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  • 08.01.2010

    Finanzgericht Berlin: Urteil vom 04.06.2002 – 5 K 5042/00

    Ein erbschaftsteuerschädlicher Verstoß gegen die Behaltevorschriften des § 13 Abs. 2 a ErbStG a. F. liegt auch vor, wenn der Erbe das geerbte Betriebsvermögen im Wege der vorweggenommenen Erbfolge auf seine Kinder überträgt.


    Tatbestand

    Die Beteiligten streiten im Rahmen der Erbschaftsteuerfestsetzung aus dem Erwerb von Todes wegen nach ... um die Frage, ob die spätere Veräußerung von Gesellschaftsanteilen durch die Kinder der Klägerin einen Verstoß gegen die Behaltensvorschriften des § 13 Abs. 2 a Satz 3 Erbschaftsteuergesetz in der Fassung vom 21. Dezember 1993 - ErbStG a. F. - darstellt.

    Der am 10. Januar 1994 verstorbene Erblasser war Inhaber der Einzelfirma ... Die Klägerin, seine Ehefrau, ist seine Alleinerbin. Nach Umwandlung der Einzelfirma in eine GmbH mit ihr als alleiniger Gesellschafterin übertrug sie im Jahr 1994 ihren Gesellschaftsanteil im Wege vorweggenommener Erbfolge auf ihre Kinder. Diese wiederum veräußerten ihre Gesellschaftsanteile im Jahr 1997 nach erneuter Umwandlung der Gesellschaft in eine GmbH & Co. KG an einen Dritten.

    Das Finanzamt - FA - Neukölln-Nord hatte die Erbschaftsteuer zunächst mit Vorbehaltsbescheid gemäß § 164 Abs. 1 Abgabenordnung - AO - auf 13.446,00 DM festgesetzt, wobei es zugunsten der Klägerin den Freibetrag gemäß § 13 Abs. 2 a Erbschaftsteuergesetz - ErbStG - in der Fassung vom 21. Dezember 1993 für das mit 499.200,00 DM erklärte Betriebsvermögen berücksichtigte. Nachdem das FA jedoch von der Veräußerung der Gesellschaftsanteile durch die Kinder Kenntnis erlangt hatte, erließ es mit Datum vom 4. Mai 1999 einen gemäß § 164 Abs. 2 AO geänderten Erbschaftsteuerbescheid, in dem es die Erbschaftsteuer nunmehr auf 65.079,00 DM heraufsetzte, da es in der Veräußerung durch die Kinder einen Verstoß gegen die Behaltensvorschriften des § 13 Abs. 2 a Satz 3 ErbStG sah und den Freibetrag nach § 13 Abs. 2 a Satz 1 ErbStG nicht mehr berücksichtigte.

    Mit dem hiergegen gerichteten Einspruch machte die Klägerin geltend, sie habe lediglich als Erbin das begünstigte Vermögen im Wege der vorweggenommenen Erbfolge weiter gegeben. Dieses stelle nach Abschnitt R 62 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 Erbschaftsteuer-Richtlinien - ErbStR - keinen Verstoß gegen die Behaltensregeln dar. Es sei keine Änderung der Gesetzeslage zwischen § 13 Abs. 2 a ErbStG in der Fassung vom 21. Dezember 1993 und der Neufassung in § 13a Abs. 5 ErbStG zu erkennen. Daher müssten die aktuelle Rechtslage und der aktuelle Erlass der Finanzverwaltung berücksichtigt werden. Die Anteilsveräußerung durch ihre Kinder sei für die Besteuerung der Klägerin nicht relevant, da sie darauf keinen Einfluss mehr gehabt habe.

    Der Beklagte wies den Einspruch mit Einspruchsentscheidung vom 27. Dezember 1999, auf deren Inhalt wegen der Einzelheiten Bezug genommen wird (Bl. 84-85 Erbschaftsteuerakten -ErbStA-), als unbegründet zurück. Er verwies darauf, dass eine Anwendung der Regelungen in den Erbschaftsteuer-Richtlinien vom 21. Dezember 1998 oder der gleichlautenden Erlasse der obersten Finanzbehörden der Länder vom 17. Juni 1997 nicht in Betracht komme, da diese - wie sich aus der jeweiligen Anwendungsregelung ergebe - lediglich auf solche Erwerbsfälle anzuwenden seien, für die die Steuer nach dem 31. Dezember 1998 (ErbStR) bzw. 31. Dezember 1995 (Erlasse) entstanden sei.

    Gemäß § 13 Abs. 2 a Satz 3 ErbStG falle die Steuerbefreiung für die Vergangenheit weg, soweit innerhalb von fünf Jahren nach dem Erwerb das begünstigte Betriebsvermögen veräußert werde. Es werde hierbei lediglich auf den Veräußerungsvorgang selbst abgestellt, nicht jedoch auf die Person des Veräußerers. Dieses sei dadurch zu erklären, dass die Behaltensregelung ansonsten jederzeit durch eine steuerunschädliche Übertragung im Wege der vorweggenommenen Erbfolge mit anschließendem Verkauf durch den Beschenkten würde umgangen werden können, was dem Sinn der Vorschrift entgegen stehen würde. Der bis zum 31. Dezember 1995 geltende Ländererlass vom 29. November 1994 mache das in seinen Ausführungen zur Behaltensregelung (Randziffern 5.5 und 5.6) deutlich. Er zeige beispielhaft auf, dass auch ein Verstoß Dritter zu Lasten des einem Erwerber gewährten Freibetrages gehe.

    Zur Begründung der Klage hat die Klägerin nochmals darauf hingewiesen, dass Abschnitt R 62 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 ErbStR zu § 13a ErbStG auch zu ihren Gunsten anzuwenden sei. Es liege kein Verstoß gegen die Behaltensregeln gemäß § 13a ErbStG vor, wenn begünstigtes Vermögen im Wege der vorweggenommenen Erbfolge weiter übertragen werde. Genau dies habe die Klägerin durch die Übertragung ihres Geschäftsanteils auf ihre Kinder vorgenommen.

    Wenn die Übertragung des Geschäftsanteils im Wege der vorweggenommenen Erbfolge auf ihre Kinder ohne Auswirkung auf den Freibetrag möglich gewesen sei, so könnten die weiteren Vorgänge hieran schon deshalb nichts mehr ändern, weil die Klägerin hierauf keinen Einfluss mehr gehabt habe.

    Die Klägerin beantragt,

    den Erbschaftsteuerbescheid vom 4. Mai 1999 und die dazu ergangene Einspruchsentscheidung vom 27. Dezember 1999 aufzuheben.

    Der Beklagte beantragt,

    die Klage abzuweisen

    und verweist zur Begründung auf seine Einspruchsentscheidung vom 27. Dezember 1999.

    Dem Gericht hat bei seiner Entscheidung ein Band der vom Beklagten geführten Erbschaftsteuerakten zur Steuernummer ... vorgelegen.

    Gründe

    Die Klage ist unbegründet. Der angefochtene Erbschaftsteuerbescheid vom 4. Mai 1999 ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten (§ 100 Abs. 1 Satz 1 Finanzgerichtsordnung - FGO -). Der Beklagte ist zu Recht davon ausgegangen, dass die Veräußerung der Gesellschaftsanteile durch die Kinder der Klägerin einen Verstoß gegen die Behaltensvorschriften des § 13 Abs. 2 a ErbStG a. F. darstellt.

    Die Besteuerung der Klägerin richtet sich nach dem Erbschaftsteuer- und Schenkungsteuergesetz in der Fassung der Bekanntmachung vom 19. Februar 1991 (Bundesgesetzblatt - BGBl - I 1991, 468), zuletzt geändert durch das Gesetz zur Bekämpfung des Missbrauchs und zur Bereinigung des Steuerrechts (Missbrauchsbekämpfungs- und Steuerbereinigungsgesetz - StMBG - vom 21. Dezember 1993 (BGBl I 1993, 2310). Der hier maßgebende § 13 Abs. 2 a ErbStG a. F. ist mit dem Gesetz zur Verbesserung der steuerlichen Bedingungen zur Sicherung des Wirtschaftsstandorts Deutschland im Europäischen Binnenmarkt (Standortsicherungsgesetz - StandOG -) vom 13. September 1993 (BGBl I 1993, 1569) eingeführt worden und findet gemäß § 37 Abs. 10 ErbStG a. F. erstmals auf Erwerbe Anwendung, für die die Steuer nach dem 31. Dezember 1993 entstanden ist oder entsteht. Ziel des StandOG war unter anderem die Sicherung und Verbesserung der internationalen Wettbewerbsfähigkeit der deutschen Wirtschaft durch Verbesserung der steuerlichen Rahmenbedingungen mit gezielten mittelständischen Akzenten (vgl. BT-Drucksache12/4487, Seite 1).

    § 13 Abs. 2 a ErbStG a. F. lautet:

    „Betriebsvermögen (§ 12 Abs. 5) bleibt vorbehaltlich des Satzes 2 insgesamt bis zu einem Wert von 500.000 Deutsche Mark außer Ansatz

    beim Erwerb durch Erbanfall; (...)

    beim Erwerb im Weg der vorweggenommenen Erbfolge, wenn der Schenker dem Finanzamt unwiderruflich erklärt, dass der Freibetrag für diese Schenkung in Anspruch genommen wird; (...)

    Wird ein Freibetrag nach Satz 1 Nr. 2 gewährt, kann für weiteres, innerhalb von zehn Jahren nach dem Erwerb von derselben Person anfallendes Betriebsvermögen ein Freibetrag weder vom Bedachten noch von anderen Erwerbern in Anspruch genommen werden. Die Steuerbefreiung fällt mit Wirkung für die Vergangenheit weg, soweit innerhalb von fünf Jahren nach dem Erwerb ein Gewerbebetrieb oder ein Teilbetrieb, ein Anteil an einer Gesellschaft im Sinne des § 15 Abs. 1 Nr. 2 des Einkommensteuergesetzes, ein Anteil eines persönlich haftenden Gesellschafters einer Kommanditgesellschaft auf Aktien oder ein Anteil daran veräußert wird; als Veräußerung gilt auch die Aufgabe des Gewerbebetriebs. Satz 3 gilt auch, wenn die wesentlichen Betriebsgrundlagen eines Gewerbebetriebs veräußert oder in das Privatvermögen übergeführt oder anderen betriebsfremden Zwecken zugeführt werden oder wenn Anteile an einer Kapitalgesellschaft veräußert werden, die der Veräußerer durch eine Sacheinlage (§ 20 Abs. 1 des Gesetzes über steuerliche Maßnahmen bei Änderung der Unternehmensform) aus dem begünstigten Betriebsvermögen erworben hat.”

    Nachdem § 15 Abs. 2 a ErbStG a. F. zunächst mit dem Jahressteuergesetz 1996 vom 11. Oktober 1995 (BGBl I 1995, 1250) bereits in wesentlichen Punkten neu gefasst worden war, wurde er mit dem Jahressteuergesetz - JStG - 1997 vom 20. Dezember 1996 (BGBl I 1996, 2049) aufgehoben und an seiner Stelle ein gesonderter § 13a ErbStG eingeführt, der nunmehr in Abs. 5 folgende Regelung enthält:

    „Der Freibetrag oder Freibetragsanteil (Absatz 1) und der verminderte Wertansatz (Absatz 2) fallen mit Wirkung für die Vergangenheit weg, soweit der Erwerber innerhalb von fünf Jahren nach dem Erwerb

    einen Gewerbebetrieb oder einen Teilbetrieb, einen Anteil an einer Gesellschaft im Sinne des § 15 Abs. 1 Nr. 2 und Abs. 3 oder § 18 Abs. 4 des Einkommensteuergesetzes, einen Anteil eines persönlich haftenden Gesellschafters einer Kommanditgesellschaft auf Aktien oder einen Anteil daran veräußert; als Veräußerung gilt auch die Aufgabe des Gewerbebetriebs. (...);

    einen Betrieb der Land- und Forstwirtschaft oder einen Teilbetrieb, (...) veräußert; (...);

    als Inhaber eines Gewerbebetriebs, Gesellschafter einer Gesellschaft im Sinne des § 15 Abs. 1 Nr. 2 und Abs. 3 oder § 18 Abs. 4 des Einkommensteuergesetzes oder persönlich haftender Gesellschafter einer Kommanditgesellschaft auf Aktien bis zum Ende des letzten in die Fünfjahresfrist fallenden Wirtschaftsjahrs Entnahmen tätigt, die die Summe seiner Einlagen und der ihm zuzurechnenden Gewinne oder Gewinnanteile seit dem Erwerb um mehr als 100.000 Deutsche Mark übersteigen; Verluste bleiben unberücksichtigt. (...);

    Anteile an Kapitalgesellschaften im Sinne des Absatzes 4 ganz oder teilweise veräußert; (...).”

    Die beiden Gesetzesfassungen unterscheiden sich mithin darin, dass § 13 Abs. 2 a ErbStG a. F. die passive, objektivierte Form „soweit innerhalb von fünf Jahren nach dem Erwerb (...) veräußert wird” enthält, während in § 13a Abs. 5 ErbStG n. F. nunmehr die aktive Form „soweit der Erwerber innerhalb von fünf Jahren (...) veräußert” gewählt wurde.

    Unterschiedlich in ihren Formulierungen sind auch die zu den jeweiligen Regelungen ergangenen Erlasse. So sieht der Erlass betreffend Zweifelsfragen bei der Anwendung des Freibetrags gemäß § 13 Abs. 2 a ErbStG vom 29. November 1994 (Bundessteuerblatt - BStBl - I 1994, 905) in Teilziffer 5.6 Buchstabe c) ausdrücklich vor: „Ist der Freibetrag dem Erben / Beschenkten zugute gekommen und hat er das Betriebsvermögen freibetragsunschädlich, z. B. in Erfüllung eines Sachvermächtnisses oder durch weitere vorweggenommene Erbfolge (siehe Tz. 5.4.) auf einen Dritten übertragen, der dann gegen die Behaltensregelung verstößt, geht dies zu Lasten des Freibetrags des Erben / Beschenkten. (...)” In den gleichlautenden Erlassen der obersten Finanzbehörden der Länder zu den Zweifelsfragen bei der Anwendung des § 13a und des § 19a ErbStG vom 17. Juni 1997 (BStBl I 1997, 673) und in den Erbschaftsteuer-Richtlinien - ErbStR - vom 21. Dezember 1998 (BStBl I Sondernummer 2/1998, 2) ist diese Formulierung demgegenüber nicht mehr enthalten.

    Nach Auffassung des Gerichts lässt sich allerdings aus den unterschiedlichen Formulierungen im Gesetz sowie in den Erlassen nicht ableiten, dass nach der Neufassung des § 13a ErbStG ein Verstoß gegen die Behaltenspflicht nicht mehr angenommen werden könnte, während dieser nach der alten Regelung vorgelegen hätte. Zwar stellt die alte Regelung in § 13 Abs. 2 a ErbStG im Gegensatz zu dem durch das StandOG neu eingeführten § 13a ErbStG nicht auf die Person des Erwerbers ab, sondern darauf, ob das Betriebsvermögen innerhalb von fünf Jahren nach dem Erwerb veräußert wird. Daraus wird in der Literatur teilweise abgeleitet, dass die Inanspruchnahme des Begünstigten, der die Merkmale des Schädlichkeitstatbestandes nicht in seiner Person realisiert habe, unzulässig erscheine (vgl. Jülicher in Troll / Gebel / Jülicher, § 13a ErbStG, Rn. 362 und 362; Crezelius: Überlegungen zu § 13a Abs. 4 und 5 ErbStG 1997, Der Betrieb - DB - 1997, 1584, 1586). So verweist Jülicher insbesondere auch darauf, dass es an einem Zurechnungstatbestand - wie etwa bei der Vertreterhaftung nach § 69 AO, der Betriebsübernehmerhaftung nach § 75 AO oder der Zurechnung des Verschuldens des Rechtsvertreters nach § 110 Abs. 1 Satz 2 AO - fehle, der es gestatte, Verfügungen dritter Personen einem Steuerpflichtigen mit für diesen nachteiligen steuerliche Folgen zuzurechnen.

    Nach der Begründung zur Neufassung des § 13 Abs. 2 a ErbStG war mit der Änderung des Gesetzes eine Änderung der Rechtslage im Hinblick auf die Behaltensregeln jedoch gerade nicht beabsichtigt, worauf die Klägerin zutreffend hingewiesen hat. So heißt es in der Begründung zum Entwurf eines Jahressteuergesetzes 1997 ausdrücklich: „Abs. 5 enthält die bisherige Behaltensregelung. Sie wird im Hinblick auf die Betriebe der Land- und Forstwirtschaft ergänzt.” (BT-Drucksache13/4839, Seite 68). Der bisherige Rechtszustand sollte mithin fortgeführt bzw. im Hinblick auf weitere Veräußerungsvorgänge ergänzt werden. Das Gericht geht daher davon aus, dass die Änderung in der Formulierung unter Nennung des „Erwerbers” im Gegensatz zum „Erwerb” darauf zurückzuführen ist, dass weitere Tatbestände aufgenommen wurden, die eine aktive Formulierung erforderlich machten (wie die Entnahmetatbestände des § 13a Abs. 5 Nr. 3 ErbStG n. F.), nicht jedoch eine Änderung der Behaltensregelung in ihrem Kerngehalt erfolgen sollte.

    Dafür, dass eine Änderung der Rechtslage allein durch die Änderung in der Formulierung nicht beabsichtigt war, spricht nach dem Dafürhalten des Gerichts auch, dass die Finanzverwaltung in den Erbschaftsteuer-Richtlinien nach wie vor davon ausgeht, dass der Verstoß eines Miterben gegen die Behaltensvorschriften unter bestimmten Voraussetzungen auch zu Lasten der Miterben gehen soll. So sieht R 67 Abs. 2 ErbStR vor: „Die dauerhafte Erhaltung der Vergünstigung ist regelmäßig vom Verhalten desjenigen abhängig, der das begünstigte Vermögen im Sinne des Entlastungszwecks erhält und sichert und in der Nachfolge des Erblassers oder Schenkers fortführt. Ist die Entlastung mehreren Erwerbern (Miterben / -beschenkten, Vermächtnisnehmer usw.) zugute gekommen und verstößt nur einer von ihnen gegen die Behaltensregelung, geht dies nur zu Lasten der von ihm in Anspruch genommenen Befreiung. Ist die Entlastung mehreren Miterben zugute gekommen und haben sie über ihren Anteil am begünstigten Vermögen ohne Verstoß gegen die Behaltensregelung verfügt, z. B. bei der Erbauseinandersetzung auf einen der Miterben übertragen, der dann gegen die Behaltensregelung verstößt, geht dies zu Lasten der Befreiung aller Miterben.”

    Die Klägerin kann sich daher schon aus diesem Grund nicht mit Erfolg auf eine rückwirkende Anwendung der Neufassung der Erbschaftsteuer-Richtlinien vom 21. Dezember 1998 bzw. des Erlasses vom 17. Juni 1997 berufen. Soweit sie außerdem die Anwendung von R 62 Abs. 2 Nr. 1 Satz 1 ErbStR begehrt, ist darauf hinzuweisen, dass die dort enthaltene Regelung tatsächlich angewendet worden ist, da die Beklagte die Übertragung im Weg vorweggenommener Erbfolge auf die Kinder gerade nicht als Verstoß gegen die Behaltensvorschriften gewertet hat. Aus R 62 Abs. 2 ist jedoch nicht abzuleiten, dass eine Weiterveräußerung an Dritte ebenfalls unschädlich ist.

    Nach Auffassung des Gerichts würde es vielmehr dem Sinn und Zweck des § 13a Abs. 5 ErbStG, der eine Missbrauchsverhinderungsklausel darstellen soll, widersprechen, wenn in Fällen der vorliegenden Art ein Verstoß gegen die Behaltensregeln verneint würde.

    Die Behaltensregeln sollen ausschließen, dass ein Erwerber die vom Umfang her beträchtlichen Steuerentlastungen nur mitnimmt, ohne das begünstigte Vermögen für eine gewisse Dauer in einer die Entlastungen rechtfertigenden Weise zu erhalten. Sie entsprechen dem Zweck des Gesetzes, eine Generationenbrücke für die Betriebs- oder Gesellschafternachfolge zu schaffen (Moench / Weinmann, § 13a ErbStG, Rn. 99) und durch die Entlastung bei der Erbschaftsteuer weitere Investitionen und den Erhalt von Arbeitsplätzen zu ermöglichen (vgl. BT-Drucksache 12/4487, Seite 47). Wird daher berücksichtigt, dass sich die Regelung des § 13 Abs. 2 a ErbStG a. F. - und dementsprechend auch die Neufassung - an der generationenwechselnden dauernden Unternehmens-Nachfolge orientieren soll (vgl. auch Felix: Betriebsvermögen-Freibetrag nach § 13 Abs. 2 a ErbStG, Betriebs-Berater - BB - 1994, 477, 479 unter VI. 1), so erscheint es allein folgerichtig, eine Veräußerung innerhalb der fünf Jahre durch dritte Personen, denen das Betriebsvermögen freibetrags un schädlich im Wege vorweggenommener Erbfolge übertragen worden ist, dem ursprünglichen Erwerber zuzurechnen, da andernfalls der Zweck des Gesetzes vereitelt würde. Zu berücksichtigen ist hierbei insbesondere, dass derjenige, der Betriebsvermögen im Wege vorweggenommener Erbfolge übertragen bekommt, hinsichtlich der übertragenen Vermögenswerte letztlich in die Fußstapfen des Erwerbers tritt. Der Schenker hätte es in diesen Fällen auch in der Hand, durch entsprechende vertragliche Gestaltung eine steuerschädliche Weiterveräußerung binnen der laufenden Fünf-Jahres-Frist zu verhindern.

    Der Beklagte hat daher zu Recht darauf hingewiesen, dass die Behaltensregelung bei anderer Auslegung jederzeit durch eine steuerunschädliche Übertragung im Wege vorweggenommener Erbfolge mit anschließender Veräußerung durch den Beschenkten umgangen werden könnte, was vom Gesetzeszweck - die Unternehmensnachfolge zu sichern und zu privilegieren - nicht gedeckt wäre.

    Nach alledem konnte die Klage keinen Erfolg haben.

    Die Kostenentscheidung folgt aus § 135 Abs. 1 FGO.

    Das Gericht hat die Revision zugelassen, da es der Frage, ob die innerhalb der Fünf-Jahres-Frist erfolgte Weiterveräußerung von Betriebsvermögen an Dritte durch Personen, die dieses im Wege vorweggenommener Erbfolge übernommen haben, einen Verstoß gegen die Behaltensregeln des § 13 Abs. 2 a Satz 3 ErbStG a. F. darstellt, im Hinblick auf die Fortgeltung der Regelung in § 13a ErbStG n. F. grundsätzliche Bedeutung beimißt, § 115 Abs. 2 Nr. 1 ErbStG.

    VorschriftenErbStG § 13 Abs. 2 a Satz 3

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