entspreche dem Wesen der Schenkungsteuer als Bereicherungssteuer, dass sich die Finanzbehörde in erster Linie an den Beschenkten halten müsse. Im übrigen sei bei Erlass der angefochtenen Bescheide nicht absehbar gewesen, dass die Kläger die Steuerfestsetzung nicht befolgen würden. Nach der maßgeblichen Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der letzten Verwaltungsentscheidung habe der Beklagte das bis dahin Vorgebrachte zutreffend gewürdigt und seine Ermessensausübung ausreichend begründet.

    Der Beklagte hat beantragt, die Erben des Herrn A. gemäß § 174 Abs. 4 i.V.m. Abs. 5 AO zu dem vorliegenden Verfahren beizuladen.

    Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf den Inhalt der Prozessakte sowie der beigezogenen Verwaltungsvorgänge des Beklagten Bezug genommen.

    Gründe

    Die Klage ist unbegründet.

    1. Die Entscheidung des Beklagten, die Kläger als Schenkungsteuerschuldner in Anspruch zu nehmen, ist ermessensfehlerfrei.

    a) Gemäß § 20 Abs. 1 Satz 1 ErbStG ist Steuerschuldner der Erwerber, bei einer Schenkung auch der Schenker. Die Frage, ob sich die Finanzbehörde an den Erwerber oder den Schenker hält, ist eine Ermessensentscheidung, die das Gericht nach § 102 der Finanzgerichtsordnung (FGO) nur daraufhin zu überprüfen hat, ob die gesetzlichen Grenzen des Ermessens überschritten sind oder von dem Ermessen in einer dem Zweck der Ermächtigung entsprechenden Weise Gebrauch gemacht ist (§ 5 AO). Dabei ist das Gericht grundsätzlich weder zu eigenen Tatsachenermittlungen noch zur eigenen Ermessensausübung befugt (BFH-Urteil vom 3. Juni 1982 VI R 48/79, BStBl. II 1982, 710, 713, und BFH-Beschlüsse vom 25. April 1986 VI S 3/86, BFH/NV 1988, 518, und 12. Juli 1999 VII B 2/99, BFH/NV 2000, 99, sowie Gräber/von Groll Finanzgerichtsordnung, Kommentar, 4. Auflage, § 102 Rz. 14).

    Fehlerfreie Ermessensausübung setzt voraus, dass die Finanzbehörde ihre Entscheidung aufgrund einer einwandfreien und erschöpfenden Ermittlung des entscheidungserheblichen Sachverhalts getroffen und die für die Ermessensausübung nach dem Zweck der Ermächtigungsnorm wesentlichen Gesichtspunkte tatsächlicher und rechtlicher Art spätestens bis zum Zeitpunkt der letzten Verwaltungsentscheidung berücksichtigt hat (BFH-Urteile vom 1. Juli 1981 VII R 84/80, BStBl. II 1981, 740, vom 15. Juni 1983 I R 76/82, BStBl. II 1983, 672, und vom 23. Mai 1985 V R 124/79, BStBl. II 1985, 489, 490, sowie Gräber/von Groll, a.a.O., § 102 Rz. 15, m.w.N.). Die für die Entscheidungsfindung maßgeblichen Erwägungen muss die Finanzbehörde spätestens im Rahmen der Rechtsbehelfsentscheidung in überprüfbarer Form kundgetan haben (BFH-Urteil vom 18. September 1981 VI R 44/77, BStBl. II 1981, 801, 803, BFH in BFH/NV 2000, 99, sowie Gräber/von Groll, a.a.O., § 102 Rz. 16, m.w.N.).

    b) Diesen Anforderungen werden die Einspruchsentscheidungen vom 21. März 1999 gerecht.

    Die in den Gründen mitgeteilten Überlegungen, namentlich zur Frage des Auswahlermessens, sind unter Zugrundelegung des Prüfungsmaßstabs des § 102 FGO i.V.m. §§ 5, 44 AO, 20 Abs. 1 Satz 1 ErbStG nicht zu beanstanden.

    Aus dem Wortlaut des § 20 Abs. 1 Satz 1 ErbStG („…auch der Schenker…”) und dem Charakter der Schenkungsteuer als einer Bereicherungsteuer folgt, dass sich das Finanzamt grundsätzlich zunächst an den Beschenkten halten muss (BFH-Urteil vom 29. November 1961 I 282/58 U,BStBl. III 1962, 323, Moench, Erbschaft- und Schenkungsteuergesetz, Kommentar, § 20 Rz. 7, Meincke, Erbschaftsteuer- und Schenkungsteuergesetz, Kommentar, 11. Auflage, § 20 Rz. 6, und Tipke/Kruse, Abgabenordnung – Finanzgerichtsordnung, Kommentar, AO § 44 Tz. 31). Der Schenker haftet neben dem Beschenkten als Gesamtschuldner (§ 44 AO), doch trifft den Erwerber in erster Linie die Steuerpflicht (BFH in BStBl. III 1962, 323). Die Inanspruchnahme des Schenkers ist nur ersatzweise möglich, insbesondere dann, wenn der Schenker dies selbst beantragt, wenn er dem Beschenkten gegenüber die Steuer übernommen hat (§ 10 Abs. 2 ErbStG) oder wenn die Einziehung der Steuer vom Beschenkten unmöglich oder aus triftigem Grund unzweckmäßig erscheint (Meincke, a.a.O., § 20 Rz. 6, Moench, a.a.O., § 20 Rz. 7). Dabei ist jedoch als Ausgangspunkt jeder einschlägigen Überlegung zu berücksichtigen, dass die Gesamtschuldnerschaft der Finanzbehörde grundsätzlich eine möglichst rasche und sichere Erhebung der Steuerschuld ermöglichen soll (BFH-Urteil vom 11. Mai 1966 II 171/63, BStBl. III 1966, 400, 402, Kühn/Hofmann, Abgabenordnung – Finanzgerichtsordnung, Kommentar, 17. Auflage, AO § 44 Bem. 6, und Tipke/Kruse, a.a.O., AO § 44 Tz. 30), ohne vorher die wirtschaftlichen Verhältnisse der Gesamtschuldner im einzelnen prüfen zu müssen (BFH in BStBl. III 1966, 400, 402, m.w.N.).

    c) Von diesen Erwägungen hat sich – wie die Gründe der Einspruchsentscheidungen vom 21. März 1999 erkennen lassen – auch der Beklagte leiten lassen. Er hat aus der unstreitigen Tatsache, dass die Erben des Schenkers die Schenkung als solche in Frage gestellt hatten, den folgerichtigen Schluss gezogen, dass mit einer umgehenden Steuerentrichtung durch sie nicht zu rechnen gewesen wäre. Im Hinblick auf den oben genannten Zweck der Gesamtschuldnerschaft, Zahlungsverzögerungen und Beitreibungsschwierigkeiten zu vermeiden, hat der Beklagte das ihm durch §§ 20 Abs. 1 Satz 1 ErbStG, 44 AO eingeräumte Auswahlermessen nach Maßgabe des § 5 AO fehlerfrei ausgeübt.

    aa) Ob der hiergegen erhobene Einwand der Kläger zutrifft, sie seien, da sie das ihnen zugewendete Geld voll verauslagt hätten, zur Entrichtung der Schenkungsteuer nicht in der Lage (gewesen), kann auf sich beruhen. Zum einen haben die Kläger ihre diesbezügliche Behauptung im Einspruchsverfahren weder hinreichend substantiiert noch unter Beweis gestellt. Zum anderen soll den Finanzbehörden die unter Umständen schwierige Prüfung, ob die wirtschaftlichen Verhältnisse des Erwerbers oder die des Veräußerers günstiger sind, gerade erspart bleiben (BFH in BStBl. III 1966, 400, 402, m.w.N.). Insoweit ist es, obwohl die Finanzbehörde die Ermessensausübung im Einspruchsverfahren grundsätzlich noch nachholen oder korrigieren kann, nicht zu beanstanden, wenn der Beklagte die Heranziehung der Kläger – unter anderem – mit dem Hinweis rechtfertigt, von einer eventuellen Zahlungsunfähigkeit der Kläger sei ihm bei Erlass der angefochtenen Bescheide nichts bekannt gewesen.

    Soweit die Kläger auf Nachfrage der Berichterstatterin im Klageverfahren vorgetragen haben, sie hätten die sukzessive ausgezahlten Darlehensmittel zur Ablösung von Bankkrediten, für die Anschaffung eines Pkw sowie zur Finanzierung mehrerer Umzüge und Einrichtung einer Zweitwohnung verauslagt, kann auf sich beruhen, ob die Ausführungen schlüssig und hinreichend substantiiert sind. Denn abgesehen davon, dass die Kläger weder Belege beigebracht noch Beweis angeboten haben, wäre ihr Vortrag ohnehin nicht mehr zu berücksichtigen gewesen, da das Gericht nach § 102 FGO lediglich die behördliche Ermessensentscheidung zu überprüfen hat und nicht befugt ist, diese durch eine eigene zu ersetzen.

    bb) Auch der Umstand, dass der Beklagte der – unter Beweis gestellten – Behauptung der Kläger nicht gefolgt ist, ihr Onkel habe ihnen bei Erlass des Darlehens zu Weihnachten 1992 die Übernahme der Schenkungsteuer zugesagt, stellt keinen Ermessensfehler dar.

    Dabei kann der Senat offen lassen, ob in den Fällen, in denen der Schenker die Steuer unstreitig gemäß § 10 Abs. 2 ErbStG übernommen hat, das Ermessen der Finanzbehörde dahin eingeengt wird, den Beschenkten, sofern nicht besondere Gründe, wie etwa Mittellosigkeit des Schenkers, vorliegen, nicht zu beanspruchen (vgl. hierzu FG Münster, Urteil vom 15. März 1978 III 1954/77 Erb, EFG 1978, 602). Denn der vorliegende Sachverhalt zeichnet sich durch die Besonderheit aus, dass die Erben des Schenkers – ausgehend von der Auffassung, es fehle bereits an einer (Haupt-) Schenkung, – die Übernahme der Schenkungsteuer (§ 10 Abs. 2 ErbStG) bestreiten. Wie sich aus der Steuerakte ergibt, haben die Erben des Schenkers dem Beklagten mit Schreiben vom 30. Juli 1998 mitgeteilt, von einer Schenkung ihres Großvaters an die Kläger wüssten sie nichts. Das zur Verfügung gestellte Geld sei den Klägern nur darlehensweise überlassen und trotz Kündigung durch sie – die Erben – noch nicht zurückgezahlt worden. Da nach ihrer Auffassung keine freigebige Zuwendung erfolgt sei, seien sie auch nicht bereit, Schenkungsteuer zu entrichten.

    Bei dieser Sachlage ist es nicht ermessensfehlerhaft, wenn die Finanzbehörde ihre Auswahlentscheidung – Inanspruchnahme des ohnehin vorrangig heranzuziehenden Beschenkten – auf das durch die Gesamtschuldnerschaft geschützte Interesse des Staates an einer möglichst raschen und sicheren Befriedigung des Steueranspruchs stützt.

    cc) Eine andere Beurteilung des Streitfalles ergibt sich auch nicht aus dem Umstand, dass der Beklagte dem Beweisangebot der Kläger, den Zeugen E zu der Frage zu hören, ob ihr Onkel ihnen die Übernahme der Schenkungsteuer versprochen hatte, nicht nachgegangen ist. Der Beklagte war, da die unter Beweis gestellte Tatsache als wahr unterstellt werden kann, zur Erhebung dieses Beweises nicht verpflichtet.

    Selbst wenn der Zeuge die Behauptung der Kläger bestätigt hätte und der Beklagte sie aufgrund der Zeugenaussage als erwiesen ansähe, hätte er damit rechnen müssen, dass sich die Erben des Schenkers ihrer Inanspruchnahme als Steuerschuldner widersetzen würden. Denn nach Lage der Akten kann nicht davon ausgegangen werden, dass die Erben des Schenkers das Beweisergebnis akzeptiert und die Steuer widerstandslos gezahlt hätten. Ihre schriftlichen Äußerungen, insbesondere ihre Ankündigung, gegen die Kläger zivilgerichtlich vorzugehen, deuten vielmehr darauf hin, dass sie – auch unter dem Eindruck eines positiven Beweisergebnisses – nicht ohne weiteres bereit wären, ihren Standpunkt aufzugeben. Da es aber unter dem Gesichtspunkt der schnellen und problemlosen Durchsetzung des Steueranspruchs allein darauf ankommt, dass der in Anspruch genommene Gesamtschuldner zahlungsbereit ist, konnte dem Beklagten nicht zugemutet werden, zunächst die – erkennbar zahlungsunwilligen – Erben des Schenkers zur Schenkungsteuer heranzuziehen.

    dd) Soweit die Kläger geltend machen, die Erben des Schenkers seien als dessen Gesamtrechtsnachfolger zur Erfüllung des zwischen ihm und den Klägern abgeschlossenen Schuldübernahmevertrags verpflichtet, sind ihre – zivilrechtlichen – Ausführungen nicht geeignet, die fehlerfreie Ermessensausübung des Beklagten in Frage zu stellen. Denn Vereinbarungen dieser Art brauchte der Beklagte bei seiner Auswahlentscheidung nicht zu berücksichtigen.

    Zivilrechtliche Absprachen darüber, wer die Erbschaftsteuer zu zahlen hat, heben die Steuerschuldnerschaft nach § 20 ErbStG nicht auf (Kapp/Ebeling, Erbschaftsteuer- und Schenkungsteuergesetz, Kommentar, § 20 Rz. 4 a.E., und Meincke, a.a.O., § 20 Rz. 5). Sie entlasten den Erwerber gegenüber dem Finanzamt nicht, sondern vergrößern sogar noch seine Steuerschuld, da die Steuerklausel nach § 10 Abs. 2 ErbStG eine Erhöhung seiner Bereicherung zur Folge hat (BFH-Urteil vom 17. November 1977 II R 66/68, BStBl. II 1978, 220, 223 unter Ziff. 5, Meincke, a.a.O., § 20 Rz. 5 sowie § 10 Rz. 24). Der durch privatrechtliche Absprachen von der Schenkungsteuer „befreite” Erwerber hat lediglich einen – zivilrechtlichen – Rückgriffsanspruch gegenüber demjenigen, der zur Zahlung der Steuer intern verpflichtet ist (Meincke, a.a.O., § 20 Rz. 5 a.E.). Unter Berücksichtigung dieser Grundsätze hat der Beklagte die Kläger wegen etwaiger Ausgleichsansprüche gegen die Erben des Schenkers zu Recht auf den Zivilrechtsweg verwiesen.

    2. Soweit der Beklagte das hilfsweise Begehren der Kläger, einen Teilbetrag von … DM je Erwerber als übliches Gelegenheitsgeschenk nach § 13 Abs. 1 Nr. 14 ErbStG steuerfrei zu belassen, abgelehnt hat, ist auch diese – dem Prüfungsmaßstab des § 100 FGO unterliegende – Entscheidung rechtlich nicht zu beanstanden.

    a) Übliche Gelegenheitsgeschenke i.S. des § 13 Abs. 1 Nr. 14 ErbStG sind solche Zuwendungen, die sowohl vom Anlass her (Geburtstage, Hochzeiten, Weihnachten etc.) als auch nach ihrer Art (i.d.R. bewegliche Gegenstände) und ihrem Wert in weiten Kreisen der Bevölkerung verbreitet sind. Maßgebend für die Beurteilung der aus den Lebensgewohnheiten der jeweiligen Bevölkerungsschicht abzuleitenden Üblichkeit ist das Gesamtbild des Einzelfalls (Moench, a.a.O., § 13 Rz. 80, Kapp/Ebeling, a.a.O., § 13 Rz. 138, und Meincke, a.a.O., § 13 Rz. 45), wobei als eingrenzende Kriterien die Nähebeziehung zwischen Schenker und Beschenktem, das Herausstechen des Anlasses, die Vermögensverhältnisse des Schenkers und die Wiederholbarkeit des Geschenks zu berücksichtigen sind (Troll/Gebel/Jülicher, Erbschaftsteuer- und Schenkungsteuergesetz, Kommentar, § 13 Rz. 168). Obwohl allgemeine Regeln nicht festgelegt werden können, bleibt selbst bei großem Wohlstand eine Grenze bestehen, die sich aus der allgemeinen Auffassung über die Üblichkeit von Geschenken herleitet (RFH-Urteil vom 7. Juni 1929 RStBl. 1929, 497, FG Hamburg, Urteil vom 31. Oktober 1966 II 150/65 EFG 1967, 131, Moench, a.a.O., § 13 Rz. 80 a.E., Troll/Gebel/Jülicher, a.a.O., § 13 Rz. 169 a.E.). Übersteigt ein Geschenk den in diesem Sinne üblichen Rahmen, ist es in vollem Umfang steuerpflichtig (RFH in RStBl. 1929, 497, Moench, a.a.O., § 13 Rz. 82, Troll/Gebel/Jülicher, a.a.O., § 13 Rz. 137, Meincke, a.a.O., § 13 Rz. 46).

    b) Unter Zugrundelegung der genannten Beurteilungskriterien kann im Streitfall weder der von den Klägern begehrte Teilbetrag von jeweils … DM noch die gesamte Zuwendung i.H. von jeweils … DM steuerfrei gestellt werden.

    aa) Eine teilweise Befreiung scheidet, wie auch der Beklagte zutreffend erkannt hat, aus, weil sich die Beurteilung der Üblichkeit nach dem Gesamtwert der Zuwendung richtet. Die mit der Klage begehrte Rechtsfolge, lediglich den „grenzüberschreitenden” Teilbetrag des Geschenks steuerlich zu erfassen, wäre nur gerechtfertigt, wenn es – entgegen dem eindeutigen Gesetzeswortlaut – nicht auf die Üblichkeit, sondern auf die Angemessenheit ankäme (vgl. Troll/Gebel/Jülicher, a.a.O., § 13 Rz. 137).

    bb) Die allenfalls denkbare – hier nicht geltend gemachte – Alternative, die gesamte Zuwendung steuerfrei zu belassen, kommt ebenso wenig in Betracht. Denn der den Klägern geschenkte Betrag von jeweils … DM ist unter Berücksichtigung der oben aufgezeigten Kriterien nicht mehr als üblich anzusehen. Gegen die Üblichkeit sprechen insbesondere die Vermögensverhältnisse des Schenkers. Ausgehend von einem zum 1. Januar 1995 auf … DM festgestellten Gesamtvermögen, beträgt der den Klägern zugewendete Anteil jeweils 17 v.H.. Dieser Betrag übersteigt die in der Kommentarliteratur vorgeschlagene Höchstgrenze von 0,5 bis 1,0 v.H. des Schenkervermögens (Troll/Gebel/Jülicher, a.a.O., § 13 Rz. 138 a.E., m.w.N.) um ein Vielfaches. Ob sich der Senat dieser Begrenzung anschließen könnte, kann dahinstehen. Denn dass jemand einem entfernteren Verwandten wie etwa seiner 0ichte und deren Ehemann insgesamt 34 v.H. seines Vermögens unentgeltlich zuwendet, dürfte – unabhängig von etwaigen Obergrenzen – auch in den Bevölkerungskreisen, in denen der Schenker lebte, nicht verbreitet sein.

    3. Die mit Schriftsatz des Beklagten vom 30. Januar 2001 beantragte Beiladung der Erben des Schenkers ist weder erforderlich noch geboten. Der Tatbestand des § 174 Abs. 4 i.V.m. Abs. 5 AO ist vorliegend nicht erfüllt.

    Die Beiladung nach dieser Vorschrift setzt voraus, dass ein Steuerbescheid möglicherweise aufzuheben oder zu ändern ist, dass hierauf aufgrund desselben Sachverhalts eventuelle Konsequenzen gegenüber einem Dritten zu ziehen sind und dass die Finanzbehörde sie beantragt oder veranlasst hat (Klein/Rüsken, Abgabenordnung, Kommentar, 7. Auflage, § 174 Rz. 73 m.W.N.). Im Streitfall kann der Beklagte unabhängig von der bereits erfolgten Heranziehung der Kläger jederzeit und ohne vorherige Aufhebung der zugrunde liegenden Bescheide auch die Erben des Schenkers auf Zahlung in Anspruch nehmen. Dem Wesen der Gesamtschuldnerschaft, wonach jeder Gesamtschuldner die ganze Leistung schuldet, entspricht es, dass die Finanzbehörde, nachdem sie zunächst einen Steuerbescheid gegen den Beschenkten erlassen hat, sich dann anschließend noch an den Schenker halten kann (BFH-Urteil vom 13. Mai 1987 II R 189/83, BStBl. II 1988, 188, 189, Meincke, a.a.O., § 20 Rz. 6, und Moench, a.a.O., § 20 Rz. 8).

    4. Die Kostenentscheidung folgt aus § 135 Abs. 1 FGO.

    VorschriftenErbStG § 20 Abs 1, ErbStG § 13 Abs 1, ErbStG § 13 Abs 1, AO 1977 § 5, AO 1977 § 44